Monika Wolf | Sabrina Pohle

Lilly, Nikolas und die Flaschenpost

Biber & Butzemann

Die schönsten Ausflugsziele auf Norderney:

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Danke!

Die Geschichte von Lilly und Nikolas auf Norderney zu schreiben, hat mir einen Riesenspaß gemacht. Ich danke den vielen netten Menschen auf Norderney, Juist und Langeoog, die geholfen haben, die Fakten zu prüfen. Besonders danke ich Dorothea Wolf und Susanne Wolf für die Unterstützung bei der Recherche und die gründliche Durchsicht des Manuskripts.

Und Elli für den Tipp, wie weich so eine Pferdenase ist!

MW

Besuchen Sie uns im Internet unter www.biber-butzemann.de

© Kinderbuchverlag Biber & Butzemann

Geschwister-Scholl-Str. 7

15566 Schöneiche

1. Auflage, Juli 2014

Alle Rechte vorbehalten. Die vollständige oder auszugsweise Speicherung, Vervielfältigung oder Übertragung dieses Werkes, ob elektronisch, mechanisch, durch Fotokopie oder Aufzeichnung, ist ohne vorherige Genehmigung des Verlags urheberrechtlich untersagt.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

Text und Idee: Monika Wolf

Illustrationen: Sabrina Pohle (www.splinteredshard.com)

Layout und Satz: Andrea Jäke

Lektorat: Steffi Bieber-Geske

Lektoratsassistenz: Martina Bieber, Lisa Krawietz, Leonie Schultz, Jessina Wittke, Anna-Maria Zeschmann-Hecht

Korrektorat: Peggy Büttner

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

ISBN: 9783942428538

Für Antonia,
Paul und Felix

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Widmung

1. Auf nach Norderney!

2. Springflut und Sterne

3. Die Flaschenpost

4. Bei den Seenotrettern

5. Eine mutige Seefrau

6. Seemannsgarn

7. Baden früher

8. Baden heute

9. Feinde und Freunde

10. Auf dem Planetenweg

11. Willi, der Knutt und die Rote Bohne

12. Bei Seemanns zu Hause

13. Krabben und noch mehr Sterne

14. Seefahrt nach Langeoog

15. Ein Ausflug nach Juist

16. Mine, Selma und der Wal

17. Damians gemeiner Trick

18. Wrack-Wanderung

19. Mine im Sturm

20. Die Reise geht zu Ende

21. Eine Eselsbrücke

22. Bye-bye, Norderney!

23. Die Absenderin der Flaschenpost

Spannende Urlaubsabenteuer für Kinder im Grund- und Vorschulalter

Die Autorin | die Illustratorin

1.

Auf nach Norderney!

Papa stieg als Erster aus. Seine Kapuze flatterte im Wind. „Norddeich Mole, ihr Lieben – jetzt geht es mit dem Schiff weiter!“, rief er fröhlich.

Eilig machte Lilly ihren Gurt los. Auch Nikolas zog seine Jacke an und kletterte aus dem Wagen, während Mama und Papa anfingen, den Kofferraum auszuräumen. Das Gepäck türmte sich immer höher: zwei große Rollkoffer für Mama und Papa, zwei kleinere für ihn und Lilly, die Kühltasche mit dem Proviant, eine Tasche mit Strandsachen und für jedes Kind ein kleiner Rucksack mit Spielsachen und Büchern.

„Da fahren ja Autos auf die Fähre!“, protestierte Nikolas, als sie wenig später aus dem Shuttle-Bus ausstiegen. Und warum musste dann sein Starfighter zu Hause bleiben, nur weil er nicht in den Rucksack passte? „Papa, du hast doch gesagt, man darf keine Autos mitnehmen!“

„Ich habe gesagt, dass wir auf Norderney auch ohne Auto tolle Ferien haben werden.“ Papa klopfte ihm fröhlich auf die Schulter und ging voran zur Rampe, die ins Innere der „Frisia VI“ führte.

Das Gepäck verstauten sie in den Fächern, in denen sich schon ein buntes Sammelsurium von Koffern, Rucksäcken und Taschen stapelte. „Wer kommt mit an Deck?“, rief Papa, und Lilly rannte kichernd mit ihm um die Wette die Treppe hinauf.

Mama blieb mit Nikolas zurück. „Willst du nicht sehen, wie das Schiff ablegt?“

„Wenn wir einfach das Auto … “

„Ach Nikolas, ich weiß ja, dass du dein Raumschiff gern mitgenommen hättest.“ Mama drückte ihn. „Aber jetzt wollen wir doch ein tolles Ferienabenteuer erleben, oder? Dazu muss man die Augen offen halten, und das geht mit etwas weniger Spielzeug viel besser, findest du nicht?“

An Deck stand Lilly mit Papa ganz vorn an der Reling. Die Sonne glitzerte auf dem Wasser wie Perlen auf einem Feenkleid. Papa hob Lilly hoch. „Guck mal, da hinten kannst du Norderney schon sehen!“ Lilly blinzelte. Tatsächlich: Weit hinten erkannte sie einen schmalen Streifen Land zwischen Himmel und Meer.

In diesem Moment fing es im Bauch des Schiffes an zu brummen. Der Boden vibrierte unter ihren Füßen, ein Gong ertönte. Und dann schienen die Hafengebäude von Norddeich Mole davonzuschweben. „Wir fahren, wir fahren!“, rief Lilly und war froh, dass Nikolas und Mama gerade rechtzeitig kamen, um den aufregenden Moment nicht zu verpassen.

„Genießt die frische Seeluft“, sagte Mama, setzte ihre Sonnenbrille auf und hielt die Nase in den Wind.

Der Junge, der neben Lilly stand, hatte keinen Blick für glitzernde Sonnenstrahlen. Er sah konzentriert durch sein Fernglas.

„Was siehst du da?“, fragte Lilly.

„Die Seehunde auf der Sandbank da hinten.“ Der Junge setzte das Fernglas ab. „Ich heiße Lukas. Und du?“

„Lilly. Darf ich auch mal?“

„Aber sei vorsichtig, es gehört meinem Vater.“ Lukas legte ihr den Gurt um den Hals, damit das schwere Instrument nicht runterfallen konnte.

Zuerst sah Lilly nur Meer. Aber dann fand sie die Sandbank und die Seehunde, die sich in der Sonne räkelten. Einer robbte gerade mit den Vorderflossen Richtung Wasser. „Da ist ja ein Baby, wie niedlich!“

„Auch die Babys haben schon richtig scharfe Zähne“, erklärte Lukas. „Und wenn die Flut die Sandbank wieder überspült, müssen sie sofort losschwimmen, auch wenn sie gerade erst geboren wurden.“

„Echt?“, fragte Lilly. Sie konnte den Blick nicht von dem Seehundkind wenden.

„Kann ich das Fernglas auch mal haben?“, fragte Nikolas. 

Lukas musterte ihn misstrauisch, aber Lilly erklärte ihm, dass Nikolas ihr Bruder war und sicher nichts kaputtmachen würde. Sie durfte das Fernglas weiterreichen.

Nikolas hatte die Robben auf der Sandbank gerade gefunden – eine gähnte sogar –, da wurde vor seinen Augen plötzlich alles weiß. Verwirrt setzte er das Fernglas ab. Eine andere Frisia-Fähre, die Feriengäste von Norderney ans Festland zurückbrachte, kam ihnen entgegen und hatte sich vor die Sandbank geschoben. Die Kinder winkten und die Leute auf dem anderen Schiff winkten zurück. „Die Armen müssen schon nach Hause“, seufzte Nikolas. „Zum Glück fangen unsere Ferien gerade erst an!“ Plötzlich kribbelte die Vorfreude in seinem Bauch.

„Da ist ja noch eine Insel!“, wunderte sich Lilly.

„Das ist Juist“, sagte Lukas. „Insgesamt gibt es sieben ostfriesische Inseln, sie liegen alle nebeneinander vor der Küste. Sie heißen … “ Er zählte sie an den Fingern ab. „ … Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum.“

„Wir könnten ja mal nach Juist rüberschwimmen“, schlug Nikolas vor.

„Die Inseln liegen weiter auseinander, als man denkt“, sagte Lukas’ Vater, der sich zu ihnen gesellt hatte. „Und es liegt ein Seegatt dazwischen, ein Graben mit einer gewaltigen Strömung. Wenn du nicht aufpasst, zieht dich das Meer bis nach Schottland.“

„Außer du bist ein Seehund“, sagte Lilly.

Möwen kreisten um das Schiff. Während an Backbord – so heißt auf einem Schiff die linke Seite – das sandige Ostende von Juist immer besser in Sicht kam, sah man auf der Steuerbordseite – also rechts – die Häuser von Norderney. Die Kinder liefen über das Deck von Backbord nach Steuerbord und zurück und konnten sich gar nicht entscheiden, wo es spannender war.

2.

Spring flut und Sterne

Kurz darauf legte die Fähre im Hafen von Norderney an, und alle Feriengäste gingen von Bord. Mama zahlte schnell noch am Automaten die Kurtaxe, während Papa mit Lilly und Nikolas zu den wartenden Bussen vorging. „Ah, zur Nordhelmsiedlung, das ist unserer. Sucht euch schon mal einen Platz!“

Lilly zögerte: „Und wenn der Bus losfährt und Mama fehlt noch?“ Aber da kam Mama schon angelaufen.

Bis zu ihrer Ferienwohnung waren es nur wenige Stationen mit dem Bus und ein kurzer Fußweg. Während Papa und Lilly die Koffer auspackten, half Nikolas Mama dabei, aus dem mitgebrachten Proviant eine leckere Reispfanne zu zaubern. Nach dem Essen räumten sie gemeinsam die Teller in die Spülmaschine.

Draußen war es längst dunkel, aber Papa zog sich noch einmal die Jacke an. „Wer will vorm Schlafengehen noch an den Strand?“ Mama sagte, dass sie nach dem langen Tag lieber auf dem Sofa ausspannen würde, aber Lilly und Nikolas musste er nicht lange bitten.

Mit einer kleinen Taschenlampe leuchtete Papa den Weg. „Hört ihr das Meer rauschen?“, fragte er. „Heute ist Neumond, da ist die Flut besonders hoch. Das nennt man eine Springflut.“ Da in Neumondnächten der Mond nicht scheint, war es sehr finster.

Der Weg endete auf einigen Holzbrettern über dem Strand. Hier rauschte das Meer noch lauter, aber es war so dunkel, dass man es vom schwarzen Nachthimmel kaum unterscheiden konnte. Papa schaltete die Taschenlampe aus. Und jetzt bemerkte Nikolas doch einen Unterschied: „Das sind ja Millionen Sterne, Papa, oder? Wow. Da würde mein Starfighter jetzt rumdüsen … “

„Seht mal, der Große Wagen.“ Papa zeigte ihnen das Sternbild am Himmel. „Die vier hellen Sterne dort, die so ein schiefes Rechteck bilden, das ist der Wagen. Von der linken oberen Ecke geht die Deichsel ab, so heißt der Griff, an dem man den Wagen zieht. Und da rechts, etwas höher, seht ihr den Polarstern. Mit ihm beginnt die Deichsel des Kleinen Wagens, dort hinüber, seht ihr?“

„Oh“, sagte Lilly ehrfürchtig. „Nikolas, und wo ist dieser Todesstern, von dem du immer erzählst?“

„Mann, den gibt’s doch nur im Film!“

„Ach so.“ Das war Lilly jetzt etwas peinlich. „Dafür sind da ganz hinten Sterne, die sich bewegen!“