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Franz Kogler
Wolfgang Schönleitner

KRAFT
STOFF

WAS MÄNNER STÄRKT

Herausgegeben
von der Katholischen Männerbewegung und dem
Bibelwerk Linz

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Der Druck dieses Werkes wurde unterstützt vom „Verein zur Förderung der Katholischen Männerbewegung der Diözese Linz“ und dem Verein „Freunde des Bibelwerkes Linz“.

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Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“

2019

© Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck

Umschlaggestaltung: stadthaus 38, Innsbruck

Layout und digitale Gestaltung: Tyrolia-Verlag

Druck und Bindung: L.E.G.O., Vicenza

ISBN 978-3-7022-3790-5 (gedrucktes Buch)

ISBN 978-3-7022-3821-6 (E-Book)

E-Mail: buchverlag@tyrolia.at

Internet: www.tyrolia-verlag.at

INHALT

Vorwort

Lebenshunger

Sexuelle Energie

Aggressive Kraft

Männerfreundschaft

Welt gestalten

Macht

Neu starten

Materielle Sicherheit

Grenzen der Leistung

Anfänger sein

Mein Schatten

Auf der Suche

Der freie Mann

Wild sein

Aus der Rolle fallen

Nachwort

Quellenverzeichnis

Autoren

Redaktionsteam

VORWORT

Ehrliche Gespräche unter Männern sind selten. Aber es gibt Begebenheiten, an die wir uns gerne zurückerinnern. Mancher ist im Schutz der Dunkelheit am Lagerfeuer beim Knistern der Flammen über das wirklich Wichtige im Leben ins Gespräch gekommen. Andere haben bei der Arbeit im Freien, beim Unterwegssein in der Natur oder beim Sport ihrem Gesprächspartner das Herz geöffnet. Wieder andere finden in der Stille, im Gebet oder in der Meditation Wege zu ihren inneren Kraftquellen.

Männer erzählen immer wieder, wie wohltuend sie diese Momente erlebt und wie stärkend sie ein offenes Gespräch unter Männern erfahren haben. Kraftstoff für diese Erfahrungen ist die wunderbare Verbindung von ehrlichem Austausch und sinnstiftender Tätigkeit.

Männern die Werkzeuge und Zutaten zur Herstellung ihres eigenen Lebenskraftstoffs in die Hand zu geben, das ist der Entstehungsgedanke für dieses Buch. Erfahrene Männer erzählen darin in fünfzehn Kapiteln von ihren Lebenserfahrungen.

Erfolg und Scheitern, Zweifel und Stolz, Angst und Mut, Ratlosigkeit und Zuversicht werden ungeschminkt vor den Vorhang geholt. Als Mentoren geben hier Männer ihre Impulse und Gedanken aus Politik, Gesellschaft und Literatur weiter. Die ausgewählten biblischen Erzählungen verdichten diese Gedanken und bringen uns in Kontakt mit dem Heiligen. In traditionellen Psalmengebeten und modernen Gebetsformen werden Sie als Leser angeregt, Ihr Leben ins göttliche Licht zu stellen. Die „Impulse für mich“ und die „Impulse mit anderen“ regen zum Aktivwerden und zum Handeln an.

Unsere praktischen Erfahrungen zeigen deutlich, dass ein kleiner Impuls, ein Zitat oder ein Gebet reicht, um mit Männern über das, was sie im Leben stärkt, ins Gespräch zu kommen. Mit diesem Buch geben wir Ihnen einen Anstoß, sich kraftvoll mit Ihrem Mannsein auseinanderzusetzen.

Wolfgang Bögl, Christoph Enzinger, Rainer Haudum,
Franz Kogler, Wolfgang Schönleitner

Lesehinweise

Sie können die Kapitel dieses Buches der Reihe nach lesen. Wir empfehlen aber, dort anzufangen, wo es Sie inhaltlich hinzieht. Lesen Sie quer, nehmen Sie einzelne Elemente der Kapitel heraus, überspringen Sie andere oder verändern Sie die Lesereihenfolge innerhalb der Kapitel, wie es Ihnen beliebt.

Nützen Sie das Buch als Nachschlagewerk für Aktivitäten in der Männerrunde oder zur persönlichen Besinnung und Meditation. Legen Sie es unter den Kopfpolster, nehmen Sie es in die Wildnis mit oder schenken Sie es einem Freund.

LEBENSHUNGER

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„Eines gebe ich dir heute mit auf den Weg: Nimm alles genau wahr, in dir und um dich herum, alles andere wird sich fügen.“ Dieser Rat hat mein Leben verändert.

Was war passiert? Mit 21 Jahren erlebte ich meine erste Lebenskrise. Eine Liebesbeziehung war in Brüche gegangen. Dieser Verlust führte mich in eine existentielle Sinnkrise. Plötzlich stellte das Leben Fragen, die ich so noch nie gehört hatte. Was trägt mich? Wofür lohnt es sich zu leben? Was stillt meinen Hunger nach Leben und Lebendigkeit?

Ich machte mich auf die Suche nach Antworten. Ein Studienortswechsel: auf nach Salzburg! Dort angekommen, stieß ich auf eine unerwartete Spur in meinem Leben – ich fand einen spirituellen Begleiter. Ich erinnere mich noch sehr genau an das erste Gespräch. Meinem Begleiter erzählte ich von dem, was mich aus der Bahn geworfen hatte, vom Verlust der Beziehung und von der Leere, die sich aufgetan hatte. Es tat einfach gut, dass mir jemand zuhörte. Bei der Verabschiedung dann dieser Ratschlag: „Eines gebe ich dir heute mit auf den Weg: Nimm alles genau wahr, in dir und um dich herum, alles andere wird sich fügen.“

Mit diesen Worten habe ich mich auf den Weg gemacht. „Nimm genau wahr, mit allen Sinnen, sei achtsam, sei aufmerksam, lebe bewusst.“ Dieses Motto ist zu einer Grundhaltung geworden, die mich und mein Leben seither begleitet.

Es ist auch die Grundhaltung in der Beziehung zu meinem Körper geworden. Den Körper wahrnehmen und spüren habe ich damals gelernt. Bis zu meiner Krise war ich im Leistungssport (Tischtennis und Tennis) sehr erfolgreich. Im Vordergrund stand die Unterwerfung des Körpers unter das Diktat des Leistungs- und Optimierungsprinzips. Ein Prinzip, welches im Leben von Männern oft im Vordergrund steht. Dieses führt jedoch häufig zu einer Entfremdung. Die Folge ist, dass der Körper wie eine Maschine gesehen wird, die Leistung zu erbringen hat. Ein Wechsel vom Leistungsmodus in den Modus einer Beziehung zum eigenen Körper tut Leib und Seele gut. Deswegen versuche ich in meinen Kursen zu vermitteln, dass es wichtig ist, seinen Körper zu spüren, aus dem Spüren heraus zu entscheiden, was ihm guttut und was er gerade braucht. Hilfreich ist mir dabei die Genussformel: Ich spüre und weiß, was mir guttut. – Ich nehme mir Zeit und genieße mit allen Sinnen. – Ich kenne mein Maß und weiß, wann es genug ist.

ZUM NACHDENKEN

Jedes Bad ist eine leibliche Wiedergeburt.

Demokrit (460/459–um 371 v. Chr.), griechischer Philosoph

Die Gesundheit zu erhalten: Nicht bis zur Sättigung essen, sich vor Anstrengungen nicht scheuen!

Hippokrates (um 460–um 370 v. Chr.), griechischer Arzt

Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.

Teresa von Ávila (1515–1582), Mystikerin und Kirchenlehrerin

Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern.

Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896–1957),
italienischer Schriftsteller

Manche fragen den Hörenden, ob er denn das alles behalte. Genauso geistreich könnten sie auch den Essenden fragen.

Hermann Sendelbach (1894–1971), deutscher Dichter

AUS DER BIBEL

Da brachten sie zu Jesus einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu ihm: Effata!, das heißt: Öffne dich!

Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden.

Jesus verbot ihnen, jemandem davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr verkündeten sie es. Sie staunten über alle Maßen und sagten: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

Markusevangelium 7,32–37

GEBET

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, nach dir, Gott.

Meine Seele dürstet nach Gott,

nach dem lebendigen Gott.

Wann darf ich kommen

und erscheinen vor Gottes Angesicht?

Meine Tränen sind mir Brot geworden bei Tag und bei Nacht; man sagt zu mir den ganzen Tag: Wo ist dein Gott?

Ich denke daran und schütte vor mir meine Seele aus:

Ich will in einer Schar einherziehn.

Ich will in ihr zum Haus Gottes schreiten,

im Schall von Jubel und Dank in

festlich wogender Menge.

Was bist du bedrückt, meine Seele,

und was ächzt du in mir?

Harre auf Gott;

denn ich werde ihm noch danken,

der Rettung meines Angesichts und meinem Gott.

aus Psalm 42

GEBET

Ich stelle mich aufrecht hin.

Jeden Morgen stehe ich auf – und stelle mich dem Leben.

Ich kreuze die Arme vor der Brust.

Ich danke dir, Gott, für meinen vielseitigen Körper!

Ich forme die Hände zu Schalen.

Ich bin bereit zu empfangen und bereit zu geben.

Ich strecke die Arme zur Seite mit den Handflächen nach oben.

So öffne ich mich diesem Tag, mit allem, was er für mich bereithält. Alles Schöne, alles Schwere – alles, was kommt, darf sein!

Ich verneige mich.

In Achtung und Ehrfurcht verneige ich mich

vor dir, mein Gott,

vor diesem Tag,

vor meinen Mitmenschen.

Ich richte mich auf.

Ich beginne den Tag in deinem Namen, im Namen des Vaters …

IMPULS FÜR MICH

imageTreibe Sport! Besonders geeignet sind Sportarten, bei denen du deinen Körper und dich spüren kannst und du immer in Bewegung bleibst, wie z. B. Langlaufen, Aikido, Fitness-Boxen, Contact Improvisation.

imageVerbinde dir die Augen und bewege dich ca. zehn Minuten durch deine Wohnung. Verrichte dabei alltägliche Tätigkeiten.

imageBewege dich ausschließlich rückwärts durch deine Wohnung.

imageLege einen Fasttag ein. Jeder Mensch kommt mühelos einen Tag lang ohne feste Nahrungsaufnahme aus – an einem stressigen Arbeitstag passiert dies oft ganz von selbst. Mache es jedoch bewusst, nicht um abzunehmen, sondern um deinen Körper und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Das Trinken von Wasser oder von Tee ist wichtig und soll bewusst geschehen.

IMPULS MIT ANDEREN

Die Natur und die Begegnung mit der Natur können unseren Lebenshunger nach der Schöpfung und dem Schöpfer stillen.

imageMit einer Männergruppe unternehme ich eine Schöpfungswanderung. Ich suche einen Weg, der mir besonders gefällt und den ich gerne mit anderen teilen möchte.

Nach einer Wegstrecke lade ich die Gruppe bei einem besonders schönen Wegabschnitt ein, im Schweigen den Weg mit allen Sinnen zu gehen. Wir lassen uns dafür eine gute Stunde Zeit, den Weg miteinander im Schweigen, mit offenen Sinnen zu gehen. Bei einer Rast reden wir über unsere Erfahrungen.

SEXUELLE ENERGIE

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Ich tanze auf dem Ball mit einer für mich äußerst anziehenden Frau. An meiner Brust spüre ich ihren weichen Busen. In meiner Fantasie tanz’ ich mit ihr hinter die Bühne. Es ist dunkel und wir sind allein. Vorsichtig küsse ich ihren Hals. Sie macht die Beine breiter und meine Hand gleitet unter ihr kurzes Kleid zwischen die Schenkel …

Sei ehrlich, mit wie vielen Männern hast du schon offen und ehrlich über deine ganz persönliche Sexualität, deine Fantasien, dein Verlangen, auch deine Schuldgefühle gesprochen? Und deshalb wird wohl in keinem Bereich so viel gelogen, geflunkert, über- und untertrieben wie in der männlichen Sexualität.

Schuldgefühle haben wir immer, denn zur christlichen Sexualität gehört unumstößlich die Treue; die Evolution jedoch verlangte vom Mann, seine Gene so oft wie möglich weiterzugeben, und das steckt wohl noch immer in uns Männern. Treulosigkeit beginnt nicht erst beim Fremdgehen, sondern beim Begehren der Ehefrau seines Nächsten, so die Bibel. Wenn das so ist, dann soll sich jemand finden, der den ersten Stein wirft.