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Kilian Braun

Die Schicksalsbrecherin

Die Wulferan-Saga

Roman

hockebooks

Kamilla

Unruhig ging Kamilla vor dem Fenster auf und ab. »Also, was machen wir jetzt?«

Toran saß auf dem Bett und fuhr sich das gefühlt hundertste Mal durch die Haare.

»Ich weiß es nicht. Sollen wir es nicht doch riskieren und hier warten? Vielleicht meint meine Mutter es diesmal ehrlich?«

Kamilla drehte sich mit zweifelndem Blick um. »Allein so, wie du es sagst, ist das keine Option, oder?« Sie spähte wieder nach draußen. Das Tageslicht verschwand zusehends, ebenso wurden die Straßen leerer. Erste Lichter wurden entzündet. »Aber was dann?«, fragte Kamilla sich. »Was soll ich tun?« Sie war hin- und hergerissen. Wieder hinausgehen setzte sie der Gefahr aus, ihren Verfolgern in die Arme zu laufen. Hier zu bleiben, bedeutete auch, unter Umständen in der Falle zu sitzen, wenn ihr Standort bekannt war. Diese Senatorin kannte nun ihre Geschichte.

Es war ein Fehler, ihr alles zu erzählen. Verdammt!

Sie durfte niemanden mehr ins Vertrauen ziehen. Zu viele Leute wussten Bescheid oder hatten eine Ahnung, um was es ging, und das genügte bereits.

Ich muss unbedingt verschwinden. Aber nicht ohne die Unterlagen! Ich muss sie holen, auch wenn es riskant ist.

Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Dreimal kurz hintereinander, Kamilla wirbelte erschrocken herum, auch Toran horchte auf. Nach einer kleinen Pause folgte ein viertes Klopfen, Toran stieß erleichtert die Luft aus.

»Komm rein«, rief er. Kamilla schaute verwirrt drein. Was herrschte hier für ein Kommen und Gehen?

Durch die Tür kam ein Mann, seine langen braunen Haare am Hinterkopf zusammengebunden, schlaksige Statur und unrasiert. Er sah aus wie eine ältere Version von Toran, auch die Kleidung stimmte in Stil und Funktionalität überein.

»Toran, zum Glück bis du da«, sagte der Mann erleichtert und grüßte den Orlakjäger mit kameradschaftlichem Handschlag. Dann sah er Kamilla und erstarrte.

»Wer ist das?«

»Oh nein, so nicht«, fuhr Kamilla sogleich dazwischen. Sie war zum Spielball geworden, das musste sich ändern! Hier konnten doch nicht einfach Leute kommen und sie musste sich stets erklären.

Ich muss das Ruder an mich reißen! Ich steuere die Sache, nicht die Sache mich! Sonst kann ich mich gleich ergeben.

»Du erklärst mir lieber ganz schnell, wer du bist, sonst werde ich wirklich ungehalten.« Kamillas Blick bekam etwas derart Entschlossenes, dass Toran erschrocken dreinblickte.

»Das ist Jassil, Kamilla. Er ist ein Freund.«

»Ach ja? Nur komisch, dass dein Freund genau jetzt hier auftaucht, findest du nicht?« Sie funkelte Jassil böse an. »Hast du sie hergeführt, hm? Hoffentlich war die Bezahlung gut!«

Jassil glotzte sie entgeistert an. »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«

»Das hoffe ich für dich. Wirklich, denn sonst muss ich dich aus dem Fenster werfen.« Obwohl Kamilla rein körperlich dazu nicht unbedingt in der Lage zu sein schien, sprach sie es aus, als könnte sie es mühelos in die Tat umsetzen.

»Ich bin eigentlich nur hier, weil …«, begann Jassil, doch Kamilla schnitt ihm mit herrischer Geste das Wort ab.

»Du spitzt jetzt mal deine Lauscher, Jassil. Du stellst dich jetzt da rüber und gibst keinen Ton mehr von dir, ist das klar? Am besten hörst du gar nicht genau zu, denn wenn du mit in die Sache verstrickt wirst, wirst du mit Leuten in Kontakt kommen, die dir nicht gefallen werden.« Mit einer Geste in der Luft schob sie Jassil zur Seite, der stolpernd und mit überraschtem Gesichtsausdruck der Bewegung folgen musste.

Elbenmagie. Sie ist stärker. Viel stärker. Ich werde das alles schaffen.

Toran blinzelte überrascht. Er kannte Qel’tar und einige ihrer magischen Spielarten, aber so etwas war ihm neu. Das vorherrschende Schummerlicht des Abends verlieh Kamilla eine mystische Aura, die sich wie selbstverständlich um sie legte.

»Du lässt dich mit einer Qelli ein?«, fragte Jassil Toran entgegen Kamillas Anweisung.

»Einer Elbin«, korrigierte sie ihn. »Und mehr musst du nicht wissen.« Sie drehte sich zu Toran um und sah nicht, wie Jassil mit langsamer Bewegung zu einer verborgenen Klinge griff. Toran beeilte sich, knapp den Kopf zu schütteln, und Jassil brach seine Bewegung ab.

»Ich muss in die Kanalisation, Toran.«

Der Orlakjäger sah Kamilla an, als hätte sie den Verstand verloren.

»Also, wenn du auf der Suche nach einem sicheren Ort bist, dann ist das …«

»Du musst mich zu der Stelle bringen, an der ich zu mir gekommen bin.«

Jassil verfolgte den Wortwechsel mit wachsender Skepsis. Toran schüttelte verwirrt den Kopf. »Erstens weiß ich nicht, was das bringen soll, mal davon abgesehen, habe ich keine Ahnung, wo das genau ist. Du bist ja da nackt herumgekrochen, wir haben uns nur zufäl…«

»Nackt?«, wiederholte Jassil, wurde aber ignoriert.

Kamilla rang nach Worten, bemühte sich, die forsche Art abzuschütteln, die sich ihrer gerade bemächtigt hatte.

»Du musst mich da hinbringen, Toran. Es ist wichtig.«

»Oh nein, ich muss gar nichts, Kamilla ohne Gedächtnis. Mir hat es gerei…«

»Toran, bitte.« Kamillas Verzweiflung kehrte zurück. Sie konnte und wollte ihn nicht mit Gewalt zwingen. »Ich brauche dich, Toran, dich und deine Kenntnis über die Kanalisation. Ich würde es ja alleine tun, aber ich bin da unten verloren. Es ist sehr wichtig!«

Toran zögerte, überlegte. Er mochte Kamilla, hatte sie schon von dem ersten Moment an gemocht, eine Frau von einer Klasse, welche die seine auch im Traum deutlich überstieg. Er hatte sich teilweise wie ein plumper Idiot verhalten, war eingeschüchtert von Kamillas Attraktivität, von der sie nichts eingebüßt hatte. Im Gegenteil, gerade dieser Hauch Extravaganz verlieh ihr etwas Einzigartiges. Toran wusste, dass er jemand wie Kamilla nie mehr kennenlernen würde. Er hatte sich unwillentlich nach Kräften bemüht, sie zu vergraulen, aber trotzdem stand sie hier in seinem Zimmer. Er musste endlich so handeln, wie er es gerne täte. Was hielt ihn davon ab? Was hatte er zu verlieren? Wie sollte sie sonst jemals wissen, dass ihr Anblick einen Ameisenhaufen in seine Magengegend platzierte?

»Nun gut«, sagte er schließlich. »Ich helfe dir.« Jetzt, wo er es ausgesprochen hatte, fühlte er sich gut. Es war das Richtige und Kamillas erleichtertes Lächeln ging ihm durch und durch.

»Götter, Toran, ich wüsste nicht, was ich ohne dich täte.« Sie fiel ihm um den Hals, die Erhabenheit ihres Elbenerbes war für den Moment verschwunden. Kurz war Toran wie erstarrt, dann erwiderte er die Umarmung, schien jede noch so kleine Stelle zu spüren, an der sich ihre Körper berührten. In diesem Moment wurde ihm klar, wie viel Kamilla ihm eigentlich bedeutete, wie sehr er sie mochte. Das war mehr als eine Freundschaft, die er da empfand. Lange hatte er sich für Beziehungen, aus Angst verletzt zu werden, fest verschlossen. Aber als er Kamilla das erste Mal erblickte, hatte er gespürt, dass etwas aufgegangen war. Diese Tür ließ sich nicht mehr schließen und eigentlich wollte er das auch gar nicht. Kamilla löste die Umarmung und hatte ihren Blick auf Jassil gerichtet, der auffällig betont zu Boden sah, nur immer wieder aus dem Augenwinkel zu Kamilla blickte.

Er weiß etwas!

»Jassil, was ist es?«, sagte sie. Jetzt bemerkte es auch Toran. Jassil schüttelte den Kopf zu heftig für eine ehrliche Reaktion. »Nichts. Es ist nichts.«

»Raus mit der Sprache«, sagte Toran.

»Die Söldnergarde war heute da unten, sogar mit dem Kommandanten persönlich. Die waren seit Monden nicht mehr auf Patrouille, die Arasti sowieso nicht. Ihr müsst echt aufpassen, wenn ihr da runtergeht.«

»Gut, verstanden. Danke, Jassil, für die Warnung.«

Jassil nickte betont. »Gerne.« Er sah zu Kamilla und sogleich wieder rasch weg, als er ihren prüfenden Blick auf ihm bemerkte.

»Das war es nicht, was du sagen wolltest, nicht wahr?« Kamillas Haltung straffte sich, ihr Blick wurde wieder fest, als die Erhabenheit der Elben in ihr zurückkehrte. Widerworte und mangelnde Ergebenheit wurden nicht geduldet, das strahlte sie aus. »Jassil …«

Kurz wand dieser sich wie ein Wurm am Angelhaken, dann knickte er ein. »Na schön, ich habe dich gesehen. Vor zwei Nächten, unten in der Kanalisation. Ich meine, ich sah jemanden, ich wusste nicht, dass du es bist. Eine nackte Frau, das sieht man nicht alle Tage. Also, in der Kanalisation, meine ich. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Dich ansprechen? Keine Ahnung, du hast sonderbar ausgesehen.«

»Was war es? Wie sah ich aus?«

Jetzt kommt der wichtige Teil!

»Dein Gesicht, dein Blick. Er war geistesabwesend, als wärst du nicht da.«

»Hast du gesehen, wo ich gelegen bin?«

Kamilla erinnerte sich an ihre Haltung, ein Bein in der Abwasserrinne, so war sie zu sich gekommen.

»Gelegen? Nein, du bist nicht gelegen, du bist herumgelaufen.«

»Herumgelaufen? Sicher?«

»Ganz sicher«, sagte Jassil. »Erst nach einiger Zeit hast du dich hingesetzt. Bist an der Wand gelehnt und dann seitlich weggerutscht.«

»Und da hast du sie liegen lassen?« Toran gab Jassil einen Rempler.

»Hey, ich hatte Angst, ja?!«

»Vergiss es, schon in Ordnung.« Kamilla lächelte knapp. »Viel wichtiger ist: Weißt du, wo die Stelle ist?«

»Na klar. Das ist eine meiner Ausweichrouten. Ich hatte diesen Weg schon länger nicht mehr genommen und mir ist ein Gang aufgefallen, den ich noch nicht kannte. Kam mir irgendwie neu vor.«

»Kann ja egal sein, Hauptsache, du weißt wo …«

»Egal?«, sagte Jassil dazwischen. »Du bist da rausgekommen. Aus diesem Gang.«

Kamilla blinzelte. »Bitte was?«

»Du bist genau aus diesem Gang gekommen, den ich mir gerade ansehen wollte. Schmuggler und Orlakjäger gehen immer getrennte Wege, und diese Grenzen respektieren wir.« Toran nickte. »Also wollte ich da einen Blick reinwerfen, aber dann …« Jassil zuckte die Schultern.

»Hatte ich etwas in den Händen? Irgendetwas?«

»Ähm …«, Jassil konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, »du warst nackt, wie ich … unschwer erkennen konnte. ’Tschuldigung.«

Sind sie vernichtet worden? Die Papiere von Rodarym? Alle Kleidung weg, aber Schriftrollen nicht? Unwahrscheinlich. Aber ich muss ganz sicher sein. Vielleicht waren sie magisch geschützt!

»Bring uns da hin.«

»Nein, kann ich nicht«, erwiderte Jassil. »Ich bin heute schon geschnappt worden. Ich darf mich da vorerst nicht mehr blicken lassen.«

»Warum bist du dann eigentlich hier?«, fragte Toran lauernd.

»Wie, warum? Um dich zu warnen, was denkst du denn?!«

»Warum wurdest du nicht eingesperrt? Schmuggler nehmen die doch gerne mal für die eine oder andere Nacht in den Kerker.«

Jassil verzog das Gesicht und sah ertappt zu Boden.

»Rede schon!«

»Ich … habe womöglich eine kleine Information weitergegeben«, murmelte er mit gesenktem Kopf.

»Was hast du ihnen gesagt?« Als keine Antwort kam, packte Toran ihn am Arm und schüttelte ihn. »Was?!«

»Ich habe von dem Gang erzählt, beim Seelenfresser! Mir ist auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen und ich musste ja was Interessantes liefern.«

»Na toll.« Kamilla ging zum Fenster und stützte sich ab. In Gedanken sah sie Dutzende Söldnergardisten jeden Stein dort umdrehen, keine Chance, ungesehen dort hinzugelangen. »Jetzt kann ich es vergessen!«, schrie sie aufgebracht, ohne sich umzublicken. In dem Moment war es ihr egal, ob es das ganze Haus hörte.

Die haben keine Ahnung, um was es geht! Was auf dem Spiel steht. Verdammte Magielose.

»Nicht, wenn ihr vor ihnen da seid. Der Kommandant sagte was zu seinem Begleiter, ein Korporal, wenn ich die Abzeichen richtig erkannt habe. Sie wollen in der Nacht dorthin. Vom Zirkel des Untergrunds war die Rede, keine Ahnung, was das wieder soll. Womöglich stammt der Gang von denen. Das wäre aber wirklich unglau…«

»Da kommt jemand!« Kamilla ging seitlich am Fenster in Deckung und starrte nach draußen. »Beim Seelenfresser, die wollen hierher. Deine Mutter hat uns verraten!« Aufgebracht funkelte sie Toran an.

»Hat sie wirklich …«

»Wie sonst haben die mich so schnell hier gefunden?«

Jassil eilte zur Tür. »Dann nichts wie weg!« Er hatte den Türgriff schon in der Hand.

»Zu spät, die sind schon rein.«

Kamillas gehetzter Blick tastete das Fenster ab, dann die Hauswand. Sie riss das Fenster auf, klirrend fiel etwas zu Boden. Erschrocken starrte Kamilla auf den Blumenleichnam, der in einem Trümmerfeld von Tonscherben und Erde am Boden lag. Sie hatte in der Hektik nicht an die Suranblume gedacht. Nur kurz hatte sie ihr neues Zuhause genießen können, jetzt würde sie nie mehr tanzen. Das war das erste und hoffentlich einzige Opfer, das Kamilla bringen musste. Mit entschlossenem Blick sah sie die beiden Orlakjäger an.

»Ich hoffe, ihr könnt klettern.«

Sirina

Nachdem Sirina Torans Wohnhaus deutlich hinter sich gelassen hatte, schlug sie die Kapuze zurück. Sie hasste Kopfbedeckungen, insbesondere Kapuzen, die bei jedem Schritt die Haare durcheinanderbrachten. Mit knappen Gesten ließ sie die magische Kraft das Wirrwarr korrigieren und beschleunigte ihren Gang. Sie setzte voraus, dass die Leute ihr auswichen, was die meisten auch taten. Sie hätte einen Teleportsprung zum Senatsgebäude nutzen können, aber sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Die Gesamtgeschehnisse hatten eine Dramatik und Wichtigkeit ungeahnten Ausmaßes erhalten, jetzt galt es, das Richtige zu tun. Normalerweise konnte Sirina solche Entscheidungen innerhalb weniger Atemzüge treffen, aber nun grübelte sie, was sie überhaupt nicht von sich kannte. Was brachte sie dazu, wieder und wieder nachzudenken, wo doch ihr geschulter und gedrillter Verstand längst alles politisch Korrekte in die Wege geleitet hatte. Sirina musste nur noch zupacken und ihren inneren Anweisungen folgen. Aber allein die Tatsache, dass sie darüber nachdachte, zeigte, dass sie nicht davon überzeugt war. Etwas in ihr hielt sie davon ab, dem immer gleichen Pfad zu folgen, einem Weg, der ihr nichts mehr gab, ja, der sie sogar mittlerweile unglücklich und unzufrieden machte.

Ihr Schritt wurde für einen Moment langsamer und sie schmunzelte in sich hinein. Sie hatte sogar ganz vergessen, warum sie eigentlich zu ihrem Sohn gegangen war. Sie hätte sich bei ihm über die aktuelle Orlaksituation erkundigen wollen, denn seine Tipps aus erster Hand waren ihr stets eine sehr gute Entscheidungshilfe gewesen. Von ihm erfuhr sie, wie gerade die Stimmung unter den Orlakjägern war, ob die Konkurrenz groß war, die Höhe der Prämie passte oder wo sich gerade ernste Probleme entwickelten. Sie war ihm immer dankbar für seine Auskünfte gewesen, hatte ihm das aber nie gesagt. Sie hatte ihm überhaupt sehr wenig von all dem gesagt, was sie ihm eigentlich schon lange mitteilen wollte. Wie sehr sie es mittlerweile bedauerte, dass sie ihn bei Pflegeeltern in Padu hatte aufwachsen lassen, nur damit ihre Karriere nicht durch ein uneheliches Kind, auch noch ein Magieloses, gefährdet wurde. Wie sicher sie sich gewesen war, das Richtige zu tun, und wie sicher sie sich heute war, dass dieser Verzicht all das nicht wert gewesen war. Verzicht auf das Leben als Mutter, das eigene Kind großzuziehen, mit ihm zu leiden und zu lachen und stolz mitzuerleben, wie der Sprössling seinen Weg ging und ihn rundherum dabei zu unterstützen. Sirina hatte immer gezahlt, aber von dem Unglück über die Situation hatte sie sich damit nicht freikaufen können. Wenn sie ihn bei sich gehabt hätte, sähe Torans Alltag heute mit Sicherheit anders aus. Er müsste nicht sein Leben riskieren und in den Abwässern Horants Orlaks erschlagen. Nun war diese Kamilla aufgetaucht und mit ihr wichtige Fortschritte in der Kampfmagieforschung. War es Zufall, dass sie genau Toran, ihrem Sohn, in die Arme gelaufen war? Die Staatsfrau in Sirina sagte ihr, sie müsse zugreifen, dieses enorme politische Instrument schnappen und an den Meistbietenden für Gunst und Gold verkaufen. Aber die Qel’tar in ihr widersprach dem. Hegte Sirina nicht schon lange einen Groll gegen die Tretmühle, in der sie feststeckte? Würde sie dem abermals folgen, verginge nur ein weiterer Tag in gewohnter Manier voller innerer Unzufriedenheit, verginge eine weitere Chance, all dem zu entfliehen. Ans Aufhören hatte Sirina schon öfter gedacht, aber wann und wie waren die entscheidenden Fragen. Aussteigen schön und gut, aber angesichts so einer enormen Sache? Das konnte sie eigentlich nicht machen. Andererseits wäre hier ein Ende mit einem Paukenschlag möglich, das wäre ganz nach Sirinas Geschmack, besser, als eines Tages sang- und klanglos abgewählt und zur Nebenrolle im politischen Theater degradiert zu werden. Paukenschlag oder noch einmal nach der Macht greifen? Sirina ging mit festem Blick weiter. Ein Atemzug verstrich, dann noch einer, ehe sie sich schließlich entschied.

Jeder Schritt trug sie näher an das Senatsgebäude heran, sie konnte es schon sehen. Der vertraute Anblick des säulengerahmten Eingangs, die Stufen hinauf in die politische Machthalle, Sirinas zweitem Zuhause. Bei jedem Schritt wurde Sirina klar, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor, wenn sie dort eintrat. Sie erreichte die Treppe, begann mit dem Aufstieg, so langsam und bewusst wie schon lange nicht mehr. Oben lag der Eingang vor ihr, es herrschte noch reges Kommen und Gehen, obwohl der Tag sich sichtlich dem Ende entgegenneigte. So viele Sanduhren hatte Sirina hier verbracht, ein halbes Leben, so kam es ihr zumindest vor. Die beiden Arasti-Wachen am Eingang, die nett arrangierten Pflanzen im Foyer, der altehrwürdige Charme des Gebäudes, als Horant noch eine kleine unbedeutende Stadt abseits der strahlenden Metropolen gewesen war. Sirina hielt an, wurde gegrüßt, aber sah nur Lippen sich bewegen, hörte nichts von den Worten. Sirina hielt die Luft an. Konnte sie das wirklich tun? Kaum wahrnehmbar formten ihre Mundwinkel ein Lächeln. Ja, das konnte sie.

Mit Schwung betrat sie ihre Amtsräume und veranlasste Tesia dazu, hinter ihrem Schreibtisch aufzuspringen.

»Da seid Ihr ja, Senatorin. Es ist ein neues Bürgerbegehren eingereicht worden, ich habe es auf Euren Schreibtisch zur Ansicht gelegt. Es soll schon bei der nächsten Senatssitzung auf die Tagesordnung, außer Ihr möchtet dem widersprechen. Weitere Gesprächsanfragen von Händlern habe ich vorerst abgelehnt, ich hoffe, das war in Eurem Interesse.«

Sirina schloss die Tür und trat vor den Schreibtisch. »Tesia?«

»Ich habe hier noch Bauanträge gefunden, ein Badehaus, ein neuer Wohnblock, zwei Bäckereien wollen eröffnen. Alle wurden vom Horanter Zirkel der Baumeister abgesegnet, mit der üblichen Zweidrittelmehrheit, Ihr müsst nur noch abschließend die senatorische Genehmigung erteilen. Aber das kann bis morgen warten. Wegen morgen. Ich habe mir Gedanken zum bevorstehenden Besuch, oder sagen wir besser der Visite, der Herzogin gemacht. Am besten wäre es, wenn …«

»Tesia!« Sirina ging lauter dazwischen und veranlasste die junge Gelehrte, erschrocken zu verstummen.

»Habe ich … etwas falsch gemacht?«, fragte sie vorsichtig.

»Nein. Es ist alles gut.« Sirina nahm sich einen langen Moment, Tesia bewusst zu betrachten, was die junge Adjutantin sichtlich verunsicherte. »Achtet darauf, dass Ihr bei jeder Senatssitzung auf jeden Punkt der Tagesordnung vorbereitet seid. Das ist enorm wichtig, um die Dinge in die Bahn zu lenken, die man selber braucht.«

Tesia blickte verwirrt drein. Was sollte jetzt dieser Hinweis?

»Ähm … in Ordnung, das werde ich …«

»Steigt nicht zu schnell auf, das ruft Neider auf den Plan. Möglicherweise ist ein kleiner Umweg in einen anderen Bereich sinnvoll, ehe Ihr einmal die Position ergreifen könnt, die Ihr haben wollt. Schenkt nicht jedem ein Lächeln, dann ist es nichts mehr wert. Wählt aus, wie Ihr jedem begegnet, macht Euch ein Stück weit unberechenbar.«

Jetzt war Tesia verunsichert. »Ihr wisst, ich bin für jeden Eurer Ratschläge sehr dankbar, aber ich verstehe jetzt nicht ganz, was …«

Sirina sah kurz zu der Tür in ihre Amtsstube. Brauchte sie von dort noch etwas? Nein, weder brauchen noch wollen. Sie sah zu Tesia und auch wenn sie es nicht wollte, schimmerten ihre Augen feucht. Für Sirina schloss sich gerade ein höchst bewegtes Kapitel in ihrem Leben. Sie reichte Tesia die Hand, die sie erst anstarrte, dann zaghaft ergriff.

»Lebt wohl, Tesia. Ihr macht das ganz wunderbar. Eines Tages werdet Ihr eine hervorragende Senatorin sein.«

»Was?! Aber … Heißt das, Ihr …« Panik drohte Tesia zu überkommen. »Ihr könnt doch nicht einfach gehen? Einfach so? Als Senatsvorsitzende?«

Sirina lächelte mit bislang ungekannter Zufriedenheit. »Oh ja, ich kann und ich werde. Nichts anderes kommt für mich infrage.« Sie ließ Tesias Hand los und entledigte sich endlich des Umhangs. Sie hasste dieses Kleidungsstück und würde es nie mehr brauchen. Nicht mehr für diesen Zweck zumindest.

»Aber was soll ich den anderen Senatoren sagen?« Tesia musste sich am Schreibtisch festhalten. »Was soll ich der Herzogin morgen sagen?«

Sirina stand an der Tür. »Sagt ihr, dass das wohl wichtigste und größte politische Instrument für mich zum Greifen nah war. Sagt ihr, dass ich es ihr hätte liefern können. Sagt ihr, dass sie von nun an jemand anderen braucht, gegen den sie hetzen kann.« Sirina öffnete die Tür, Tesia war den Tränen nah. So hart die Vorsitzende auch mit ihr gewesen war, so sehr hatte sie sie für ihre Art bewundert und die gemeinsame Zeit war viel zu kurz gewesen.

Sirina hob die Hand zum Abschied. Es fiel ihr schwer und leicht zugleich, welch sonderbare Mischung. Lehrten nicht die Götter Vergebung zu üben? Sirina sollte nicht im Groll gehen, sondern ihren Frieden mit all dem machen. Nur dann konnte ein Neuanfang gelingen.

»Wünscht der Herzogin alles Gute.«

Sirina verließ das Gebäude des Horanter Senats und kehrte nie mehr zurück.

Rigo

Es dämmerte bereits deutlich, während Rigo seine wenigen Sachen in seinem Zimmer zusammenpackte. Eigentlich hatte er gar nicht viel ausgepackt und legte sein Reisebündel auf das Bett und sah sich um. Nur ein Hemd lag herum sowie sein Reiseumhang, sonst war nichts von ihm. Rigo schüttelte über sich selbst den Kopf. Keine persönlichen Gegenstände? Kein Buch oder etwas zum Schreiben? Kein Zeitvertreib? Rigo hatte dies nie benötigt und fragte sich, wie er die vielen Sanduhren der Leere ausgehalten hatte. Ein gutes Buch zu lesen, da verspürte er Lust darauf, oder vielleicht sogar wirklich einmal eine Geschichte schreiben, so wie er es vorgegeben hatte? So abwegig war das nicht, aber über was sollte er schreiben? Rigo lachte leise.

»Ich kann ja über mich schreiben«, sagte er, während er seinen Umhang ergriff. Seine Bewegung wurde langsamer.

»Ich könnte wirklich über mich schreiben. Meine Geschichte.« Rigo ließ den Gedanken wirken. Das hatte etwas, da lohnte es sich, einmal in ruhigen Momenten genauer darüber nachzudenken. Rigos Geschichte war in der Tat abenteuerlich und ereignisreich, da müsste er sich gar nichts dazu ausdenken. Aber würde das auch andere interessieren? Könnte er all das so zu Papier bringen, wie er sich das vorstellte? Mit etwas Übung, vielleicht. Aber er war in Horant noch nicht fertig. Rigo wusste nicht, wie es um seine schriftstellerischen Fähigkeiten bestellt war, aber er brauchte in jedem Fall ein gutes Ende für dieses Kapitel. Er griff in seinen Beutel und holte das Holzkästchen hervor. Es war schmucklos und nur mit einem Klappverschluss verschlossen. Vorsichtig öffnete er es und besah sich die kleine Ampulle mit der klaren Flüssigkeit darin. Mit dem Zeigefinger strich er vorsichtig darüber, obwohl das Glas dicker als üblich war, um den teuren Inhalt zu schützen. Es war bestenfalls ein großer Schluck darin enthalten, aber das reichte.

»Heute werde ich dich brauchen. Zum ersten und letzten Mal.« Rigo verstaute das Fläschchen wieder sorgsam in seinem Gepäck, weiter oben allerdings. »Setze sie nur ein, wenn es unbedingt sein muss.« Mit diesen Worten war es ihm bei seinem Dienstantritt übergeben worden. »Es ist nur ein Mittel der letzten Wahl. Hast du verstanden, Rigo?« Rigo sah Karum Tori vor sich, mit seinem strengen, aber väterlichen Gesichtsausdruck. Rigo versprach, immer zunächst alle anderen Optionen auszuschöpfen, und hatte sein Versprechen einhalten können. Bis heute.

Rigo legte sein Bündel um und warf seinen Umhang über die Schultern. Ein letzter Blick in den Spiegel. Ein lädiertes, nervöses Gesicht starrte ihm entgegen, ein Gesicht mit leuchtenden Augen ob der bevorstehenden Ereignisse. Es war aufregend! Jeder Schritt, den Rigo nun tat, war Neuland für ihn. Alles, was er tat, brachte ihn einem neuen Schicksal entgegen, fernab des immer gleichen Trotts, in dem er jahrelang festgehangen war. Ein feines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Das war er, der neue Rigo. Die Falten in seinem Gesicht würden nicht mehr weggehen, sie blieben Erinnerung an seine Vergangenheit, die er nicht mehr ändern, wohl aber akzeptieren und hinter sich lassen konnte. Und, bei den Göttern, das würde er auch. Rigo riss sich los, eilte zur Tür, kehrte noch einmal zurück, weil er den Zimmerschlüssel liegen lassen hatte, und trat dann in den Gang. Er verschloss die Tür und ging zur Treppe. Eine Frau kam ihm entgegen und sah angespannt an Rigo vorbei. Sein Erscheinungsbild war immer noch groß, dunkel und Furcht einflößend. Rigo nahm sich vor, schönere Kleidung zu erwerben.

»Guten Abend«, sagte er möglichst freundlich und nickte der Frau grüßend zu. Ihr Misstrauen wandelte sich zu Verwunderung.

»Guten … Abend, Erhabener.«

Rigo ging weiter hinab in das Büro von Hernsram Orm, mit dem er beinahe in der Tür zusammenstieß.

»Die Bürozeit ist um, kommt … oh, Herr Gerbersen. Bei allen Sieben, wurdet Ihr etwa überfallen?« Rigo ging nicht darauf ein. Hernsram hatte mit einem Magielosen gerechnet, keinem Qel’tar, daher sah er sich nun gezwungen, wieder einen Schritt zurück in sein Arbeitszimmer zu machen. »Ich wollte gerade gehen, also wenn es nichts ganz Dringendes ist, dann …« Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Rigo hob seinen Zimmerschlüssel hoch.

»Ich verabschiede mich, Herr Orm.«

Hernsram war aus dem Konzept gebracht und starrte einen Moment lang auf den Schlüssel, der da vor seine Nase baumelte. »Ihr wollt … Um diese Zeit? Aber …« Er schluckte. »Ist etwas mit dem Zimmer nicht in Ordnung? Sind die anderen zu laut? Ich werde sofort …«

»Nein, das ist es nicht«, sagte Rigo und drückte Hernsram den Schlüssel in die Hand. »Es ist nur Zeit für mich zu gehen.« Die Zufriedenheit dieses Vorhabens verlieh ihm das angenehme Gefühl, das Richtige zu tun.

»Wollt Ihr … Geld zurück? Ich meine, Ihr habt mir sehr viel bezahlt.«

»Behaltet es. Denkt vielleicht nur darüber nach, ein wenig in das Haus zu investieren. Ist es ungemütlich, wird es vermehrt ungemütliche Leute anziehen. Was meint Ihr?«

»Äh … in Ordnung. Natürlich.« Hernsram war nicht überzeugt, wollte aber keine Diskussion starten. »Dann wünsche ich alles Gute, Herr Gerbersen.«

»Rigo. Mein Name ist Rigo.«

Hernsram rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Wie auch immer.« Er drehte sich um und hängte den Schlüssel an sein Schlüsselbrett. Als er sich zurückdrehte, war Rigo verschwunden.

Rigo war mit einem Teleportsprung zur Garnison gelangt und stand vor dem Tor. War es ein Fehler gewesen, Hernsram seinen echten Namen zu nennen? Bemessen an den Verhaltensregeln, die er als Agent anzuwenden hatte, sogar ein kapitaler Fehler. Rigo zuckte gedankenverloren mit den Schultern. Sei es drum, er würde schon sehen, was passierte. Am Tor wies er sich als Qel’tar und Mitglied des Untergrundzirkels aus, wobei die beiden Torwachen das leuchtende, über seiner Hand schwebende Symbol nicht unbedingt als solches erkannten. Ihnen genügte, dass er Zauberer mit einer wichtigen Botschaft für den Arasti-Obristen war. Eine Botschaft hatte er, allerdings nicht für den Arasti-Kommandanten. Rigo schritt durch den Hof und erkundigte sich bei einem jungen Mann nach der Amtsstube von Agram Praei. Ein wenig eingeschüchtert wies er dem Qel’tar den Weg.

»Aber der Kommandant ist nicht anwesend«, rief er Rigo nach. »Ich glaube nicht, dass Ihr da …«

Rigo stoppte und sah über die Schulter zurück, mit jenem harten, kalten Blick, der lange Zeit sein normaler Gesichtsausdruck gewesen war. Der junge Mann blickte erschrocken drein.

»Ich brauche nicht lange.« Rigo ging weiter und betrat das Zimmer des Söldnergardekommandanten. Er verschaffte sich mit einer kleinen Lichtkugel Helligkeit und sah sich um. Ein wenig unordentlich, aber ansonsten unauffällig. Schleifspuren am Boden von Möbeln, die regelmäßig umhergezogen wurden, weil sie etwas verbargen? War hinter dem Bild vielleicht ein Geheimfach? Rigo schüttelte den Kopf, um dieses antrainierte Prüfen des Raumes auszuschalten. So etwas interessierte ihn nicht mehr! Er trat hinter den Schreibtisch, suchte sich ein leeres Pergament und schrieb einige Zeilen darauf, ohne dass er überlegen musste. Er legte die übrigen Sachen beiseite und platzierte sein Dokument in der Mitte, sodass es deutlich auffiel. Dann öffnete er sein Bündel und holte das kleine Kästchen hervor. Vorsichtig entnahm er die Ampulle und stellte sie neben sein Schriftstück. Kurz besah er sich die Anordnung, dann stellte er das kleine Fläschchen auf das Papier in das untere Drittel. Ja, das gefiel ihm besser. Was würde Agram wohl empfinden, wenn er das hier vorfand und las? Reue, das hoffte Rigo zumindest. Er las erneut seine Zeilen und prüfte den Inhalt. Doch, das passte so. Dieses Zögern und Zaudern! Rigo kannte das nicht von sich, war das normal? Rigo trat zurück und ließ einen letzten Blick durch das Zimmer gleiten. So lange saß hier jemand, der es eigentlich nicht verdiente, das hatte nun ein Ende. Rigo nickte zufrieden. Es war der traurige Schluss eines traurigen Abschnittes, aber jetzt konnte sich Rigo einer positiven Sache zuwenden. Er musste Horant verlassen, noch heute Nacht, jedoch nicht in eine beliebige Richtung. Er war sich sicher, dass noch jemand die Einsame Perle hinter sich lassen wollte und diese Person brauchte seine Hilfe, sie wusste es nur noch nicht. Das würde vorerst Rigos neue Aufgabe werden und er vollführte die Gesten für den Teleport-Zauber. Sein Ziel war der Sprungturm.

Kamilla

Mit flauem Gefühl im Magen schwang sich Kamilla aus dem Fenster und sah sich nach Abstiegsmöglichkeiten um. Es gab keine, was auch Toran feststellte, als er an das Fenster gestürzt kam.

»Wie willst du da runter? Springen?«

Kamilla lächelte ihn kurz an, dann nickte sie. »Vertrau mir.« Sie gab ihren Griff frei und ließ sich nach hinten fallen. Toran riss die Augen auf, sein Mund öffnete sich, aber es geschah so schnell, dass er nichts rufen konnte. Mit ausgestreckten Armen fiel Kamilla nach unten. Magie entwich ihrem Körper, eilte noch schneller als ihr Fall dem Boden entgegen und formte ein schimmerndes Netz, in dem Kamilla nur einen Wimpernschlag später sanft aufgefangen wurde. Sie rollte sich zur Seite und sah hoch.

»Spring!«, rief sie Toran zu.

»Bist du verrückt?! Was zum …« Ein dumpfer Schlag ließ die Zimmertür erzittern, Stimmen erklangen davor.

»Sie kommen!« Jassil drängte sich an Toran vorbei, schwang sich hinaus und stand auf dem schmalen Fenstersims. Dreimal neigte sich Jassil nach vorne, dann erst überwand er sich, mit einem kurzen Schrei fiel er hinab und landete sanft wie Kamilla. Sie half ihm aus dem Netz.

»Toran! Mach schon!«

Der Orlakjäger kletterte ebenfalls hinaus und krallte sich krampfhaft am Fensterrahmen fest. Krachend wurde die Tür zu Torans Zimmer aufgetreten.

»Da am Fenster!«, rief eine Männerstimme.

Toran suchte kurz Kamillas Blick, die ihn beschwörend ansah.

Spring, dachte sie intensiv und ihre Lippen formten tonlos das Wort.

Das und auch die heranstürmenden Leute veranlassten Toran loszulassen und er landete federnd in dem Netz. Kaum war er unten, erschien einer der Verfolger am Fenster.

»Verdammte Magie! Los, wieder runter!«

Kamilla beendete den Magiefluss und das Netz verschwand.

Ich muss aufpassen, ermahnte sie sich. Ich brauche noch genügend Kraft für …

»Hier lang.« Jassil übernahm die Führung und sie rannten los. Er schien genau zu wissen, wohin er wollte, da er ohne Zögern und Überlegen durch Gassen und Straßen rannte, bis er vor einem Kanaldeckel stehen blieb.

»Wenn ihr hier runtersteigt, ist es nicht weit bis zu der Stelle.« Er sah zu Kamilla.

»Das ist eine Schmugglerroute, hast du gesagt?«, fragte Toran. Jassil nickte. »Ihr habt nicht zufällig den Weg mit Symbolen markiert?«

»Ja, haben wir, wobei es keine Schmugglerroute mehr ist – dank mir … Der Weg ist jetzt für längere Zeit nicht mehr verwendbar.« Er hockte sich hin. »Es ist dieses Zeichen.« Er malte mit dem Zeigefinger auf dem Boden ein etwa handgroßes Symbol nach. »Hast du es?«

Toran schüttelte den Kopf. »Wie: Hast du es? Soll ich mir das so schnell merken?«

»Für eine detaillierte Zeichnung ist leider keine Zeit. Du wirst dir das doch merken können!« Jassil malte es dreimal schnell hintereinander. »Ganz einfach. Es ist an der Decke, knapp am Rand zur Wand.«

»Wird schon gehen.« Toran wusste es nur ungefähr, das war riskant, aber machbar. Orlakjäger markierten ihre Wege nie, sie mussten stets auf das Aufkommen der Kanalplage reagieren. Schmuggler hingegen verwendeten gerne kleine Wegweiser, um selten genutzte Pfade wiederzufinden.

»Ist es das?« Kamilla hielt die offene Hand vor sich und über ihr schwebend erschien das Symbol, welches Jassil gerade unsichtbar auf den Stein gemalt hatte. Der Schmuggler hielt inne. »Ja, genau so.«

»Ich stehe in deiner Schuld, Jassil«, sagte sie. »Es wird nicht vergessen.«

So förmlich? Muss wohl eine Sache aus der Elbenkultur sein.

Jassil nickte und öffnete mit Kraftanstrengung die Luke.

»Du musst nicht mit, Toran«, sagte Kamilla. »Ich kenne das Symbol und finde den Weg bestimmt all…«

»Auf keinen Fall«, fuhr Toran dazwischen. »Ich lasse dich nicht alleine da unten herumlaufen.« Demonstrativ beeilte er sich, als Erster nach unten zu steigen. Kamilla war froh über diese Antwort und folgte ihm. Kurz bevor sie unter der Erde verschwand, hielt sie noch einmal an.

»Pass auf dich auf, Jassil.« Sie kannte den Schmuggler nicht, aber sie wollte auf keinen Fall, dass er wegen ihr Schwierigkeiten bekam. »Pass du auch auf dich auf«, sagte er. »Ich glaube, du bist in größerer Gefahr als ich.« Das konnte Kamilla nicht abstreiten, nickte, und stieg hinab. Mit einem Krachen schloss Jassil oben die Luke und Kamilla war wieder dort, wo ihre Reise in die Erinnerung begonnen hatte. Sie kam unten an der Leiter an, stand wieder auf dem Steinboden, sah die Rinne mit dem Abwasser, dessen Gestank sie längst wahrnahm. Toran sah besorgt aus und nestelte an seiner Kleidung herum.

»Was ist?«, fragte Kamilla.

»Wir begehen gerade eine Todsünde: ohne Ausrüstung in die Kanäle.« Er lächelte gequält. »Aber wir wollen uns ja hier nicht lange aufhalten.« Er sah suchend nach oben, dann deutete er mit dem Finger auf eine Stelle. »Da! Siehst du? Das Zeichen, es ist auf dieser Seite des Ausstiegs, also müssen wir da lang.« Toran kannte das Prinzip der Wegweiser von den Schmugglern, Jassil hatte es ihm erklärt. Manchmal nutzte Toran die Wege, um Abkürzungen zu laufen, die andere Orlakjäger nicht kannten. Es war verpönt, die Pfade der Schmuggler zu benutzen, aber nicht verboten. Man durfte sich nur nicht erwischen lassen, denn Orlakjäger waren legal dort unten, Schmuggler natürlich nicht.

Toran ging voraus und Kamilla merkte, wie er sich gewandelt hatte. Nun war er der Orlakjäger, nicht der Magielose aus einfachen Verhältnissen. Wachsam sah er sich um, ab und zu hielt er an, mitten in der Bewegung, und lauschte. Nach einigen Momenten ging er weiter.

»Wir scheinen Glück zu haben, die Orlaks sind wohl gerade verstärkt woan…«

Genau in diesem Augenblick huschte ein Tier aus einem Gang vor ihnen und sprang mit einem beeindruckenden Satz über die Rinne. Kamilla zuckte zusammen, Toran ebenfalls.

»Götter! Verdammte Biester! Siehst du, wie die schleichen können, wenn sie wollen? Wahnsinn.« Er ging weiter. »Einmal bin ich ganz normal hier unten gewesen und wunderte mich noch, warum ich gerade keine mehr entdeckte. Dann drehe ich mich zufällig um und hinter mir waren drei nur noch einen Schritt entfernt! Ich schwöre dir, die haben sich angeschlichen. Die werden immer gerissener.«

Er sah zur Decke und bog ab. Kamilla musste feststellen, dass der Gestank immer noch so widerlich war wie bei ihrem ersten Aufenthalt. Es erschien ihr sogar noch schlimmer oder kam es ihr nur so vor? War es Einbildung, jetzt, da sie über ihre Abstammung Bescheid wusste? Eine ganze Weile gingen sie schweigend, sie folgte Toran und wurde immer betrübter.

Diese seltsame Art, sein einfaches, aber überschaubares Leben. Werde ich einmal so leben können? In den Tag hinein, einer Arbeit nachgehen können, ohne Angst vor Verfolgern haben zu müssen? Kamilla senkte den Blick und stieß mit Toran zusammen, der wieder einmal unvermittelt stehen geblieben war. Sie hielt sich an ihm fest und ließ nicht los.

»Was ist?«, fragte sie leise und blieb dicht an ihm, dichter als notwendig.

Irritiert blickte sich Toran zu ihr um. »Ich dachte, ich hätte etwas gehört«, sagte er, sichtlich verunsichert durch die körperliche Nähe. Sein Blick hing an ihren Lippen. Ein langer Moment verstrich, in dem sich Kamillas Augen mit Tränen füllten.

»Was ist denn?«

Ach, Toran … Der Gedanke an den weiteren Verlauf betrübte sie zunehmend, jetzt, wo es immer näher rückte.

»Nichts«, beeilte sich Kamilla zu sagen und versuchte ihre Traurigkeit wegzulachen. »Es ist nur …« Weiter kam sie nicht, denn Toran ergriff sie am Hinterkopf und küsste sie innig. Erst war Kamilla starr vor Überraschung, denn mit so viel Eigeninitiative hatte sie nicht gerechnet. Dann erwiderte sie den Kuss und eine kurze Schwerelosigkeit erfasste sie. Plötzlich löste sich Toran unvermittelt.

»Verdammt!«

»Hä?« Das war keine passende Aussage für diesen Moment. »Was denn?«

»Da war ein Geräusch!« Toran eilte wieder voraus und spähte an einer Kreuzung um die Ecke. Kamilla folgte ihm und sah in dieselbe Richtung. »Ich höre nichts.«

Toran hob die Hand. »Warte.«

Es vergingen einige Augenblicke, dann erlosch das Licht mit summendem Geräusch.

»Gutes Zeitgefühl«, sagte sie.

»Steige oft genug hier runter, und du hast es auch.«

Dunkelheit hüllte sie ein, als wäre die Luft schwarz geworden.

»Da.«

Kamilla drehte den Kopf mit aufgerissenen Augen. Was gab es in der Schwärze zu sehen? Dann sah sie es auch. Ein flackerndes Glimmen in der Ferne, dazu leise Stimmen, die zu ihnen echoten. Das Brummen entstand erneut und die magische Beleuchtung setzte wieder ein.

»Sind das …«

»Gardisten«, sagte Toran mit ungehaltenem Gesichtsausdruck. »Das Licht und die Stimmen werden von den Wänden reflektiert. Die sind noch ein ganzes Stück von uns weg.«

»Gut, dann sollten wir weiter.« Kamilla wollte in die entgegengesetzte Richtung, doch Toran hielt sie fest. »Wir müssen da lang.« Er deutete in die Richtung der Geräusche.

»Das ist nicht dein Ernst?«

Er deutete nach oben auf eines der Zeichen von Jassil. »Leider ja.«

Toran schlug eine höhere Gangart an, aber viel schneller ging es nicht, ohne die Ausrutschgefahr deutlich zu erhöhen. Nach einer Weile hörte Kamilla die Stimmen deutlicher. Es musste eine große Gruppe sein, Stiefelabsätze knallten auf dem Steinboden, Rüstungen rasselten.

»Die haben verdammt schnell reagiert«, sagte Toran und ging noch etwas schneller.

»Meinst du, wir schaffen es?« Kamilla wollte nicht zu besorgt klingen, aber was davon abhing, war schlichtweg enorm. Sie mussten es einfach schaffen, sie mussten diesen Gang erreichen, in dem Kamilla womöglich weltbewegende Dokumente versteckt hatte. Wenn sie in fremde Hände fielen, würde wie in einem Glücksspiel entschieden, ob die Welt verlor oder gewann. Das durfte einfach nicht sein.

»Da ist es!« Toran deutet nach vorne auf einen Gang, der auf der anderen Seite abzweigte. Mauersteine waren aus der Wand entfernt und ein Gang war gegraben worden, der nur mit Holzbalken und Brettern gestützt wurde. Sogar Kamilla erkannte, dass dies kein offiziell zum Kanalsystem gehörender Gang war.

Hier bin ich zu mir gekommen? Kamilla sah sich um, konnte aber beim besten Willen nichts wiedererkennen. Toran machte einen großen Schritt über die Rinne und hielt Kamilla die Hand hin, um ihr hinüberzuhelfen. Sie griff zu und ließ Torans Hand dann nicht mehr los. Der Gang lag im Dunkeln, die magische Beleuchtung der Kanalisation erstreckte sich nicht auf diesen Teil.

»Kannst du Licht zaubern?«, fragte Toran und änderte den Griff, sodass er jetzt Kamillas Hand richtig halten konnte.

Einen Moment später erschien eine helle kleine Leuchtkugel über Kamillas Kopf.

»Nicht so hell! Das verrät uns.«

Kamilla war aufgeregt und hatte nicht auf die Kraftspeisung geachtet. Sie nahm etwas Energie heraus und die Lichtintensität schrumpfte auf Kerzenniveau. Mit flacher Atmung ging sie den Gang entlang. Hier stank es nur wenig, die Luft war dafür erdig feucht und die lose auf dem Boden ausgelegten Bretter gaben bei jedem Schritt ein wenig nach. Jetzt im Vergleich merkte Kamilla erst, wie solide und gründlich die Kanäle angefertigt worden waren.

»Die Stimmen kommen näher«, flüsterte Toran. »Wir müssen uns beeilen!«

»Da vorne ist eine … Höhle oder so was.« Kamilla ging schneller und zog Toran mit. Nach etwa sechs Schritten und leichter Biegung mündete der Gang in einen kleinen Raum. Kamilla blieb stehen und sah sich um.

»Was ist das hier?«

Es sah in der Tat merkwürdig aus. Sie standen in einer etwa sechs Schritt durchmessenden Höhle, deren Decke in gut zweieinhalb Schritt Höhe leicht gewölbt war. Im Gegensatz zu dem provisorischen Gang wirkte die Höhle wie von einem Meister seines Fachs gefertigt. Die Wände ebenmäßig, auch die Decke, alles wirkte wie mit einem Putz versehen. Kamilla besah sich das genauer. Sie berührte die Wand und eine zarte Erschütterung ging durch ihren Körper, eine magische Welle rollte sanft über sie hinweg.

Ein Magieknoten!

Das war die wahrscheinlichste Erklärung.

»Mein Kopf …« Toran fasste sich an die Stirn. »Spürst du das? Als säße ein Riese auf meinem Schädel.«

»Es ist ein besonderer Ort, an dem die Magie sehr stark ist.« War Zeit für eine Erklärung? »Die magische Kraft fließt durch die Welt wie Wasser, durchströmt alles und jeden. Manche Dinge beeinflusst sie, andere nicht. Elben und Qel’tar, und auch so manches Tier, sind Gefäße, sie können die Kraft in sich aufnehmen und speichern und willentlich wieder freigeben, um Effekte zu erzielen. Der Fluss der magischen Kraft ist mal stärker, mal schwächer, dichter und dünner, aber immer in Bewegung. Aber an einigen Stellen verknotet sich der Fluss. Das ist eigentlich wegen der fließenden Eigenschaft nicht möglich, und dennoch geschieht es. Wir haben noch keine Erklärung dafür. Fest steht, dass es diese Orte gibt, an denen sich die Magie bündelt, entweder freiwillig oder zufällig. Solche Orte sind … mit Vorsicht zu genießen.«

»Warum?«

»Die Magie ist hier nicht berechenbar.«

»Ist sie das überhaupt?«

»Überwiegend, ja. Orte wie dieser können einerseits sehr nützlich sein.«

»Und andererseits?«

»Sehr gefährlich.« Kamilla trat in den Raum hinein und fühlte den Wirbel der Kraft, der sich hier bildete, wie ein Wollknäuel, aber immer in Bewegung, in alle Richtungen strahlend und von allen Richtungen aufnehmend. Sie lächelte fasziniert. Ein fließender Knoten, so wurde es in den Büchern beschrieben und nun konnte Kamilla das bestätigten.

»Die umliegende Magie wird regelrecht angesaugt. Wenn man weiß wie, kann man nach solchen Phänomenen suchen und genau solche Orte aufspüren.«

Wahrscheinlich hat mich deshalb mein missglückter Teleportsprung hier rausgeworfen.

»Solche Orte sind selten und müssen mit Bedacht behandelt werden.«

»Das heißt, es ist nicht üblich, heimlich einen Gang hier hinzubuddeln?«

»Nein, überhaupt nicht. Wie wurde das hier überhaupt gefunden? Jemand muss danach gesucht haben, Qel’tar, natürlich. Aber wer?«

»War da nicht von diesem Untergrund-Zirkel die Rede?«

Langsam nickte Kamilla. »Die werden es sein, aber was haben sie hier vor? Die können doch nicht meinen, hier …«

Stimmen im Gang wurden laut und kamen näher.

»Sie kommen! Schnell, such deine Sachen, dann verschwinden wir!« Toran trat wieder in den Gang zurück, um dem magischen Kopfschmerz zu entgehen. Kamilla drehte sich einmal um die eigene Achse.

Wo könnte ich etwas versteckt haben? In den vollkommenen Wänden gab es keine Nischen und Ecken, nicht einmal eine Münze hätte man hier verschwinden lassen können.

Moment mal.

Kamilla trat einen Schritt zurück und konzentrierte sich auf eine magische Sicht. Schwach erschien ein Wirbel aus magischen Fäden vor ihr, deutete den gewaltigen magischen Knoten an, der rasend schnell um sich selbst rotierte. Kamilla musste die Sicht schwach halten, denn bei voller Intensität würde sie sicherlich die Orientierung verlieren oder ihre Augen könnten sogar Schäden davontragen. Aber da in dem Knoten, in diesem rasenden Wirrwarr aus Magie, war etwas. Etwas, das nicht dort hingehörte, abgekapselt wie in einer kleinen Blase.

Sicher und verborgen. Kamilla, du bist genial.

Sie griff danach, doch ihr Griff es ging ins Leere. Noch einmal, hektischer diesmal, jedoch wieder ins Leere.

Ich komme nicht mehr da ran!?

Kamilla konzentrierte sich, ließ ihren Arm von Magie durchströmen, um es noch einmal zu versuchen, aber nun war ihr Arm für den reißenden, magischen Fluss greifbar und sie musste alle Kraft aufbieten, ihn in Position zu halten.

Nur noch ein kleines Stück …

Ihre Muskeln schmerzten, ihr Arm bebte und sie musste sich mit den Beinen in den Boden stemmen, als stünde sie in einem Sturm. Gewissermaßen tat sie das auch. Fast berührten ihre Finger die Blase.

Gleich ist es geschafft …

»Das sind verdammt viele! Kamilla?«

Torans Ruf brachte Kamilla aus der Konzentration, sie strauchelte, verlor um ein Haar das Gleichgewicht. Sie fing sich wieder, verkniff sich einen Fluch und machte weiter. Endlich war sie an der Blase, griff zu und wie aus dem Nichts zog Kamilla etwas aus der Luft. Sofort beendete sie den Magieeinsatz und fiel keuchend nach hinten. Dokumente flatterten mit ihr zu Boden. Ihr ganzer Körper war verkrampft und blinzelnd musste sie die Anstrengung abschütteln, dann griff sie eilig zu, sammelte mit fliegenden Händen alles ein. Nur kurz las sie einige Zeilen.

Ja, das sind die Sachen von Rodarym.

Mehr musste sie für jetzt nicht wissen. Toran erschien wieder am Eingang.

»Wo hast du die denn jetzt … egal. Wir müssen weg, sofort! Die sind kurz vorher falsch abgebogen, aber jetzt sind sie richtig. Wenn wir jetzt loslaufen, können wir es noch …«

Kamilla erhob sich und trat bedächtig in die Mitte des Raumes. Toran stoppte und verstand nicht. Unendlich betrübt sah sie den Orlakjäger an, meinte seinen Kuss auf ihren Lippen zu spüren, seine Finger an ihrer Hand.

»Unsere Wege trennen sich hier, Toran.« Sie brachte die Worte kaum heraus. Aber es war der einzige Weg.

»Was?!« Toran wollte zu ihr, aber schon nach einem Schritt verzog er schmerzhaft das Gesicht und musste zurückweichen. »Was ist das hier für ein Mist! Was soll das heißen, trennen sich hier?« Gehetzt sah er kurz in den Gang. »Wir müssen weg, die sind gleich da!«

»Ich werde mich teleportieren.«

Toran nickte hastig. »Na schön, sehr gut, dann bist du in Sicherheit. Sag mir, wo du hingehst, ich komme, so schnell ich kann.«

»Ich werde mich nicht in die Stadt teleportieren.«

»Außerhalb also? Egal, ich komme hin. Ein Teleportsprung von euch sind nur drei Tagesreisen, oder so ähnlich, richtig? Musst halt auf mich warten, sag mir nur, wo …«

Kamilla schüttelte sachte den Kopf. »Ich mache keinen normalen Teleportsprung. Das ist immer noch zu nah. Nicht nur du würdest mich finden, sondern die anderen auch.«

»Keinen normalen … Was denn dann? Einen dieser doppelten Sprünge? Sind die nicht gefährlich? Und gerade hier mit diesem magischen Dingsda?« Er gestikulierte in den Raum hinein.

»Kein Doppelsprung. Einen Dreifachsprung.«

»Einen Dreifachsprung?! Also genau das, was dich hier kleidungs- und erinnerungslos hergebracht hat? Eine wirklich grandiose Idee.«

»Mir wird nichts geschehen. Es ist Elbenmagie.«

Toran deutete hastig hinter sich. »Du hörst das, ja? Diese heraneilenden Gardisten, denen ich jetzt gleich in die Arme laufen werde?« Er schluckte schwer. »Du kannst doch nicht einfach verschwinden.«