cover

JAN JOHNSON

Süßer als Honig,
kostbarer als Gold

40 Mal Bibel
zum Eintauchen
und Erleben

Aus dem amerikanischen Englisch von
Doris C. Leisering

image

ISBN 978-3-417-22907-3 (E-Book)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© der deutschen Ausgabe 2018

Originally published by InterVarsity Press as “Meeting God in Scripture” by

Zitate von N.T. Wright: N.T. Wright, Lukas für heute © Brunnen Verlag, Gießen

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Umschlaggestaltung: Sarah Kaufmann, Witten

DEN TAUSENDEN STUDENTEN
UND FREIZEITTEILNEHMERN
GEWIDMET, DIE DIESE
MEDITATIONSÜBUNGEN
AUSPROBIERT HABEN, GOTT
BEGEGNETEN UND MICH MIT
DEM ÜBERRASCHTEN, WAS
IHNEN DABEI AUFGING.

Inhalt

Über die Autorin

Einleitung

TEIL 1
Was denkt Gott über mich?

Einheit 1: Gott als die Liebe erkennen

Einheit 2: Gesucht – bedingungslos

Einheit 3: Wissen, dass ich geliebt bin

Einheit 4: Gottes Erbarmen mit den Rebellen

Einheit 5: Gottes Erbarmen mit den Angepassten

Der Unterschied zwischen Meditation und Anwendung

TEIL 2
Wer bin ich und wo ist mein Platz?

Einheit 6: Beschenkt mit allem Segen

Einheit 7: Ein Mensch, in dem Christus wohnt

Geheiligte Fantasie

Einheit 8: Eine völlig neue Identität

Einheit 9: Leben im Heiligen Geist

Einheit 10: Gesegnet, um ein Segen zu sein

Das Zusammenwirken von Bibelstudium und Meditation

TEIL 3
Leben im Angesicht von Gottes Reich

Einheit 11: Sich auf das Reich Gottes verlassen

Einheit 12: Sich auf das Reich Gottes verlassen – konkret

Offen sein für den Heiligen Geist

Einheit 13: Das verborgene und doch kraftvolle Reich Gottes

Einheit 14: Das verborgene und doch kraftvolle Reich Gottes – konkret

Einheit 15: Das gute Friedensreich Gottes

Höre ich wirklich Gottes Stimme oder bilde ich es mir nur ein?

TEIL 4
Verwandelt werden in das Ebenbild von Jesus

Einheit 16: In Jesus bleiben

Einheit 17: Vom Gangster zum Geber

Wenn Ihre Gedanken abschweifen

Einheit 18: Das alte Ich loslassen

Einheit 19: Mein neues Ich annehmen

Einheit 20: Dem eigenen Ich sterben

Noch nicht reif?

TEIL 5
Umgang mit Ängsten, Frust und Entmutigungen

Einheit 21: Mitten im Sturm Mut fassen

Sprungbrett-Bibelmeditation

Einheit 22: Eine furchterregende Reise

Einheit 23: Jesus voller Wut, Trauer und Erbarmen

Einheit 24: Von Skepsis zu Hoffnung

Was, wenn nichts passiert?

TEIL 6
Heilung der Wunden meines Lebens

Einheit 25: Gott hören – inmitten von Entmutigung

Einheit 26: Von Gebrechen befreit

Einheit 27: Wissen, dass Gott mich hört

Einheit 28: »Willst du geheilt werden?«

Gebete aufschreiben?

Einheit 29: Vom Trauern zum Tanzen

Einheit 30: Was Jesus Menschen sagen möchte, die für andere sorgen

TEIL 7
Wie Christus ein Herz für andere haben

Einheit 31: Andere in Tat und Wahrheit lieben

Einheit 32: Von der Ichbezogenheit zur Demut

Meditation führt zu Transformation

Einheit 33: Den »Fremden« lieben

Einheit 34: Beziehung vor Verurteilung

Einheit 35: Mitgefühl in Aktion

TEIL 8
Mit Gott zusammen sein Reich bauen

Einheit 36: In Gottes Kraft leben und handeln

Einheit 37: Die Leidenschaft, die Gott uns ins Herz legt

Einheit 38: Gott im Scheitern erleben

Einheit 39: Der Kelch des Leidens

Einheit 40: Ich tue nichts aus mir selbst

Wenn Sie allein meditieren

Dank

Anmerkungen & Quellenverzeichnis

Über die Autorin

image

Jan Johnson ist eine gefragte Rednerin und Autorin zum Thema geistliches Wachstum in der persönlichen Gottesbeziehung. Sie lebt mit ihrem Mann in Kalifornien. www.janjohnson.com

Einleitung

Seit zwanzig Jahren leite ich Gruppen bei Meditationen mit der Heiligen Schrift, helfe ihnen, in den Bibeltext einzusteigen, wahrzunehmen, was sie darin anspricht, und dann darüber nachzudenken. Immer wieder sagen sie mir, dass sie zwar in der Gruppe das Gefühl haben, auf Gottes Stimme hören zu können, ihnen aber die gleiche Art von Bibelstudium und Meditation allein schwerfällt. Die historischen und kulturellen Hintergrundinformationen, die ich liefere, helfen ihnen, sich bei erzählenden Bibeltexten Details der Szene vorzustellen. Offenbar fällt es ihnen leichter, sich zu konzentrieren, wenn ich ihnen Fragen stelle, die sie durch den Meditationsprozess führen.

Dieses Buch enthält alle diese Dinge: Es soll den Lesern helfen, beim Nachdenken über Abschnitte aus der Bibel mit dem Heiligen Geist in Kontakt zu treten.

Bei jeder Meditationseinheit gibt es:

zeicheneine einleitende Zeit der Stille, in der man sich entspannen und konzentrieren kann, und eine optionale Frage oder Übung, wenn man eine Hilfe braucht, um sich darauf einzulassen

zeichenden gesamten Text eines Bibelabschnitts mit Erklärungen von ungewöhnlichen oder wichtigen Wörtern

zeichendie Bedeutung von manchen wichtigen hebräischen oder griechischen Begriffen

zeichenEinstiegsfragen zum Text

zeichenFragen dazu, was uns im Text persönlich anspricht, um herauszufinden, wozu Gott uns mit dem Bibeltext einladen könnte (Dies ist der Ansatz der lectio divina.)

zeichenkulturelle oder geschichtliche Hintergrundinformationen, wenn angebracht

zeichenVerbindungen zu anderen Bibeltexten, wenn angebracht

zeichenStichwörter, die dazu beitragen, dass man sich den Hergang der Geschichte in erzählenden Abschnitten besser vorstellen kann (ein ignatianischer Ansatz)

zeichenRaum, um Gott im Gebet zu antworten

zeichenRaum, um im Gebet über die Gedanken des Abschnittes und über Gott nachzusinnen

zeicheneine Übung, um einen der Hauptgedanken des Abschnittes später praktisch umzusetzen

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, ob sich all das irgendwie störend oder verdunkelnd auf das auswirken kann, was der Heilige Geist zu Ihnen sagt. Die gleichen Fragen habe auch ich mir gestellt, obwohl die beschriebene Vorgehensweise den meisten Menschen hilft, besser zu verstehen, was der Heilige Geist sagt. Also beriet ich mich mit anderen, die viel Erfahrung im Leiten von Bibelmeditationen haben. Sie waren ebenfalls der Ansicht, dass sich viele Christen grundsätzlich gern auf diese Art geistlicher Übung einlassen, aber etwas Anleitung dabei benötigen. Ein Kollege riet mir dazu, dieses Buch zu schreiben, um eine Art Stützräder für Menschen zu liefern, die sich mit Bibelmeditation befassen wollen.

Wenn Sie dieses Buch im Selbststudium nutzen

Sie können die vierzig Meditationsübungen in diesem Buch in jeder beliebigen Reihenfolge durchgehen. Sie sind thematisch geordnet, damit Sie die Meditationen auswählen können, die am besten zu Ihren Bedürfnissen passen. Die acht Einheiten behandeln Bedürfnisse, die die meisten Menschen haben. Beispielsweise begann ich vor vielen Jahren über Bibeltexte zu meditieren, weil ich ein Freudendefizit hatte. Ich konnte nicht wirklich glauben, dass Gott sich an mir freut, also meditierte ich über Bibeltexte, die genau davon handeln (siehe dazu die Meditation in diesem Buch mit dem Titel »Wissen, dass ich geliebt bin«).

Wenn man sich neu mit einer spirituellen Praxis befasst, ist es nur klug, sich damit auseinanderzusetzen, wie sie von Christen über die gesamte Kirchengeschichte hinweg praktiziert wurde. Dadurch können wir von den Christen früherer Zeiten etwas lernen. Wenn man beispielsweise einen Bibeltext studieren will, kann man auf Auslegungen oder Kommentare zurückgreifen, die andere Christen zu anderen Zeiten und an anderen Orten dazu geschrieben haben.

Die unter Christen am weitesten verbreitete Methode beim Meditieren über Bibeltexte besteht seit dem 5. Jahrhundert. Zu ihr gehört, zunächst einen Abschnitt zu lesen und dann, einem Gedanken aus der jüdischen Tradition folgend, Gottes Worte »aufzunehmen« und »festzuhalten« (vgl. Sprüche 4, 3-4). Die Christen begannen, diesen Prozess lectio divina zu nennen. Das ist Latein und bedeutet »göttliches Lesen« oder »heiliges Lesen«. Der zentrale Gedanke der lectio divina ist die Einladung. Sie geht davon aus, dass Gott uns beim Lesen der Bibel zur Interaktion und zum Gespräch einlädt.

Die lectio divina umfasst traditionell vier Schritte: das Lesen (lectio), das Nachdenken (meditatio), das Antworten (oratio) und das Ruhen (contemplatio). Für die Meditationen in diesem Buch habe ich zwei weitere hinzugefügt: das Entspannen und Konzentrieren (silencio) und das Umsetzen (incarnatio).1

imageEntspannen und konzentrieren
Jede Übung beginnt mit einer kurzen Anleitung, um vom Alltagstempo herunterzubremsen, innerlich still zu werden und ablenkende Gedanken loszulassen. Das ist wichtig, da die meisten Menschen den ganzen Tag über auf irgendwelche äußeren Reize reagieren: Sie gehen ans Telefon, haben Zeitpläne und überlegen, was als Nächstes zu tun ist. Selbst wenn sie am Morgen aufwachen, schauen sie als Erstes aufs Smartphone, ob es Neuigkeiten gibt. Wenn man nun versucht, über Bibeltexte zu meditieren, sind solche Aktivitäten wie Hintergrundlärm im Kopf, der einen davon abhält, sich auf Gott zu konzentrieren.

Eine Möglichkeit, diesen Lärm zu dämpfen, liegt in der vollen Konzentration auf das Präsentsein im Moment, indem man besonders tief ein- und ausatmet und sogar übertrieben atmet. Dies trägt auch zur schrittweisen körperlichen Entspannung bei: Beugen Sie den Nacken, lassen Sie die Arme locker hängen, entspannen Sie Beine und Knöchel. Lockern Sie jeden Körperteil von innen heraus. Das bedeutet nicht, den Verstand auszuschalten, sondern ihn nur von der Geschäftigkeit wegzulenken, die uns oft auffrisst. Im Moment gegenwärtig zu sein, bereitet uns auf die leise, sanfte Stimme Gottes vor.

Wenn Sie abgelenkt sind, können Sie auch eine kleine Übung mit den Handflächen probieren. Legen Sie die Hände mit den Handflächen nach unten in den Schoß als Symbol dafür, dass Sie alle Sorgen abgeben. Wenn ein hartnäckiger Gedanke auftaucht, drehen Sie die Handflächen nach oben als »Symbol dafür, dass Sie nun etwas vom Herrn empfangen möchten«2. Wenn Sie während der Meditation abgelenkt werden, wiederholen Sie diese Übung.

Wenn Bibelmeditation etwas Neues für Sie ist, gibt es am Anfang jedes Kapitels eine Frage oder Aufgabe, die Ihnen helfen soll, still zu werden und alle Ablenkungen auszublenden. Wenn Sie später mehr Übung bekommen, brauchen Sie das möglicherweise nicht mehr. Vielleicht empfinden Sie diese Art der Anleitung auch als störend. In dem Fall können Sie diesen Teil gern überspringen.

Vielleicht möchten Sie auch Ihre eigene Entspannungs- und Konzentrationsmethode entwickeln, die Sie dann jedes Mal einsetzen. Es kann hilfreich sein, ein Lied zu singen, das Sie gerne mögen – besonders ein ruhiges Lied, wie zum Beispiel »Wie ein Strom von oben«. Oder Sie lesen langsam und laut ein gutes Zitat, wie das folgende von Dietrich Bonhoeffer:

Wir lesen in der Meditation den uns gegebenen Text auf die Verheißung hin, dass er uns ganz persönlich für den heutigen Tag und unsern Christenstand etwas zu sagen habe, dass es nicht nur Gottes Wort für die Gemeinde, sondern auch für mich persönlich ist.3

imageLesen
In den folgenden Meditationen werde ich Sie häufig auffordern, den Abschnitt laut und mehrmals zu lesen. Denn wenn wir einen Text zum ersten Mal lesen, bekommen wir kaum mit, was darin geschieht. Lautes Lesen lässt die Worte an unsere Ohren dringen und uns das Gesagte besser wahrnehmen. Lauschen Sie langsam jedem Wort, sozusagen mit den Ohren Ihres Herzens. Seien Sie offen und aufmerksam für alles, was Ihnen auffällt.

imageNachsinnen
Einige Abschnitte in diesem Buch sind der Lehre oder dem Diskurs gewidmet. Sie werden aufgefordert wahrzunehmen, was Ihnen auffällt oder »durchschimmert«, und darauf zu vertrauen, dass diese Wahrnehmung vom Heiligen Geist gewirkt ist. Andere Abschnitte sind Geschichten. Hier sollen Sie Ihre Fantasie spielen lassen und sich anhand der angebotenen Ideen die Szene bildlich vorstellen. In beiden Fällen werden die Hintergrundinformationen und die Fragen helfen, in den Text einzutauchen und Ablenkungen auszublenden.

Bei erzählenden Texten sollen die Fragen und Stichwörter Ihnen helfen, sich konkret in die Situation zu versetzen: Was sehen oder riechen Sie? Konzentrieren Sie sich dabei aber nicht darauf, ein absolut ausgefeiltes, detailliertes Bild zu zeichnen. Ihr Ziel ist es, sich von Gott ansprechen zu lassen, und nicht, das Ereignis perfekt zu rekonstruieren. Versetzen Sie sich in die Szene hinein und gehen Sie dann durch den Text und lassen Sie Gott zu Ihnen sprechen.

Manchmal kann es sein, dass Ihnen ein großer Teil der Szene entgeht, aber ein bestimmtes Wort oder Bild auffällt. In der Geschichte von der blutflüssigen Frau (vgl. Markus 5, 24-34) sprang mir einmal ins Auge, dass die Frau Jesus die »ganze Wahrheit« sagte. Ich konnte förmlich ihre Scham spüren. Ich sah, wie sie in aller Öffentlichkeit verletzlich vor Jesus, dem Propheten, stand. Dadurch begriff ich, wie ehrlich ich zu Gott sein darf.

imageAntworten
In einem wahrhaft interaktiven Leben mit Gott spricht Gott zu uns (am häufigsten durch die Bibel) und wir antworten ihm auf das, was wir meinen, von ihm gehört zu haben. Vielleicht möchten Sie nun Gott Fragen stellen oder auch dem widersprechen, was Ihnen aufgegangen ist. Zumindest aber möchten Sie vielleicht Gott dafür danken, dass er durch die Bibel zu Ihnen spricht.

imageRuhen
Dieser letzte Schritt gibt Ihnen einfach Raum, in Gottes Gegenwart zu sein. Sie können über das nachsinnen, was Ihnen aufgegangen ist, den Fluss des Zwiegesprächs mit Gott in sich aufnehmen oder wahrnehmen, welche Wirkung die Begegnung auf Sie hatte. Vielleicht werden Sie Gott auch für die wunderbaren Dinge anbeten, die er sagt und tut.

imageUmsetzen
Schließlich biete ich in jedem Kapitel einen kurzen Vorschlag an, eine Wahrheit aus dem gelesenen Bibelabschnitt in die Tat umzusetzen. Wenn der Vorschlag nicht für Sie passend erscheint, bitten Sie Gott darum, Ihnen eine andere Möglichkeit zu zeigen, wie Sie eine Erkenntnis aus dem Abschnitt umsetzen können, selbst wenn es nur im Kleinen ist.

Im gesamten Buch werden Sie kleinere Zwischenkapitel finden, die Informationen und Anleitungen zur Bibelmeditation liefern oder Antworten auf häufig gestellte Fragen geben. Ob Sie sie alle auf einmal oder beim Durcharbeiten des Buches nach und nach lesen, bleibt Ihnen überlassen.

Das Ziel dieses Buches ist es, Ihnen zu helfen, durch die Bibel zu einer nachhaltig prägenden, lebendigen Beziehung mit Gott zu gelangen. Dallas Willard schreibt darüber:

Ich merke, dass ich angesprochen und in aller Individualität meiner konkreten Existenz von etwas jenseits meiner Selbst und darüber hinaus eingeholt werde. Gott handelt mir gegenüber einzigartig persönlich. Das ist das gemeinsame Zeugnis über große Teile der christlichen Gemeinde und Geschichte hinweg. Wir stehen in einer Gemeinschaft der Angesprochenen.4

Wenn Sie dieses Buch mit einer Gruppe nutzen

Dieses Buch spricht die Leser als Einzelne an, lässt sich aber mit einigen Abänderungen auch in der Gruppenarbeit nutzen. Am geeignetsten sind Gruppen von höchstens vier oder fünf Personen. Größere Gruppen sollten sich in kleine Gruppen mit höchstens vier oder fünf Personen aufteilen, mit jeweils einem Gruppenleiter. Die Meditationsübungen kann jeder einfach anhand der Vorgaben leiten, doch hier noch einige zusätzliche Hinweise:

imageEntspannen und konzentrieren
Die Gruppe sollte sich vorher entscheiden, ob sie die vorgeschlagenen Übungen einsetzen will. Wenn ja, kann der Gruppenleiter die Anweisungen laut vorlesen und die Teilnehmer können ihre Antworten laut vor der Gruppe aussprechen. Natürlich kann es sein, dass einige Teilnehmer ihre Antwort nicht mitteilen wollen oder keine Antwort haben. Verbale Antworten sind zwar meist hilfreich für die anderen in der Gruppe, aber es ist immer gestattet, auch nicht zu antworten.

Wenn es der Gruppe lieber ist, kann auch ein beliebtes Gebet als einleitende Übung zum Entspannen und Konzentrieren gesprochen werden. Man kann es sogar jedes Mal sprechen, sodass es sich zu einer vertrauten Einstiegsroutine entwickelt. Hier ist ein Vorschlag für ein solches Gebet; man kann es beispielsweise zusammen laut lesen:

Lasst uns die Sorgen des Tages loslassen und die Augen für Gottes Wunder öffnen. Mit Einfühlungsvermögen für die Menschen einer anderen Zeit wollen wir uns unsere Herzen und Gedanken für Gott öffnen. Wir machen uns bereit, Gottes Wort an uns durch die Gegenwart des Heiligen Geistes zu erfahren.5

Oder:

Mögen die Worte unseres Mundes und das Nachsinnen unseres Herzens in deinen Augen angenehm sein, Herr, unsere Kraft und unser Erlöser.

imageLesen
Der Gruppenleiter liest erst die Anweisungen und danach den Bibelabschnitt zum ersten Mal laut und langsam vor. Es kann hilfreich sein, wenn die Teilnehmer beim Zuhören die Augen schließen oder auch im Buch mitlesen. Der Gruppenleiter sollte einen anderen Teilnehmer bitten, die Anmerkungen unter dem Text laut vorzulesen. Dann sollte entweder der Gruppenleiter oder jemand anderes den Abschnitt noch einmal vorlesen.

imageNachsinnen
Die Teilnehmer lesen die Fragen und Stichworte still durch und nehmen sich einige Minuten Zeit, um ihre Antworten auf die Fragen aufzuschreiben. Dann liest der Gruppenleiter jede Frage laut vor und wer möchte, kann seine Antwort vorlesen. Auch die Hintergrundinformationen können laut vorgelesen werden.

Diese Art meditativer Übung ist allerdings keine Diskussion. Es kann ablenkend wirken, wenn Kommentare zu den Antworten der Teilnehmer abgegeben werden. Das Ziel der Übung ist, auf das zu hören, was Gott uns in der Bibel sagen möchte, nicht mit anderen darüber zu diskutieren. Wenn der Bibeltext jemanden beunruhigt oder verwirrt, ist es nicht gut, sofort darauf einzugehen. Der vorgegebene Prozess räumt stille Momente ein, in denen der Heilige Geist an diesen Punkten reden kann. Zweck der Meditation ist nicht so sehr eine Analyse, sondern vielmehr, auf Gott zu hören, zu lernen und füreinander präsent zu sein, wenn die Teilnehmer ihre Erfahrungen beschreiben.

Dann bittet der Gruppenleiter einen der Teilnehmer, den Abschnitt noch einmal laut zu lesen. Anschließend kann er selbst die aufgeführten Fragen vorlesen, mit jeweils einigen Minuten Pause, in denen die Teilnehmer ihre Antworten still bedenken können. Danach kann jeder, der es will, seine Antwort in der Gruppe geben.

Ich möchte noch einmal betonen, dass dies keine Diskussionsgruppe ist, sondern dass die Teilnehmer einfach anderen mitteilen, was sie meinen, von Gott gehört zu haben. Es ist nicht klug zu bewerten, was andere sagen; das hindert in der Regel einen Menschen nur daran, selbst auf Gott zu hören. Ebenso wichtig ist es, dass die Teilnehmer einander nicht unterbrechen oder Vorschläge machen. Vertrauen Sie stattdessen darauf, dass der Heilige Geist Gottes Wort für jeden einzelnen Teilnehmer aufschließt. Oft versteht man mehr, wenn man sein Erleben in eigene Worte fasst.

imageAntworten
Zu einem normalen Gespräch gehört Austausch. Da Gott in der Bibel zu uns spricht, müssen die Teilnehmer Gott antworten. Manche möchten ihre Gebete vielleicht laut vorlesen, andere nicht. Was gesagt oder geschrieben wird, muss im Gebet an Gott gerichtet sein, nicht an die Gruppe. Das Gebet soll ausdrücken, was die Teilnehmer Gott unbedingt über ihre Erfahrung mit dem Bibeltext sagen wollen.

Vielleicht möchten sie Gott aber auch Fragen stellen. Die Antworten auf diese Fragen können in der Gruppe gegeben werden oder kommen den Einzelnen später in der Woche. Gebete aufzuschreiben kann eine sehr intensive Form der Kommunikation mit Gott sein; auf jeden Fall kann es aber verhindern, dass die Gedanken abschweifen.

imageRuhen
Diesen Teil der Einheit werden die Teilnehmer sehr wahrscheinlich in der Stille verbringen wollen. Es ist allerdings auch möglich, dass jemand gern laut darüber sprechen möchte, welchen Eindruck er während der Meditation von Gott hatte. Hatte er das Gefühl, dass Gott gegenwärtig war? Wenn ja, wie war das?

imageUmsetzen
Der Gruppenleiter sollte den angegebenen Vorschlag laut vorlesen und die anderen Teilnehmer fragen, ob er zu ihrem eigenen Gespräch mit Gott passt. Vielleicht wird der Vorschlag abgeändert, vielleicht möchten die Teilnehmer aber auch etwas anderes oder gar nichts tun.

Eine Bemerkung zur Stille

Zu dieser Form der Meditation gehört viel Stille, und manchen Menschen fällt es schwer, in einer Gruppe still zu sein. In den meisten Gruppen wird viel geredet! Diese Version der lectio divina in der Gruppe schafft eine andere Art von Gemeinschaft. Ein Gemeinschaftsgefühl kann sich auch ohne Small Talk oder Plauderei entwickeln. Es ist hilfreich, weniger Worte zu gebrauchen, sondern nur die Worte und Bilder zu erwähnen, die im eigenen Inneren auftauchen.

Wie bereits erwähnt, sind manche Teilnehmer nicht in der Lage, ihre Antworten in Worte zu fassen, oder nicht bereit, in der Gruppe etwas laut auszusprechen, das für sie zu persönlich ist. Das ist in Ordnung, niemand muss etwas sagen. Für manche ist es sehr schwierig, still dazusitzen, und es hilft ihnen, ein bisschen ins Buch zu malen. Andere finden die Stille vielleicht erfrischend, weil sie nicht überlegen müssen, was sie sagen sollen. Die Stille bietet ihnen Raum, Gott leichter zu hören.

Wenn Sie dieses Buch in speziellen Gruppen einsetzen

Bibelmeditation ist nicht nur etwas für Menschen, die bereits die Bibel kennen. Der meditative Ansatz funktioniert in vielen Altersgruppen gut: Bei Kindern und Teenagern und Erwachsenen in den unterschiedlichsten Situationen. Dazu müssen natürlich einige Aspekte angepasst werden. Zum Beispiel muss man sich darauf einstellen, dass Menschen eine unterschiedliche Aufmerksamkeitsspanne haben. Manchmal muss man auch Gedanken umformulieren oder auslassen, die nicht leicht zu verstehen sind. Wenn Sie normalerweise Bibelkreise in einem bestimmten Umfeld leiten, zum Beispiel im Gefängnis oder unter Obdachlosen, haben Sie sicher schon eine Vorstellung davon, welche Anpassungen vorgenommen werden müssen.

Bei allen Arten von Gruppen funktioniert es gut, erzählende Bibelabschnitte zuerst zu lesen und zu studieren und dann zum Umsetzen überzugehen, sogar bei Erwachsenen. Wenn Sie das tun, machen Sie an bestimmten Stellen in der Handlung des Abschnitts eine Pause (ein »Standbild«) und fordern Sie einzelne Teilnehmer auf, die Rolle einer bestimmten Person einzunehmen. Fragen Sie dann zum Beispiel: »Wie geht es Ihnen mit dem, was hier passiert?« oder »Wenn Sie den Text und die Stichworte in Betracht ziehen, wie stellen Sie sich dann Jesu Gesichtsausdruck in diesem Moment vor?« Möglicherweise haben Menschen auf diese Weise so fesselnde Begegnungen mit Jesus wie nie zuvor.

Warum überhaupt Bibelmeditation?

Das intensive Nachsinnen (Meditation) über die Heilige Schrift war in der jüdischen Kultur gängige Praxis. Allein in den Psalmen wird es fünfzehn Mal erwähnt.6 Wer Tag und Nacht über das Gesetz Gottes nachsann, gedieh wie ein am Wasser gepflanzter Baum. Das Nachsinnen über die Heilige Schrift brachte den Psalmbetern eine Weisheit, die über die ihrer Lehrer und Feinde hinausging. Es führte zu eifrigem Gehorsam und half ihnen, Versuchungen aus dem Weg zu gehen. Meditation war eine angenehme Beschäftigung – Gottes Worte waren süßer als Honig (vgl. Psalm 1, 1-3; 119, 97-103).

Im letzten Jahrhundert wurde die Bibelmeditation so vernachlässigt, dass Meditation manchmal nur noch mit fernöstlichen Religionen in Verbindung gebracht wird. Doch dass Meditation in fernöstlichen Religionen eine gängige Praxis ist, bedeutet nicht, dass sie falsch ist. Fernöstliche Religionen praktizieren auch andere Disziplinen, die Christen praktizieren, wie Fasten, Beten und sogar das Zitieren von Worten von Jesus. Vielleicht wurde Bibelmeditation immer seltener praktiziert, weil nach der Aufklärung Wissenschaft und lineares Denken überbetont wurden und somit an die Stelle von Nachsinnen und Ruhe traten (zwei Gedanken, die vor allem in den Psalmen zu finden sind).

Wie alle geistlichen Disziplinen ist die Bibelmeditation eine Möglichkeit, aufmerksamer für die leise, sanfte Stimme Gottes zu werden. Außerdem macht sie uns dazu bereit, auf diese Stimme Gottes zu reagieren, wenn wir sie hören. Zusammen mit dem Studium der Heiligen Schrift hilft diese Form der Meditation sowohl Menschen, die noch nicht lange gläubig sind, als auch Menschen, die das Gefühl haben, schon alles in- und auswendig zu kennen. Denn selbst wenn uns die biblischen Worte und Gedanken vertraut sind, spricht Gott durch unser Nachsinnen über sein Wort noch mal neu zu uns. Er sagt uns dadurch genau das, was wir heute in unserem Leben hören müssen. Weil Bibelmeditation uns hilft, Gottes Wort an uns zu hören, können wir dadurch selbst wohlvertraute Texte ganz neu erleben.

image

Was denkt Gott
über mich?

EINHEIT 1

Gott als die Liebe erkennen

1. Korinther 13, 4-8

imageKommen Sie ganz zu sich, indem Sie ruhig ein- und ausatmen. Lockern Sie Ihren Nacken und nehmen Sie sich Zeit, auch alle anderen Muskeln zu entspannen.

Wenn Sie dabei abgelenkt werden – zum Beispiel, weil Sie sich an etwas erinnern, das Sie noch tun müssen –, dann legen Sie die Hände mit nach oben gekehrten Handflächen in den Schoß und übergeben Sie die Ablenkung an Gott. Drehen Sie dann die Hände um als Symbol dafür, dass Sie Gottes Frieden empfangen.

Als Erstes könnten Sie über folgende Frage nachdenken: Wann fühle ich mich wirklich geliebt?

imageLesen Sie den Bibeltext still für sich selbst. Machen Sie sich dabei noch keine Gedanken darüber, ob und wie Ihr Leben diesem Maßstab von Liebe entspricht. In diesem Abschnitt geht es nicht um die Liebe, die Menschen einander normalerweise zeigen, sondern um agapē-Liebe, ein willentliches Einsetzen für das Wohl eines anderen.7 Paulus beschreibt hier göttliche Liebe.

1. Korinther 13, 4-8

4Die Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht neidisch oder überheblich, stolz 5oder anstößig. Die Liebe ist nicht selbstsüchtig. Sie lässt sich nicht reizen, und wenn man ihr Böses tut, trägt sie es nicht nach. 6Sie freut sich niemals über Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich immer an der Wahrheit. 7Die Liebe erträgt alles, verliert nie den Glauben, bewahrt stets die Hoffnung und bleibt bestehen, was auch geschieht. 8Die Liebe wird niemals aufhören.

Weil Paulus hier von göttlicher Liebe schreibt, kann es hilfreich sein, das Wort Liebe durch Gott zu ersetzen. Wie der Apostel Johannes schreibt: »Wir haben erkannt, wie sehr Gott uns liebt, und wir glauben an seine Liebe. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe lebt, der lebt in Gott und Gott lebt in ihm« (1. Johannes 4, 16). Daraus dürfen wir ableiten, dass Gott so ist wie die hier beschriebene Liebe.

Lesen Sie den Abschnitt ein zweites Mal, dieses Mal laut, und ersetzen Sie das Wort Liebe durch Gott:

4Gott ist geduldig und freundlich. Gott ist nicht neidisch oder überheblich, stolz 5oder anstößig. Gott ist nicht selbstsüchtig. Er lässt sich nicht reizen, und wenn man ihm Böses tut, trägt er es nicht nach. 6Gott freut sich niemals über Ungerechtigkeit, sondern er freut sich immer an der Wahrheit. 7Gott erträgt alles, verliert nie den Glauben, bewahrt stets die Hoffnung und bleibt bestehen, was auch geschieht. 8Gott wird niemals aufhören.

imageHilfreiche Fragen und Stichworte zum Text:

 

1. Welche Eigenschaften oder Handlungsweisen aus dem Abschnitt überraschen, wenn man sie Gott zuschreibt? Warum?

2. Betrachten Sie einmal die folgenden Versionen von 1. Korinther 13, 4-8. Das Wort Liebe wurde durch Gott ersetzt und es wurden einige kleine Änderungen vorgenommen. Welche Beschreibungen Gottes sprechen Sie am meisten an? Welche finden Sie am verstörendsten oder am überraschendsten?

EinheitsübersetzungNLBNGÜ
Gott …Gott …Gott …
ist langmütigist geduldigist geduldig
ist gütigist freundlichist freundlich
ereifert sich nichtist nicht neidischkennt keinen Neid
prahlt nichtist nicht überheblichspielt sich nicht auf
bläht sich nicht aufist nicht stolzist nicht eingebildet
handelt nicht ungehörigist nicht anstößigverhält sich nicht taktlos
sucht nicht seinen Vorteilist nicht selbstsüchtigsucht nicht den eigenen Vorteil
lässt sich nicht zum Zorn reizenlässt sich nicht reizenverliert nicht die Beherrschung
trägt das Böse nicht nachträgt es nicht nach, wenn man ihm Böses tutträgt keinem etwas nach
freut sich nicht über das Unrechtfreut sich niemals über Ungerechtigkeitfreut sich nicht, wenn Unrecht geschieht
freut sich an der Wahrheitfreut sich immer an der Wahrheitfreut sich mit, wo die Wahrheit siegt
erträgt alleserträgt alleserträgt alles
glaubt allesverliert nie den Glaubenglaubt in jeder Lage
hofft allesbewahrt stets die Hoffnunghofft immer
hält allem standbleibt bestehen, was auch geschiehthält allem stand
hört niemals auf.wird niemals aufhören.vergeht niemals.

3. Welche Bibeltexte oder biblischen Geschichten fallen Ihnen ein, die belegen, dass Gott Liebe ist? Denken Sie zum Beispiel an das Verhalten des Volkes Israel vom Auszug aus Ägypten bis zur Richterzeit über das Königreich, die Zerstreuung nach Babylon und Judas Rückkehr aus Persien. Gott hat Israel ausdauernd geliebt, trotz Israels Neigung, sich auf andere Götter und sich selbst zu verlassen. Das zeigt uns, dass Gott auch uns niemals aufgibt.

4. Stichwort zum Umfeld: Paulus’ Perspektive
Stellen Sie sich vor, wie der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth schreibt, die er so gut kannte, und ihm klar wird, dass es »Streitigkeiten unter euch« gibt (1. Korinther 1, 11). Schon in der Urgemeinde konnte bei Kontroversen die Liebe in Vergessenheit geraten. »Manchmal reden die Leute so, als hätte die Christenheit der ersten Generation ungetrübte, problemfreie ›Flitterwochen‹ genossen, nach denen es dann schwieriger wurde. Dafür gibt es im Neuen Testament allerdings keinen Beleg.«8 Paulus zeichnete ein Bild davon, wie man ein Leben führen kann, das Gottes Liebe widerspiegelt.

Vielleicht kamen Paulus die Tränen wegen der Streitigkeiten in der Gemeinde, als er diese Worte schrieb. Oder vielleicht hatte ihn ein majestätischer, alles durchdringender Eindruck von Gott erfasst.

Nachdenken über die Einladung
Vielleicht lädt Gott Sie in diesem Abschnitt ein, etwas Bestimmtes besser zu verstehen oder anders über sein Wesen zu denken und zu empfinden. Lesen Sie den Abschnitt noch einmal und denken Sie dann einige Minuten lang still über die folgenden Fragen nach:

zeichenWelches Wort oder welche Formulierung springt Ihnen ins Auge?

zeichenWeshalb?

Weiterdenken
Lesen Sie den Abschnitt noch einmal, und überlegen Sie dann:

zeichenWas hat der Text mit Ihrem Leben zu tun?

zeichenGibt es einen Gedanken, ein Gefühl oder eine Absicht, die Sie daraus mitnehmen sollen?

zeichenFordert Gott Sie dazu auf, etwas zu sein, zu wissen, zu verstehen, zu fühlen oder zu tun?

Seien Sie offen für die Stille und fühlen Sie sich nicht zu einer Antwort gedrängt.

imageNehmen Sie sich einige Minuten Zeit, um Gott im Gebet zu antworten. Was möchten Sie Gott über Ihre Erfahrung mit seinem Wort unbedingt sagen?

Vielleicht möchten Sie Gott auch Fragen stellen, auf die er Ihnen vielleicht erst später antworten wird. Wenn Sie möchten, schreiben Sie Ihr Gebet auf. Manchmal hindert das die Gedanken daran abzuschweifen.

imageLassen Sie auf sich wirken, was Ihnen aufgefallen ist, und überlegen Sie dann, welchen Gesamteindruck von Gott Sie aus diesem Abschnitt gewinnen. Spüren Sie dem nach, was es heißt, dass Gott Sie vollkommen kennt, wie Paulus weiter unten im gleichen Kapitel schreibt (V. 12).

Lassen Sie die Gedanken, die Ihnen gekommen sind, einige Minuten auf sich einwirken, indem Sie Gott anbeten oder einfach in seiner Gegenwart ruhen.

imageLesen Sie heute oder die Woche über den Abschnitt noch einige Male und denken Sie darüber nach, wie Gott Ihnen die Liebe zeigt, die in diesem Text beschrieben wird. Wie äußert sich Gottes Geduld mit Ihnen? Wie äußert es sich, dass Gott nicht grob oder aufdringlich mit Ihnen umgeht? Wie schützt Gott Sie in allen Lebenslagen?

EINHEIT 2

Gesucht – bedingungslos

Lukas 15, 1-7

imageAtmen Sie einige Male tief ein und aus und lassen Sie die Gedanken los, die Sie bisher beschäftigt haben.

Wenn Sie möchten, denken Sie über folgende Frage nach, um Ihre Gedanken auf den heutigen Abschnitt zu konzentrieren: Was für ein Gefühl ist es, gefunden zu werden, wenn man sich verlaufen hat? Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit, um darüber nachzudenken. Wenn Ihnen nicht sofort etwas dazu einfällt, ist das auch in Ordnung. Genießen Sie einfach Gottes Gegenwart.

imageLesen Sie den Abschnitt still für sich selbst durch. Lesen Sie dann die darunterstehenden Anmerkungen zu den wichtigsten Wörtern und Formulierungen. Überlegen Sie, welchen Einfluss diese Details darauf haben, wie Sie die Geschichte verstehen. Lesen Sie sich nun den Abschnitt langsam laut vor. Nehmen Sie sich Zeit, die Worte an Ihre Ohren dringen zu lassen.

Lukas 15, 1-7

1Oft kamen Steuereintreiber und andere, die als Sünder galten, um Jesus lehren zu hören. 2Die Pharisäer und Schriftgelehrten nahmen Anstoß daran, dass er sich mit so verrufenen Leuten abgab und sogar mit ihnen aß!

3Deshalb erzählte Jesus ihnen folgendes Gleichnis: 4»Wenn jemand hundert Schafe hätte, und eines würde weglaufen und sich in der Wüste verirren, würde er dann nicht die neunundneunzig Schafe zurücklassen, um das verlorene zu suchen, bis er es wiedergefunden hätte? 5Und dann würde er es voller Freude auf seinen Schultern nach Hause tragen. 6Wieder daheim, würde er alle Freunde und Nachbarn zusammenrufen, damit sie sich mit ihm darüber freuen, dass er sein verlorenes Schaf wiedergefunden hat. 7Genauso ist im Himmel die Freude über einen verlorenen Sünder, der zu Gott zurückkehrt, größer als über neunundneunzig andere, die gerecht sind und gar nicht erst vom Weg abirrten!«

Sünder: Die Steuereintreiber und Sünder waren die unterste Schicht der Gesellschaft, während die Pharisäer zur höchsten Gesellschaftsschicht gehörten.9 Die Pharisäer betrachteten die Menschen des Landes als Sünder, weil sie das Gesetz nicht so detailliert einhielten.10

neunundneunzig andere, die gerecht sind und gar nicht erst vom Weg abirrten: Jesus verglich die neunundneunzig Schafe mit Menschen, die meinten, sie hätten keine Umkehr nötig. Wie der ältere Sohn im Gleichnis vom verlorenen Sohn waren sie der Ansicht, kein Problem zu haben.11

imageHilfreiche Fragen und Stichwörter, um in die Geschichte einzusteigen:

 

1. Jesus erzählte dieses Gleichnis als Antwort auf die Kritik der Pharisäer daran, dass er mit Steuereintreibern und Sündern Tischgemeinschaft hatte. Stellen Sie das Verhalten des Hirten dem Verhalten der Pharisäer gegenüber.

zeichenDie Pharisäer wollten, dass …

zeichenDer Hirte wollte, dass …

2. Unterstreichen Sie im Text Formulierungen, die den Eifer und Enthusiasmus des Hirten zum Ausdruck bringen, zum Beispiel »das verlorene Schaf suchen«.

3. Kultureller Hintergrund
»lässt er nicht die neunundneunzig in der Wüste« (V. 4 ELB). Statt, dem allgemeinen Brauch folgend, die Schafe in eine Umzäunung einzuschließen oder in der Obhut eines anderen Hirten zu lassen, tat der Hirte in dieser Geschichte keines von beidem. Das muss den Zuhörern ein Rätsel gewesen sein. Warum tat der Hirte so etwas? Vielleicht wollte Jesus mit dem impulsiven Verhalten des Hirten unterstreichen, wie eifrig und leidenschaftlich Gott jedem einzelnen Menschen nachgeht. Wenn das stimmt, war diese Geschichte eine schockierende Erwiderung auf die Kritik der Pharisäer, denen es nicht gefiel, dass Jesus sich mit Sündern abgab, oder denen der Gedanke unbehaglich war, dass Gott keine Mühen scheut, um Sünder zum Glauben zu bringen.

4. Kultureller Hintergrund: Das Herz des Hirten
Der Schäfer Philipp Keller, der viele Stunden damit zugebracht hat, nach verlorenen Schafen zu suchen, erklärt: Wenn ein Hirte ein verlorenes (verletztes/gestürztes) Schaf nicht rechtzeitig findet, kann es sterben. Wenn es auf dem Rücken liegt, die Beine in die Luft gestreckt, und immer wieder versucht aufzustehen, sammeln sich Verdauungsgase im Bauchraum an. Die Durchblutung wird unterbrochen und es kann gar nicht mehr aufstehen.Auch deshalb ist es so wichtig für einen Schafhirten, dass er seine Herde jeden Tag aufmerksam kontrolliert und die Schafe zählt. Fehlt eins, ist häufig sein erster Gedanke: ›Mein Schaf liegt irgendwo auf dem Rücken. Ich muss es suchen und wieder auf die Beine stellen.‹«12 In welcher Situation wünschen Sie sich, Gott würde Sie finden und Ihnen wieder Ruhe geben?

5. Mäuschen spielen
Stellen Sie sich das verlorene Schaf vor. Stellen Sie sich vor, wie ein verlorenes Schaf wohl auf den vertrauten Ruf seines Hirten reagiert. Hirten haben meistens einen ganz bestimmten Ruf für ihre Herde. Schafe erkennen den Ruf ihres Hirten sofort und gehorchen, weil sie die Stimme ganz genau kennen, die sie jeden Tag zur Wasserstelle führt, deren Stab sie aus Hecken und Dornen befreit und die sie in Sicherheit bringt, bevor der Sturm losbricht.

Nachdenken über die Einladung
Lesen Sie den Abschnitt noch einmal und stellen Sie sich die Szene als Film vor. Hören Sie in Gedanken auf die Worte.

zeichenWie entwickelt sich die Handlung? Was sehen Sie?

zeichenWelcher Augenblick in der Geschichte, welches Wort oder welcher Satz fällt Ihnen auf? Welche Gedanken und Gefühle ruft das in Ihnen hervor?

zeichenWarum? Welche Bedeutung könnte das für Sie haben?

Weiterdenken

zeichenWas hat der Text mit Ihrem Leben zu tun?

zeichenGibt es einen Gedanken, ein Gefühl oder eine Absicht, die Sie daraus mitnehmen sollen?

zeichenFordert Gott Sie dazu auf, etwas zu sein, zu wissen, zu verstehen, zu fühlen oder zu tun?

Seien Sie offen für die Stille und fühlen Sie sich nicht zu einer Antwort gedrängt.

imageNehmen Sie sich einige Minuten Zeit, um Gott im Gebet darauf zu antworten. Vielleicht wollen Sie Gott auch Fragen stellen.

Wenn Sie möchten, schreiben Sie Ihr Gebet auf. Beginnen Sie mit »Lieber Gott« und überlegen Sie dann, was Sie Gott unbedingt über Ihre Erfahrung mit diesem Text sagen wollen.

imageLassen Sie auf sich wirken, was Ihnen in diesem Abschnitt aufgefallen ist. Wenn Ihnen etwas besonders bewusst geworden ist, nehmen Sie es noch tiefer in sich auf. Vielleicht möchten Sie das Gefühl auf sich wirken lassen, von Gott gefunden und wertgeschätzt zu sein.

imageLegen Sie heute im Laufe des Tages oder morgen etwas auf Ihre Schultern – ein Brett oder auch ein Handtuch. Nehmen Sie wahr, wie nah dieser Gegenstand an Ihren Augen und Ihrem Mund ist – so, wie das Schaf auf den Schultern des Hirten ganz nah an seinem Gesicht war, wenn er sich umdrehte, um es anzuschauen. Überlegen Sie, wie es wohl für das Schaf war, vom Hirten so fest auf den Schultern gehalten zu werden. Was wollte Jesus uns mit diesem Bild in Bezug auf unsere Beziehung zu Gott vermitteln?

EINHEIT 3

Wissen, dass ich geliebt bin

Jesaja 43, 1-7

image