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Sergio Bambaren

DER BOTE

Sergio Bambaren

DER BOTE

Vom wahren Sinn
des Lebens

Aus dem Englischen übersetzt
von Theresia Übelhör

Giger

1. Auflage 2019

© 2019 Sergio Bambaren Roggero

Vermittelt von der Literarischen Agentur Mertin,

Inh. Nicole Witt e.K., Frankfurt am Main, Deutschland

© der deutschen Übersetzung:

Giger Verlag GmbH, CH-8852 Altendorf

Telefon 0041 55 442 68 48

www.gigerverlag.ch

Lektorat: Monika Rohde, Leipzig

Umschlaggestaltung:

Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Bilder im Innenteil: shutterstock

Satz: Roland Poferl Print-Design, Köln

e-Book: mbassador GmbH, Basel

ISBN 9783907210031

eISBN 9783907210208

Dem Boten, der in jedem von uns wohnt …

Teile mit mir dein Schweigen,
damit wir miteinander sprechen können.

Teile mit mir deine Einsamkeit,
damit wir zusammen sein können.

Teile mit mir deine Wehmut,
damit wir sie vertreiben können.

Teile mit mir deine Ängste,
damit du nie mehr Angst haben wirst.

Bleibe bei mir wie ein Schutzengel,
damit ich lernen kann,
mich selbst und dich noch mehr zu lieben.

Leiste mir Gesellschaft,
gib mir Kraft.

Und hilf mir, ein für alle Mal zu sagen,
was gesagt werden muss.

I

 

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VOR VIELEN Jahren wurde in einem fernen, von kargen Bergen umgebenen Land, dessen grüne Olivenbäume bis an den friedlichen, kristallblauen Ozean reichten, ein Bote geboren.

Der Legende nach schrie er nicht, als er aus dem Leib seiner Mutter kam, er lächelte. Denn er war auf diese Welt gekommen, um glücklich zu sein, nicht traurig. Er war mit einer Mission gekommen, einer Botschaft von Hoffnung und Liebe. Diese sollte in allen Teilen der Welt gehört werden und vielen anderen helfen, sich an das zu erinnern, was sie vor langer Zeit vergessen hatten.

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DER BOTE wusste vom Augenblick seiner Geburt an, dass jedes Leben von Liebe und Verständnis berührt wurde und deshalb ein Lied der Freude werden könnte, wenn er seine Botschaft der Liebe und die während seines Lebens gewonnenen Erkenntnisse weitergab. Und weil er an seine Mission auf der Erde wirklich glaubte, wurde sie wahr.

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ER WUCHS an einem sicheren und angenehmen Ort auf und wusste, dass ihm hier nichts Schlimmes zustoßen konnte. Aber er wusste auch, dass es ein Ort war, an dem er niemals die wahre Essenz und Schönheit des Lebens würde entdecken können. An diesem sicheren Ort, abgeschottet von allem, was es da draußen gab, war er unfähig, sich mit dem Strom des Lebens zu bewegen, ein stummer Zeuge der Strömungen und Gezeiten zu werden, die weit über die Gewässer der Insel hinaus zum Horizont und zur dahinter verborgenen Wahrheit ziehen. Er wusste, dass er in den Strom des Lebens eintauchen und sich zu fernen Inseln treiben lassen musste. Er durfte nicht auf seine Mitmenschen hören, die ihn warnten, niemals die Sicherheit des Bekannten zu verlassen und gefährliche Orte aufzusuchen, zu denen noch nie irgendjemand zu reisen gewagt hatte. Er musste die ihn umgebenden unsichtbaren Mauern und die Regeln derer, die ihm nahe waren, durchbrechen und sich in die Ferne wagen, um zu lernen, zu spüren, zu leiden, zu leben. Er wollte mit seinen eigenen Augen und seiner Seele sehen, was gesehen werden musste, und um andere schließlich an das zu erinnern, was sie bereits wussten, aber vergessen hatten oder nicht auszusprechen wagten. Deshalb ging er eines Nachts leise zum Ufer – nur die Sterne und der Mond waren Zeugen – und ließ sich vom Ozean seinem Schicksal entgegentreiben. Er umarmte das offene Meer, trieb in seinen Strömungen und Gezeiten und reiste an Orte, die er nie zuvor gesehen oder sich ausgemalt hatte.

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MEHRERE MALE umrundete er die Welt und sah jede Gegend mit eigenen Augen. Er spürte im Herzen, dass es nahe der unberührten Natur und fern von Seinesgleichen einen Ort gab, an dem er sich frei von allen Dogmen fühlen und die Wahrheit erkennen und begreifen konnte, die er schon immer in seinem Herzen getragen hatte. Und er lernte.

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BIS ER eines Tages am Horizont eine Insel erblickte, die er nie zuvor gesehen hatte, größer als alle anderen, die er bereist hatte. Und er hörte die Stimme des Meeres ihm sagen:

»Geh an Land, Bote, denn der Augenblick des Teilens ist gekommen. Lass deine Seele von all der Schönheit und Liebe, der Trauer, dem Leid und vielem mehr erzählen, die du erlebt und erfahren hast. Teile denjenigen, die bereit sind, dir zuzuhören und es sich zu merken, das mit, was du gelernt hast.«

»Das tue ich, wenn es das ist, was du willst«, antwortete er.

»Verbreite deine Botschaft der Wahrheit und der Erkenntnis in alle Regionen dieses schönen Ortes namens Erde, ohne deine Bescheidenheit je zu verlieren«, sagte das Meer. »Sorge dafür, dass sie sich erinnern, worum es im Leben wirklich geht, und hilf ihnen, dass sie es nie mehr vergessen.«

Schließlich sprangen die Tore seines Herzens auf, und seine Seele flog weit über den Ozean. Er schloss die Augen und betete im Stillen.

»Du kamst auf die Welt, um eine Botschaft der Hoffnung zu verbreiten«, sagte das Meer. »Wenn du das tust, werden sie mit Sicherheit kommen. Wenn du die Botschaft weitergibst, werden sie dir zuhören. Lass dein Herz sprechen, und sie werden in deiner Nähe bleiben. Sprich liebevoll und leidenschaftlich und von der Wahrheit, die du erkannt hast. Deine Botschaft wird ihnen helfen, sich daran zu erinnern, dass sie sich nie mehr ängstlich oder einsam fühlen müssen, denn Wahrheit und Glück sind allgegenwärtig und benötigen nur einen Boten, um sich im Herzen des Zuhörers einnisten zu können.«

So ging er an Land und kam an einen Ort, den er nie zuvor gesehen hatte, an einen Platz, an dem er sein Herz sprechen und keinen einzigen Gedanken unerwähnt lassen würde. Er würde seine Seele ein für alle Mal ausschütten und den anderen seine Erkenntnisse mitteilen.

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DIE GESCHÖPFE der Insel starrten ungläubig zum Strand, als sie ihn aus dem Meer steigen sahen, denn das hatte es zuvor noch nie gegeben.

Sie begannen von einer uralten Legende zu erzählen, von der ihre Vorfahren vor langer Zeit berichtet hatten: Dass eines Tages einer, den sie den Boten nannten, mit einer Botschaft von Liebe und Verständnis aus der Weite des Meeres kommen würde. Deshalb fingen sie an, sich um ihn zu scharen, sie versuchten, ihn zu berühren, ihm nahe zu sein, und sie fragten sich, was er wohl sagen würde.