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DIE REISE DER VÖGEL ZUM KÖNIG SIMORGH Ein persischer Mythos über Ziel und Sinn des Lebens neu erzählt und illustriert von Eva Polivka
© 2018 Eva Polivka Autor: Eva Polivka Illustrator: Eva Polivka Verlag: myMorawa von Morawa Lesezirkel GmbH 978-3-99070-312-0 (Paperback) 978-3-99070-313-7 (Hardcover) 978-3-99070-314-4 (e-Book) Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öentliche Zugänglichmachung.
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Die Reise der Vögel
zum König Simorgh
Ein persischer Mythos über Ziel und Sinn des Lebens neu erzählt und illustriert von Eva Polivka
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5 ANRUFUNG
G
elobt sei der Alleine, der alle Lebewesen der Erde aus den Wassern erschuf. Wie ein un - endlich Zelt hat Er das Firmament über die Erde gewölbt, frei von Säulen, die es stützen. Im Anbeginn vergoldete Er die Sterne. Er hat die feurige Sonnenkugel ans Firmament geheftet und lässt sie rotglühend dahinschwinden und täglich aufs Neue erstehen. Am Tage breitet Er den Teppich aus Licht und Farbe über die Welt und des Nachts den blauschwarzen Samt der Dunkelheit mit den goldenen Sternen. Sonne und Mond verneigen sich anbetend, die eine am Tag, der andere bei Nacht und aus ihrer Verneigung entspringt ihre Bewegung. Der Alleine machte die Lüfte im Ozean üssig und die Gipfel der Berge tragen ihre Eiskappen aus Ehrfurcht vor Ihm. Dem Papagei schenkte der Alleine ein goldenes Halsband und den Wiedehopf erkor Er als Verkünder des Weges. Als Sein Atem einen Klumpen Lehm berührte, entstand der Mensch. Jedes Atom der Welt vom Rücken des Fisches bis hin zum Mond bezeugt Seine Existenz. Viele kennen die Oberäche des Ozeans, kennen jedoch nicht den Schatz in seinen Tiefen. In diesem unendlichen Meer ist die Welt ein Atom und das Atom eine Welt. Und so wie es gewiss ist, dass des Alleinen unendliches Sein allein existiert, so ist es gewiss, dass es außer Ihm nichts gibt. Sein Thron ruht auf den Wassern und die Welt schwebt in den weiten Lüften des Nichts. Doch lasset Schatten und Licht, Wasser und Luft, denn da ist nichts, was nicht der Alleine ist. Der Thron und die Welt sind nur ein Zauberbild. Es gibt niemanden außer Ihm, doch keiner kann Ihn wahrhaft schauen. Unsere Augen sind blind, obwohl die Welt von einer leuchtenden Sonne erhellt wird. Würdet ihr auch nur einen kleinen Schimmer von Ihm erhaschen, verlöret ihr den Verstand, und würdet ihr Ihn erschauen, verlöret ihr euch selbst. Meine Freunde, ich möchte diese meine Worte Tag und Nacht wiederholen, damit unser Verlan - gen, uns auf die Suche nach der Wahrheit des Alleinen zu begeben, keinen Augenblick nachlässt!