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Alexander Lüdeke

Beutepanzer der Wehrmacht

Österreich, Tschechoslowakei, Polen, Niederlande, Belgien und Frankreich 1938-1945

Paul Pietsch Verlage

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Einbandgestaltung: Luis dos Santos unter Verwendung von Motiven von Vincent Bourgignon.

 

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1. Auflage 2011

 

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Lektorat: Joachim Kuch

eBook Produktion: pagina GmbH, Tübingen

ISBN 978-3-613-31041-4

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Einleitung

Nur wenigen, selbst Interessierten, ist bekannt, in welch großen Umfange die deutschen Streitkräfte während des Zweiten Weltkrieges erbeutete Waffen und Material einsetzten, darunter auch eine Vielzahl von gepanzerten Fahrzeugen. Die begrenzte Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie machte es notwendig eine Praxis fortzusetzen, die bereits im Ersten Weltkrieg gang und gäbe war. Die kaiserliche Armee besaß wesentlich mehr erbeutete (meist britische) Panzer, als im Reich selbst hergestellte Kampfwagen des Typs A7V.

Die im Kriege erbeuteten Panzer lassen sich dabei grundsätzlich in drei Kategorien aufteilen. Die erste Gruppe bestand aus jenen Fahrzeugen, die unmittelbar von jenen Einheiten verwendet wurden, die sie auch im Gefecht erbeutet hatten. Zur zweiten gehörten Beutepanzer, welche durch eine übergeordnete Stelle gesammelt, überholt und dann an die Truppe ausgegeben wurden. Die dritte Gruppe umfasste Panzer, die nach ihrer Erbeutung zur technischen Untersuchung und Auswertung in die Heimat verbracht oder für Museen bestimmt waren.

Im Kampf gegen ihre früheren Besitzer waren Panzer der ersten Kategorie aber nur so lange nützlich, wie Munition und/oder Ersatzteile vorhanden waren. Noch fahrtüchtige, aber munitionslose Beutefahrzeuge wurden häufig als Zugmaschinen eingesetzt. War hingegen noch Munition vorhanden, die Panzer aber nicht mehr lauffähig, so konnten sie immer noch eingegraben als feste, bunkerartige Verteidigungsstellung dienen. War auch dies nicht mehr möglich, wurden sie aufgegeben oder verschrottet.

Um erbeutete Kampfwagen über einen längeren Zeitraum erfolgreich einsetzen zu können, war es erforderlich den Nachschub an Munition, Treibstoff und Ersatzteilen zu sichern. Zusätzlich mussten Handbücher übersetzt werden, um eine ordentliche Ausbildung eigener Soldaten an den fremdem Gerät zu ermöglichen. Auch bauliche Veränderungen, wie z.B. die Umrüstung auf eigene Funkgeräte, mussten vorgenommen werden, um einen erfolgreichen Einsatz innerhalb der eigenen Streitkräfte zu ermöglichen.

Beutefahrzeuge der beiden ersten Gruppen wurden, so sie an der Front im Einsatz waren, üblicherweise mit zahlreichen, oft übergroßen Erkennungs- bzw. Hoheitszeichen versehen, um nicht mit Feindpanzern verwechselt zu werden. Wurden sie dagegen im Hinterland verwendet, bestand diese Gefahr nicht.

Zwischen 1938 und 1940 besetzten deutsche Truppen Österreich, die Tschechei, Polen, Dänemark, Norwegen, die Niederlande, Belgien und schließlich Frankreich. Dabei fielen nicht nur riesige Bestände an Waffen und Munition in deutsche Hände, sondern auch die gesamte militärische Infrastruktur dieser Länder. War die Beute nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 noch recht gering ausgefallen, so bot sich nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei im März 1939 ein völlig anderes Bild. Hier fiel Hitler eine der bedeutendsten und leistungsfähigsten Waffenindustrien Europas sowie Hunderte von Panzerfahrzeugen in die Hände. Neben verschiedenen Panzerwagen und Kleinpanzern war es zunächst vor allem der von Skoda produzierte leichte Kampfpanzer LT vz. 35, Wehrmachtsbezeichnung PzKpfw. 35(t), der als eine willkommene Verstärkung der Panzerdivisionen begrüßt wurde. Der bei CKD entwickelte, im März 1939 aber nur als Prototyp existierende LT vz. 38 wurde als PzKpfw. 38(t) zu einem wichtigen Kampfwagen der Wehrmacht. Da er im deutschen Auftrage hergestellt wurde, kann er nicht als Beutepanzer im eigentlichen Sinne gelten. Näheres zum PzKpfw. 38(t) sowie der Vielzahl von Selbstfahrlafetten, die auf dessen Basis entstanden findet sich im daher Typenkompass Panzer der Wehrmacht.

Polen hingegen besaß keine leistungsfähige Rüstungsindustrie. Dementsprechend fiel auch die Beute an gepanzerten Fahrzeugen nur gering aus. Allerdings war hier zum erstenmal ein Szenario zu beobachten, dass sich in allen besetzten Ländern wiederholen sollte. Spezielle Einheiten der Wehrmacht durchkämmten nach Ende der Kämpfe das besetzte Territorium, bargen liegengebliebene Feindfahrzeuge und brachten diese zu zentralen Sammelplätzen. Dort entschied sich, ob die Kampfwagen verschrottet, als Ersatzteilspender dienen oder einem erneuten Einsatz zugeführt werden sollten. War letzteres der Fall, so wurden die Fahrzeuge (falls möglich) in die Herstellerwerke überführt, dort generalüberholt und, falls erforderlich, nach deutschen Vorgaben umgerüstet. Hoheitszeichen und taktische Markierungen wurden in der Regel erst bei den Verbänden angebracht, an welche die Panzer ausgegeben wurden. Dieser Vorgang wiederholte sich in weit größerem Maßstab auch nach dem Westfeldzug vom Mai/Juni 1940 (Dänemark besaß nur zwei Panzerwagen und Norwegen kein einziges gepanzertes Fahrzeug, daher wurden in Skandinavien keine Panzer erbeutet). Im Westen fielen buchstäblich Tausende (vor allem französische) Panzer in deutsche Hände, auf deren Basis später eine ganze Reihe von Umbauten entstand. Hierbei tat sich besonders das sogenannte Baukommando Becker hervor, das in Zusammenarbeit mit dem Heereswaffenamt (Außenstelle Paris), der Altmärkischen Kettenfabrik (Alkett) und der französischen Industrie tätig war. Die Beute an französischen Panzerfahrzeugen war so groß, dass zahlreiche Beutepanzereinheiten aufgestellt wurden, von denen die Mehrzahl jedoch im Westen verblieben und dort Besatzungs- und Ausbildungsaufgaben wahrnahmen. Nur eine Handvoll Einheiten wurde, vor allem auf dem Balkan und im Osten, zur Partisanenbekämpfung einsetzt. Einzig in Nordfinnland waren französische Beutepanzer direkt am Kampf gegen die Rote Armee beteiligt. Hauptgrund für die spärliche Verwendung der Fahrzeuge an der Front war der bei französischen Panzern übliche Ein-Mann-Turm und die Tatsache, dass Geschwindigkeit und Bewaffnung vieler Beutepanzer nicht den Ansprüchen der Wehrmacht genügten. Zudem veralteten die Kampfwagen rasch. Im Einsatz selbst gab es immer wieder Berichte über die mangelnde Zuverlässigkeit und mechanische Anfälligkeit der französischen Kampfwagen. Obwohl die Herstellerwerke in den besetzten Länder Ersatzteile produzierten und erbeutete Fahrzeuge überholten bzw. reparierten, kam es (mit Ausnahme der tschechischen Rüstungsbetriebe) zu keiner Wiederaufnahme der Fertigungvon Panzern. Die Zahl der Beutefahrzeuge schwand daher naturgemäß in Laufe der Zeit beträchtlich, doch fanden sich auch noch 1945 einzelne Kampfwagen fremden Ursprungs bei deutschen Einheiten.

Das Heereswaffenamt (HWA) gab sogenannte Kennblätter fremden Geräts heraus, in denen die Waffen und Fahrzeuge fremder Streitkräfte beschrieben wurden. Diese Kennblätter waren in unterschiedliche Kategorien unterteilt, die Ausgabe zum Themenkomplex Fahrzeuge (D 50/12) wurde ab 1940 veröffentlicht. Dabei bestand die Bezeichnung zunächst aus dem deutschen Namen des Fahrzeuges, gefolgt von einer Kenn-Nummer (KNr), die durch das in Klammer gesetzte Länderkurzzeichen ergänzt wurde, also z.B. (f) für Frankreich oder (p) für Polen usw.. So lautet die vollständige offizielle Bezeichnung für den von Renault gebauten Panzer Char léger Modèle 1935 R bei der Wehrmacht: Panzerkampfwagen 35R 731(f).

Allerdings gab es hierbei Ausnahmen. Vor 1940 erbeutete Fahrzeuge, z.B. aus der Tschechoslowakei oder Polen, erhielten keine Kennnummern und einige französische Fahrzeuge wurden so vollständig umgebaut, dass sie mit einer regulären Sd.Kfz. Nummer versehen wurden. Die Kennnummern wurden (je nach Fahrzeugtyp) aus unterschiedlichen Hunderterbereichen vergeben.

Die Tatsache, dass ein Fahrzeug in den Kennblättern fremden Geräts auftauchte und somit eine Kennnummer erhielt, ist allerdings kein Nachweis dafür, dass tatsächlich bei den deutschen Streitkräften verwendet wurde. Auch wurden diese Kennblätter nicht erst nach der Erbeutung erstellt, sondern sobald dass HWA Kenntnis von einem fremden Fahrzeuge erhielt, sei dies nun durch nachrichtendienstliche Tätigkeit oder schlicht einen Zeitungsartikel.

Die in diesem Typenkompass dargestellten gepanzerten Fahrzeuge sind chronologisch nach dem Jahr ihrer Erbeutung und innerhalb der einzelnen Nationen nach den Kennnummern (so vorhanden) geordnet. Leider ist die Quellenlage zu vielen Beutepanzern sehr schwierig, sowohl was schriftliche als auch was fotografische Belege ihrer Verwendung betrifft. Einige Fotografien sind daher leider nicht von bester Qualität.

Mein Dank gilt wie immer all jenen, die mir bei der Entstehung dieses Typenkommpass geholfen haben. Diese gilt besonders für Vincent Bourguignon, Sebastian Hoppe, Seth Gaines, Ching-Chung Yao und J. Schroeder. Nicht zu vergessen sind wie immer meine Lebensgefährtin Martina Pohl und mein Sohn Thore. Ihre Geduld und Unterstützung machen mir die Arbeit an meinen Büchern erst möglich.

 

Dortmund, Januar 2011Alexander Lüdeke

Bereits im 1. Weltkrieg setzten deutsche Einheiten zahlreiche Beutepanzer ein. Hier ein ehemals britischer Kampfwagen des Mk. I oder Mk. IV in deutschen Diensten.

Der wichtigste Beutepanzer in den ersten Tagen des 2. Weltkriegs war der PzKpfw. 35(t). Das hier dargestellte Fahrzeug war im August 1941 an der Ostfront bei der Pz.Abt. 65 im Einsatz. (WKA/Grzegorz Jackowski)

Ein PzKpfw. 35(t) einer unbekannten Einheit im Jahre 1940 an der Westfront. (Sammlung J. Schroeder)

Nicht alle Panzer, die während oder nach dem Westfeldzug in deutsche Hände fielen, waren weiterverwendungsfähig. Dieser Char B1-bis wurde ob seiner starken Beschädigung zur Verschrottung bestimmt. (WKA)

Ein frisch erbeuteter Panhard-Panzerspähwagen (ein seltenes, mit Funk ausgerüstetes Exemplar) unterstützt noch während des Westfeldzuges einen Angriff von Soldaten der SS-Division »Totenkopf«. (WKA)

Soldaten der Wehrmacht bergen einen französischen Char B1-bis. Das Fahrzeug mit dem Namen »Nancy« war am 9. Juni 1940 nahe Mesnières (Normandie) nach einer Panne von der Besatzung verlassen worden. (WKA)

Wartungsarbeiten an einem PzKpfw. 38H(f) der II./Pz.Rgt. 202 in Frankreich 1941 oder 1942. Rechts neben dem Balkenkreuz trägt der Panzer die Aufschrift »Bandit«. (WKA)

US-Soldaten untersuchen französische Beutepanzer der Wehrmacht, aufgereiht entlang einer Hecke in der Normandie, August 1944. Vorne ein turmloser R 35, dahinter ein Renault mit der langen 3,7-cm-KwK, gefolgt von einem R 35 mit der kurzen 3,7-cm-Kanone. Im Hintergrund erkennt man das lange Rohr einer 7,5-cm-Pak, wahrscheinlich eines »Marder III« Ausf. H. (Conseil Régional de Basse-Normandie/NARA)

Ein Beutesammelplatz der Alliierten in der Normandie, Sommer 1944. Rechts drei PzKpfw. V »Panther« Ausf. A, links daneben eine Panzerjäger-Selbstfahrlafette für die 7,5-cm-Pak 40 auf Basis des französischen Lorraine-Schleppers. Ganz links außen ein turmloser, ehemals französischer Renault R 35, der offenbar einst eine Selbstfahrlafette für die 4,7-cm-Pak(t) war und nun, seines Panzeraufbaues beraubt, als Schlepper diente. (US Army)

Kennnummern der Sonderkraftfahrzeuge

200er

Panzerwagen

300er

Halbkettenfahrzeuge

400er

Gepanzerte Halbkettenfahrzeuge

600er

Artillerieschlepper mit Gleiskettenlaufwerk

700er

Kampfpanzer

800er

Selbstfahrlafetten

Glossar/Abkürzungen

(b)

Kennzeichnung für belgische Beutefahrzeuge

(f)

Kennzeichnung für französische Beutefahrzeuge

(h)

Kennzeichnung für niederländische Beutefahrzeuge

(p)

Kennzeichnung für polnische Beutefahrzeuge

(t)

Kennzeichnung für tschechische Beutefahrzeuge

Abt.

Abteilung

Ausf.

Ausführung

Div.

Division

FH

Feldhaubitze

FuG

Funkgerät

FuPzWg.

Funkpanzerwagen

gep.

gepanzert

HWA

Heereswaffenamt

KwK

Kampfwagenkanone

Kp.

Kompanie

L/XX

Rohrlänge in Kalibern

leFH

leichte Feldhaubitze

MG

Maschinengewehr

Pak

Panzerabwehrkanone

PiPzWg.

Pionierpanzerwagen

Pz.

Panzer

PzBefWg.

Panzerbefehlswagen

PzFuWg.

Panzerfunkwagen

Pz.Jg.

Panzerjäger

PzKpfw.

Panzerkampfwagen

PzSpWg.

Panzerspähwagen

PzWg.

Panzerwagen

Rgt.

Regiment

Sd.Kfz.

Sonder-Kraftfahrzeug

Sf

Selbstfahrlafette

sFH

schwere Feldhaubitze

sGrw

schwerer Granatwerfer

SPW

Schützenpanzerwagen

v0

Mündungsgeschwindigkeit

StuG

Sturmgeschütz

z.b.V

zur besonderen Verwendung

ZgKw

Zugkraftwagen

Österreich