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Sheelagh McErin
Das Haus der Masken
erotischer Roman

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www.Elysion-Books.com

SHEELAGH MCERIN

DAS HAUS DER
MASKEN

EROTISCHER ROMAN

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www.Elysion-Books.com

ELYSION-BOOKS TASCHENBUCH
BAND 4107
1. Auflage: April 2015

VOLLSTÄNDIGE TASCHENBUCHAUSGABE

ORIGINALAUSGABE
© 2014 BY ELYSION BOOKS, LEIPZIG
ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert
www.dreamaddiction.de
FOTOS: © Bigstock/3372885
LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig
www.imaginary-world.de
Lektorat: Tanja Janz
ISBN Buch: 978-3-945163-73-3
ISBN eBook: 978-3-945163-74-0

INHALT

Der schwarze Wagen

Master Ash

Morgen

Narben

Regeln

Besuch

Schönheit

Vergangenheit

Schmerz

Jubiläum

Vorbereitungen

Silvester

Letzte Schritte

Richard

Larry

Abgesang

Mehr himmlisch heißen Lesespaß finden Sie auf:
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DER SCHWARZE WAGEN

„Da ist sie wieder“, flüsterte Agnes.

„Wer?“

„Die schwarze Steamcoach!“

Kara drehte den Kopf und sah den Wagen unter einer Gaslaterne halten.

„Nicht hinschauen! Da sitzt der Teufel drin!“

Kara musste grinsen. „Ich denke, der reist in einer Schwefelwolke?“

„Und was, meinst du, ist dieser Gestank?“

Das Gefährt, wurde oben von einem Schlot gekrönt, dem eine schwarze Wolke entwich – eine kleine Version der Fabrik-Schonsteine, die beständig ihren Rauch in den Himmel von Neventry bliesen, um die Waffen für den Krieg auf dem Kontinent zu schmieden. Ansonsten glich die Steamcoach einer Pferdekutsche, geschlossen, aber leicht gebaut, mit einem Dach aus Leder, das sich zurückklappen ließ.

„Was ist das für eine Coach?“, fragte Lilly scheu. Sie war noch nicht lange dabei und dazu ziemlich jung. Vince hatte Kara angewiesen, sie unter ihre Fittiche zu nehmen.

„Halt dich von dem Wagen fern“, warnte Agnes. „Keines von den Mädchen, die da eingestiegen sind, ist jemals wieder aufgetaucht.“

Lilly bekam große Augen. „Warum steigen sie dann ein?“

„Weil du tust, was dein Kerl sagt“, gab Kara hart zurück. „Das lernst du schon noch.“ Obwohl sie mit ihren zwanzig Jahren kaum älter war als Lilly, kam sie sich sehr viel lebenserfahrener vor – und war es sicher auch. Sie stieß sich von der rußgeschwärzten Backsteinwand ab, schwenkte ihre Handtasche und schaute unschlüssig zu dem Wagen hinüber. Noch nie war jemand aus dem düsteren Gefährt ausgestiegen. Es kam in dunklen Nächten wie dieser, hielt am Straßenrand und wartete. Die Mädchen hatten gelernt, einen Bogen darum zu machen.

„Bist du wahnsinnig?“, zischte Agnes, als ihr Karas Absicht klar wurde.

„Fragen kostet nichts.“

Mit wiegenden Hüften schlenderte Kara auf den Wagen zu. Durch die Glasscheiben erkannte sie nicht viel. Eine Gestalt saß am Steuer, ebenso schwarz wie der Rest des Gefährts. Die Gaslaterne flackerte und für einen kurzen Moment war Kara geneigt, Agnes‘ Ansicht zu teilen. Doch dann sagte sie sich, dass sie den Teufel nicht fürchten musste. Die Hölle konnte nicht schlimmer sein als ihr Leben.

Das Seitenfenster war um eine Mittelachse drehbar und geöffnet. Sie beugte sich nieder, um in das Innere sehen zu können.

„Schönen Abend die Herrschaft.“

Die Gestalt am Steuer drehte den Kopf. In der unzureichenden Beleuchtung sah sie einen Herrn mittleren Alters, der ihr entfernt bekannt vorkam, doch sie konnte sich nicht mehr erinnern, woher. Interessanterweise musterte er zuerst ihr Gesicht, dann erst das weit ausgeschnittene Dekolletee.

„Wo ist dein Zuhälter?“, fragte er. Der Satz klang weder fordernd noch verächtlich, sondern sachlich – wie die Frage eines Geschäftspartners.

Kara verzog die Lippen. „Der traut mir zu, die Verhandlungen allein zu führen.“

„Nicht diese“ entgegnete der Mann. Er hatte eine vornehme Aussprache. „Es geht nicht um eine Nacht. Wenn du mitkommst, gehörst du ihm ganz.“

Ein Schaudern lief über Karas Rücken. Das klang nun doch danach, seine Seele zu verkaufen. Aber hatte sie das nicht schon längst getan?

„Das wird nicht billig“, sagte sie betont lässig. Die Summe, die der Mann nun nannte, ließ sie nervös auflachen. „Ich werd’s weitergeben“, versprach sie, stieß sich vom Fenster ab und gewann möglichst schnell Abstand zu dem Wagen. Sie fragte sich, was jemand für einen solchen Preis verlangen würde. Nicht einmal ihre Seele war so viel wert.

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Wieder einmal lag eine nackte Frauenleiche vor Coroner Simon Blackwell, doch diesmal war Einiges anders. Zum einen fehlten die üblichen Spuren von sexueller Folter – keine Striemen auf den Brüsten, keine Risswunden im Bereich von After und Vagina. Tatsächlich zeigte der durch das Wasser aufgedunsene Körper gar keine Anzeichen von Misshandlung.

Und noch etwas war anders. Diese Frau kannte er.

Mit einer behutsamen Bewegung strich Blackwell eine nasse Haarsträhne aus Miras Gesicht. Sie war einmal recht ansehnlich gewesen, mit großen Augen und vollen Lippen, die sie stets kirschrot geschminkt hatte – bevor das Wasser des Giffey sie aufgebläht hatte. Er blickte auf, als Schritte erklangen. Detective Inspector Hestridge kam die Treppe herab in Blackwells grün gekacheltes Reich.

„Wieder der Inquisitor?“, fragte der DI, noch bevor er die Leiche in Augenschein genommen hatte.

„Nein“, entgegnete Blackwell. „Diesmal haben wir es offenbar mit einem ganz normalen Mord zu tun.“

„Oder Selbstmord“, entgegnete Hestridge hoffnungsvoll. „Vielleicht ist sie von einer Brücke gesprungen.“

„Splitternackt?“, fragte Blackwell skeptisch und Hestridge seufzte resigniert auf.

„Also haben wir im schlimmsten Fall zwei Frauenkiller in Neventry.“

„Oder es war doch der Inquisitor“, spekulierte Blackwell. „Vielleicht konnte sie ihm entkommen und ist auf der Flucht in den Giffey gestürzt. Das würde die fehlende Kleidung erklären.“

„Möglich. Gibt es schon Hinweise auf ihre Identität?“

„Ihr Name ist Mira – oder zumindest hat sie sich so genannt. Sie hat als Dirne drüben am Trevelyan Square gearbeitet.“

Hestridge musterte seinen Kollegen missbilligend. „Blackwell, Blackwell.“ Er schüttelte den Kopf. „Ihr Zeitvertreib wird Sie noch in Konflikt mit der Partei der Wahren Gläubigen bringen.“

Der Coroner zuckte die Schultern. „Die Gesetze werden nicht von Kirchen gemacht.“

„Noch nicht“, gab Hestridge zurück. „Aber wenn Melcombe zum Premier gewählt wird – und es sieht ganz danach aus – sitzt einer von ihnen bald an der Spitze unseres Landes.“

Blackwell grinste schief und griff nach der Packung Zigaretten auf der Fensterbank. „Dann werde ich jetzt eine rauchen gehen, so lange ich das noch darf“, sagte er. „Kommen Sie mit? Ich habe für Sie auch eine.“

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„Na komm schon“, sagte Kara zu dem schüchternen Kunden, der offenbar Schwierigkeiten mit seinem Gürtel hatte. „Deine Zeit läuft.“

Das heruntergekommene Zimmer in Stans Hotel war kaum beleuchtet, und das lag nicht nur an den Gaspreisen. Vollständige Beleuchtung beim Akt galt als pervers – und kostete entsprechend extra. Kara saß auf dem Bett, die Röcke gerafft und bereit. Sie sah nicht genau, was der Kerl in der Ecke trieb, doch sie hatte eine starke Vermutung.

„Kriegst du ihn nicht hoch?“

Die hektische Betriebsamkeit endete abrupt und eine unangenehme Stille breitete sich aus.

Kara seufzte auf.

„Komm her, Kleiner“, sagte sie, und ihre Stimme hatte nun etwas Mütterliches. Als er sich nicht rührte, winkte sie mit der Hand. „Du brauchst dich nicht zu schämen. Bist das erste Mal bei einer Hure, was? Das passiert vielen. Komm, ich helfe dir.“

Mit schlurfenden, kleinen Schritten, zu denen ihn die heruntergelassene Hose zwang, kam er näher, zwischen seinen Beinen ein Bild trauriger Kraftlosigkeit. Als er vor ihr stand griff sie danach und begann zu reiben.

„Normalerweise kostet die Hand extra“, erklärte sie dabei geschäftsmäßig, „aber du bist zum ersten Mal bei mir. Da sind kleine Handreichungen inklusive.“

Sie hatte genug Erfahrung, um den kleinen Kerl zu wecken, obwohl sie nicht ganz bei der Sache war. Ihre Gedanken wanderten zu dem schwarzen Wagen zurück. Die Höhe der Summe, die der Fahrer genannt hatte, erstaunte sie immer noch. Was hatte er nur gemeint mit „dann gehörst du ihm ganz“? Leibeigenschaft gab es seit mindestens zwei Jahrhunderten nicht mehr. Was geschah mit den Frauen, die so teuer bezahlt wurden?

Ein Stöhnen warnte sie, dass sie ihren Freier beinahe zu weit getrieben hatte. Jetzt, da er sich in die Höhe gereckt hatte, war es ein durchaus ansehnlicher Schwengel mittleren Kalibers.

„Prächtig!“, lobte sie, denn sie kannte die Bedürfnisse ihrer Kunden. „So ein Riesending ist mir selten untergekommen!“ Sie hob Rock und Unterrock und spreizte die Beine. Ihre Unterhose reichte zwar züchtig bis zum Knie, war aber praktischerweise geschlitzt, um den Herren unnötige Komplikationen zu ersparen. Im Halbdunkel des Zimmers war das Ziel als klaffender Spalt in weißem Leinen gut auszumachen.

„Darf ich deine Dinger sehen?“, fragte er unbeholfen.

„Aber, aber“, gurrte sie mit unschuldigem Augenaufschlag. „Was würden denn die Wahren Gläubigen dazu sagen?“

„Ich … ich weiß nicht“, stotterte er verlegen. Sie griff nach der Schnur, mit der sie den Halsausschnitt verändern konnte.

„Anschauen drei, anfassen fünf“, informierte sie ihn.

„Dann nicht.“ Es klang wie ein Seufzen.

Kara verzichtete darauf, sich rücklings auf das Bett zu legen. Bis er die richtige Position gefunden hätte, wäre er vermutlich schon gekommen, und sie hatte ohnehin schon Zeit verloren.

Etwas umständlich trat er näher, ging in die Knie, fand dank der Unterstützung ihrer Hand glücklich das Ziel und wie sie es vorausgesehen hatte, genügten ein, zwei Stöße bis er sich grunzend ergoss. Während er sich noch ein wenig wand, kraulte sie gedankenverloren seine schwitzigen Haare und fragte sich, ob Lilly wohl mit dem betrunkenen Fabrikarbeiter gegangen war. Als erster Freier war er nicht gerade geeignet, aber ihre Jungfräulichkeit hatte Lilly bereits an Vince verloren, und früher oder später würde sie sich arrangieren müssen.

Als Kara zurück auf den Trevelyan Square trat, waren sowohl Lilly als auch Agnes verschwunden. Die Nacht war lau und gut für’s Geschäft. Kara fand noch einen durchreisenden Geschäftsmann, mit dem sie die Sache angenehm professionell abwickelte, und einen nach Gin stinkenden Matrosen, der sie ohne Umstände einfach in einer Gasse gegen die Wand drückte. Schließlich läuteten die Glocken von St. Francis den Feierabend für die Huren ein. Der Morgen graute, und Kara, Agnes und Lilly schlurften müde den Gehsteig entlang.

„Lass uns noch am Markt vorbei gehen“, schlug Agnes vor. Sie mussten ein paar Lebensmittel kaufen, bevor Vince ihnen das Geld abnahm. Außerdem war der Markt eine Möglichkeit, sich für eine kurze Zeit wie ein normaler Mensch zu fühlen.

Mithilfe der eingenähten Schnüre zogen sie die Halsausschnitte ihrer Blusen auf ein züchtiges Maß zusammen. Kara wühlte noch ein wollenes Tuch aus ihrer Tasche, das sie sich um die Schultern legte. Auch für Lilly hatte sie eines eingesteckt. So erschienen sie mit Mieder, Bluse, Röcken und Tuch wie ganz gewöhnliche Marktbesucherinnen.

Von der Schminke war ohnehin nicht mehr viel übrig, aber die Frauen wischten sich trotzdem gegenseitig die Gesichter sauber. Dann mischten sie sich unter die Hausfrauen und Dienstmädchen, welche die kühle Morgenzeit nutzten, um verderbliche Waren sicher nach Hause zu tragen, bevor die Schlote die Luft mit ihrem heißen Dunst verpesteten.

Ohne sich abzusprechen, marschierten die drei direkt zu Liams Gemüsestand. Der Ire zwinkerte ihnen fröhlich zu. Er war ein gelegentlicher Kunde, aber anständig genug, ihnen auch außerhalb der Geschäftsbeziehung freundlich zu begegnen.

Mora duit, mo spéirbhean“, grüßte er sie in seinem irischen Singsang und warf ihnen ein paar Pflaumen zu. „Was kann ich für euch einpacken?“

An Kara hatte er einen Narren gefressen. Vermutlich, weil sie genauso feuerrote Haare hatte wie er selbst. Vielleicht, dachte sie, wäre er ein guter Kunde für Lilly – nicht sehr zärtlich, aber geradeaus und völlig ohne Hang zur Brutalität. Sie würde Liam darauf ansprechen, wenn sie ihn am Abend im Pub traf.

„Ich kann heute was ausgeben!“ Agnes förderte grinsend eine braune Lederbörse zum Vorschein, die nicht die ihre war. „Einer meiner Freier hat meinen Hintern so festgehalten, dass er sein Geld dafür loslassen musste.“

Kara wandte sich an Lilly und fragte beiläufig: „Was hast du verdient?“ Lilly senkte den Blick und wurde rot, sagte aber nichts.

„Du hast dich wieder versteckt“, stellte Agnes fest und stemmte die Hände in die Hüften. Als Lilly aufblickte, hatte das Mädchen Tränen in den Augen.

„Ich weiß ja, wie dringend Vince das Geld braucht!“, jammerte sie. „Ich will ja auch gerne arbeiten gehen! Aber das doch nicht!“

Kara und Agnes wechselten einen besorgten Blick. Sie wussten aus eigener Erfahrung, wie ungehalten Vince werden konnte, wenn er nicht bekam, was er wollte. Agnes hob fragend die Geldbörse und Kara begriff, was sie vorhatte. Sie konnten das zusätzliche Geld als Lillys Verdienst ausgeben. Doch Kara schüttelte den Kopf. So würden sie das unvermeidliche nur hinauszögern. Früher oder später würde Lilly anschaffen müssen, und je eher sie das begriff, umso besser.

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„Ich kann es nicht, Liebling! Bitte! Ich will das mit keinem anderen machen!“

Es war die vierte Nacht, in der Lilly nichts verdient hatte, und Vince war über ‚tu es für mich‘ hinaus. „Was denkst du dir eigentlich?“, fragte er unheilvoll. Die Haut gerötet, die Brauen zusammengezogen, zeigte er ihr zum ersten Mal sein wahres Gesicht.

Kara hatte diese Fratze selbstverliebter Brutalität inzwischen oft genug gesehen. Sie wandte sich ab, doch seine Stimme ließ sich nicht aussperren.

„Du bist mein Eigentum, ein Pferd in meinem Stall, und wenn ich verlange, dass du dich von zehn Männern am Stück rannehmen lässt, dann wirst du das tun!“

Kara konnte das Entsetzen in Lillys Gesicht nicht glauben. Hatte die Kleine wirklich immer noch nicht begriffen, wohin sie hier geraten war?

„Wie kannst du so etwas sagen?“

„Weil es so ist! Ich hab dein Loch geöffnet, und jetzt hat es verdammt noch mal seine Arbeit zu tun!“

Unwillkürlich legte Lilly die Hände schützend vor ihren Schritt. „Aber es ist doch nur für dich …“

Er lachte grob auf. „Nur für mich? Ich werde dir zeigen, was da alles reinpasst!“ Er riss an ihren Haaren und zerrte sie zum Tisch hinüber, wo er sie neben ihren Einkäufen grob auf die Tischplatte drückte. Sie wehrte sich, doch er war unbarmherzig. Als Kara sah, dass er nach einer Gurke griff, sprang sie auf.

„Sie hat es verstanden!“, rief sie in Lillys panisches Schreien hinein. Sie griff nach seiner Hand und hielt ihn fest. Als er ihr den Kopf zuwandte wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatte.

„Du?“, zischte er. Er ließ Lilly los, die weinend auf dem Küchenboden zusammensackte, und wandte sich zu Kara um.

Vince schlug Kara nie ins Gesicht. Ihr Gesicht war schön: ebenmäßig, unverbraucht und jung. Das Gesicht war ihr Werbeschild. Darum hieb er seine Faust in ihren Unterleib.

Sie krümmte sich stöhnend und wusste, dass das erst der Anfang war. Seine Schläge warfen sie zu Boden, wo sie seinen Stiefeln ausgeliefert war. Er trat in ihren Bauch, in ihre Seiten und auch in ihren Schritt. Sie wimmerte, flehte ihn an, aufzuhören, bis ihr die Sinne schwanden.

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Kühle Feuchtigkeit in ihrem Gesicht weckte Kara. Agnes hockte vor ihr und wischte ihr mit einem Lappen über die Wangen.

„Besser?“ Agnes hatte selbst schon oft unter Vinces Schlägen die Besinnung verloren. Sie wusste, wie man sich danach fühlte.

Kara richtete sich stöhnend auf und blickte sich um.

Alles war in Unordnung: der Tisch verrückt, die Stühle umgeworfen, das Gemüse überall verteilt. Sie vermutete, dass Vince der armen Lilly alles eingeführt hatte, was nur im Entferntesten hinein gepasst hatte.

„Hier.“ Agnes reichte ihr einen Becher Wasser und Kara trank dankbar.

„Wo ist Lilly?“, fragte sie.

„Keine Ahnung, bin gerade erst gekommen.“ Agnes schaute sich um. „Vielleicht ist sie in Vince‘s Zimmer.“

Kara bezweifelte, dass Lilly sich ausgerechnet dorthin geflüchtet hätte, wo alles nach dem Kerl stank. Doch sie sagte nichts, als ihre Freundin aufstand und hinüber ging. Agnes öffnete die Tür – und wich mit einem Aufschrei zurück. Dann lief sie, die Finger vor die Lippen gepresst, zum Tisch hinüber und erbrach sich in eine Schale.

Als Kara Lillys leblosen Körper vom Fensterkreuz baumeln sah, zerbrach etwas in ihr.

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„Das müsst ihr wieder reinholen!“, hatte Vince verlangt, als wäre es ihre Schuld gewesen, dass Lilly sich das Leben genommen hatte.

Jetzt, am frühen Abend, hatten sich die Huren des Trevelyan Square um einen Tisch im ‚Nassen Dackel‘ versammelt, um sich noch ein wenig aufzuwärmen, bevor sie draußen ihre Plätze einnahmen. Einige Tische weiter saßen ihre Zuhälter und spielten Karten.

Mit wogenden Hüften kam die Fette Liz an den Tisch der Frauen und schob ihren Hintern auf einen für ihre Masse viel zu kleinen Stuhl.

„Schaut euch den Mistkerl an“, sagte sie mit einem Seitenblick auf die Männer. „Sitzt und spielt als wäre nichts geschehen.“

Kara dachte zuerst, dass Vince gemeint war, doch niemand wusste, dass Lilly sich umgebracht hatte. Oder hatte es trotz des Schweigegeldes die Runde gemacht?

„Was ist denn geschehen?“, fragte eine der Frauen.

„Hast du es nicht gehört?“ Die füllige Hure ließ einen bedeutungsvollen Blick in die Runde gehen. „Miras Körper ist gestern Mittag im Osthafen angeschwemmt worden!“

Agnes schlug die Hand vor den Mund und Kara warf einen Blick zu Tom hinüber, für den Mira seit drei Jahren gelaufen war. Sein Gesicht war gerötet vom Ale und seine Augen leuchteten über eine scheinbare Glückssträhne – dabei verlor er seit einer guten Woche Beträge, über die jeder nur den Kopf schüttelte. Es kursierten die verschiedensten Vermutungen darüber, woher er das Geld hatte. Die meisten Geschichten liefen darauf hinaus, dass man ihn früher oder später mit gebrochenen Beinen in einer Gasse finden würde. Mit fettigen Fingern schob er einen Stapel Münzen in den Pott.

„Was ist passiert?“

Liz beugte sich über den Tisch und senkte die Stimme. „Mira musste in den schwarzen Wagen steigen. Ihr wisst schon: die Steamcoach! Zehn Tage ist das her.“

„Was wurde mit ihr angestellt? War es der Inquisitor?“

Die Frauen rückten näher zusammen und Liz, die einen Polizisten zu ihren Stammkunden zählte, genoss die Aufmerksamkeit. „Mein Coroner meint, sie hätte keinerlei Verletzungen gehabt. Vermutlich ist sie ertrunken. Aber sie war völlig nackt! Und aufgedunsen. Sie muss schon ein paar Tage im Wasser gelegen haben.“

„Großartig“, meinte Agnes. „Dann haben wir jetzt schon zwei Irre in Neventry, die es auf uns abgesehen haben.“

„Aber diesem können wir wenigstens aus dem Weg gehen. Ich steige da jedenfalls nicht ein, egal, was Dermot mir androht.“

Kara schaute zu den Männern hinüber. Tom erhöhte den Einsatz des Pokerspiels gerade wieder, als hätten seine Taschen keinen Boden. Als Kara Vince‘s Blick nachdenklich auf sich ruhen sah, erhob sie sich abrupt.

„Komm, Agnes, an die Arbeit.“

Die Freundin schaute erstaunt auf. „Du hast es heute aber eilig.“

„Das wird ‘ne gute Nacht, das hab ich im Gefühl.“

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Die Steamcoach stand an der gleichen Stelle wie gestern, und Kara steuerte direkt darauf zu. Agnes hielt die Freundin an der Schulter zurück. „Bist du verrückt?“

Kara wandte sich um. „Ich weiß genau, was ich tue. Komm schon!“

„Ich gehe keinen Schritt weiter!“

„Du wirst mitkommen. Ich brauche dich, Agnes.“

Ein erstaunter Ausdruck trat in Agnes‘ Augen. „Was hast du denn vor?“

„Keine Angst. Es wird gut ausgehen.“

Agnes Blick war noch immer ängstlich, doch sie nickte ergeben. „Was immer du meinst.“

Es war der gleiche Mann hinter dem Steuer, und er schien sie ebenfalls wiederzuerkennen, denn er stellte keine Frage, schaute sie nur abwartend an.

„Mein Freund ist einverstanden“, sagte Kara ohne Umschweife.

„Wo ist er?“

„Sie kriegt das Geld.“ Kara zeigte auf Agnes. „Sie bringt es ihm.“

Der Mann nickte. Ihm schien es egal zu sein.

„Steig ein, dann reiche ich die Bezahlung nach draußen.“

„Du bist völlig übergeschnappt!“, zischte Agnes. „Du willst da nicht wirklich einsteigen!“

„Doch, das will ich. Und du wirst das Geld nehmen und damit direkt zum Bahnhof gehen. Geh nicht in die Wohnung zurück um zu packen, nicht zu Vince. Du nimmst es und fährst direkt zurück zu deiner Mutter, verstanden?“

Sie konnte sehen, wie Tränen in Agnes‘ Augen traten.

„Das darfst du nicht tun! Nicht für mich!“

„Meinst du, ich warte, bis Vince das Geschäft macht?“ Kara nahm ihre Freundin in den Arm und drückte sie fest an sich. „Lass dir nicht einfallen, dir dein neues Leben von irgendwem wegnehmen zu lassen“, flüsterte sie. „Das bist du mir schuldig!“ Dann öffnete sie die Wagentür und stieg ein.

Wie er es versprochen hatte, reichte der Mann ein ledernes Etui durch das Fenster und Agnes nahm es zitternd entgegen. Sie öffnete es, und als sie losfuhren, hörte Kara einen leisen Schrei der Überraschung, der ihr eine tiefe Befriedigung verschaffte. Es war nicht nur die Freude, der Freundin ein neues Leben eröffnet zu haben. Es war auch die Befriedigung darüber, dass Vince an einem einzigen Tag alle seine Mädchen verloren hatte. Er würde wohl selbst anschaffen gehen müssen – und bei seinem Aussehen hatte er bestimmt bald eine Menge Kunden.

Sie lehnte sich zurück und atmete den Geruch der Ledersitze ein. Merkwürdigerweise hatte sie keine Angst. Sie war neugierig auf den unbekannten, reichen Mann, der sich Frauen für eine Nacht kaufte, um sie dann zu töten. Vor dem Tod fürchtete sie sich nicht. Er konnte nicht schlimmer sein als dieses Leben, das sie mit jedem Meter, den der Wagen zurücklegte, weiter hinter sich ließ.

MASTER ASH

Der Fahrer brachte sie schweigend aus der Gegend, wo die Schlote der Fabriken in den Himmel stachen, und bald konnte Kara Bäume schwarz im Mondlicht aufragen sehen. Es war eine Allee, links und rechts von weißen Villen gesäumt. Nach einigem Nachdenken vermutete sie, dass sie sich in Mashham befanden. Die Mash führte als träger Fluss durch dieses Viertel und mündete irgendwann in die Giffey, die wiederum zum Osthafen führte, wo man Miras Leiche gefunden hatte. Kara blieb merkwürdig ruhig bei dem Gedanken, dass ihr eigener, nackter Körper am nächsten Tag diesen Weg nehmen würde.

Wie von Geisterhand öffnete sich vor ihnen ein schmiedeeisernes Tor und der Wagen rollte über einen Kiesweg vor ein beeindruckendes Portal. Als der Fahrer den Wagen abstellte, wurde ihr erst bewusst, dass die Maschine eine ununterbrochene Folge von Puffen von sich gegeben hatte, während sie gefahren waren. Nun wirkte die Stille fast unheimlich.

Von den Gesprächen der Dienstmädchen auf dem Markt wusste Kara, dass Herrschaften von einer Untergebenen stillen Gehorsam erwarteten. Daher hatte sie beschlossen, auf Anweisungen zu warten. Eine Anweisung, wie das Öffnen der Autotür durch den Fahrer. Als er es tat, schob sie sich aus dem Wagen und warf einen bewundernden Blick auf das Haus.

Im Mondlicht leuchtete der Verputz weiß – oder war es tatsächlich Marmor, was sie hier sah? Die Säulen und der dreieckige Giebel des Portals ließen an einen antiken Tempel denken. Während sie noch staunte, schloss ihr Begleiter die Wagentür und ging ihr voran.

„Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Miss.“

Langsam stieg sie die Stufen hinauf, die Einzigartigkeit des Augenblickes genießend. Noch nie hatte sie ein Haus durch das Portal betreten.

Der Mann war noch dabei, die Tür mit einem Schlüssel zu öffnen. Offenbar gab es nicht viel Personal in diesem Haus. Die weißen Handschuhe und der Schlüssel ließen vermuten, dass er nicht nur Fahrer, sondern auch Butler war.

„Sie haben mich noch gar nicht nach meinem Namen gefragt“, sagte sie.

„Ihr Name ist nicht von Bedeutung“, erklärte er. „Wenn Master Ash Sie anzusprechen wünscht, wird er Ihnen einen Namen geben.“

Master Ash. Kara fragte sich, was sie hinter dieser Tür erwartete.

Es war eine dunkel getäfelte Halle. An den Wänden leuchteten Gaslampen und erfüllten den Raum mit warmem Licht. Ein geknüpfter Teppich deckte die Bodenfläche so perfekt ab, dass er vermutlich speziell für diesen Raum gefertigt worden war.

Auf einem Tisch sah Kara eine Skulptur, die zwei nackte, miteinander ringende Männer darstellte. Es waren wohlgestaltete Körper, prächtig die Darstellung der im Kampf angespannten Muskeln. Doch die Schönheit wurde dadurch gestört, dass der eine Kämpfer den Kopf eines Stieres besaß. Verwundert fragte sie sich, welche seltsame Geschichte hier erzählt wurde.

Weiter hinten führte eine breite Treppe in ein weiteres Stockwerk hinauf, doch ihr Begleiter steuerte eine Tür an, die links von der Halle abzweigte. „Erschrecken Sie nicht“, erklärte er, als er die Hand auf die Türklinke legte. „Er besitzt ein etwas ungewöhnliches Äußeres.“

Diese rätselhafte Bemerkung ließ alle möglichen Vorstellungen in Kara entstehen. War er verkrüppelt? Entstellt? Von fremdländischer Herkunft? Als der Diener die Tür öffnete, sah sie einen Mann in einem Sessel sitzen, der ihr den Rücken zuwandte. Über die kurze Rückenlehne ragten breite Schultern und schwarzes, glänzendes Haar, das glatt zurückgekämmt war.

„Hast du heute jemanden gefunden?“, fragte der Mann. Seine Stimme klang kraftvoll – und ein wenig traurig.

„Das habe ich, Master Ash.“

Der Mann stellte ein breites Glas mit bernsteinfarbener Flüssigkeit ab und Kara sah, dass er einen Handschuh trug – ein ungewöhnliches Stück, über das sich metallene Verzierungen zogen.

„Wird sie mir gefallen?“, fragte er.

„Das nehme ich an, Master Ash.“

„Das wird umgekehrt sicher nicht der Fall sein.“

Der Mann erhob sich und wandte sich zu ihr um. Karas Augen weiteten sich vor Erstaunen.

Seine linke Gesichtshälfte war teilweise durch eine Maske verdeckt. Diese bestand aus Metall, glänzte silbern und golden und war zweiteilig gefertigt. Der untere Teil umhüllte den Unterkiefer und endete etwa drei Fingerbreit vor dem Kinn. Kara meinte, unter dem Metall das Ende einer Narbe hervorschauen zu sehen. Der obere Teil war mit dem unteren durch Zahnräder verbunden, die offenbar die Funktion des Kiefergelenkes übernehmen mussten. Das Metall zog sich modellierend über Wange und Jochbein und verdeckte sogar das Auge. Dort war in einem kreisrunden Rahmen ein dunkles Glas eingesetzt worden, doch Kara vermutete, dass darunter kein gesundes Auge verborgen lag. An verschiedenen Stellen erkannte sie Schrauben und fragte sich, woran diese wohl Halt fanden.

Erschrocken war sie über den Anblick nicht. Es waren selten die schönsten Männer, die Geld für Liebesdienste bezahlten. Armut, Krankheit und Schmutz formten hässlichere Gesichter, als die glatte Oberfläche von Kupfer und Bronze, die in diesem Fall noch mit feinen Ziselierungen versehen war, als sollte die Hässlichkeit der Verstümmelung durch die Schönheit der Protese überwunden werden.

Das rechte Auge war eindeutig gesund. Sie war sich nicht über die Farbe klar, nur dass die Iris hell war. Er musterte sie mit ruhiger Gelassenheit, stand hinter dem Sessel mit dem seidenglänzenden Bezug und ihr wurde verlegen bewusst, wie abgerissen und schmutzig ihre Kleidung war.

Er ließ sich Zeit, und das weckte eine gewisse Nervosität in ihr. Wie jede Hure war sie ungeduldig, wollte ‚es‘ hinter sich bringen. Normalerweise hätte sie eine schnippische Bemerkung gemacht, um das Geschehen voranzutreiben, doch die vornehme Würde dieses Hauses ließ sie stumm bleiben.

Es hatte keine Eile, sagte sie sich. Es gab keinen anderen Kunden nach ihm, kein Soll, dass sie in dieser Nacht erfüllen musste. Sie konnte ebenso gut entspannen und die Dinge nehmen, wie sie kamen. Mit diesem Gedanken fiel die Unruhe zu einer kleinen Flamme der Aufregung zusammen, am Brennen gehalten durch die Ungewissheit über ihr Schicksal und den ungewöhnlichen Mann, der vor ihr stand.

Jetzt erst gönnte sie sich einen richtigen Blick auf ihn selbst. Weil sein Gesicht nur teilweise zu sehen war, fiel es ihr schwer, sein Alter zu schätzen. Sie vermutete, dass er um die Dreißig sein musste. Der unbedeckte Teil des Gesichtes war durchaus attraktiv, die Knochenstruktur verriet Energie und Stärke. Ohne den martialischen Eindruck des Metalls hätten seine Züge sicher etwas Edles gehabt. Die Haare waren schwarz und voll. Die förmliche Kleidung – Hemd, Weste, Jacke – verriet nicht viel von seinem Körper, zeigte aber breite Schultern und eine schlanke Hüfte. Die Hände sprachen von Kraft.

Seine Mundwinkel hoben sich zu einem verhaltenen Lächeln, das so schnell verschwand, wie es gekommen war.

„Zuerst einmal wirst du baden“, sagte er. Kara hatte nichts dagegen. Es war lange her, dass sie ihren Körper ganz hatte untertauchen können. In der kleinen Kammer, die sie sich mit Agnes teilte, stand ihr nur eine Waschschüssel zur Verfügung und ein Krug, mit dem sie das Wasser von der Pumpe in der Küche holen musste.

„Ich werde dir dabei zusehen“, erklärte er weiter. „Macht dir das etwas aus?“

Sie drehte verneinend den Kopf. „Sie haben bezahlt, Sir. Sie bestimmen, wofür.“

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Die Wanne war ein bronzenes Becken, halb in den Boden eingelassen und groß genug, dass sie beide Platz darin gefunden hätten, doch ihr Gastgeber ließ sich in einem knisternden Korbsessel nieder, der schräg gegenüber der Wanne stand. Sein Auge musterte sie erwartungsvoll.

Das Becken hatte die Form eines Schwanes, hinten zu einer Rückenlehne hochgezogen mit den angedeuteten Umrissen von Federn. Der Hals war ein Rohr, das zu einem Wasserspeicher führte, unter dem eine Gasflamme brannte.

Der Chauffeur war tatsächlich zugleich Butler. Er betätigte einen Schieber und dampfendes Wasser lief in die Wanne. Aus einer Karaffe fügte er ein hellblaues Öl hinzu, dessen blumiger Duft sich sofort im ganzen Raum verbreitete.

Eine wohlige Gänsehaut überlief Kara bei dem Gedanken, sich ganz in das warme Wasser zu schmiegen. Sie erinnerte sich nicht, wann ihr dieser Luxus das letzte Mal vergönnt gewesen war. Sie musste noch ein Kind gewesen sein.

Unsicher, ob sie trotz des Dieners schon beginnen sollte, setzte sie sich auf den Wannenrand und ließ ihre Fingerspitzen durch das warme Wasser gleiten. Niemand nahm daran Anstoß. Als die Wanne voll war, drehte der Diener das Wasser ab und verließ das Bad.

Unsicher zog Kara die Finger aus dem Wasser.

Vier Gaslampen erhellten den Raum und beleuchteten ihren Körper warm und vollständig. Er würde ihr zusehen, nicht nur, wie sie sich völlig entkleidete, sondern auch, wie sie sich säuberte: ihre Brüste, ihre Schenkel – und dazwischen. Kaum zu zählen, wie viele Regeln der Wahren Gläubigen sie hier auf einmal verletzten, doch er schien sich so gar keine Gedanken darüber zu machen. In seiner Haltung war nichts von Verlegenheit zu spüren – aber auch nichts von der schmutzigen Gier, die sie in den Augen der Männer so oft gesehen hatte. Neugier lag in seinem Gesicht, Spannung, vor allem aber Genuss. Mit einem Mal erfüllte sie trotzige Selbstachtung, die ihre Verlegenheit auflöste.

Er hatte sie bezahlt, und nichts von dem, was sie hier taten, ging die Wahren Gläubigen etwas an, oder sonst jemanden auf der Welt. Langsam strich sie mit den Fingern über ihren Oberkörper, spürte der wachsenden Erregung in ihren Brustspitzen nach und begann dann, Knopf für Knopf ihre Weste zu öffnen. Sie ließ das Kleidungsstück über die Arme zu Boden gleiten und kehrte mit den Fingern zu ihren Brüsten zurück. Langsam zog sie den Ausschnitt ihrer Bluse auf.

Ihr Gastgeber zeigte keinerlei Regung, nur das Glitzern seines Auges folgte unverwandt jeder ihrer Bewegungen.

Sie befreite die Bluse aus dem Rockbund, fasste den Blusensaum mit überkreuzten Armen und zog das Kleidungsstück über den Kopf. Damit enthüllte sie das Mieder, das bei der Festigkeit ihrer Brüste eigentlich nicht nötig gewesen wäre, aber der Schicklichkeit geschuldet war. Sie ließ die Bluse zu Boden gleiten und erhob sich.

Der Rock war an der Seite verschlossen. Sie öffnete die Häkchen und raschelnd glitt das Kleidungsstück über den Unterrock zu Boden. Ihre Finger kehrten zur Hüfte zurück, fanden die Schnüre, lösten sie und dann enthüllte der Unterrock langsam die rüschenbesetzten Hosenbeine, die nackten Knie, die schwarzen Strümpfe. Sie stieg aus dem Reif aus Stoff und bückte sich, um die geschnürten Schuhe auszuziehen. Dabei gewährte sie ihm einen tiefen Einblick in ihren Ausschnitt. Sein Blick glitt über ihr Dekolleté und hinterließ eine Gänsehaut.

Kara setzte einen Fuß auf den Wannenrand, rollte aufreizend langsam den Strumpf ab. Den nackten Fuß setzte sie auf die kalten Kacheln zurück. Als sie das andere Bein hob, wurde sein Blick von dem Spalt in ihrer Hose angezogen, doch er blieb dort nicht. Vielmehr kehrte er zurück zu ihren Händen, die Stück für Stück mehr nackte Haut entblößten.

Als sie die Strümpfe weggelegt hatte, zögerte sie und schaute unsicher zu ihm hinüber. Er rührte sich nicht, saß abwartend da, die Hände entspannt auf den Armlehnen ruhend. Nur sein wacher Blick und die Wölbung seiner Hose verrieten seine innere Beteiligung.

Bisher hatte sie sich noch keinem Freier völlig nackt präsentiert. Die meisten waren auf eine schnelle Befriedigung aus, und jede Perversität erhöhte den Preis.

Als würde ihr Zögern ihn belustigen, sah sie so etwas wie Spott über sein Gesicht blitzen. Scham? Bei einer Hure? Sie reckte die Schultern.

Auch das Mieder war durch Häkchen auf dem Bauch verschlossen und sie löste sie, Öse für Öse, bis sie das sperrige Kleidungsstück aufklappen konnte. Sie drückte den Rücken durch, um ihm ihre Brüste auf beste Weise zu präsentieren, und wurde mit einem anerkennenden Heben seiner Braue belohnt.