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Aus dem Amerikanischen von

Teja Schwaner und Roland M. Hahn

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Widmung

Für Judy

Impressum

8. Auflage 2015

Titel der Originalausgabe: »Catch a Fire – The Life of Bob Marley«

Copyright © 1983, 1989, 1991, 1992 by Timothy White

Published by Henry Holt and Company, New York

Copyright © 1993 der deutschen Ausgabe

KOCH International GmbH, Hannibal Verlag, A-6604 Höfen

www.hannibal-verlag.de

Layout und Satz: Thomas Auer, www.buchsatz.com

Titelfoto: Island/Ariola

ISBN 978-3-85445-465-6

Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-077-1

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Inhalt

Vorwort

Riddim Track – Eine Einführung

Kingdom Come

Misty Morning

Bad Card

Bildstrecke 1

Pass It On

Small Axe

Who Feels It, Knows It

People Get Ready

Natural Mystic

Bildstrecke 2

Stir It Up

Rat Race

Coming In From The Cold

Crisis

Who The Cap Fit

Redemption Song

Bildstrecke 3

Exodus

Time Will Tell – Ein Wort danach

Danksagung

Diskographie

Bibliographie

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Dieses Buch lässt sich auf atmosphärische Weise von dem Zusammenfluss der Glaubenssysteme tragen, die Bob Marley prägten. Es geht davon aus, dass sich die Geschichte so zugetragen hat, wie ich sie aufgezeichnet habe, wenn all das, was mir von den Menschen, die Marley am nächsten standen, nüchtern berichtet worden ist, auch stimmt. Es finden sich keine konstruierten Fakten auf diesen Seiten. Ich habe existierende Dokumente und Aufzeichnungen geprüft, bin sorgfältig vierzig Jahrgänge des jamaikanischen Daily Gleaner durchgegangen, sowohl im Institute of Jamaica in Kingston als auch im Research Institute for the Study of Man in New York City, und habe jeden wichtigen Artikel, der auf Jamaika, in Großbritannien und den USA über Bob Marley, Jamaika und Reggae erschienen ist, gelesen. Die Informationen, die sich in diesem Buch finden, entstammen zudem den Interviews, die ich zwischen 1975 und 1981 mit Bob gemacht habe (ich sprach gut zwei Dutzend Mal mit ihm), sowie Interviews, die ich im Laufe der Jahre mit anderen Mitgliedern der Wailers führte, mit den Produzenten der Band, mit zusätzlichen Begleitmusikern, den verschiedensten anderen Mitarbeitern, Angestellten und Chefs von Schallplattenfirmen, Leibwächtern und Roadies sowie Familienangehörigen und Freunden. Zu weiteren Quellen zählen prominente Persönlichkeiten der jamaikanischen Plattenindustrie, Politiker der Insel (die ihren eigenen Beitrag zur jamaikanischen Musik geleistet haben), Rasta-Älteste, Wahrsager vom Lande, Urwaldprediger, Sozialarbeiter, Soziologen, Kriminelle aus den Ghettos und alte Frauen aus dem Busch.

Für jeden Journalisten oder Biographen, der sich in Jamaikas Geschichte und das Leben eines der Söhne dieser Insel vertiefen will, gibt es wahrhaft Probleme: Häufig ist es so gut wie unmöglich, Dokumente mit präzisen Angaben aufzuspüren. Zum Beispiel wird das genaue Geburtsdatum von Bob Marley wohl nie herauszufinden sein. In seinem Pass (Nr. 57778, ausgestellt am 6. März 1964, aber zum Reisen erstmalig am 11. Februar 1966 benutzt) ist als Geburtsdatum der 6. April 1945 angegeben. Cedella Marley Booker, Bobs Mutter, sagte mir bei mehreren Anlässen, dass Bob, so gut sie sich erinnern könne, auf den Tag genau zwei Monate vorher geboren sei. Da sie zu jener Zeit jedoch in einer abgelegenen Gegend wohnte, dauerte es viele Wochen, bis sie es schaffte, zum nächsten Registrierungsbeamten zu kommen, um die Geburt offiziell mitzuteilen, und da sie eine schüchterne junge Frau war, wollte sie »keinen Ärger mit denen« bekommen. (Bis zu diesem Tag wissen viele arme Leute vom Lande und auch aus der Stadt nicht genau, wann und wo sie geboren und wer ihre Eltern sind.)

Es bedarf noch gründlichster Nachforschungen in allen möglichen Aufzeichnungen, bis jamaikanische Archivare vielleicht Bob Marleys Geburtsurkunde auffinden –
und seine Rasta-Brüder nehmen das mit einem weisen Kopfnicken zur Kenntnis, denn sie glauben, dass Marley wie der Kaiser Haile Selassie I. von Äthiopien niemals geboren wurde und deshalb auch nicht sterben konnte. (»Him was de inheritor of Jah’s legacy, him cyan’t die. Rasta nuh fear death, because Rasta never live, an’ never die.« »Er war der Erbe von Jah
s Vermächtnis, er kann nicht sterben. Rasta fürchtet nicht den Tod, denn Rasta lebt niemals und Rasta stirbt niemals.«)

Ähnliche Schwierigkeiten tauchen auf, wenn es um die Veröffentlichungsdaten der meisten jamaikanischen Singles und Langspielplatten geht, denn Aufzeichnungen darüber wurden, wenn überhaupt, nur ganz selten gemacht, und eine 45er konnte in einer ganzen Anzahl von Vorabversionen unter den Leuten sein, bevor sie tatsächlich auf dem normalen kommerziellen Markt erhältlich war. Die Veröffentlichungsdaten in diesem Buch beziehen sich, wenn nicht ausdrücklich anders vermerkt, auf Jamaika, nicht auf Großbritannien, wo so viele jamaikanische Hits später herauskamen. Die Informationen erhielt ich durch Interviews mit den Produzenten oder, wenn möglich, mit dem Künstler selbst oder gar beiden, und sie lassen sich meistens auf den Monat zurückverfolgen. (Im Anhang des Buches findet sich eine umfassende Diskographie der Wailers und ihrer erweiterten musikalischen Familie.)

Im gesamten Buch wird immer wieder das jamaikanische Patois benutzt. Der Rhythmus dieses Dialekts gleicht dem eines Gummiballs, der die Treppen hinunterspringt und dann sanft von einem Kind aufgefangen wird. Was die Schreibweise und die Bedeutung der meisten Patois-Wörter betrifft, die im Text immer wieder auftauchen, bin ich dem Dictionary of Jamaican English, herausgegeben von F. G. Cassidy und R. B. Le Page, zu großem Dank verpflichtet, denn ohne dieses Wörterbuch hätte ich viele meiner Interviews niemals transkribieren können. Andere Schreibweisen bei der Wiedergabe der eigenartigen Inselsprache folgen so eng wie möglich dem allerdings leicht uneinheitlichen Stil des Daily Gleaner, Jamaikas 160 Jahre alter Tageszeitung.

Gegen Ende des Buches wird erwähnt, dass unter den jamaikanischen Rasta-Brothers der Verdacht weitverbreitet war, dass während der siebziger Jahre und Anfang der 1980er Jahre die Central Intelligence Agency (CIA) ihre Aktivitäten allgemein und die Karriere Bob Marleys im Besonderen überwachte. Unter Inanspruchnahme des Gesetzes über Informationsfreiheit (Freedom of Information Act, 5 U.S.C. 552) fand ich 1982 CIA-Dokumente, die bestätigten, dass der Geheimdienst und andere Regierungsbehörden der USA tatsächlich Akten über die jamaikanische Reggae-Szene, die Bewegung des Rastafarianismus und die Aktivitäten von Bob Marley angelegt hatten.

Für die erweiterte und ergänzte Ausgabe von 1991 habe ich nicht nur zusätzliche Fakten gesammelt, Feldforschung betrieben und Notizen gemacht, sondern über den Zeitraum von neun Jahren hinweg auch eine Vielzahl nachträglicher Interviews erstellt, die hin und wieder lange kolportierte Fehleinschätzungen korrigieren. So wurde in den letzten beiden Jahrzenten beispielsweise oft geschrieben, Rod Stewart habe auf dem Ska-Klassiker ›My Boy Lollipop‹ die Mundharmonika gespielt. Rod sagt dazu: »Ich war’s nicht, Alter! Ich glaube mit ziemlicher Sicherheit, es war der Typ, der in den sechziger Jahren in einer alten R&B-Band – Jimmy Powell and the Five Dimensions –
mein Nachfolger wurde. Ich habe zwar nicht so gut gespielt wie er, aber er hatte die gleiche verdammte Frisur – und das hat mich mehr geärgert als alles andere.« Auch sind verschiedene Informationen und Archivare auf mich zugekommen, um mir frische Details anzubieten oder mir dabei zu helfen, die eine oder andere Tatsache hinzuzufügen. Doch war die Welt Bob Marleys eine solche, in der man Meinung, Erinnerung, Interpretation und Glauben oft höher bewertete als pure Fakten, und so macht die schiere Masse widersprüchlicher Auffassungen, exotischer Rückbesinnungen, engagiert vorgetragener Lehren und dem Jenseits zugeneigter Glaubenssystem, die in alles eingeflochten sind, einen Großteil der Philosophie und der Prämissen dieses Buches aus. Es gibt in dieser Geschichte mehr oder weniger drei eigenständige Phänomene: Bob Marley, Jamaika und die Macht des Glaubens. Hat der Leser die schroffen Wahrheiten und den tieferen Hintergrund des Kapitels »Riddim Track« erst einmal verarbeitet, lade ich ihn ein in die Welt Bob Marleys aus der Betrachtungsweise jener, deren erstaunliche Glaubenskraft sie beseelte und noch immer beseelt.

Übernatürliche Ereignisse und metaphysische Koinzidenzen werden in diesem Buch erwähnt. In dem Kapitel über Haile Selassie wird geschildert, welche Glaubensansichten unter den äthiopischen Bauern und ihren gleichermaßen leichtgläubigen Führern anzutreffen waren – viele der heldenhaften Taten und übernatürlichen Fähigkeiten, die Hailie Selassie zugesprochen wurden, sind jedoch, wie berichtet wird, von dem Kaiser selbst erfunden und entsprechend von der Zentralregierung und der koptischen Priesterschaft in Umlauf gebracht worden. Weitere Informationen und Einzelheiten in späteren Teilen des Buches entstammen den Lehren einer ganzen Schar von Exponenten jamaikanischer Magie, Volksheilkunde und schwarzer Künste sowie denen von Pseudo-Rasta-Führern und Rasta-Führern, darunter Robert Athlyi Rogers, Leonard Percival Howell, B.L. Wilson, H. Archibald Dunkley und Claudius Henry. Diese zum Teil auch aus alten Zeiten stammenden Lehren sind oftmals gefiltert durch die Erinnerungen und persönlichen Katechismen Bob Marleys und seiner engen Verwandten und Freunde.

Ob der Leser solch ›übernatürliche‹ Ereignisse für glaubwürdig halten mag oder nicht, ist allein seine oder ihre Entscheidung. Mir ging es bei dem Versuch, diese Geschichte von der persönlichen Warte ihrer Protagonisten aus zu erzählen, darum, die Tatsache zu vermitteln, dass die Menschen um Haile Selassie und Bob Marley – in der Vergangenheit wie in der Gegenwart – wirklich an ›Magie‹ glaubten und glauben und daher ihr Leben in Übereinstimmung mit dieser Übersetzung führten und führen.

Boston, März 1991

Timothy White