Schoss_Fontane_Anekdoten.jpg

Alle Rechte der Verbreitung vorbehalten.

Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist nicht gestattet,

dieses Werk oder Teile daraus auf fotomechanischem Weg
zu vervielfältigen oder in Datenbanken aufzunehmen.

Eulenspiegel Verlag – eine Marke der
Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage

ISBN E-Book: 978-3-359-50087-2

ISBN Buch: 978-3-359-01397-6

1. Auflage 2019

© Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage GmbH, Berlin

Umschlaggestaltung: Verlag, Karoline Grunske

www.eulenspiegel.com

Schoss_Fontane_Anekdoten_Innentitel.jpg

Zum Geleit

Als ich im Schulunterricht »Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland« vortragen musste – wir Schüler sagten dazu »Gedicht aufsagen«, und mehr als auswendig Sprechen war es ja nicht –, entdeckte ich dieses Stakkato beim »Rib-beck auf Rib-beck«. Das gefiel mir, das knackte und klang schön. In einer höheren Klasse dann »John Maynard« – wenn »die ›Schwalbe‹ fliegt über den Erie-See« und »Gischt schäumt um den Bug wie Flocken vom Schnee« und Steuermann John Maynard auf das »Wo sind wir? Wo?« der Passagiere antworten muss –, da setzte sich die Emotion durch: Den »Strand von Buffalo« erreichte ich nur mit einem halberstickten »Gerettet alle. Nur einer fehlt

So sahen die ersten Begegnungen mit dem Dichter aus.

In der Oberschule dann »Effi Briest«. An meinen damaligen Leseeindruck habe ich kaum eine Erinnerung, wohl aber an die Fragen zu Konzeption der Figuren und klassentypischem Verhalten des Barons von Instetten. Wie es so ist: Man meint den Esel und schlägt den Sack. Fontane blieb bei mir erst einmal im Regal.

Es dauerte, bis ich die Bekanntschaft erneuerte. Dann aber auf ewig. Ich darf mich zur großen Fontane-Leserschaft zählen. Warum es so kam und kommen musste, das ist »ein weites Feld«. Eine Erklärung fand ich bei dem Kritiker und Theaterleiter Otto Brahm: »Zu uns spricht einer der liebenswürdigsten Erzähler, der den ererbten Gaben der französischen Emigrantenfamilie jenen graziösen Plauderton verdankt, welcher in Deutschland eine so große Rarität ist.« Wer diese literarische Erfahrung macht, der wird sich an trüben Tagen erhoben, an lichtvolleren Tagen geerdet fühlen.

Das Glück meines Berufes brachte es mit sich, dass ich die »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« für eine Hörbuchproduktion einlas. Man begleitet den Wanderer Fontane und erlebt dabei einen Landstrich und seine Leute, die sonst dem Vergessen anheimgefallen wären.

Dass ich nun mit diesem Buch meiner persönlichen Fontane-Erfahrung ein weiteres Kapitel hinzufügen und Sie, liebe Leser, zur Lektüre einladen kann, freut mich.

Heiter sind die hier gesammelten Geschichten; die Lebensumstände und -stationen des Dichters sind es meist weniger. Zu klagen war Fontanes Sache nicht, aber vermutlich hat der hugenottische Preuße sich selber zugesprochen, als er derb und mit dem Apodiktischen eines Kalenderspruchs reimte: »Sei heiter! Es ist gescheiter …«

Der Erzähler Fontane sagte: »Ich behandle das Kleine mit derselben Liebe wie das Große.« Wie sich das eine zum anderen verhält und zum Ganzen verwebt, ist in seinen Novellen und Romanen zu lesen. Es sei mir gestattet, bei diesem Fontaneschen Wort Anleihe zu nehmen: mit dem Detail, der Facette kleiner anekdotischer Begebenheiten möchte dieses Buch ein Ganzes zeichnen, ein Lebensbild des großen Dichters.

Die am biografischen Faden aufgereihten Anekdoten speisen sich aus Lesefrüchten, zuallererst aus Fontanes Briefen, Tagebüchern und Lebenszeugnissen; sie greifen auf Erinnerungen seiner Zeitgenossen zurück und bedienen sich der Fakten, die seine fleißigen Biografen herausgefunden haben.

Gunter Schoß