Portside Beach

Amanda und Jayden

Ella Green


ISBN: 978-3-95573-228-8
1. Auflage 2015, Bremen (Germany)
Klarant Verlag. © 2015 Klarant GmbH, 28355 Bremen, www.klarant.de

Titelbild: Unter Verwendung des Bildes 51124850 von mediaphotos (istockphotos).

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder tot, ist rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Inhalt

Jayden

„Schon krass, wie schnell das letzte Jahr vergangen ist“, sagte ich zu meiner Cousine Claire und reichte ihr einen Umzugskarton aus dem Transporter. „Das kannst du laut sagen und das Jahr hatte Höhen und Tiefen“, sagte sie einerseits fröhlich, andererseits traurig. Sie hatte es im letzten Jahr wirklich nicht leicht gehabt, erst wurde sie von ihren Eltern gezwungen, nach Portside Beach zu gehen, und dann hatte sie sich in meinen besten Freund Bradley Johnson verliebt, mit dem sie jetzt glücklich zusammen war. Und dann kam das Schlimmste für Claire, der Tod ihrer Eltern. Sie sind bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen. Seit diesem Zeitpunkt stand für Claire fest, dass sie nicht mehr zurück nach Deutschland wollte. Kurz nach der Beerdigung hatte sie das Haus ihrer Eltern verkauft und mit dem Geld baute sie sich gerade ein neues Leben in den Staaten auf. Dazu gehörte ihr schicker VW Golf und seit Kurzem eine schöne Wohnung in der Nähe vom Portside Beach College, die sie sich mit ihrem besten Freund Steve teilen würde. Ursprünglich war geplant gewesen, dass ihre beste Freundin Halley in das Apartment mit einzieht, aber da Halley ungewollt von ihrem Freund Gregory schwanger wurde, platzte die Idee einer Mädchen-WG. Trotz alledem hatte es auch Halley gut getroffen, sie bewohnte seit Kurzem zusammen mit Gregory ein Luxusapartment in einer noblen Gegend von Portside Beach. Musste ganz schön komisch für Halley sein, das Mädchen aus dem Trailerpark stieg in die High Society von Portside Beach auf. „Wo zum Teufel sind eigentlich Steve und Bradley?“, fragte ich Claire und folgte ihr mit einem Umzugskarton in den Händen zur Eingangstür. „Die beiden sind vorher zum Supermarkt gefahren, um bisschen was einzukaufen“, antwortete sie, stellte ihren Karton ab und sperrte die Haustür auf. „Immer herein in mein Reich!“, sagte sie strahlend und ich schob mich an ihr vorbei. „Manchmal kann ich es wirklich nicht fassen, dass das ab heute mein neues Zuhause sein soll“, sagte sie, während sie auf die Terrassentür zuging und nach draußen schaute. „Du weißt, dass du jederzeit wieder in das Gästezimmer bei meinen Eltern einziehen kannst“, sagte ich lächelnd und stellte den Karton im Wohnzimmer ab. „Nee, lass mal. Ich glaub, ich gewöhne mich schnell ein und ich hab ja Steve, der sich total über eine Wohngemeinschaft mit mir freut.“

„Was sagt eigentlich Bradley dazu, dass du Steve als WG-Mitbewohner gefragt hast und nicht ihn?“

„Ein bisschen eifersüchtig ist er schon, aber das würde er niemals zugeben. Aber ich denke, es ist besser, wenn wir noch getrennt wohnen, wir sind schließlich erst seit zehn Monaten zusammen.“ Innerlich musste ich grinsen, Bradley Johnson alias the Womanizer of Portside Beach hatte sich doch tatsächlich meine Cousine gekrallt und wurde solide. Bevor Claire in sein Leben trat, hatte ich ihm oft gesagt, dass er endlich die Spielchen mit den Mädels lassen sollte. Aber er wollte einfach sein Leben als Single genießen. Ganz im Gegensatz zu mir, denn ich war seit der Highschool mit meiner Traumfrau zusammen. Amanda fand ich schon in der Grundschule toll, aber da hatte sie mich noch total ignoriert und immer nur mit Matt gespielt. Doch kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag hatte sie mich endlich wahrgenommen, seitdem waren sechs Jahre vergangen. In denen wir viele glückliche Momente hatten, aber im letzten Jahr hatten wir einen Schicksalsschlag, von dem nur unsere Eltern und Claire wussten. Seit diesem Tag war Amanda Juliette Clark nicht mehr die, die unsere Freunde gekannt hatten. Sie distanzierte sich total von unserer Clique, mied Partys, war sprunghaft und weinte fast täglich. An manchen Tagen konnte ich sie aus ihrem Loch, in das sie immer wieder fiel, herausziehen. Aber das gelang mir nicht immer. Ich hatte ihr vorgeschlagen, eine Therapie zu machen oder wenigstens mit unseren Freunden darüber zu sprechen, dann würden sie endlich verstehen, was mit ihr los war. Denn allmählich gingen mir die Lügen aus, warum sie seit dem Krankenhausaufenthalt vor einigen Monaten wie ein anderer Mensch war. Natürlich ging es mir auch nahe, aber das Leben musste weitergehen. Dieses Schicksal durfte uns nicht länger belasten, denn die Guillotine schwebte schon über unserer Beziehung und drohte uns jeden Augenblick zu köpfen. Denn ein Beziehungskiller war unter anderem die tote Hose im Bett. Wenn ich versuchte, sie zu berühren, blockte sie ab, fing an mich anzuschreien und warf mir an den Kopf, dass ich ein egoistisches Arschloch sei. Ich egoistisch? Wer mich kannte, wusste, dass ich schon immer als Erstes an andere dachte, bevor ich an mich selbst dachte. Bei 100 Tagen ohne Sex hatte ich aufgehört zu zählen, und so war meine rechte Hand mein bester Freund geworden. Ich war auch nur ein Mensch und hatte sexuelle Bedürfnisse, die ich mir leider nicht rausschwitzen konnte. Fremdgehen, um meine Erlösung zu finden, kam für mich nicht in Frage. Denn ich wollte mich nur in Amanda erlösen, nie im Leben in einer anderen. Sie wusste, wie sie mich berühren musste, was ich wie wollte. Ich sehnte mich so sehr nach ihren Berührungen. „Jayden! Deine männliche Unterstützung ist da“, riss mich Claire aus meinen Gedanken.

Neben ihr standen ein gut gelaunter Steve und mein cooler bester Freund Bradley. „Hi, na alles klar?“, fragte ich die beiden und mit einem High Five begrüßten wir uns. „Klar! Komm, lass uns das Bett von Claire aufbauen und anschließend meins“, sagte Steve und wir folgten ihm in Claires Zimmer. Überall standen Umzugskartons und warteten darauf, ausgepackt zu werden. „Typisch Claire, meine kleine Chaotin hat es noch nicht geschafft, die Kartons beiseitezuräumen, damit wir Platz haben, um ihr Bett aufzubauen“, lachte Bradley und schob mit seinem Fuß einen Karton zur Seite. „Wo will sie das Bett hinhaben?“, fragte ich an Steve gewandt. „Dort drüben unter das Fenster“, antwortete er und deutete an die Stelle. „Sag mir bitte, dass das kein Ikea-Bett ist“, seufzte ich leise auf. „Doch, ist es!“, hörte ich Claire, die gerade zur Tür reinkam und einen Lappen in der Hand hielt. „Dann hoffe ich für dich und den Erfinder von Ikea, dass keine Schraube fehlt“, lachte ich leise. „Ihr macht das schon“, zwinkerte sie uns zu. „Babe, was machst du in der Zeit?“, fragte Bradley, der schon begann, die Einzelteile in die richtige Reihenfolge zu bringen. „Ich fang schon mal an zu putzen. Steve und ich wollen ja schließlich morgen eine Einweihungsparty schmeißen“, lächelte sie und kehrte uns den Rücken. „Ihr wollt schon morgen eine Party zum Einzug machen?“, fragte ich ungläubig. Wenn ich mich so umsah, dauerte das noch Tage, bis die zwei mit Möbel aufbauen und auspacken fertig sein würden.

„Claire will das, und du kennst sie. Wenn sie sich was in den Kopf setzt, dann muss das so sein.“

„Das klingt ganz nach meiner Claire, sie ist halt doch noch irgendwie ein kleiner Rebell und setzt ihren Dickkopf durch“, lachte Bradley, während er die Bauanleitung für das Bett studierte. „Aber es wird keine große Party, wir möchten nur die Clique einladen. Amanda und du, ihr seid natürlich auch eingeladen. Außerdem will sie noch mit uns allen anstoßen, weil sie und Halley als Jahrgangsbeste die Highschool abgeschlossen haben.“ Claire und Halley waren nicht nur die besten Freundinnen, sie hatten es tatsächlich geschafft, auch noch mit dem exakt gleichen Notenschnitt die Portside Beach Highschool zu verlassen. „Ich komme sehr gerne, aber dass Amanda mitkommt, kann ich nicht versprechen“, antwortete ich etwas geknickt. „Was ist eigentlich mit Amanda? Sie ist seit Monaten wie ausgewechselt, so kenn ich sie echt nicht!“, sagte Bradley und begann mit Hilfe von Steve die ersten Latten des Betts zusammenzuschrauben. Ich wusste, die Wahrheit konnte und durfte ich ihnen nicht erzählen. „Ach, weißt du, der Virus von damals nimmt sie doch noch immer ganz schön mit“, log ich beide an. Amanda hatte damals darauf bestanden, unsere Freunde im Glauben zu lassen, dass sie sich einen schlimmen Virus eingefangen hatte. „Aber so ein Virus hängt einem doch nicht so lange nach“, sagte Steve leise und reichte mir eine Tüte mit Schrauben. Ich zuckte nur mit den Schultern, und betete, dass sie nicht anfingen mehr Fragen zu stellen.

Amanda

Draußen ging schon die Sonne unter und Jayden hatte mich immer noch nicht angerufen, ausgerechnet heute musste er bei diesem dämlichen Umzug helfen. Wahrscheinlich hatte er sowieso vergessen, was heute für ein Tag war. Allmählich wurde ich zickig und ich merkte, wie jeden Augenblick die Amanda aus mir ausbrach, die ich seit einigen Monaten war. Die zickige, in sich gekehrte und wütende Amanda, die immer wieder in ein Loch fiel. Aus dem mir Jayden immer wieder versuchte rauszuhelfen. Manchmal gelang es ihm, aber manchmal nicht. Dann schrie ich ihn an und ließ all meine Wut an ihm aus. Er verstand es einfach nicht, wie es sich anfühlte, mit so einem Verlust zu leben. Für ihn musste das Leben trotzdem weitergehen, aber das war für mich nicht möglich. Er wird mich nie verstehen. Immer, wenn er versucht mich zu berühren, blocke ich ab. Wie kann er nur daran denken, mit mir zu schlafen? Begreift er denn nicht, dass ich noch Zeit brauche? Natürlich war mir klar, dass er nur ein Mann war, der seine Bedürfnisse hatte. Aber ich konnte nicht mit ihm schlafen, denn meine Libido war auf Sparflamme. Besser gesagt, war die Flamme schon lange erloschen. Die Ärzte sagten mir damals, dass jede Frau anders damit umging. Und ich gehörte eben zu der Sorte Frau, die sich einfach nicht vorstellen konnte Sex zu haben. Wenn Jayden und ich wegen dem Sex zu streiten anfingen, warf er mir immer wieder an den Kopf: „Verdammt, Amanda, du bist nicht vergewaltigt worden!“

Gedankenversunken nahm ich meinen Kalender in die Hand. Hinter dem heutigen Datum lächelte mich ein Smiley an. Wütend schmiss ich den Kalender quer durch mein Zimmer und begann bitterlich zu weinen. Ausgerechnet jetzt war Jayden nicht hier. Jetzt brauchte ich ihn, denn ich fiel wieder in das Loch, das heute größer war als jemals zuvor. Die Tränen flossen meine Wangen hinab wie reißende Bäche. Weinend stand ich vom Schreibtischstuhl auf und ließ mich vorwärts auf mein Bett fallen. Mit beiden Händen umklammerte ich ganz fest mein Kissen, vergrub meinen Kopf darin und begann laut zu schreien. All meine Wut, Enttäuschung und Trauer musste raus. Ich hatte mich so in Trance geschrien und geweint, dass ich nicht einmal merkte, wie die Tür zu meinem Zimmer aufging. Ich bemerkte nur, dass die Matratze unter mir nachgab und mir jemand über den Rücken streichelte. Schluchzend drehte ich meinen Kopf zur Seite und blickte in die Augen meiner Mum. „Ssshh, Kleines. Alles wird gut“, flüsterte sie und wischte mir dabei eine Träne von der Wange. „Nein, nichts wird gut. Nie mehr“, schluchzte ich auf und warf mich in die Arme meiner Mum. „Er ist nicht da! Warum muss er denn genau heute beim Umzug von Claire und Steve helfen?“

„Er kommt bestimmt noch. Du weißt, dass er immer für dich da ist“, sagte sie und drückte mich fest an sich. „Ich weiß, dass es dir genau heute am meisten wehtut, aber du musst endlich versuchen nach vorne zu blicken. Du hast viel zu lange getrauert. Geh nach draußen, triff deine Freunde und versuche wieder die Amanda zu werden, die wir alle kennen. Die fröhliche, aufgeschlossene und selbstbewusste“, sagte meine Mum und blickte mir dabei tief in die Augen. „Aber ich kann nicht. Noch nicht!“, flüsterte ich. „Doch, du kannst. Du willst nur nicht“, sagte sie ernst. Dann reichte sie mir ein Taschentuch, mit dem ich meine Tränen wegwischte und mir die Nase putzte. „In zehn Minuten ist das Abendessen fertig.“

„Okay, ich komm dann runter“, antwortete ich ihr. Während meine Mum aufstand und mein Zimmer verließ, hörte ich, wie mein Handy, das auf dem Schreibtisch lag, zu klingeln begann. Wie ferngesteuert stand ich auf, ging zum Schreibtisch und sah auf dem Display, wie mich Jayden anlächelte. Bevor ich das Handy nahm, um den Anruf entgegenzunehmen, räusperte ich mich kurz. „Hallo.“ „Hi Honey, wie geht’s?“ Diese Frage hätte er sich eigentlich selbst beantworten können, denn meine Antwort war täglich die gleiche. „Scheiße, wie immer“, zickte ich Jayden an. „Ich brauch noch ungefähr eine Stunde, dann komme ich vorbei. O. k.?“, sagte er und ich hörte im Hintergrund unsere Freunde lachen. „Ist dieser dämliche Umzug noch nicht vorbei?“, keifte ich. „Doch, aber wir quatschen noch ein bisschen“, beantwortete er meine Frage. „So, ist quatschen also wichtiger als die eigene Freundin, die gerade in ein Loch fällt?“

„Honey, du bist mir wichtig, das weißt du. Aber…“

„Was aber?“, unterbrach ich ihn mitten im Satz.

„Aber ich möchte mich nicht von meinen Freunden abwenden. Und du solltest auch mal wieder unsere Freunde treffen. Wir sind morgen zur Einweihungsparty von Claire und Steve eingeladen.“ „Ach, sind wir das? Schön für dich, aber ich komme gewiss nicht. Sonst raste ich total aus, wenn ich eine gewisse Person sehe“, sagte ich etwas lauter. „Amanda, bitte hör auf, auf andere wütend zu sein. Du weißt genau, dass niemand was dafür kann. Niemand! Hörst du!“, sagte er ernst. „Trotzdem, ich gehe nicht auf diese Party!“, protestierte ich. „Die Clique würde sich aber wirklich freuen, dich mal wieder zu sehen.“ „Glaub mir, es ist besser, wenn ich nicht komme. Ich würde ihnen nur die Party versauen.“ „Überleg es dir, okay? Ich muss jetzt wieder rein, bis später. Ich liebe dich“, sagte er, und ohne dass ich mich von ihm verabschiedete oder ihm sagte, dass ich ihn auch liebte, legte ich auf. Ich war ihm völlig egal. Wütend, wie ich war, ging ich nach unten zu meinen Eltern in unser Esszimmer und setzte mich neben meinen Dad, der mich mit einem Lächeln grüßte. „Alles wird gut, versprochen. Auch diesen Tag wirst du überstehen“, begann er ein Gespräch mit mir. Ich nickte nur und schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, hinunter.

„Ich weiß, es ist hart aber du musst nach vorne blicken.“

„Den gleichen Müll hat mir Mum vorher auch schon gesagt, ihr wiederholt euch!“, zickte ich darauf los.

„Amanda Juliette Clark, hör auf, deinen Dad anzuzicken!“, rief mir meine Mum entgegen, als sie mit einer Pfanne das Esszimmer betrat. „Mir ist der Appetit vergangen. Ich geh in mein Zimmer“, sagte ich leise. „Verdammt noch mal, Amanda, du bleibst gefälligst hier!“, schrie mein Dad und haute dabei mit der Hand auf die Tischplatte, sodass das Geschirr klirrte. Ich zuckte zusammen und in meinen Augen sammelten sich erneut Tränen. „Dave, bitte hör auf“, sagte meine Mum und stellte die Pfanne auf dem Esstisch ab. „Nein, es reicht! Ich schau mir nicht länger an, wie meine Tochter immer mehr abstürzt, sich immer mehr von der Außenwelt distanziert und in Selbstmitleid zerfließt“, schrie er darauf los. „Dad, bitte lass mich in Ruhe“, sagte ich ruhig.

„Nein, ich lass dich nicht in Ruhe. Du wirst noch heute damit beginnen, dein Leben wieder so zu leben wie vorher.“

„Genau heute ist der denkbar unpassendste Moment überhaupt, und das weißt du“, sagte ich kaum hörbar. „Genau heute ist der beste Tag, um damit abzuschließen“, antwortete meine Mum. „Wie könnt ihr nur so kalt sein? Ist euch eigentlich bewusst, dass ich jetzt in den Wehen liegen könnte, wäre alles so abgelaufen wie bei einer normalen Schwangerschaft?“, schrie ich und schon flossen mir die Tränen über die Wangen. Bevor ich mich versah, nahmen mich meine Eltern in den Arm und drückten mich. „Das ist uns durchaus bewusst“, flüsterte mein Dad und Mum fügte hinzu: „Und genau aus dem Grund sollst du diesen Tag für deinen Neuanfang nutzen.“ Ich blickte meine Eltern wie durch einen Schleier an und schüttelte den Kopf. „Du hast dich aufgegeben und das ist falsch. Ich hab hier was für dich und ich hoffe, du entscheidest dich dafür“, sagte mein Dad und reichte mir eine Visitenkarte. „Was ist das?“, fragte ich schluchzend. „Das ist die Telefonnummer von Lucia Gomez, sie arbeitet im Therapiezentrum von Los Angeles und betreut Frauen, die das Gleiche erlebt haben wie du“, beantwortete er meine Frage. „Ich soll in Therapie gehen?“ Meine Eltern nickten nur. Jayden hatte mir oft den Vorschlag gemacht, mich in einer Gruppe mit Gleichgesinnten auszutauschen, um alles besser zu verarbeiten, aber ich lachte ihn jedes Mal aus und sagte: „Ich bin doch nicht bekloppt und erzähle wildfremden Menschen, was ich durchmache!“ Meine Eltern blickten mich flehend an. Ihnen lag wirklich etwas daran, dass ich dort anrief. „Ich überlege es mir“, sagte ich leise, löste mich aus der Umarmung meiner Mum und ging in mein Zimmer.