Originalausgabe 2018



Copyright 2018, Lana King


Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages und der Autorin wiedergegeben und verbreitet werden. 


Bei dem Roman handelt es sich um die neu bearbeitete Fassung des 2009 im Knaur-Verlag erschienenen Romans "Seidenstrümpfe".


Covergestaltung: Corina Bomann unter Verwendung von Motiven von L Julia (shutterstock.com)


ISBN: 978-3-96353-013-5





Kapitel 1

 

Die Frau steht am Fenster, das lange rote Haar fällt ihr über die Schultern. Sie ist nackt bis auf ein Paar weiße Seidenstrümpfe, deren Spitzenränder sich wie Fesseln an die Oberschenkel schmiegen und sie keinen Zentimeter rutschen lassen. Ihr Körper reflektiert leicht in der hohen Scheibe, sodass sie selbst ihre schlanke Taille, das ausladende Becken und die festen Brüste sehen könnte ‒ wenn sie denn wollte. Doch ihr Blick schweift über die Skyline von London und bleibt an den Türmen der Tower Bridge hängen, die sich wie spitze Phalusse in den Himmel recken, und es scheint, als suche sie etwas in den roten Wolken, deren Licht ihrer blassen Haut einen rosigen Schein verleiht. Sie genießt den Gedanken, dass auf der Straße vielleicht Männer stehen, die sie beobachten und einen Ständer kriegen. Aber sie schaut nicht nach unten, um es zu überprüfen.

»Komm«, raunt eine Stimme hinter ihr. Obwohl der Mann, dem sie gehört, ein gutes Stück von ihr entfernt ist, kommt es ihr so vor, als berührte er sie ‒ mit Blicken und mit diesem einen Wort, das fordernd und vielversprechend zugleich ist.

Noch einen Moment lang genießt sie den Anblick des Abendhimmels und das Gefühl, ihn warten zu lassen, bis sein Schwanz vor Ungeduld prickelt. Dann dreht sie sich um. Er liegt auf einem Bett unweit des Fensters. Unter seinen muskulösen Oberkörper hat er ein Kissen geschoben, doch was ihren Blick am meisten anzieht, ist sein Schwanz, der wie ein Fahnenmast von den Hüften absteht. Die Frau ist beeindruckt von Länge und Dicke des Lustinstrumentes und spürt mehr denn je die Feuchte ihrer Säfte an den Schamlippen.

Der Mann scheint zu merken, dass sie total geil ist, dass sie ihn in sich spüren will, jeden einzelnen Zentimeter tief in ihrer Pussy. Einladend reckt er ihr das Becken entgegen und fordert sie noch einmal auf. »Komm.«

Dieser erneuten Einladung kann sie nicht widerstehen. Mit langsamen, lasziven Bewegungen tritt sie an das Bett und besteigt den Mann vor ihr. Sein Schwanz pulst ungeduldig an ihrem Venushügel, seine Hoden sind groß und gespannt.

»Ist das alles für mich?«, fragt sie und wiegt sie in der Hand. Sie fühlen sich vielversprechend an.

»Wenn du willst.«

Sie lächelt. Und ob sie will! Sie könnte eine kleine Kostprobe von ihm mit den Lippen nehmen, aber sie spürt, dass die Spannung ihren Höhepunkt erreicht hat. Daher hockt sie sich über ihn, und ihre Lippen geben dem strammen Kopf seines Penis einen Honigkuss.

Der Mann stöhnt auf. Er hofft auf mehr, doch sie zieht sich schnell wieder zurück.

»Zuerst müssen wir noch was erledigen«, sagt sie, erhebt sich, sodass sie über ihm steht, und rollt den Seidenstrumpf vom rechten Bein herunter.

Der Mann sieht sie fragend an. Die Antwort bekommt er nur wenige Sekunden später, als die Frau nach seinen Händen greift, den Strumpf um die Gelenke schlingt und sie dann sanft nach oben zieht. Der Mann setzt ihr keinen Widerstand entgegen. Nachdem sie ihn an das Kopfteil des Bettes gefesselt hat, streichelt sie ihm über die Brust und gibt ihm endlich, wonach er sich sehnt.

In genussvoller Langsamkeit lässt sie sich auf ihn sinken und spürt, wie der geäderte Schaft in sie eindringt. Obwohl ihr danach ist, einen wilden Ritt hinzulegen, ihn wieder und wieder gegen die Matratze zu stauchen, bis es ihnen kommt, bewegt sie sich kaum und schwelgt in dem Gefühl, wie er in sie hinein- und wieder herausgleitet.

Das geht eine ganze Weile so, und während sich der Himmel hinter der Scheibe allmählich verdunkelt, schwingen sie sich dem Orgasmus entgegen. Die Frau merkt, wie der Schwanz in ihr zu pochen beginnt, und sie merkt auch, wie das süße Ziehen in ihrem Schoß zunimmt und jeden Augenblick zu explodieren droht.

Just in dem Moment hält sie inne. Ein Geräusch, vertraut und störend, lenkt sie ab und zieht sie wie eifersüchtige Hände von ihrem Lover weg ...

 

»Verdammter Wecker!«, murrte Kate, als sie aus den Federn schreckte und benommen nach dem piependen Störenfried schlug. Warum muss er genau dann klingeln, wenn ich kurz vor dem Höhepunkt stehe? Ist das etwa ein Zeichen dafür, dass ich allmählich frigide werde?

Nachdem der Wecker zu Boden gefallen war und das Klingeln aufgegeben hatte, setzte sie sich auf und blickte sich um. Helles Morgenlicht fiel durch das große Fenster, Spatzengezwitscher drang von draußen herein. Die Wohnung aus ihrem Traum war verschwunden. Es musste irgendein Penthouse gewesen sein, in London zwar, aber sie war sich sicher, dass sie es noch nie betreten hatte. Wie kam sie nur darauf? Wollte ihr Unterbewusstsein ihr damit etwas sagen? Dass sie sich vielleicht eine andere Wohnung suchen sollte, weil diese hier sie nicht mehr zufriedenstellte?

Um diese Frage würde sie sich später kümmern. Jetzt griff sie nach ihrer schwarz gerahmten Brille, um alles noch ein bisschen klarer sehen zu können, und wälzte sich aus dem Bett, in dem sie wie immer nackt gelegen hatte. Dann trat sie in den Lichtkegel, den die rote Morgensonne auf die Dielen ihres Schlafzimmers malte.

Dort streckte sie sich kurz und huschte in Richtung Badezimmer, wobei die Sonnenstrahlen über ihren Körper strichen wie die flüchtige Hand eines vorbeieilenden Liebhabers. Sie war sich sicher, dass auch heute alles so laufen würde, wie sie es gewohnt war.

Als das Wasser aus der Dusche auf sie niederprasselte, schloss sie die Augen und ging ihren Tagesablauf durch. Um 10 Uhr das wöchentliche Meeting, um 14 Uhr die Besprechung mit dem Stofflieferanten. Besondere Überraschungen würde es dabei nicht geben, denn seit Jahren hatten sie dieselbe Firma bei der Hand, weshalb höchstens mal die Vertreter wechselten. Besonders attraktive Exemplare waren nicht darunter, deshalb beschränkten sich die Gespräche auf das Sachliche und dauerten zudem nicht besonders lange.

Nachdem Kate fertig war, schlüpfte sie in eines der Kostüme ihrer eigenen Kollektion, ein grünes, das die Farbe ihres Haars bestens zur Geltung brachte. Natürlich würde sie der eine oder andere Kollege wieder als irischen Kobold bezeichnen und fragen, wo sie ihre tin whistle gelassen habe, doch solche Scherze war sie gewohnt und hatte daher meist eine passende Antwort parat.

Noch einen Kaffee aus dem Kühlschrank, eine schreckliche, aber effektive Methode, um wach zu werden, dann verließ Kate das Haus und erwischte wie immer pünktlich die Underground-Bahn, die sie ins Londoner West End brachte.

Hektische Betriebsamkeit, gedämpft durch einen Hauch Stil, Eleganz und kühle Selbstbeherrschung erwarteten die Designerin, als sie durch die Drehtür des Modehauses Avantgarde 64 trat. Das Unternehmen hatte eine ziemlich lange Tradition in der britischen Metropole. Zunächst hatte der Firmensitz am Rand des Londoner West Ends gelegen, wurde dann aber in die unmittelbare Umgebung des Piccadilly Circus versetzt. Diesen Umstand kannten mittlerweile nur noch wenige Mitarbeiter. Kate gehörte zur ersten Riege, und gewissermaßen war der Aufstieg von Avantgarde 64 auch ihrer gewesen, denn sie hatte gleich nach dem Studium in dem Unternehmen angefangen und sich nach oben gearbeitet.

Mit einem Becher ‒ diesmal heißem ‒ Kaffee, den sie aus dem Coffeeshop an der Ecke hatte, lief sie in Richtung Empfangstresen.

»Guten Morgen, Mrs. Webber«, rief ihr der gepflegt aussehende junge Mann zu, der gerade damit beschäftigt war, auf seine Computertastatur einzuhacken.

Kate erinnerte sich noch genau, wie sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Er hatte sie scherzhaft gefragt, ob sie mit Gerry Weber, dem deutschen Modefürsten, verwandt sei. Sie hatte schmunzelnd geantwortet, dass sie dann wohl nicht hier wäre, und seitdem kamen die beiden hervorragend miteinander aus. Der Rezeptionist versorgte sie mit dem neuesten Klatsch und Tratsch, und sie brachte ihm ab und an hausgemachten Pecan Pie mit, den er besonders gern mochte.

»Guten Morgen, Mr Feldman«, antwortete sie, und sogleich fiel ihr wieder das neue große Plakat über dem Empfangstresen ins Auge, auf dem das aktuelle »Gesicht« der Firma abgebildet war. Das Riesenposter hing seit drei Tagen hier und zeigte Cindy Lacroix, die eigentlich Cindy Graham hieß und aus einem Dorf in der Nähe von Bath stammte, aber dank ihrer Kurven, ihres breiten Lächelns und gewiss einiger unanständiger Sexspiele Karriere im internationalen Modelbusiness gemacht hatte.

Sie war das neue Aushängeschild von Avantgarde 64, eine Entscheidung, die Kate nicht besonders gut gefiel. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie jetzt eine andere Dame betrachtet, eine, die weniger künstlich, aber umso mehr sexy aussah. Doch leider war sie nicht der Boss, der Marketingleiter und der Vorstand. Als Chefdesignerin hatte sie, was die Werbung anging, nun mal kein Mitspracherecht.

»Sie haben sich noch immer nicht an Cindy gewöhnt, nicht wahr?«, fragte Tom Feldman, als er ihren Blick bemerkte.

»So würde ich es nicht nennen«, gab Kate diplomatisch zurück. »Allerdings wird es wohl noch eine Weile dauern, bis sie mir nicht mehr auffällt.«

»Vielleicht wechselt es schon bald wieder. Sie wissen ja, wir sind im Umbruch.«

Oh ja, das waren sie! Seit die Firmenspitze Neuerungen angekündigt hatte, wunderten sich Kate und ihre Kollegen über gar nichts mehr.

Es war ein allseits bekanntes Geheimnis, dass sich das große Label Starlight für die kleine Firma interessierte. Solange der Firmengründer die Hand auf Avantgarde 64 hatte, hätte sich niemand auf diesen Handel eingelassen, doch vor ein paar Wochen war er gestorben, und seither stand die Führungsetage in Verhandlungen mit dem Magnaten.

Veränderungen bedeuten nicht zwingend was Schlechtes, sagte sich Kate, und wenn sie ehrlich war, juckte es sie in den Fingern, etwas Neues auszuprobieren. Bisher hatte die Chefetage auf dem firmentypischen Stil bestanden, der nicht viel Raum für Extravaganzen gelassen hatte. Tag für Tag hatte Kate ähnliche Kostüme und Hosenanzüge entworfen und in Produktion gegeben. Lediglich in den Pausen erlaubte sie sich die Verrücktheit, ausgefallenere Modelle zu zeichnen. Die Skizzen wanderten meist direkt in ihre Tasche und zu Hause in ihre Zeichenmappe, in der sie sämtliche Entwürfe seit dem Studium aufbewahrte. Vielleicht war jetzt ihre Zeit gekommen ...

Der gläserne Fahrstuhl brachte sie in die fünfte Etage, wo sich ihr Büro befand und die Mitarbeiter für den Zuschnitt angesiedelt waren. Sie hatte gestern ein paar neue Modelle herausgegeben und war gespannt, wie sie auf den Figurinen aussehen würden. Natürlich erwartete sie keine Überraschung, aber diesmal hatte sie sich erlaubt, den Schnitt der Revers und der Taschen an den Blazern ein wenig zu verändern.

Außerdem hatte sie ein beinahe revolutionäres Material aufgetan. Es war eine Mikrofaser, die weich wie Seide war, so aussah und sich so anfasste, allerdings normal gewaschen werden konnte und zudem nicht gebügelt werden musste. Anstatt des bei Avantgarde 64 typischen Blaus hatte sie einen changierenden Pflaumenton gewählt, der je nach Lichteinfall entweder pink oder dunkelblau schimmerte. Für Partys mit wechselnden Lichtverhältnissen war das sicher interessant.

»Guten Morgen, Mrs. Webber«, tönte ihr Sylvie Thompson, die Herrin der Nähmaschinen, fröhlich entgegen. Unter dem Arm hatte sie eine große Rolle blauen Satin, den sie besonders gern für Abendkleider benutzten. Eigentlich holten die Laufburschen den Stoff, aber ab und an ließ sie es sich nicht nehmen, selbst im Lager vorbeizuschauen. Sie gab ehrlich zu, dass sie einen Fetisch für Stoffe hatte, und wie alle, die für die Mode lebten, konnte Kate sie gut verstehen.

»Guten Morgen, Sylvie, wir sehen uns dann heute Nachmittag«, entgegnete Kate und verschwand hinter ihrer Bürotür. Auf ihrem gut aufgeräumten Schreibtisch lag eine blaue Mappe mit dem Logo der Firma. Was sich darin verbarg, konnte sich die Chefdesignerin denken, wahrscheinlich hatte man ihr vorab einige Stoffmuster zukommen lassen. Darum wollte sie sich allerdings später kümmern, jetzt musste sie erst einmal die Entwürfe ihrer Designer begutachten und ihre eigenen Ideen für die Präsentation vorbereiten.

Kaum hatte sie sich hinter dem Schreibtisch niedergelassen, klopfte es an der Tür.

»Herein!«, rief Kate, ohne den Blick vom Computerbildschirm zu lassen, auf dem gerade das Betriebssystem hochfuhr und früher oder später das Fenster für die Passworteingabe erscheinen würde.

»Hi, Kate«, ertönte eine Stimme, die ihr nur allzu bekannt war. Es war Mona aus der Werbeabteilung. Die junge Frau war die wichtigste Informationsquelle der Designerin, denn wenn es irgendwelche Veränderungen gab, erfuhr es ihr Büro als Erstes.

»Hi, Mona, was führt dich zu mir?«, fragte Kate und setzte ein verbindliches Lächeln auf. Mit geschultem Blick musterte sie das Outfit ihrer Kollegin und fand den grauen Rock und die weiße Bluse ein wenig zu streng für diesen Frühlingstag.

»Ich wollte dich warnen«, entgegnete Mona, während sie sich vor dem Schreibtisch aufbaute.

Kate zog die Augenbrauen hoch. »Warum? Ist etwas im Busch, oder habe ich etwas angestellt, von dem ich nichts weiß?«

»Keins von beidem, nehme ich an. Ich wollte dir nur sagen, dass heute angeblich ein paar Vertreter von Starlight bei der Besprechung dabei sind. Sie wollen sich ein Bild von den Designern hier machen, und ich kann mir gut vorstellen, dass sie dich als Chefdesignerin besonders unter die Lupe nehmen werden.«

Kate konnte nicht sagen, dass sie das kaltließ, doch sie wollte sich von der Neuigkeit auch nicht über alle Maßen beunruhigen lassen.

»Sollen sie ruhig, mein Kostüm ist knitterfrei«, gab sie daher nur salopp zurück und blickte ihre Kollegin prüfend an. »Oder gibt es einen konkreten Grund zur Besorgnis?«

»Uns werden Veränderungen ins Haus flattern, aber das weißt du ja schon.«

»Das ist nicht zu übersehen, sogar wenn man das Gebäude betritt, grinsen sie einen mit Botox-Lippen an.«

»An deiner Stelle würde ich heute nichts gegen Cindy sagen, die Starlight-Leute stehen total auf die Frau. Du hättest mal hören sollen, wie sie uns die Ohren vollgeschwärmt haben! Ich könnte mindestens ein Dutzend Models aufzählen, die hübscher sind, aber Cindy ist nun mal angesagt.«

»Danke, dass du nicht hip gesagt hast«, entgegnete Kate. »Das Wort kann ich schon nicht mehr hören.«

Mona grinste, dann klopfte sie einmal kurz auf den Tisch. »Halt die Ohren steif. Sobald es etwas Neues gibt, sage ich dir Bescheid.« Damit verschwand sie aus dem Büro.

Kate richtete den Blick wieder auf den Bildschirm. Wie sehr oft am Morgen öffnete sie den Ordner mit dem Namen Allgemeines, den sie mit einem Passwort gesichert hatte. Ihre besten Einfälle. Phantasievolle Abendroben und Kostüme, außerdem Anzüge, Krawatten und extravagante Gehröcke. Vielleicht war ihre Zeit schon bald gekommen. Und am Ende war unter den Herren von Starlight sogar einer dabei, der ihr gefiel.

 

Trotz Monas Warnung lief der Tag besser, als sie gedacht hätte. Die Vertreter von Starlight waren doch nicht so furchterregend wie erwartet, und die Führungsriege hatte wegen ihres pflaumenfarbenen Revolutionsstoffes auch keinen Anfall bekommen. Ihre Präsentation war sogar ziemlich gut verlaufen, jedenfalls war Kate dieser Meinung, und bisher hatte sie sich noch nie getäuscht.

Etwas fürs Auge unter den Starlights hatte sie allerdings nicht ausmachen können. Die Männer wirkten kalt wie Marmorstatuen, und trotz der durchweg geschmackvollen Outfits und Duftwässerchen fühlte sie sich zu keinem einzigen sexuell hingezogen. Aber es bestand noch Hoffnung. Die Gerüchteküche, von Außenstehenden Schneiderei genannt, wartete mit der Neuigkeit auf, dass schon am nächsten Morgen ein neuer Chef hereinschneien würde, zusammen mit einer ganzen Riege hoffnungsvoller Jungtalente, die demnächst hier arbeiten sollten.

Kate hatte die Nachricht nicht sonderlich beunruhigt, denn sie wusste, dass sie sich vor den Neulingen nicht zu verstecken brauchte. Da sie zudem gut mit Menschen umgehen konnte, zweifelte sie auch nicht daran, dass sie mit ihnen auskommen würde. Außerdem lautete ihre Devise: Abwarten und Tee trinken. Kein neuer Mitarbeiter konnte so schlimm sein, dass man sich wünschte, ihn aus dem Fenster zu werfen.

Zu Hause angekommen, nahm sie die Post aus dem Kasten, schenkte ihr aber keine weitere Beachtung, sondern legte sie nur auf dem Tischchen neben der Tür ab. Sollte es ihr heute nicht gelingen, einen passenden Mann fürs Bett aufzutreiben, würde sie sich damit die Nacht um die Ohren schlagen, alle Rechnungen zu bündeln, die Werbung wegzuwerfen und die wenige persönliche Post zu studieren. Doch jetzt war erst einmal Feierabend, und wie der Name schon sagte, sollte man ihn feiern. Oder zumindest begießen.

Natürlich würde sie nicht in ihrem strengen Kostüm losziehen, und schon gar nicht mit der Brille auf der Nase. Kate mochte das Gestell, denn es verlieh ihrem Gesicht einen professionellen Zug, aber für heiße Liebesnächte bevorzugte sie Kontaktlinsen.

Rasch schlüpfte sie aus den Kleidern und huschte nur in ihrer Seidenunterwäsche zum Kleiderschrank. Dort fing sie an, in den behängten Kleiderbügeln zu blättern wie in den Seiten eines großen Buches.

Ihr Lieblingskleid musste in die Reinigung, das rote war eindeutig zu viel für eine kleine Runde in der Cocktailbar, das lange schwarze war eher etwas für Empfänge und die Minikleider noch immer ein wenig zu luftig für einen Frühlingsabend. Schließlich entschied sie sich für ein Top und einen glänzenden schwarzen Rock, der stramm um ihre Schenkel saß und einen Knackpo machte.

Die Strumpfhose tauschte sie gegen ihre Seidenstrümpfe aus, und als sie das Nylon an den Beinen glattstrich, musste sie lächeln. Nicht alle, aber einige ihrer Liebhaber machten näher Bekanntschaft damit. Viele Männer mochten es nicht, beim Sex gefesselt zu werden, einige dagegen schon, und diesen Genießern gönnte sie das Vergnügen. Es war eine ihrer Marotten, die noch dazu so tief in ihr drinsaß, dass sie sogar davon träumte. Vielleicht würde sie ja heute auf einen Mann treffen, der nicht zu ihr wollte, sondern sie zu sich mitnahm. In dieses traumhafte Penthouse ...

Als Kate fertig war, warf sie einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Der Vorteil ihres Haars war, dass sie es nur durchbürsten musste, damit es lag. Obwohl sie bereits vierzig war, brauchte sie bislang auch nicht mit Farbe nachzuhelfen. Natürlich fand sich das eine oder andere graue Haar in dem grellen Rot, aber das konnte sie sich kurzerhand ausreißen, ohne gleich kahle Stellen auf dem Kopf zu riskieren.

Nachdem der Sitz der Frisur sichergestellt war und ihre Füße in den schwarzen Pumps steckten, griff sie nach dem Handtäschchen, in dem alles für eine heiße Bar- oder Clubnacht steckte, und verließ die Wohnung.

Auf dem Weg nach unten rief sie sich ein Taxi. In diesem Aufzug in die Bahn zu steigen, bedeutete nämlich, mehr als eindeutige Angebote zu bekommen, noch dazu meist von Männern, von denen sie gar keine Angebote bekommen wollte. Wie sie in ihrer Anfangszeit in London festgestellt hatte, begnügten sich einige Männer nicht mit Worten, sondern ließen ihre Hände sprechen. Einige Schimpftiraden und übergezogene Handtaschen später hatte Kate eingesehen, dass sie abends besser das Taxi nehmen sollte.

Da der Taxistand ganz in der Nähe war, rauschte der schwarze Wagen heran, sobald sie die Tür passiert hatte. Kate kannte den Mann hinter dem Steuer. Es war Harry, ihr inoffizieller Stammfahrer. Sie hatte die Gelegenheiten, bei denen er sie chauffiert hatte, sei es nun zum Flughafen oder einfach nur zur Bar, nicht gezählt, aber wahrscheinlich hatten sie die Hundert längst überschritten. Harry war immer freundlich und nervte sie nicht wie andere Taxifahrer mit bohrenden Fragen nach ihrem Beruf oder ihrem Wissen über Aktienkurse.

»Na, Mrs. Webber, wohin geht es denn heute?«

Angesichts ihres Aufzuges sah Harry das natürlich, dennoch machte er sich einen Spaß daraus, sie jedes Mal zu fragen.

»Ins La Fleur, wie immer am Mittwoch«, entgegnete sie und schwang sich auf den Beifahrersitz.

»Brauchen Sie auch einen Wagen zurück?«

Diese Frage kam ebenfalls nicht von ungefähr. Die meisten Männer, die sie abschleppte, hatten selbst einen Wagen, mit dem sie zu ihrer Wohnung fuhren.

»Mal sehen. Wenn es schlecht läuft, ganz sicher, für den Fall habe ich Ihre Nummer gespeichert.«

Harry ließ den Blick über ihr Outfit gleiten und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich kann Feierabend machen. Abgesehen davon, dass es bei Ihnen nie schlecht läuft, sehen Sie heute rattenscharf aus, da sagt sicher keiner nein. Jedenfalls keiner, der noch bei Verstand ist.«

Kate lächelte. Das Kompliment freute sie, wenngleich der Taxifahrer zu den wenigen Männern zählte, mit denen sie nie etwas anfangen würde. Dass er verheiratet war, stellte dabei nicht mal das Haupthindernis dar. Harry war einfach ein Kumpeltyp, einer, bei dem sie es sich nicht vorstellen konnte, wild auf ihm zu reiten oder von ihm gestoßen zu werden. Das war auch gut so, denn sie schätzte seine Dienste als Fahrer, und das sollte auch so bleiben.

Mit der Liebe ist es wie mit einem guten Cocktail, pflegte Charlie immer zu sagen, seines Zeichens Barmann in Kates Lieblingsbar La Fleur. Das richtige Rezept, gediegene Zutaten, nicht zu viele, denn das verdirbt den Geschmack. Die Flüssigkeiten ineinanderfließen lassen, alles gut durchschütteln und danach genießen.

Das Problem dabei war nur: Woher bekam man das richtige Rezept? Und woher die Hauptzutat ‒ einen Mann, der sich nicht als Maraschinokirsche mit Wurmstich erwies?

Kate kannte sich mit wurmstichigen Männern aus. Auch mit abgestandenen, fad gewordenen und jenen, denen jegliche Spritzigkeit abhandengekommen war. Ihren Champagner unter den Herren hatte sie bisher noch nicht gefunden. Dafür waren viele Alcopops darunter: schnell, spritzig, süß, allerdings klebten die einem irgendwann den Magen zu. Nein, sie brauchte etwas Richtiges ‒ die ideale Mischung zwischen herb und süß, etwas, das einem nicht über wurde.

Das La Fleur war nicht gerade der beste Ort, um einen Mann fürs Leben kennenzulernen. Hier konnte man bestenfalls einen One-Night-Stand abschleppen, der ohne Flecken zu hinterlassen am nächsten Morgen wieder verschwand. Dennoch ging Kate nach der Arbeit gern hierher, um sich auf den Feierabend einzustimmen. Meist wegen der Drinks und fast immer wegen Charlie, der sie aufmunterte, wenn sie down war, und der sie wieder auf den Boden zurückholte, wenn sie Höhenflüge hatte ‒ und manchmal auch wegen eines Kerls zum Vernaschen.

»Einen Orgasmus bitte«, sagte Kate mit einem breiten Grinsen, als sie ihre schwarze Clutch auf den Tresen legte und auf den Barhocker kletterte. Sie hatte eine gewisse Übung darin, das wackelige Gebilde mit Stilettos zu besteigen, ohne dass ihr Rock mehr als den Spitzenrand ihrer Strümpfe preisgab.

Der Ruf nach dem Orgasmus war so etwas wie ein privater Witz zwischen ihr und dem Barkeeper. Als sie die Bar das erste Mal betreten hatte, hatte sie die Cocktailkarte durchgelesen, und der Drink war ihr sofort ins Auge gesprungen. Als sie ihn bestellt hatte, hatte Charlie frech gegrinst. »Aber sicher doch, möchten Sie ihn von mir oder soll ich den Herrn nebenan fragen?«

Das hatte das Eis zwischen ihnen gebrochen. Wie sie schon nach kurzer Zeit herausgefunden hatte, wäre Charlie ohnehin nur bereit gewesen, ihr den Orgasmus in Cocktailform zu bescheren. Für die echten Orgasmen bevorzugte er nämlich gutaussehende Männer, die dann auch seinen Strohhalm zu sehen bekamen und seine Sahne schlürfen durften.

Kate bedauerte das so manches Mal, denn Charlie wäre genau ihre Kragenweite gewesen. Ende dreißig, dunkelhaarig, schlank und groß. Nicht der Mann fürs Leben, dafür aber für Nächte, die nach Zuckerwatte schmeckten. Doch so war er ihr ein guter Freund, vielleicht der beste von allen, und es hatte durchaus etwas für sich, gemeinsam über die Bettqualitäten von Männern lästern zu können.

Charlie mischte den Orgasmus mit geübten Handgriffen und gab einen ordentlichen Klecks Sahne obendrauf.

»Du willst mich wohl mästen?«, fragte Kate vorwurfsvoll und deutete auf den Sahneberg.

»Wo denkst du hin?«, entgegnete der Barkeeper, denn auch dieses Spielchen war er bereits gewohnt. »Außerdem kann an eine Bohnenstange wie dich ruhig was ran. Oder willst du, dass sich die Kerle beim Stoßen blaue Flecke holen?«

»Du hast gut reden«, entgegnete sie, nahm einen Löffel Sahne und schob ihn sich genussvoll in den Mund. »Frauen haben immer nur die Wahl, dick oder dünn zu sein, während Männer schlank sein und trotzdem Muskeln haben können, die die Stöße abfedern. Manchmal bin ich richtig neidisch auf dich, weißt du das?«

Charlie lächelte geschmeichelt. »Nun lass mal gut sein und komm ja nicht auf die Idee, ins Fitnesscenter zu rennen. Wenn es etwas Unerotisches auf der Welt gibt, dann Frauen mit Bodybuilder-Muskeln.«

»Du vergisst Männer in verwaschenen Jogginganzügen«, konterte Kate.

Der Barkeeper nickte. »Stimmt, die habe ich ganz vergessen. Aber ich denke, hypermuskulöse Frauen sind schlimmer. Männer können unter einem schlabberigen Jogginganzug immer noch einen Wahnsinns-Body haben.«

»Da hast du recht, und ich habe ganz bestimmt nicht vor, mir Muskelpakete anzutrainieren. Es sei denn, du mästest mich wirklich noch.«

»Keine Sorge, ich bin kein Spielverderber.« Charlie zwinkerte ihr zu, dann nahm ihn ein anderer Gast in Anspruch.

Kate hatte Zeit, Schluck für Schluck den Tag Revue passieren zu lassen. Es war kein guter, jedoch auch kein ausgesprochen schlechter Tag gewesen. Eher Durchschnitt, der nach einem Highlight schrie. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Noch immer geisterte ihr der erregende Traum vom Morgen durch den Kopf. Seltsamerweise packte er sie dermaßen, dass es zwischen ihren Beinen zu kribbeln begann. War es eine Vorahnung? Witterte sie bereits das Testosteron, das sich ihr näherte?

Der Mann, der sich wenige Schlucke später auf den Barhocker neben ihr schwang, war von der Sorte Schokoladenlikör. Braungebrannt, süß und sicher ungemein süchtig machend. Nicht die richtige Mischung ‒ jedenfalls auf den ersten Blick ‒ doch auf alle Fälle ein Genuss, den sie sich zum Feierabend gönnen konnte. Stellte sich nur die Frage, ob er eher etwas für Charlie war oder für sie.

Das Lächeln, mit dem er sie kurz darauf bedachte, ließ immerhin ein wenig Hoffnung aufkommen, dass er nach weiblicher Begleitung Ausschau hielt. Dass er ein Suchender war, hatte sie sogleich erkannt. Die Art, wie er sich hinsetzte und zunächst unbeteiligt tat, um dann den Blick suchend durch die Gegend schweifen zu lassen, verriet es ihr.

Männer oder Frauen ‒ worauf stehst du?, fragte sich Kate im Stillen, während sie ihn beobachtete. Als sein Blick auf ihr verweilte und sich die weich geschwungenen Lippen teilten, wusste sie, dass er Frauen bevorzugte. Zumindest heute.

»Hallo«, sagte er zu ihr, nicht schmierig und nicht verklemmt, sondern genau im richtigen Tonfall.

»Hey«, entgegnete sie lässig, nahm noch einen Schluck und leckte sich effektvoll über die Oberlippe. »Sie habe ich hier noch nicht gesehen.«

Es gab bessere Anmachsprüche, aber dieser hier war die sicherste Methode, wenn man damit die Wahrheit sagte.

»Das ist wohl wahr, ich bin zum ersten Mal da. Ein Freund hat mir den Laden empfohlen.«

»Dann kommen Sie wohl nicht aus der Gegend?«

»Nein, allerdings werde ich sicher eine Weile hierbleiben. Da ist es gut zu wissen, wo man gute Drinks bekommt.«

Während Kate sich noch fragte, was dieser Mann wohl beruflich machte, und damit den Grund für sein Hierbleiben suchte, rauschte Charlie heran.

»Hallo, was kann ich für Sie tun?«, fragte er, und ihm war anzusehen, dass der Unbekannte ihm ebenfalls gefiel.

Jetzt kam die Entscheidung. In wessen Bett würde er landen? Seltsamerweise verspürte Kate eine leichte Aufregung, dabei wusste sie noch nicht einmal, ob der Fremde mit ihr überhaupt etwas anfangen würde.

»Bringen Sie mir einen Manhattan«, antwortete der Mann mit neutraler Miene, worauf Charlie Kate mit einem ihrer Geheimzeichen bedeutete, dass sie sich ihn schnappen sollte. Dann bereitete er den Drink zu.

»Sie haben also länger in der Stadt zu tun«, knüpfte sie an ihr Gespräch an.

Der Unbekannte nickte. »Ja, ich denke schon, dass meine Arbeit hier eine Weile dauern wird.«

Genauso, wie Kate es verstand, sich auf den Hocker zu setzen, ohne zu viel zu zeigen, konnte sie auch den Eindruck erwecken, dass ihr Rock rein zufällig ein Stück höher rutschte. Zufrieden stellte sie fest, dass der Mann die Bewegung des Stoffes registrierte und sein Blick länger als angebracht dran hängenblieb.

Sie wusste nicht genau, ob er nur Haut oder bereits den Ansatz ihres Slips sah, auf jeden Fall war er jedoch so abgelenkt, dass er die Ankunft des Manhattan nicht mitbekam. Dafür bekam Kate das Grinsen des Barmannes mit, das ihr ohne Zweifel sagte, dass sie ein kleiner Teufel sei.

Vielleicht fand das auch der Unbekannte. Doch es schien ihm zu gefallen, jedenfalls ergriff er nicht gleich die Flucht vor ihr.

»Ich bin übrigens Oliver«, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand. Der Drink stand noch immer unbeachtet neben ihm.

»Kate.« Sie nahm seine Hand und war erstaunt darüber, wie weich sie sich anfühlte. Nicht, dass sie schrumpelig ausgesehen hätte, aber bei einem Typen wie ihm stellte sie sich eher eine glatte und harte Hand vor, eine, die zupacken konnte, wenn es sein musste.

Die Hand war weich, als wäre sie feine Arbeiten mit viel Fingerspitzengefühl gewöhnt. Vielleicht ist er Uhrmacher, kam es Kate in den Sinn. Oder Künstler. Sie blickte ihm direkt ins Gesicht. Sah so ein Künstler aus? Womöglich war er Schauspieler? Da hier in London mehrere Fernsehsender ansässig waren, die zahlreiche Serien produzierten, kamen regelmäßig Schauspieler in die Stadt. Vielleicht war er ja einer von ihnen. Sie konnte ihn sich gut als Herzensbrecher vorstellen.

»Ich schätze mal, Sie sind öfter hier«, sagte er, nachdem er ihre Hand wieder losgelassen hatte.

»Soll das heißen, dass ich wie eine Schnapsdrossel aussehe?«

»Nein, ganz gewiss nicht«, wehrte er ab. »Sie wirken nur wie jemand, der sich hier bestens auskennt.«

Kate fragte sich, wie er darauf kam, doch wahrscheinlich wollte er nur ein wenig Konversation betreiben.

»Wenn Sie etwas über London wissen wollen, fragen Sie mich ruhig. Bis zu einem gewissen Grad kenne ich mich tatsächlich hier aus. Aber kommen Sie mir nicht mit der Frage, wo man die Tower Bridge finden kann. Wenn Sie die nicht sehen, müssen Sie schon etliche von denen da intus haben.«

Sie deutete auf den Drink, und erst jetzt schien Oliver wieder in den Sinn zu kommen, dass er etwas zu trinken bestellt hatte. Er griff nach dem Glas, und sie prosteten sich zu.

»Ich denke, wir sollten du sagen«, schlug Kate schließlich vor. »Immerhin sind wir jetzt Saufkumpane.«

»Nichts dagegen«, entgegnete Oliver, und nachdem er sein Glas abgestellt hatte, deutete er auf ihr Glas. »Was ist das eigentlich?«

»Ein Orgasmus«, entgegnete Kate mit einem süffisanten Lächeln. Der Cocktail war eigentlich ein alter Hut, doch irgendwie schaffte es der Name immer wieder, die Menschen erschrocken oder überrascht dreinschauen zu lassen. Oliver machte da keine Ausnahme ‒ dabei erschien er gar nicht prüde.

»Wenn du willst, kannst du auch einen haben.«

Zufrieden stellte sie fest, dass seine Augen sich weiteten. Er zog die Augenbrauen hoch, und Kate war sich sicher, dass er nicht an das Getränk dachte. Aus den Augenwinkeln registrierte sie Charlies breites Grinsen, doch wenn man eine Beute am Haken hatte, sollte man sie nicht wieder loslassen.

Sie spielte einen Moment am Saum ihres Rockes, dann ließ sie die Hand wie zufällig auf Olivers Oberschenkel gleiten. Seine Beinmuskeln fühlten sich interessant an, beinahe so, als würde er sie mit Radfahren oder Joggen trainieren. Als sie merkte, dass er sich nicht zurückzog, ließ sie die Hand dort, wo sie war, federleicht wie ein Vogel, der sich verirrt hatte.

»Meinst du das so, wie ich es verstanden habe?«

»Finde es doch heraus ...« Kate öffnete herausfordernd die Lippen, und ihre Hand glitt an seiner Leiste entlang bis zu seinem Schritt. Bereits jetzt fühlte sich seine Männlichkeit sehr vielversprechend an. Kate tippte, dass sein Schwanz erigiert bestimmt zwanzig Zentimeter lang war und damit genau die richtige Länge für ein solides Lustinstrument hatte.

»Hast du einen Wagen?«

Sie beobachtete, wie sein Kehlkopf auf und ab wippte, als er gegen die Trockenheit in seinem Mund anschluckte.

»Ja, natürlich«, presste er schließlich hervor.

»Gut, worauf warten wir dann noch?«

Der Mann wirkte einen Moment unschlüssig, vielleicht fragte er sich, ob dieses Angebot etwas kosten würde. Kate reizte der Gedanke, dass er sie womöglich für eine Hure hielt. Offenbar war es ihm egal, was sie war ‒ Hauptsache, er konnte ein paar scharfe Stunden verbringen. Er beeilte sich, das Geld aus seiner Börse zu zerren und neben das halbvolle Glas zu legen. Dass einer der Scheine hinter die Theke flatterte, schien er gar nicht zu bemerken.

Charlie bekam natürlich mit, dass der Mann völlig von der Rolle war, und als seine Freundin ihn ansah, hob er mit einem bewundernden Nicken den Daumen.

Kate machte die vereinbarte Geste für »Beim nächsten Mal bist du wieder dran«, dann verließ sie mit ihrem Fang die Bar.

Die Ledersitze des Wagens schmiegten sich erregend an ihren Hintern und übertrugen die Vibrationen des Motors geradewegs in ihre Pussy. Oliver fuhr einen Z3, dasselbe Auto, das auch schon mal in einem James-Bond-Film zu bewundern war. Er selbst passte mit seinem Aussehen durchaus in solch einen Streifen, aber Kate entging nicht, dass er nervös war. Man könnte annehmen, dass ein Mann wie er es gewohnt war, Frauen aus einer Bar mitzunehmen, doch vielleicht hatte er bislang nur wenige Damen getroffen, die ähnlich offensiv vorgegangen waren wie sie.

Das Navigationsgerät, das einen bläulichen Lichtschein über Olivers markantes Profil legte, lotste ihn zielsicher in ihre Straße bis vor ihr Haus.

Kate hatte sich mittlerweile so sehr an den Geruch des Wagens gewöhnt, dass es ihr nichts ausgemacht hätte, es gleich hier zu treiben. Doch sicher hatte das Motorengeräusch einige Nachbarn schon neugierig gemacht, und auch wenn hier jedermann vorgab, sich nicht um den anderen zu kümmern, würde sie ihr bestes Abendkleid darauf verwetten, dass die Leute mit den Nasen an den unbeleuchteten Fenstern klebten. Freien Live-Porno wollte sie ihnen nicht bieten.

Kate stieg aus und lotste Oliver durch den Hauseingang und die Treppe hinauf. Immerhin gab es hier keine alte Dame, die bei jedem Geräusch im Hausflur neugierig den Kopf aus der Tür streckte.

An ihrer Wohnung angekommen, schloss sie auf und machte Licht. »Nur herein!«, sagte sie mit einer einladenden Geste.

»Hier wohnst du also«, sagte er, während sie den Schlüsselbund klirrend auf den Telefontisch warf.

Die kleine rote Lampe des Anrufbeantworters blinkte, doch Kate ignorierte es. Wer auch immer ihr etwas mitzuteilen hatte, konnte es tun, wenn sie mit diesem heißen Kerl fertig war.

»Klein, aber fein«, entgegnete sie auf seine Feststellung und überholte ihn auf dem Weg durch den Flur. Sie spürte, dass er ihr auf den Hintern starrte, und genau so sollte es sein.

»Was macht eine Frau beruflich, die in solch einem Kleinod wohnt?«

»Das wird nicht verraten.«

Kate hätte beinahe hinzugefügt, dass es sich für One-Night-Stands nicht gehörte, solch eine Frage zu stellen, aber sie schluckte die Bemerkung rechtzeitig hinunter.

»Willst du was trinken?«

»Nein, danke, der Manhattan wirkt noch nach.«

Offenbar wollte Oliver etwas ganz anderes. Was würde er wohl dazu sagen, wenn sie ihn direkt ins Schlafzimmer führte? Er trottete ihr hinterher, offenbar schien er nicht zu erwarten, dass sie ihn in eine Folterkammer lotste.

Kate war eigentlich stolz auf ihr Schlafzimmer. Es war nicht so luxuriös wie das in ihrem Traum, doch mit den weißen Möbeln und zartblauen Wänden konnte es sich sehen lassen. Das Bett in der Mitte war breit und gut gefedert, sodass man nichts befürchten musste, wenn man allzu wild zur Sache ging.

Die weiße Calla vor dem Fenster brauchte mal wieder etwas Wasser, aber das nahm Kate nur beiläufig wahr. Oliver schien es ganz zu entgehen, denn tatsächlich wirkte er ein wenig überrascht darüber, dass sie ihn direkt hierhergebracht hatte.

»Du bist eine Frau, die keine Zeit verliert«, sagte er, und es war eher eine Feststellung als eine Frage.

Kate war nicht nach Reden zumute. Sie packte ihn bei den Revers seines Jacketts und zog ihn an sich. Sein Körper war warm und pulsierte vor Kraft. Als ihre Lippen sich trafen, durchfuhr es sie wie ein Stromschlag, mit dem Unterschied, dass ihr nicht die Haare zu Berge standen und sie schleunigst von ihm wegwollte.

Sie presste ihre Hüften an seine, um unmissverständlich klarzumachen, was sie beabsichtigte, und daran, dass er nicht zurückwich, erkannte sie, dass er es ebenfalls wollte. Jedes Wort wäre in diesem Augenblick zu viel gewesen. Sie spürte, wie sein Schwanz wuchs und versuchte, seinem Gefängnis aus Viskosegemisch zu entkommen. Noch einen Moment lang küssten sie sich, nahmen den Mund des anderen vollkommen ein, dann lösten sie sich wieder voneinander.

»Machst du das mit allen Männern so?«

»Mit vielen.«

Kate hatte kein Problem damit zuzugeben, dass sie ein kleines Sexmonster war.

»Ich schätze mal, dass du nicht viel davon hältst, dabei zu reden.«

»Kommt ganz darauf an.«

Wieder küssten sie sich, dann packte Kate ihn bei der Krawatte und zog ihn zum Bett. »Zieh dich aus«, forderte sie.

Oliver sah keinen Grund, ihrer Aufforderung nicht zu folgen, und Kate beobachtete, wie er aus Hemd und Hose schlüpfte. Was sich unter seiner weißen Calvin-Klein-Unterwäsche abzeichnete, war schon ziemlich interessant.

»Willst du nicht mitmachen?«, fragte er lächelnd, während er die Daumen in den Bund der Unterhose schob.

»Ich will erst sehen, was du zu bieten hast.«

»Es wird sicher mehr, wenn du mir zeigst, was mich unter deinen Sachen so alles erwartet.«

»Okay!« Mit einer lasziven Handbewegung knöpfte Kate ihren Blazer auf, dann entledigte sie sich des Tops. Dita von Teese wäre wegen dieses Strips zwar gewiss nicht neidisch in ihrem großen Champagnerglas versunken, aber Oliver schien die Vorstellung zu gefallen ‒ jedenfalls wenn es nach dem Kumpel zwischen seinen Beinen ging. Nachdem auch der Rock zu Boden geglitten war, stellte Kate sich vor ihn hin wie ein Model, das sich am Ende des Laufstegs im Blitzlicht präsentiert.

Seine Reaktion war überragend. Die Unterwäsche konnte die geballte Kraft seines Schwanzes nicht länger bändigen. Rasch zerrte Oliver sich das letzte Stück Stoff von den Hüften und trat zu ihr. Während sie sich küssten, zog er Kate an sich, sodass sie nur wenig später das Gefühl hatte, auf einer Fahrradstange zu sitzen. Sein Penis schob sich zwischen ihre Beine und rieb sich an dem seidigen Stoff ihres Höschens. Kate spürte, wie sie feucht wurde. Etwas, das Oliver sofort bemerkte und das ihm Sicherheit gab. Mit zitternden Fingern versuchte er sich an dem Verschluss ihres BHs, und schließlich gelang es ihm auch, ihn zu öffnen. Er stieß ein leises Stöhnen aus, als ihre harten Nippel seine Brust streiften. Augenblicklich ließ er von ihren Hüften ab und griff nach den vollen Brüsten.

Jetzt stöhnte Kate. Seine Hände wussten anscheinend doch zuzupacken. Er knetete und schob ihren Busen zusammen und senkte den Kopf darauf. Seine Zunge hinterließ eine feuchte Spur auf ihrer Haut, dann saugte er den rechten Nippel in den Mund. Kate zerzauste ihm das Haar, und als er mit einer Hand den Weg in ihr Höschen suchte, hielt sie ihn nicht davon ab.

Fordernd strich Oliver über den getrimmten Busch und glitt spielerisch mit dem Finger dazwischen. Kates Stöhnen wurde lauter, als er ihren Kitzler rieb und schließlich zwei Finger zwischen ihre Schamlippen schob. Es war nicht so gut wie sein Schwanz, aber ein kleiner Vorgeschmack, den sie sich nicht nehmen lassen wollte. Sie brauchte ihm nicht zu sagen, was er tun sollte, er tat es einfach. Seine Finger stießen sie, sein Daumen drückte auf den Kitzler, und bevor sie wusste, wie ihr geschah, presste sie sich an die Wand, damit er ohne nachsetzen zu müssen weitermachen konnte.

Schließlich umfasste sie seinen harten Schwanz, der sich seine Freiheit bereits halb erkämpft hatte, und massierte ihn.

Oliver keuchte und erhöhte das Tempo, was ihn jedoch nicht davor bewahrte, dass Kate ihn wichste und in den Rausch mitnahm. Sex war eigentlich kein Wettlauf, aber unwillkürlich machten sie ihn gerade zu einem, und nur mit Sekundenbruchteilen Vorsprung schaffte es Oliver, Kate ins Ziel zu bringen. Sie kam mit einem Lustschrei, der ihr unwillkürlich entschlüpfte, und nur wenig später spie sein zuckender Penis seinen Samen auf ihre Hand.

Oliver hätte ihr jetzt sagen können, wie gut sie war, er hätte sie auch fragen können, wie gut er gewesen war, doch keiner von ihnen brachte ein Wort hervor. Sie lehnten aneinander, auf den Händen die Säfte des jeweils anderen, bis Kate schließlich die Kraft aufbrachte, ihn in Richtung Bett zu drängen.

»Jetzt aber richtig«, sagte sie und leckte ihm spöttisch über die Lippen.

»Einen Moment Zeit musst du mir schon geben«, entgegnete er.

»Gewährt.«

Sie löste sich von ihm und ging zu dem kleinen Schränkchen, das sie ihre »Minibar« nannte. Darin befanden sich nicht etwa überteuerte Kaltgetränke, sondern eine Kollektion verschiedener Kondome. Sie hatte Gummis in allen möglichen Farben und Stärken, sogar mit Noppen und Geschmack. Es war eine ihrer vielen Marotten, neue Kondomsorten zu sammeln. In ihren Augen waren sie so etwas wie Kleider für Schwänze, und alles, womit man sich bekleiden konnte, war ihr Metier.

Sie blickte sich zu Oliver um, der auf dem Bett ruhte wie ein römischer Gott, und griff nach den XXL-Kondomen mit Prickelnoppen. Gleichzeitig dachte sie wieder an den Traum vom Morgen zurück. Was würde er wohl davon halten, wenn sie ihn erst ein wenig fesselte und danach ritt, bis ihm Hören und Sehen verging?

Der Gedanke war immerhin so verlockend, dass sie ihn nicht gleich verwarf. Gefesselt zu werden und damit der Frau ausgeliefert zu sein, war nichts für jeden Mann, doch mit Oliver wollte sie es nur zu gerne ausprobieren.

Sie wandte sich wieder um und kehrte mit dem Kondompäckchen zu ihm zurück.

»Na, du hast dir ja viel vorgenommen«, sagte er und zog sie an sich.

Sie küssten sich, und als er ihre Lippen wieder freigab, antwortete Kate: »Der da sieht so aus, als könnte er zu dem stehen, was er verspricht.« Sie griff nach seinem Schwanz und massierte ihn erneut.

»Mach es nicht zu doll, sonst komme ich gleich.«

»Das wollen wir doch nicht hoffen.«

Kate kroch über Oliver, setzte sich auf seine Schenkel und rollte ihm gekonnt das Kondom über.

»Ist das deine Lieblingsfarbe?«, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, aber meine Lieblingssorte. Und das Beste daran ist, dass du auch etwas davon hast.«

Den Beweis für ihre Worte lieferte sie ihm prompt, indem sie ein Stück vorrückte, ihn packte und ihn ohne ein weiteres Wort in ihre von ihren Säften nasse Pussy einführte. Eng schloss sie sich um ihn, und es war, als könnte sie nicht nur die Noppen, sondern auch die Adern seines Schwanzes spüren.

Oliver legte den Kopf in den Nacken und griff nach ihren Hüften. »Du hast recht«, keuchte er, doch sogleich verschloss sie ihm die Lippen mit einem Finger und begann, ihn zu reiten. Zunächst langsam, denn sie wollte seine Gesamtlänge bestmöglich auskosten. Die Noppen rieben bei jedem Stoß an ihren Lippen und im richtigen Neigewinkel auch an ihrer Klit, was dazu führte, dass sich binnen Sekunden ein neuer Orgasmus in ihr zusammenbraute.

Bevor sie kommen konnte, riss Oliver allerdings das Ruder herum. Er nutzte einen kurzen Moment, in dem sie träumerisch mit geschlossenen Augen innehielt, und drehte sich zur Seite, wodurch sie ebenfalls auf dem Bett zu liegen kam. Überrascht juchzte sie auf, doch dann ging ihr Protest in lautes Stöhnen über, als er begann, sie zu stoßen.

Er schlug einen wesentlich schnelleren Rhythmus an als sie, aber Kate wollte sich nicht entziehen. Nachdem ihre Körper für einige Augenblicke in wilder Raserei gegeneinander gestoßen waren, kam sie. Während der Orgasmus in Wellen durch ihren Körper schoss, merkte sie, dass sich auch Olivers Schwanz zuckend entlud.

Schlaff wie ein Stück herabgefallene Seide lag Kate neben ihm auf dem Bett und merkte erst jetzt, dass sie völlig vergessen hatte, ihn mit einem ihrer Strümpfe zu fesseln. Sie blickte an ihren Beinen hinab und sah, dass die Strümpfe heruntergerutscht waren, dabei hätten sie eigentlich nicht rutschen sollen.

Was soll's, vielleicht bei der nächsten Runde, sagte sie sich und strich mit der Hand über Olivers Hüfte. Für einen Mann fühlte sich seine Haut sehr weich an, und erst jetzt merkte sie, dass er rasiert war – überall! Das gefiel ihr, denn sie stand nicht auf behaarte Monster, denen die Matte aus dem Hemdkragen wucherte.

Oliver sagte auch jetzt nichts. Er musterte sie nur ausgiebig. Seine blauen Augen wirkten etwas dunkler als in der Bar ‒ irgendwie satt. Reichte es ihm etwa bereits, oder hatte er Appetit auf mehr? Wenn es nach ihr ging, konnte er die ganze Nacht bleiben und vielleicht sogar bis zum Frühstück.