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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Vorwort

1. Buch

1 Die Entscheidung

2 Die lange Fahrt nach Miklagard

2. Buch

3 Lerne mich kennen

4 Das Leben beginnt

5 Trauer und Freude, zwei Geschwister

3. Buch

6 Das große Entsetzen

7 Sie sind gefunden

8 Das Leben geht und das Leben kommt

4. Buch

9 Das Leben geht weiter

10 Ein Mensch muss gehen, zurück bleiben Erinnerungen

Abspann

Kurze Anmerkung

Namen und Alter in 860 n. Chr.

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2015 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99048-125-7

ISBN e-book: 978-3-99048-126-4

Lektorat: Dr. Kerstin Maupaté-Steiger

Umschlagfotos:

Olga Rutko, Designprintck, Georgii Syrota | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Vorwort

Die Legende von Tag und Nacht,

Band 2

Der Zauber geht weiter,

die Erben von Vindsvalur

Die Geschichte von Rune Eriksson

Sohn von Erik und Åleta

Enkel von Tag und Nacht

1. Buch

1 Die Entscheidung

Wir schreiben das Jahr 860 n. Chr.

Die Wälder im Land Norden sind dunkel und unwirklich, die düsteren vollen Monde sind vorbei und mit jedem Tag, der länger wird, siegt die Sonne und die Natur erwacht aus seinem Schlaf und ruft durch seine neuen Blüten in die Welt hinaus: Wir kommen und freuen uns hier unsere Triebe und Kleider zu zeigen!

Zum Wechsel in den neuen Winter war der Ostteil für das große Fest verantwortlich. Der riesenhafte Tross benötigte mehrere Tage, um zur großen Feste von König Erik zu kommen, seine Königin Åleta hat über viele Monde das große Fest organisiert, und wie immer hat alles funktioniert. Zu Besuch kam die Königin vom Westteil des Landes Norden, es war für alle Menschen, die hier leben, ein unvergesslicher Anblick. Über lange Zeit schob sich der Tross an ihnen vorbei und an vielen Punkten blieb die prunkvoll ausgestattete Kutsche stehen. Eine Reiterschar bildet einen Kreis um die Kutsche herum und der erste Mann der Leibwache, Ulf Nannesson, öffnet die Türe des Wagens. Er geleitet Margareta und ihren Mann Birger zum Hof, an dem sie angehalten haben.

Es ist der Hof, an dem Tag und Nacht ihre letzte Nacht verbrachten, der Name der beiden waren Ragnar Elversson und seine Frau Miina. Der Abend wird hier auf dem Hof verbracht und das Königspaar wird, wie sie es all die Winter getan haben, hier ihre Nacht verbringen, Lasse ist der Mann mit seiner Frau, welcher den Hof seit Wintern schon führt. Er war damals der Drittgeborene, als Tag und Nacht hier geschlafen haben. Wie vor vielen Wintern werden die beiden ins Haus gebeten und ihnen wird das Schlafgemach der beiden angeboten. Lasse war damals noch sehr klein und Königin Margareta mit ihren Bruder Erik noch im Bauch ihrer Mutter Nacht. Die Soldaten nehmen im Stall ihren Platz ein, außer Ulf, denn er ist der Schatten von Margareta und sollte es ein Leben lang bleiben. Er ist ein Nachfahre von Moa, die erste Schildträgerin von Töggur. So vergeht ein Abend und die Anspannung für diesen Winter ist sehr groß, da bereits über die Grenzen hinweg bekannt geworden ist, was der Sohn von König Erik, ihr Zwillingsbruder, unternehmen möchte und auch alle anderen sind sehr neugierig, was der Mann mit dem Namen Lindorm Torfinsson zu erzählen hat.

Es ist bekannt, dass er nicht alleine aus der Stadt mit dem Namen Miklagard zurückkam. Auch sind in diesem Winter sehr viele Gaukler und Händler eingeladen worden, um dem Fest die nötige Farbe zu verleihen. So vergeht die Nacht und in den ersten Strahlen des Tages sind sie alle wieder auf dem Weg, sie haben die Grenzen vom Landesteil Torond verlassen und überschreiten die Landesgrenze zum Reich Norden, wo sie alle auf einer großen Wiese ein aufgebautes Zelt erwartet. Erik und Åleta stehen vor dem Zelt und heißen sie willkommen, auch sehen sie die riesenhafte Feste im Osten, wo beide als Kinder groß geworden sind, obwohl sie ein eigenes Heim am Rande des großen immergrünen Buchenwaldes hatten.

Jonathan war damals der König mit seiner Frau Filippa aus dem Reich Torond, sie hatten keine Kinder bekommen und hatten Tag und Nacht das Angebot gemacht, die Zwillinge, Erik und Åleta, in die Königslinie aufzunehmen und so ist es auch gekommen vor langer Zeit. Für die beiden gibt es nur das Land Norden und so können sie sich gar nicht vorstellen anders zu leben. Die Zeit ist vergangen und viele Dinge, die man sich erzählt, sind für sie Geschichten von alten Menschen, wo keiner mehr genau weiß, ob sie so passiert sind oder ob dadurch nur die langen vergangenen Winter nur ausgeschmückt wurden. Noch nie hat einer von ihnen den großen mächtigen Rotwildbullen gesehen oder gehört. Er der Herrscher der Zeit, welcher im großen Buchenwald lebt, dort beim großen Jagdhaus von den verstorbenen Großeltern Tag und Nacht. Sie beide haben ihr Grab im Buchenwald erhalten. Alle anderen haben einen anderen Platz, der von den Erzählungen her schon weit über achthundert Winter alt ist. Ein Besuch der alten Gräber ist auch eines der großen Ereignisse, die zum Fest mit anstehen.

Erik Tagsson und seine Frau Åleta sind schon seit Tagen, vor der Ankunft seiner Schwester Margareta, mit den Vorbereitungen des Festes beschäftigt. Sein Hauptmann,die Schwester von Ulf Nannesson, mit dem Namen Thora, hat schon seit vielen Tagen damit begonnen, den Weg im Reich Norden zu kontrollieren und von Räubern zu säubern. Auch war es ihre Aufgabe bestimmte Familien, welche dem Königshaus sehr nahestehen, darüber zu informieren, wann das große Fest ansteht, und ihnen zugesichert, dass ihre Reise von der Leibgarde des Königs geschützt werden wird. Sie kann es natürlich nicht lassen, sich länger als üblich der großen Burg fern zu bleiben und auf der Reise trifft sie sich mit einem Mann, welchen sie nicht lieben darf und von dem anderen nichts erfahren dürfen. Sie ist mit Rune Eriksson, dem Sohn der Königfamilie, aufgewachsen und sie lieben sich wie Geschwister, jedoch sind seine und ihre Eltern besorgt. Sie spüren schon seit Langem das zwischen den beiden ein ganz bestimmtes Band besteht. Ihre Eltern denken, es könnte Liebe sein, aber die beiden sind sich so nah wie Moa und Töggur. Beide wissen es nicht, denn für beide ist es normal. Wie Rune entfernt sich Thora von ihrer Garde, Augen sind ihnen gefolgt, aber kein Mensch der Soldaten würde sie verraten. Es sollte der letzte Abend der beiden sein.

Thora und Rune sehen sich an dem bekannten Platz, den sie schon seit Wintern für sich haben. Beide fühlen, dass es ein ganz besonderer Abend und eine besondere Nacht sein wird und keiner von beiden ist bereit, als Erstes das Wort zu ergreifen. Sie sehen sich gegenüber stehend nur an und Rune reicht seiner Thora die Hand. Ihre Augen fixieren seine und er spürt die Kraft ihrer Aura.

„Heute ist mein letzter Abend mit meiner Thora, meiner geliebten Schwester. Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Die Gerüchte, das, was die anderen erzählen, ist dir längst zu Ohren gedrungen und ich kann in deinem Blick sehen, wie du nach einer Antwort bei mir suchst.“

„Sprich nicht so viel, mein treuer Rune, wir beide wussten, dass dieser Tag kommen wird, immer und immer wieder habe ich mir eingeredet, dass es bestimmt nicht so schlimm sein wird. Aber das ist eine Lüge, mein Großvater Håkan hat mir einmal eine Geschichte von einer Frau mit den Namen Moa erzählt, du kennst sie“, sie sieht ihn an und seine Augen beständigen, dass er die Geschichte von Moa kennt.

„Ich bin Moa, so fühle ich mich und du bist mein Töggur, wie gerne wäre ich deine Schildträgerin auf deiner Reise nach Miklagard, aber mein Platz ist hier und ich weiß nicht, ob ich dich noch sehen werde, wenn du wieder zurückkommen wirst.“

Er sieht sie an und spürt die gleiche Liebe zu ihr wie sie auch zu ihm.

„Der Abend meint es gut mit uns, es ist nicht sehr kalt und der Mond scheint nur für dich. Wie gerne würde ich dich mein Weib nennen dürfen. Dich an meiner Seite zu sehen ist so unbeschreiblich schön. Dein Haar glänzt im Mondlicht und ich möchte dich berühren. Komm, meine Schwester, komme mit mir mit!“

Seine Hände umschließen die ihren und sie lässt sich von ihm führen. Er geht mit leichten Schritten zum Rand des Flusses, der in einem kleinen Waldsee endet, und dreht sich wieder zu ihr. Sie sieht ihn an und erkennt, was er tun möchte, sie lässt es geschehen. Wie vor vielen Wintern entkleiden sich die beiden und nehmen im kalten See ein Bad. Gemeinsam schwimmen sie zu einem kleinen Wasserfall, der schon immer ihr Geheimnis war. Sie berühren ihren Körper wie kleine Kinder und keiner von beiden will mehr länger wie Bruder und Schwester sein. Sie streicheln sich und geleiten sich gegenseitig zum Rand, wo Rune splitternackt ein Feuer entzündet und beide sich in schöne warme Felle legen und gemeinsam eng umschlungen schlafen. Keiner von beiden möchte nur nebeneinanderliegen und sie spürt, dass er hier ist und sich ihm zeigt, wie er ist. Ein Abschied für immer, nie werden sie wieder so zusammenliegen und über ihre Gefühle reden können wie in dieser Nacht.

Erik und seine Frau Åleta stehen vor dem großen Zelt und sehen bereits die große Kutsche auf sich zukommen. Die Reiterschar, welche sie begleitet, hat sich im Hintergrund positioniert und man wartet darauf, dass sie sich das erste Mal, nach einem Winter, begrüßen, bevor sie weiterfahren. Die Kutsche bleibt stehen und die beiden verlassen sie, es sind bestimmt noch einige hundert Yards zu den beiden, aber so hatte man sich es gemerkt, man wolle den gleichen Bereich wie ihre Eltern vor langer Zeit überqueren, als Tag mit seiner Gefährtin Nacht das erste Mal das Reich Norden betreten hat und dort seine Eltern sie in Empfang genommen haben.

Zu damaliger Zeit ist auch König Jonathan ihnen entgegengekommen mit Magnus, ihrem Opa und seiner Frau Linnea. Beide durften Nacht noch kennenlernen, bevor sie vom großen Rotwildbullen zu sich ins Reich gerufen worden sind. Jonathan war der König vom Reich Norden mit seiner Frau Filippa, dort wurden sie erzogen und haben sich all die Dinge aneignen müssen, welche ein König und eine Königin wissen müssen. Und nun sind die beiden das Königspaar, welche ein Land regieren, das weit größer ist als je zuvor und keiner von ihnen ist mehr am Leben. Sie alle sind bei Gott, egal, in welcher Form er existiert. Nur noch wenige Yards und sie stehen sich gegenüber, sehen sich an und reichen sich die Hände. Keiner von ihnen scheint älter geworden zu sein und ihre Blicke kreuzen sich und man erfährt vom Gegenüber, wie es ihm geht und wie es um seine Gefühl steht. Margareta spürt die Unruhe von ihrem Bruder und seiner wunderschönen Frau Åleta: „Seid nicht traurig und in Sorge, seht in den Himmel und ihr seht in euer Herz, keine Wolke trübt den Himmel und kein Schmerz müsst ihr von einer Krankheit erleiden. Bevor ich es vergesse, Rune wird gehen, das habe ich in einem Traum gesehen und ich sah noch etwas anderes.“

Fragende Blicke sehen Margareta an, außer ihr Mann Birger, er weiß es schon.

„Er kommt zurück und wird jemanden mitbringen in der gleichen Schönheit wie du sie besitzt, Åleta, sie hat grüne Augen und sah Dinge und erlebte sie.“

Verunsichert geht Erik einen Schritt nach vorn und grüßt seine Schwester, nimmt sie in den Arm und drückt sie lange an sich, löst sich und geht zu Birger, um ihn zu begrüßen.

„Seid gegrüßt im Reich Norden vom Land Norden, edle Margareta und ruhmreicher Birger. Ich hoffe eure Fahrt war schön und das Wetter hat euch mit Sonne verwöhnt“, spricht er sie an und seine Frau geht ebenfalls zu den beiden und grüßt sie wie lang vermisste Verwandte.

„Immer muss er übertreiben“, kommt es von ihr und nimmt seine Schwester an die Hand und die beiden lassen die Männer zurück. Es ist das Zeichen vom König an die Schar im Hintergrund, sich auf den Weg zur prächtigen Burg zu begeben, wo sie bereits erwartet werden. Das Zeichen wurde auch in der Burg gesehen und mit einem Mal rückt eine riesengroße Eskorte hervor, man hatte im Burghof nur darauf gewartet und die Trommler und Bläser kündigen die Ankunft von Königin Margareta und König Birger an. Alle vier sind zu Fuß unterwegs und genießen es unter sich zu sein und die warme Luft einatmen zu können wie vor langer Zeit, als sie noch Kinder waren und kein Mensch im Land nach ihrem Leben getrachtet hat. Die beiden Männer genießen den Anblick der Leibgarde auf ihren Schlachtrössern, wie diese in Formation auf sie zu kommen. Der Führer vor ihnen steigt ab und bekundet ihnen seine Ehrerbietung. Der erste Ritter der Leibgarde verneigt sein Haupt, zieht sein Schwert, geht in die Knie und legt beide Hände auf den Griff des Schwertes und spricht beide an. Sie genießen diesen Augenblick, der ihnen verkündet, dass sie etwas Besonderes im Lande sind. Es ist Thora Nannesdotter und der König gibt ihr einen Wink, dass sie aufstehen und zu ihrem Bruder gehen kann, dem ersten Ritter von Margareta Tagsdotter. König Birger gibt mit der Hand ein Zeichen zu Ulf, seinen ersten Mann der Leibgarde, der sich aus der Gruppe löst und zu seiner Schwester reitet, um sie zu begrüßen. Beide haben sich einen Winter nicht gesehen und beide hatten auch die vergangene Zeit viel zu tun. Er reitet auf sie zu und sie ist zu Fuß unterwegs. Nach wenigen Augenblicken steht er vor ihr, steigt ab und nimmt seine fünf Winter jüngere Schwester in den Arm. Beide haben sich viel zu erzählen und sind für den Rest des Tages von ihren Aufgaben entbunden. Ulf hat auch davon gehört, dass Rune zu einer langen Reise aufbrechen will und weiß, dass seine Schwester ihm gegenüber eine sehr starke platonische Liebe empfindet. Die beiden reiten später noch zu den Gräbern ihrer Eltern und an die Stelle, wo Moa mit Noak, dem Seefahrer, liegt und zu den beiden gespaltenen Eichen, wo das Grab von Töggur ist. Die Geschichten, wie sich die Eichen gespalten haben, ist jedem hier bekannt, und immer, wenn sie einzeln oder zusammen hier sind, umgibt sie der Glanz der Vergangenheit und Thora spürt die Hand ihrer Großmutter, wie sie nach ihr fasst und ihr Geist in ihr aufsteigen will. Wie benommen ist sie und ihr Bruder kann es und will diese Geschichte nicht so richtig glauben. Doch dieses Mal wird er eines Besseren belehrt. Der Abend nimmt seinen Lauf und beide stehen an den Gräbern ihrer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, wovon sie nur die Überlieferungen und Geschichten kennen. Nicht weit davon entfernt stehen die gespaltenen Eichen vor Töggurs Grab, als auf einmal kein Luftzug und kein Laut mehr von den Bäumen zu hören ist. Beide nehmen Rücken an Rücken Stellung und ziehen langsam und geräuschlos ihre Schwerter. Sie drehen sich in einer Einheit gleichzeitig und versuchen den Moment und jede Bewegung zu erkennen und für sich zu lokalisieren. Angst verspüren sie nicht, sie stammen aus dem Geschlecht von Moa, der ersten Schildträgerin vom Reich Norden, als der Boden leicht vibriert und Bodennebel aufsteigt. Hinter der gespaltenen Eiche ist Schatten zu sehen, der sich in Form von Menschen zu verwandeln scheint. Beide sehen dorthin und es scheint keine Täuschung sein. Sie sehen, wie aus dem Grab von Töggur ein Mann aufsteht und zum Grab von Moa geht. Er bleibt stehen, ohne die beiden anzusehen oder von ihnen Kenntnis zu nehmen. Der Schatten dreht sich zu den beiden und seine linke Hand fasst nach dem Hügel, wo Moa liegt. Beide sehen das Ungewöhnliche und verharren, ohne Angst zu verspüren. Wie aus dem Nichts steigt ein weiterer Schatten aus der Stätte von Moa aus und umschließt seine Hand. Beide sehen zu ihnen, aber scheinbar auch durch sie hindurch. Eine unbeschreibliche Wärme und ein Glückgefühl durchströmen ihre Körper mit einem Mal und sie spüren die Anwesenheit einer anderen Person in ihrem Rücken. Zu sehr sitzt der Schreck in ihren Gliedern und keiner hat den Mut sich in die Richtung zu drehen, woher das gute Gefühl kommt. Die beiden kommen von den Gräbern auf sie zu und durchlaufen ihren Körper und gehen auf das Geheimnis in ihren Rücken zu. Es ist ein warmer wohltuender Wind, der sie durchfährt und beide öffnen den Mund und sind so glücklich. Solch ein Gefühl haben sie in ihrem irdischen Leben noch nie verspürt. Nun trauen sie sich um die Achse zu drehen und sehen einer Frau in die Augen, die wahrlich das Schönste ist, was sie in ihrem Leben je zu Gesicht bekommen haben. Der Schatten aus dem Hügel trägt eine Rüstung in reinem Silber und er geht mit der Frau an seiner Hand vor der schönen Frau auf seine Knie. Sie trägt ein Kleid aus den Blüten und Blättern des Waldes und ihre Augen sind grün. Sie steht nicht auf dem Boden, nein, sie scheint für die beiden über der Wiese zu schweben. Dort, wo sie ist, wachsen auf einmal Blumen und die Natur erweckt sich in allen vier Winterzeiten um sie herum. Ulf und Thora fühlen sich wie ein Nichts in der Sonne, die nun auf sie förmlich zu brennen scheint.

„Stehe auf, mein erster Krieger und mein Mann in unserem Reich, stehe auf Töggur!“ Wie Blitze durchzuckt es die beiden, als sie den Namen hören und jetzt, nach dieser schier endlosen Zeit, fügt sich für sie ein Bild zusammen.

„Auch meine Moa möge aufstehen und an meine linke Seite kommen, meine beiden Bausteine für das Reich Norden. Seht, wer hier ist!“

Die beiden fühlen sich nun beobachtet und wissen nicht, ob sie schlafen und träumen.

„Moa, die Schildträgerin vom ersten Kämpfer vom Reich Norden. Sieh dir die beiden an, das sind Ulf und Thora, dein Geschlecht nach über siebenhundert Wintern. Ist es nicht schön zu sehen?“

Moa dreht sich zu den beiden um, ein unbeschreibliches Lächeln legt sich sanft auf ihr Gesicht.

„Ich bin Valdis, die Tochter vom Herrscher der Zeit, und zu meiner Seite sind die Menschen, welche das Land zu dem gemacht haben, was es jetzt ist.“

Das ist fast alles, was sie sagt und die beiden sind wie in Trance.

„Thora, du bist das Ebenbild von Moa und deine Zeit wird noch kommen. Ulf, beschütze das Reich Norden mit deinem Leben, auch du findest dich in einem anderen Leben wieder. Du bist wie der ehrenvolle Håkan zu Zeiten von Tag und Nacht. Achtet auf das, was ihr tut, es wird noch wichtig sein.“

Beide hören gut zu und es brennt sich in ihr Inneres. So schnell wie es gekommen war ist alles wieder erloschen und beide stehen auf ihren Plätzen, als sei nichts passiert. Beide sehen sich an, ihr Platz in diesem Geflecht ist ihnen klar geworden. Thora und Ulf werden in den nächsten Tagen sich mit den Weisen und Alten treffen, die Namen haben sie schon gehört, jedoch waren ihnen ihre Taten und Umstände noch nie so richtig klar gewesen.

Rune hat wie schon oft die Ankunft seiner Tante und Onkel verschlafen und war diesmal bei Lindorm Torfinsson. Auch Lindorm hat vom großen Fest gehört und eine persönliche Einladung vom Königshaus erhalten. Rune will mit ihm zusammen in die Feste reiten, doch Lindorm hat ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, wo er herkommt und was eigentlich seine Aufgabe ist. Rune sah ihn an und es dauerte eine Weile, bis er aufsprang und sich so schnell wie möglich wieder auf den Weg zur Burg aufmachte.

Lindorm ist seit gut einem Winter wieder in seinem Land und die beiden saßen viele Tage beieinander. Rune wurde für ihn ein sehr guter Freund und nach kurzer Zeit hatte er für ihn Gefühle, als wenn es sein eigener Sohn wäre, obwohl er keine Frau und keine Kinder hat. Lindorm ist achtundvierzig Winter alt und Rune hat gerade einmal zweiundzwanzig Winter hinter sich und kennt nur das Land Norden. Das soll nicht heißen, er ist einer, der sich nicht auskennt, nein, er kennt seine Welt und das ist mehr, wie so manch einer hier in dieser bekannten Welt weiß. Lindorm erkannte sich selbst in ihm und mit allen seinen Geschichten, die er erzählte, spürte er die unbändige Neugier, die Rune umtrieb und selbst er wurde in seinem hohen Alter wieder richtig nervös bei seinen Erzählungen über das wunderschöne Miklagard und die Reise dorthin und so weiter.

Er zeigte ihm seine Waffen und die vielen Gaben, welche er vom König dort bekommen hat. Er war Führer der Garde, welche dem König seinen Schutz bot. Über zwanzig Winter war er dort und sah viele kommen und ebenfalls gehen, auch Könige. Wie in einen Bann hat er Rune gezogen und selbst er scheint damit alles noch einmal zu erleben. Sein Begleiter ist an seiner Seite und verhält sich wie sein Schatten. Lindorms Wunsch an Rune ist, dass er seinen Begleiter wohlbehalten zu seiner Frau und seinen Kindern zurückbringt, wenn er geht Er soll dort sterben, wo er hingehört, es ist sein Wunsch, er weiß es. Woher er es wisse, was Rune dachte, war der Gedanke vom Thronfolger, aber Lindorm erkannte sich selbst in ihm und wusste ganz genau, wie er denkt und fühlt.

„Rune, ich bin mir sicher, mein Freund, was dich seit mehreren vollen Monden plagt. Gehe in dich und komme mit dir ins Reine. Du wirst lange, sehr lange dein Land, höre auf meine Worte, dein Land verlassen und nicht wissen, ob du jemals zurückkommen wirst.“

Lange und eindringlich sah er Rune an und er hielt seinem Blick stand.

„Dein Land braucht dich als König, das weißt du, aber das Reich Norden im Land Norden, kann auch noch ein wenig warten, da bin ich mir sicher. Ich sehe dich in meinen jungen Wintern und du sollst mein Schwert als Geschenk mit dir tragen, es wird dir sehr viele Türen öffnen und du wirst auch ein Amulett um deinen Hals tragen, welches dir die Tore zu Miklagard öffnen wird. Ja, gehe und erlebe das, was ich sah und komme dann wieder zurück in Dein Reich!“

Beide Arme ruhten damals auf Runes Schultern, als Lindorm diese Worte sprach und im selben Moment ihn eine Kette um den Hals legte. Es waren die gleichen Zeichen wie vom Reich Norden, der Tag und die Nacht im Einklang mit der Wüste. Das waren die Worte, welche er mit ihm sprach, lange noch, bevor das Fest geplant worden ist. Das Schwert soll er erst bekommen, wenn der Termin der Abfahrt gekommen ist und der Abschied am Schiff ansteht. Lindorm wurde danach in die Feste einbestellt, da sich seine Eltern auch die Dinge aus dem fremden Land erzählen lassen wollten und sodass auch die Angst ein wenig den beiden genommen wird. Dass es den Eltern von Rune nicht so richtig gefallen hat, war allen klar, doch sie wissen auch, dass ein Verbot genau die andere Seite des Menschen hervorrufen wird. Mit traurigem Herzen haben sie es vernommen und Rune so weit wie möglich in bestimmten Dingen das Nötigste erlernen lassen.

Das große Fest soll beginnen. Von überallher sind sie gekommen und die Burg hat ihre Tore auch in der Nacht geöffnet. Jeder kann kommen und gehen, wie er will. Vor den Toren der großen Feste stehen soweit das Auge reicht Zelte und die vielen Menschen wirken wie kleine Ameisen, welche in die Burg und aus der Burg strömen. Vor den Toren hat sich ein großer Teil der Soldaten niedergelassen, um am Abend den Einhalt der Gerechtigkeit zu wahren, natürlich kommt es innen wie außen immer wieder zu einem Austausch von Gewalt, wenn genug Alkohol im Spiel ist. Das große Spektakel beinhaltet zwei große Aktivitäten auf dem Fest, das eine war das festliche Turnier mit den Rittern aus dem Land Norden und das andere war das Gericht auf der großen Thingstätte neben einer Linde auf offener Wiese in einer Anhöhe. Jeder konnte sein Leid klagen und das Urteil wird gleich verkündet und vollzogen.

Alle Edelleute hatten am ersten Abend ein großes Festmahl in der Halle des Königs und es war ein rauschendes Fest für alle, das Met und der Wein floss in Strömen und zum Essen gab es alles, was das Land Norden zu bieten hat. Es wurde geprahlt, gezeigt und jeder wollte der Mittelpunkt an diesem Abend sein, bis zu dem Moment, wo Erik den Edelmann Lindorm Torfinsson zu sich einstellte. Alle waren plötzlich ruhig und man hätte das Fallen einer Stecknadel hören können.

„Ich freue mich dich, Lindorm Torfinsson, heute bei mir als Gast begrüßen zu dürfen“, spricht Erik und Lindorm verneigt seinen Körper zur Begrüßung.

„Erlaubt mir eine Frage“, spricht er noch einmal.“

„Mein Herr und König, ihr müsst mich nicht bitten. Sprecht, was ihr wünscht, und wenn ich es erfüllen kann, werde ich es machen“, kommt es stolz über Lindorms Lippen. „Zwei Dinge sollt ihr mir erfüllen.“ Sein Blick ist dabei streng auf ihn gerichtet und seine linke Hand sucht die von seiner Frau Åleta.

„Erstens, erzählt mir an diesem Abend von Miklagard, man sagt auch Konstantinopel unter den Männern, welche im Auftrag des Kreuzes unterwegs sind. Zweitens würde ich mich sehr freuen dich auf dem Thingplatz an meiner Seite zu sehen und zu hören, wie in diesem Land das Urteil ist.“

Die Stille und Anspannung ist zu spüren und er sieht ihn an und die Augen vom Edelmann suchen die seinen.

„Mein König, es ist mir eine Ehre euch von der wunderschönen Stadt Miklagard zu erzählen. Erlaubt mir für euren zweiten Wunsch Bedenkzeit, bis der Morgen graut.“

„Es ist nicht üblich den Wunsch des Königs infrage zu stellen. Edler Lindorm, aber weil heute ein besonderer Tag ist, werde ich euch bis morgen, bevor der erste Hahnenschrei ertönt, Bedenkzeit geben.“

So konnten beide Seiten ihren Stolz bewahren und nach seiner Antwort wurde ein Stuhl aus kostbarer Eiche und ein warmes Fell gebracht, wo er sich hinsetzen kann. Alle umstehenden Personen haben dadurch auch die Zeit sich in eine für sie geeignete Position zu bringen. In dieser Zeit brachte man einen kleinen runden Tisch und stellte einen großen Becher mit gutem Met hinzu. Und nun begann der Abend, der scheinbar nicht enden wollte. Kein Gähnen war zu hören, nur große Augen von der Reise nach Miklagard, den Menschen unterwegs und die verschiedenen Reiche, die sie durchqueren mussten auf einer Reise, die länger als einen Winter andauerte. Alle Jungen, die zuhörten, sahen sich auf einem Schiff, um die Stadt zu sehen und mit dem gleichen Reichtum wie Lindorm zurückzukehren. Lindorm hat sich in dieser Nacht in alle Herzen, welche ihm zuhörten, erzählt und selbst die jungen Frauen sahen sich schon an der Seite eines Edlen, der zu Miklagard gehört. Bis zu dem Zeitpunkt, als er etwas ansprach und dabei König Erik und seine Frau Åleta ansah: „Das, was ich erzählen werde, ist nichts mehr für die Ohren von Jünglingen, welche das Wort Krieg nur vom Hörensagen her kennen und nicht wissen, was Krieg wirklich ist.“

Kein Wort kommt vom König, er steht auf und geht auf ihn zu, bleibt vor ihm stehen und sieht ihn streng in seine Augen, auf einmal werden sie wieder freundlich und er spricht in die Menge.

„Ich denke, dass es bis hierher ein schöner und unterhaltsamer Ausflug war. Wir sollten hier aufhören und alle sollten zu Bett gehen. Morgen wird es noch ein anstrengender Tag werden und meine Ritter und die welche gekommen sind haben einen langen Tag vor sich.“

So richtig erfreut ist darüber keiner, aber der König und Gastgeber hat gesprochen. Es dauert gut und gerne einen großen Becher Met, bis sich alle verzogen haben und nur noch die beiden Könige mit ihren Frauen und Lindorm zurückbleiben. Auch Rune wollte sich schlafen legen, er hat genauso wie viele hier den Schlaf nötig, auch er wird morgen auf dem Pferd sitzen und für das Reich Norden sein Turnier reiten.

„Rune, bleib hier, es ist noch nicht vorbei“, ruft Lindorm ihn zu und der Rest hat sich schon in seine Nähe begeben.

Nachdem Rune wieder zurückgekehrt ist, sieht ihn Lindorm an und teilt ihm mit, dass die Nacht noch lange ist. Erik und Birger nicken und wollen ihre Frauen zu Bett schicken.

„Das könnt ihr beiden vergessen, wir bleiben hier und wollen auch das hören, was nicht für die Ohren von Kindern und Frauen bestimmt ist.“ spricht Margareta und Åleta hat nichts weiter hinzuzufügen.

„Nun gut, dann soll es so sein.“

Erik sieht zu Birger. Dieser hebt nur die Schultern und sieht die beiden an.

„Du kennst deine Schwester, Erik, und ich kenne sie auch“

Mit einem Wink zeigt er zum Platz für die beiden Damen und nun beginnt Lindorm, nachdem alle wieder sitzen, mit den Ausführungen vom Tod, dem Krieg, welcher auch im Namen der Kirche geführt wird. Zum ersten Mal hören alle fünf von einem Glauben an einen Menschen, welche die Leute in diesem Land haben, von Allah und den Seinen, der fast genauso wie Gott ist, von den Riten der Menschen und den Waffen, wie sie Krieg führen und wie sie töten. Sie hören auch, dass die meisten Männer, welche mit Lindorm dorthin kamen, nicht mehr am Leben sind und der Großteil durch die Klinge oder einem Pfeil starb. Nicht für die Kirche, wie sie alle dachten, sondern für die Habgier der Mächtigen, egal, auf welcher Seite sie stehen. Sie alle kennen den Tod und wissen, wie grausam der Krieg sein kann, nur Rune weiß nicht, was es heißt einen Menschen zu verlieren, der einem nahesteht oder vielleicht sein eigenes zu geben, nicht schnell, sondern in der Sonne eines fremden Landes zu krepieren wie ein räudiges Stück Vieh, das auf der Schlachtbank liegt. Detailliert erzählt er alles, was er weiß. Er hat Rune kennengelernt und ist sich sicher, dass er sich nicht von seinem Vorhaben abbringen lässt. Nur seine Eltern haben noch die Hoffnung, dass er sich umentscheiden kann und wird. Aber alles, was erzählt wird, ist ohne Wirkung. Auch Lindorm hatte ihn mit Nachdruck die ganze Zeit beobachtet, aber all die Dinge, die er ansprach, waren für Rune nichts Neues. Schon an vielen Abenden, an denen beide zusammen waren, hatte er ihm hiervon erzählt und immer im Blick gefangen gehalten. Lindorm war sich sicher, dass er gehen möchte, er soll gehen, er wird es bestehen, Lindorm ist sich sicher. Am folgenden Tag nahm er an der Seite vom König am großen Thingplatz neben ihn seinen Platz ein und bei jeder Verkündung des Urteils wurde er um seine Ansicht und Rat gefragt. Daraufhin gab er seine Antwort, wie er geurteilt hätte, der König sah seine Frau an und wenig später wurde das Urteil gesprochen, so wie Lindorm es sagte und es im Einklang mit dem Recht ist. Das gesprochene Urteil wurde vollzogen. Es dauerte noch drei volle Tage, bevor das Fest sich dem Ende neigte und noch mal zwei volle Monde, bis die Nachricht die Burg erreichte, dass am Hafen im Osten vom großen Wasser viele Schiffe vor Anker liegen, die auf Rune warten. Lindorm hatte zuvor einen Boten ausgesendet und angekündigt, dass ein Mann mitfahren wird, welche er selbst in seinen jungen Wintern ist. Er soll seine Getreuen erhalten und er hat auch schon die Namen genannt, wer sie sein sollen, wenn sie noch in dieser Welt leben und nicht bereits erschlagen sind. Die Reise wird beginnen und Rune wird seine Heimat für viele Winter verlassen und als anderer Mensch zurückkommen. Was keiner von allen wusste, Lindorm war ein Mann von hohem Adel und seine Mannschaft wurde damals von seinem Vater ausgewählt, welche nach wie vor diese Strecke befahren und als die wohl Erfahrensten unter den Seemännern gelten.

Es ist ein ruhiger und verregneter Tag, als eine große berittene Truppe den Anlegeplatz im Osten vom Meer erreicht. Ganz vorne ist ein Mann auf einem schwarzen Pferd, eingehüllt in einen langen schweren Mantel, der vom Regen und Morgentau durchnässt ist, an seiner linken Seite ist die Spitze seine Schwertes zu sehen, das am Ende des langen Mantels herausschaut. Er ist sichtlich erleichtert den letzten Teil hinter sich zu haben. An seiner linken Seite ist ein braunes Pferd mit einem Reiter, gekleidet in den Farben vom Reich Norden und direkt hinter ihm kommen zwei Pferde und ihren Reitern mit den Standarten des Reiches. Es folgt der König mit seiner Frau. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, ihren Sohn Rune am Schiff zu verabschieden und dahinter schwadroniert eine Menge an Soldaten in unterschiedlichen Farben.

Lindorm hebt die Hand, nachdem er einen Mann entdeckt hatte, welcher sie vom Wasser her beobachtet und an seiner Art der Bewegung meint er ihn zu kennen. Die Truppe bleibt stehen und Lindorm steigt ab. Er geht mit ruhigen Schritten auf ihn zu, scheinbar hat auch der Mann Lindorm erkannt. Er kommt ebenfalls auf ihn zu, sie stehen sich gegenüber und jeder, der es sehen kann, sieht, dass sich die beiden kennen.

Ein lautes Lachen ist zu hören und wird gefolgt von einer kräftigen Umarmung von beiden, sie schlagen sich auf die Schulter und Lindorm dreht sich herum und ruft Rune zu sich: „Komme zu mir, Rune, ich möchte dir einen Mann vorstellen, der in dieser Zeit wie ein Vater für dich sein wird. Sein Name ist Åsmund.“

Rune steigt ab und geht zu den beiden um sich vorzustellen, wie es Lindorm von ihm erwartet. Der Rest der Truppe sitzt nach wie vor auf ihren Pferden und beobachtet das Ritual vor sich in einer dreckigen Pfütze, in der sie stehen.

„Rune, das ist Åsmund, der Kapitän von all den Schiffen, auf dem du deine Reise antreten wirst. Er wird dein bester Freund sein auf dem Schiff. Du wirst gut beraten sein, dir seinen Rat anzuhören und zu befolgen, wenn es um das Schiff und dem Leben darauf geht. Ich denke, ihr werdet euch bekannt machen und wir werden ihn deinen Eltern vorstellen.“

Er geht an seinem Pferd vorbei zu den beiden, welche das Oberhaupt vom Reich Norden sind und der Hafen ist ein Bestandteil hiervon. Erik beugt sich am Hals vorbei zu Lindorm und beide besprechen die weitere Vorgehensweise für diesen Abend. Er klopft bereits an die Türe und seine Frau hat ihm schon vorab mitgeteilt, dass sie nicht länger in diesem von Nässe durchdrängten Sattel sitzen möchte. Lindorm nickt und verlässt die beiden. Auf seinem Weg zu Åsmund sieht er auf die rechte Seite und kann in der großen Wirtschaft Licht brennen sehen und den Rauch, welcher aus dem Kamin kommt. Er kann sich schon denken, was als Nächstes kommt.

„Wir brauchen einen Platz für den König mit seiner Frau, Stallungen für die Pferde und Essen für alle“, spricht er Åsmund an und er sieht ihn nur an und sein Blick geht zur Wirtschaft, „du kennst mich ganz genau und ich habe gesehen, wo du im Moment hingeschaut hattest. Richtig, die Wirtschaft heizt für uns alle ein und meine Männer, welche für Rune hier sind, werden euch am Abend vorgestellt“, ist die Antwort von Åsmund.

Er hat so laut gesprochen, dass auch die anderen auf den Pferden es hören können. Die ersten Männer der Leibwache und Thora der Hauptmann steuern auf die Wirtschaft zu, steigen ab und kontrollieren erst einmal die Wirtschaft, bevor das Königspaar Einzug hält. An der Türe angekommen wird sie schon geöffnet und zwei Männer stehen vor den beiden, sie tragen Waffen, was der Leibgarde überhaupt nicht gefällt. Sie zucken zusammen, schlagen ihren langen Mantel zurück und ziehen ihre Schwerter.

„Halt wer da?“, schreit eine Stimme mit weiblichem Tonfall und im selben Moment stürmt sie nach vorne und nimmt den beiden den Halt unter den Füßen. Sie steht über den beiden und dem Ersten hat sie die Spitze des Schwertes auf den Kehlkopf gelegt, der scheinbar immer noch nicht so richtig verstanden hat, was im Moment mit ihnen passiert ist. Der Rest der Leibgarde hat sich ohne Worte sofort um das Königspaar geschart und ebenfalls die Klingen gezogen.

„Sie gehören zu mir“, schreit Åsmund und rennt mit Rune und Lindorm zur offenen Türe.

„Sie tragen Waffen und kein Mensch in der Nähe des Königs trägt eine Waffe. Nur seine Getreuen haben das Recht sie zu führen. Sage dem Lump unter mir, er soll seine Waffe aus diesem Haus entfernen und auch dem anderen!“

„Thora, er gehört zu Åsmunds Männern und stellt keine Gefahr für uns dar“, hört sie keuchend Rune sagen.

Sie blickt hinter sich, nachdem der zweite Mann sich über den beiden positioniert hat, und sieht das Nicken des Königs und damit das Zeichen, das alles passt.

„Bringt eure Waffen zum Boot und kommt wieder zurück, Påske und Hedin.“

Thora führt ihre Klinge wieder in die Scheide und würdigt keinen der beiden eines Blickes, die vor ihr auf dem Boden liegen. Die beiden schieben sich auf dem Rücken etwas abseits der Stehenden und versuchen sich aufzurappeln. Die Angst steht ihnen noch ins Gesicht geschrieben, als Rune Påske wieder auf die Beine hilft, er sieht ihn an und die beiden nehmen Reißaus und gehen mit schnellen Schritten zurück auf das Boot, um das zu tun, was ihr Kapitän ihnen sagte. Zurück bleiben Åsmund, Lindorm, Rune und Thora.

„Darauf sollten wir erst einmal einen trinken“, kommt es vom Kapitän, der wieder an Fassung gewonnen hat und die anderen sehen ihn nur an und man begibt sich ins Innere des Hauses. Thora und ein Soldat überprüfen erst alle Räume vom Gasthaus und sehen auch in der Küche und im Schankraum nach, ob alles in Ordnung ist, bevor sie den König mit seiner Frau hereinholen.

Auch der Besitzer und die eifrigen Helfer aus der Küche war nicht entgangen, mit welch einer Härte und Schnelligkeit hier vorgegangen wird, alle haben wieder damit begonnen ihrer Arbeit nachzugehen. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt ist, geht Thora an Rune vorbei und ist auf dem Weg zu seinem Vater. Auf Höhe von Rune bleibt sie stehen und sieht ihm in die Augen. Auch er nimmt den Kontakt zu ihr auf, beide spüren, dass auch andere Blicke sie sehen und es ist nur ein kurzer Wortwechsel, die ihre Lippen verlassen. „Die Zeit ist gekommen und alles scheint unter einem guten Stern zu stehen. Ich werde auf dich warten und du kommst wieder“, sagt sie und hat schon den ersten Fuß Richtung König wieder genommen. Es ist ein verdammt langer Abend und Åsmund hat seine Männer, jeden Einzelnen, Rune und dem Königspaar vorgestellt. Es sind die Männer, welche für die Sicherheit für ihn abgestellt werden, jeder von ihnen bekommt warme Worte von der Königin und jeder bekommt mitgeteilt, dass bei ihrer Rückkehr ein Stück Land auf sie warten wird. Vorausgesetzt sie erfüllen ihren Dienst und bringen ihren Sohn wieder heil nach Hause. Es ist schon spät in der Nacht, als Lindorm und Åsmund, Rune zur Seite nehmen und ihm Påske noch einmal vorstellen. Die beiden haben sich schon gesehen und sie haben eines gemeinsam: Beide sind zweiundzwanzig Winter alt und werden auf der Reise ihren großen Schlafsack gemeinsam teilen. Er ist sein Ruderbruder und in anderen Dingen vielleicht auch sehr ähnlich. Es wurde auch mitgeteilt, was die Seemänner und Kämpfer auf dieser Reise mitnehmen: die Kostbarkeit Bernstein, welch ihnen viel Platz für ihre eigenen Wünsche lässt. Selbst aus dem fernen Ägypten kommen Händler nach Miklagard, um diese Kostbarkeit zu erwerben und sind bereit hierfür ihre Kostbarkeiten einzutauschen. Auch habe sie Geweihe von ihren Elchen, Tatzen und Zähne von Bären sowie die Pelze und auch kostbares Eisen ist ein begehrtes Objekt zum Verkaufen oder Tauschen. Insgesamt sind es siebzehn Schiffe, drei Langschiffe und vierzehn Knorrs, welche auf diese Reise gehen, ihre bedrohlichen Drachenköpfe am Bug der Schiffe wurden abgenommen, um den Menschen, denen sie begegnen, zu signalisieren, dass sie als Händler und in friedlicher Absicht kommen. Auch die Verpflegung, welche sie mitnehmen, ist auf jedem Schiff und auf die Anzahl der Besatzungsangehörigen zugeschnitten.

Nun ist der Tag des Abschiedes gekommen und ein jeder hatte die Möglichkeit gehabt, sich von seinen Angehörigen zu verabschieden. Über Nacht hat sich das raue Wetter gelegt und am Morgen der Abfahrt liegt ein sonniger Dunst über dem Meer.

„Rune, mein Sohn, bist du dir wirklich sicher?“

Erik sieht ihn an und spürt die Aufgeregtheit seines einzigen Sohnes.

„Das bin ich und ich werde wieder zu euch zurückkommen.“

Er nimmt seinen Vater in die Arme und geht nur wenige Ellen auf der rechten Seite von ihm zu seiner Mutter. Stolz sieht sie aus, und wenn er ganz genau hinsieht, scheint sie in dieser Nacht ein wenig älter geworden zu sein. Er nimmt sie sehr lange in den Arm und keiner von beiden ist imstande ein Wort zu sagen. Nun geht er zu seiner Thora und bleibt nur einen Hauch von ihrem Gesicht stehen.

„Wenn ich nicht das wäre, was ich bin, hätte ich dich schon lange gefragt, ob du mein Weib werden willst.“

„Und ich hätte Dir schon vor langer Zeit gesagt, ich will. Geh und komme wieder zu uns zurück.“

Lindorm steht neben Åsmund, dem alles ein wenig zu lange zu dauern schien. Er wollte nun hinausfahren, der Wind steht gut und die Männer warten schon. Lindorm ist der Letzte, welcher am Steg zum Boot steht und auf Rune wartet. Alle Männer sind an Bord und Rune spürt jetzt erst, wie schwer seine Füße werden. Als er neben Lindorm steht, spürt er den Ernst der Lage, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr.

„Nun ist der Augenblick gekommen, an dem ich mein Versprechen an dich einhalten werde, mein lieber Rune Eriksson.“

Lange und bedächtig sieht er ihn an und mit der rechten Hand öffnet er die Schnalle, welche seine Scheide von seinem Schwert trägt.

„Ich möchte es wiederhaben, wenn du deine Füße hier auf das Land wieder aufsetzst, und im gleichen Zustand, wie ich es dir übergebe.“

Ein letztes Mal sieht er sich seine Waffe an, nimmt sie in beide Hände und sieht Rune in die Augen. Lindorm sieht zum König und erhält die Erlaubnis das Besprochene zu tun.

„Knie vor mir nieder, Rune Eriksson.“

Bedächtig fällt er auf seine Knie und alle an Bord, wie auf dem Land, werden Zeuge einer Übergabe von der Waffe eines Ritters. Keiner ahnt oder weiß, dass ein zukünftiger Ritter, welcher im Namen der Kirche seine Reise antreten soll, an Bord sein wird.

„Ich zog als Waräger in ein Land, welches mein Leben wurde und ich würde mein Leben für alle Menschen geben, wenn es gefordert wird. Sprich mir nach, edler Rune Eriksson. Ich gelobe immer für das Recht und gegen Ungerechtigkeit und Böses zu kämpfen. Mein Leben werde ich geben für die Armen und Schwachen, so wahr mir Gott helfe. Mit den beiden Hieben auf die Schulter schlage ich dich, Rune Erikson, zum Ritter. Nun stehe auf und stelle dich vor mich!“

Lindorm zieht seinen linken Handschuh aus.

„Diese Schläge sollen dich erinnern an das gesprochene Wort, welches du mir gabst.“ Er schlägt Rune einmal links und einmal rechts damit auf seine Wangen. Rune hatte die Worte laut und deutlich nachgesprochen und im Anschluss des Handschuhes das Schwert erhalten. Sein Vater und seine Mutter haben alles aus einer Entfernung von vielleicht fünf Mannlängen beobachtet. Nun gehen beide auf ihn zu: „Gehe mein Sohn und Ritter vom Reich Norden, gehe und komme zurück! Wir werden auf dich warten“, ist das Letzte, was er noch hört, als er die Schritte auf die Planke setzt und in kurzer Zeit bei Åsmund ist, der nach wie vor mit offenem Mund dasteht und noch nicht ganz sicher ist, was im Moment passiert ist. Und so beginnt die Reise von Ritter Rune Eriksson nach Miklagard.

Der Abschied ist schwer und der Blick nach hinten tut weh. Doch siehst du nach vorn, so sollte es dir warm werden um dein Herz. Lebe Deinen Traum und jage ihm hinterher.