image1
Logo

Interreligiöser Dialog in gesellschaftlicher Verantwortung

 

Herausgegeben von Heiner Köster

im Auftrag der Eugen-Biser-Stiftung

 

Band 2

 

Images

Havva Engin

Michael Reder (Hrsg.)

Wandel durch Dialog

Gesellschaftliche, politische und theologische Aspekte des Dialogs zwischen Islam und Christentum

Verlag W. Kohlhammer

 

 

 

Eugen-Biser-Stiftung

Pappenheimstraße 4

80335 München

Telefon: 0 89/18 00 68-11

Telefax: 0 89/18 00 68-16

E-Mail: kontakt@eugen-biser-stiftung.de

Homepage: www.eugen-biser-stiftung.de

 

 

 

Images

Die christlich-islamischen Dialogprojekte der Eugen-Biser-Stiftung – darunter insbesondere das Lexikon des Dialogs – werden aus Mitteln des Europäischen Integrationsfonds sowie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch das Bundesministerium des Innern kofinanziert.

Images

 

 

 

1. Auflage 2014

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-025614-9

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-025615-6

epub:    ISBN 978-3-17-025616-3

mobi:    ISBN 978-3-17-025617-0

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich.

Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Inhalt

  1. Vorwort
  2. Heiner Köster
  3. Grundfragen des Wandels der deutschen und europäischen Gesellschaften
  4. Zum Wandel der deutschen und europäischen Gesellschaften durch die Präsenz des Islam
  5. Mathias Rohe
  6. The Emancipation of Europe’s Muslims
  7. Jonathan Laurence
  8. Die Teilhabe von Muslimen am sozialen Leben in Deutschland
  9. Havva Engin
  10. Islamkonferenz: Migration – Kommunikation – Integration
  11. Hans-Peter Friedrich
  12. Zur Präsenz muslimischer Schüler: Konsequenzen für das Bildungswesen
  13. Peter Graf
  14. Theologische Grundfragen im christlich-islamischen Dialog. Gottesbild – religiöse Ethik – religiöse Autorität
  15. Peter Antes
  16. Dialog verändert – Religionen im Gespräch
  17. Hans-Jochen Jaschke
  18. Radikalkritik am Islam
  19. Radikale Kritik am Islam. Ursachen und Motive der Muslimfeindschaft
  20. Wolfgang Benz
  21. Religion in Zeiten der Globalisierung: Wachsende Konfrontation und ihre Überwindung durch eine Kultur der Verständigung
  22. Karl Gabriel
  23. Denkbilder hinter Worten. Argumentationsweisen in deutschen und französischen Pressetexten über den Islam
  24. Daniela Wehrstein
  25. „Radikale Kritik am Islam“ als Chiffre für Fremdenfeindlichkeit. Was muss Politik tun, damit die Gesellschaft zusammenwächst?
  26. Lale Akgün
  27. „Radikalkritik am Islam“. Ursachen und Auswirkungen auf die interkulturelle und interreligiöse Verständigung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt
  28. Manfred Schmidt
  29. Radikale Kritik am Islam – Muslimische Sichtweisen
  30. Aiman Mazyek
  31. Grundlagen und Ziele einer muslimisch-christlichen Kultur der Verständigung
  32. Hamideh Mohagheghi
  33. „Hass stellt keine Fragen“
  34. Bernhard Staffa
  35. On the Emergence of Contemporary Muslim Political Thought: The Case of the Muslim Brotherhood of Egypt
  36. Mehmet Paçacı
  37. Perspektiven für einen muslimisch-christlichen Dialog
  38. Eine Übersicht zum Thema Liebe im Heiligen Koran
  39. H.R.H. Prince Ghazi
  40. Im Gegenüber – Skizze einer „Katholischen Theologie im Angesicht des Islam“
  41. Tobias Specker SJ
  42. Vom Wort herausgefordert – Christliche Philosophie in Auseinandersetzung mit dem Common Word der muslimischen Theologie
  43. Martin Thurner
  44. Zu Martin Thurner: Vom Wort herausgefordert – Christliche Philosophie in Auseinandersetzung mit dem Common Word der muslimischen Theologie – Anmerkungen aus muslimischer Perspektive
  45. Said AlDailami
  46. Religionen in modernen Gesellschaften. Über die ethischen und politischen Potenziale des Christentums und des Islam
  47. Michael Reder
  48. Von der Zukunft des Common Word: Optionen für ein jüdisch-christlich-islamisches Gespräch
  49. Walter Homolka
  50. Das Verständnis der „Nächstenliebe“ im Brief A Common Word: Einige Anmerkungen aus christlicher Sicht
  51. Andreas Renz
  52. Keine Geschichte ohne Vorgeschichte. Die Entstehung des Dokumentes „Ein gemeinsames Wort zwischen Uns und Euch“ (2007)
  53. Sarah Markiewicz
  54. Verzeichnis der Autoren
  55. Die Eugen-Biser-Stiftung

Vorwort

Mit dem vorliegenden Band setzt die Eugen-Biser-Stiftung ihre Publikationsreihe „Interreligiöser Dialog in gesellschaftlicher Verantwortung“ fort, die 2011 mit dem von Peter Graf und Bülent Ucar herausgegebenen ersten Band „Religiöse Bildung im Dialog zwischen Christen und Muslime“ begründet wurde. In diesem Band werden die Themen „Grundlegende Dimensionen des interreligiösen Dialogs“, „Religiöse Bildung als Teil der europäischen Kulturgeschichte“ und „Ausbildung von Religionslehrern und Imamen an staatlichen Schulen“ behandelt.

Der nun vorliegende zweite Band befasst sich mit drei Themenbereichen (a) „Grundfragen des Wandels der deutschen und europäischen Gesellschaft. Migration – Kommunikation – Integration“, (b) „Radikalkritik am Islam – Ursachen und Auswirkungen auf die interkulturelle und interreligiöse Verständigung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ sowie (c) „A Common Word Between Us and You - Perspektiven für einen christlichen-muslimischen Dialog“. Die Artikel zu den jeweiligen Themenbereichen wurden von Experten muslimischer und christlicher Provenienz aus verschiedenen Bereichen von Politik und Gesellschaft interdisziplinär verfasst. Die zentrale Fragestellung aller Artikel lautet: Welchen Herausforderungen müssen sich Christentum und Islam in den pluralistisch verfassten Gesellschaften einer globalisierten Welt stellen und welchen Beitrag können sie leisten, um die bestehenden Spannungen zu entschärfen und ein friedliches Zusammenleben zu bewirken.

Der Band dokumentiert in der Mehrzahl seiner Artikel überarbeitete und erweiterte Vorträge von Tagungen der Jahre 2011 und 2012, welche die Eugen-Biser-Stiftung u. a. in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Tutzing und der Hochschule für Philosophie München durchgeführt hat.

I.         Inhalt

Im Zentrum der Beiträge des ersten Kapitels „Grundfragen des Wandels der deutschen und europäischen Gesellschaft“ steht die Frage, wie die zunehmende Präsenz des Islam, oder – genauer gesagt – von Muslimen, die deutsche Gesellschaft verändert und wie dieser Wandel seitens der Politik, der Kirchen sowie der christlichen Mehrheitsbevölkerung im Wege der Verständigung gestaltet wird und gestaltet werden könnte. Die unterschiedlichen Problemlagen in den europäischen Nachbarländern Deutschlands beschreibt Jonathan Laurence in seinem Artikel „Emancipation of Europe’s Muslims“.

Das zweite Kapitel „Radikalkritik am Islam“ beruht auf der gleichnamigen Tagung der Eugen-Biser-Stiftung mit der Evangelischen Akademie Tutzing vom Februar 2013. Die christlichen und muslimischen Autoren stimmen in ihren Artikeln überein, dass konstruktive Kritik in einer offenen und liberalen Gesellschaft nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich von allen Seiten erwünscht sei. Einer dezidierten Islamfeindlichkeit unter dem Deckmantel der Kritik müsse jedoch im Interesse aller gemeinsam und entschlossen entgegengetreten werden. Oft wäre es angemessener, von „Hasspropaganda gegen Muslime“ zu sprechen als von „Islamkritik“. Dieser Hasspropaganda könne, wie Prof. Bielefeldt in seinem Vortrag ausführte, nicht wirksam mit zivil- und strafrechtlichen Mitteln begegnet werden. Erforderlich sei vielmehr ein zivilgesellschaftlicher Protest, um nicht Gefahr zu laufen, dass es antiislamischen Hassrednern am Ende gelingt, sich zu Märtyrern einer „political correctness“ zu stilisieren.

Vorbehalte gegenüber dem Islam werden nicht zuletzt durch weltpolitische Ereignisse geschürt, auf welche die in Deutschland lebenden Muslime keinen Einfluss haben. Oft fehlt die Kenntnis über die Hintergründe der zumeist gewalttätigen Konflikte. Mit seinem Artikel über die Ursprünge, die Entwicklung und die jetzige Bedeutung der Muslim-Bruderschaft in Ägypten gibt Prof. Dr. Mehmet Paçacı einen fachkundigen Einblick in ein vielfältiges Geflecht von Befindlichkeiten und Machtstrukturen innerhalb der Muslim-Bruderschaft.

Das dritte Kapitel „A Common Word Between Us and You – Perspektiven für einen muslimisch-christlichen Dialog“ behandelt Inhalt und Botschaft des von 138 muslimischen Würdenträgern unterzeichneten und 2007 veröffentlichten offenen Briefes „A Common Word Between Us and You“. Im Fokus der Artikel stehen die Fragen der theologischen Belastbarkeit sowie der ethischen und politischen Reichweite des Doppelgebotes der Gottes- und Nächstenliebe, das im „Common Word“ als gemeinsame Basis von Christentum und Islam herausgestellt wird. SKH Prinz Ghazi Muhammed bin Talal, Hauptinitiator und Verfasser des „Common Word“, leitete die Veranstaltungsreihe mit einem Referat über die „Liebe im Koran“ ein.

II.        Ausblick

Der nachfolgende dritte Band der Buchreihe wird voraussichtlich folgende Themenkomplexe beinhalten:

Ein Kapitel widmet sich der „Stellung der Frau in Deutschland. Christliche und muslimische Perspektiven“ unter Berücksichtigung der Vorträge, die Gegenstand einer gemeinsamen Tagung der Eugen-Biser-Stiftung und der Evangelischen Akademie Tutzing im Februar 2013 waren.

Ein weiteres Kapitel befasst sich mit dem Ende September 2013 erschienenen „Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam“. Es soll über die Erfahrungen und Reaktionen berichtet werden, auf welche die Eugen-Biser-Stiftung bei Veranstaltungen mit dem Lexikon bei Schülern der Gymnasien und Vertretern der Religionsgemeinschaften gestoßen ist. Das Lexikon soll als ein wissenschaftlich fundiertes Werk nicht nur interessierten Kreisen der Religionsgemeinschaften, der Politik und Kultur, den Medien und der Wirtschaft, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit zu sachlich begründeten Informationen verhelfen und damit einen Beitrag auf dem Wege zu einem besseren Verständnis und offenen Dialog zwischen Christen und Muslimen leisten. Das Lexikon definiert ca. 330 Begriffe je aus christlicher und muslimischer Sichtweise. Es liegt sowohl in einer deutschen wie in einer türkischen Ausgabe vor. Es ist das Ergebnis einer achtjährigen Arbeit von fast 100 christlichen und muslimischen Wissenschaftlern unter der Leitung der Eugen-Biser-Stiftung, in Kooperation mit der Islamisch-Theologischen Fakultät der Universität Ankara.

In einem dritten Kapitel beabsichtigen wir, über die im Februar 2014 vorgesehene „Christlich-Islamische Frühjahrsakademie“ für christliche und muslimische Studierende zu berichten. Unter dem Titel „Übersetzen – Sprachefinden – Wissen“ sollen in der mehrtägigen Veranstaltung Erfahrungen mit dem Lexikon an interessierte Studierende und Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland und der Türkei weitergegeben und die Ergebnisse gemeinsam mit ihnen reflektiert werden

III.       Dank

Unser Dank gilt allen, die zur Fertigstellung und Publikation dieses Bandes beigetragen haben. In erster Linie sind hier die Autorinnen und Autoren zu nennen, deren Tätigkeitsfelder in einem Anhang aufgelistet sind. Frau Prof. Dr. Havva Engin und Herrn Prof. Dr. Michael Reder danken wir darüber hinaus als Herausgeber/in, insbesondere für ihre kritische Durchsicht aller Texte sowie die Erstellung des gesamten Bandes betreffende kompetente Beratung. Wir danken unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Frau Dr. Katja Thörner für die sorgfältige redaktionelle Betreuung des Bandes sowie Herrn Florian Specker vom Verlag Kohlhammer für die verlegerische Unterstützung. Für die finanzielle Förderung der Expertentagungen, der Common-Word-Reihe sowie der Drucklegung des vorliegenden Bandes, die uns durch eine Kofinanzierung des Europäischen Integrationsfonds und des Bundesministeriums des Innern aufgrund eines Beschlusses des Bundestags zuteilwurde, sind wir zu großem Dank verpflichtet.

 

München, 16.12.2013

Heiner Köster

Herausgeber der Schriftenreihe

 

 

 

 

Grundfragen des Wandels der deutschen und europäischen Gesellschaft

Zum Wandel der deutschen und europäischen Gesellschaften durch die Präsenz des Islam

Mathias Rohe

A.         Einführung

Der Islam ist in Europa keineswegs eine neue Erscheinung. Seit dem 8. Jahrhundert hat er in vielen Teilen Europas von der iberischen Halbinsel über Süditalien und den Balkan bis in die Schwarzmeerregion kulturprägend gewirkt. In Albanien und im Kosovo bilden Muslime noch heute die Mehrheit der Bevölkerung, andere Staaten Südosteuropas weisen große muslimische Bevölkerungsgruppen auf.

Während der positive kulturelle Einfluss islamisch-orientalischer Kultur in den unterschiedlichsten Feldern von Wissenschaft, Landwirtschaft, Handel, Kunst und Kultur weitgehend in Vergessenheit geraten ist, sind Erinnerungen an militärische Konfrontation, insbesondere mit dem osmanischen Reich, noch weit mehr präsent; wiederum vergessen sind hierbei politische Allianzen bis hin zum Ersten Weltkrieg. Der Verfasser besitzt eine Medaille aus dem Jahre 1915, auf der die Portraits der Herrscher Deutschlands, Österreich-Ungarns und des Osmanischen Reichs unter dem Motto „soli deo gloria“ vereinigt sind…

Historische Reminiszenzen sind allerdings weniger klimaprägend als die Folgen von Migrationsentwicklungen der letzten Jahrzehnte und die zunehmende Entwicklung des Islam zum Angstfaktor. Hier geht es nicht nur um die nur allzu berechtigte Furcht vor islamisch begründetem Extremismus bis hin zu schwersten Gewalttaten, sondern um ein diffuses Gefühl der Bedrohung durch alles Islamische. Vor allem aber scheinen die Folgen einer wenig durchdachten Migrationspolitik, soweit Muslime betroffen sind, die Debatte zu prägen. Muslimische Präsenz in größerer Zahl ist ja für viele Teile Europas einschließlich Deutschlands eine vergleichsweise sehr junge Erscheinung.

Anders als in den klassischen Einwanderungsländern wie Kanada, den USA oder Australien wird hierzulande Migration von vielen immer noch weit mehr als Bedrohung denn als Chance wahrgenommen. Tatsächlich hat die Zuwanderungspolitik vergangener Jahrzehnte vorwiegend wenig ausgebildete Arbeitskräfte für die Verrichtung einfacher und körperlich anstrengender Tätigkeiten ins Land gebracht, deren Arbeitsplätze mittlerweile weitgehend weggefallen sind. Anders als allseits zunächst erwartet ist ein erheblicher Teil dieser Menschen auf Dauer im Land geblieben, ohne dass sogleich die notwendigen institutionellen Reaktionen z. B. im Bildungsbereich erfolgt wären. Erst in den letzten Jahren hat sich dies geändert. Dass Bildungszugänge weitestgehend nichts mit der Religionszugehörigkeit der Betroffenen zu tun hat, zeigt der Umstand, dass Schülergruppen unterschiedlicher religiöser und ethnischer Herkunft bei vergleichbarem Sozialstatus auch vergleichbar niedrig qualifiziert sind, bspw. Italiener und Türken. Andererseits sind auch muslimische Kinder aus gebildeten Familien wiederum überdurchschnittlich erfolgreich. Vergleiche nur aufgrund der Religionszugehörigkeit ohne Berücksichtigung wirtschaftlicher und sozialer Faktoren führen daher in die Irre.

Hinzu kommt, dass sich vor allem seit den Terroranschlägen vom 11.9.2001 die öffentliche Wahrnehmung von Migranten geändert hat – ein Umschwung vom „Ausländer“ zum „Muslim“. Vielfältige Erfahrungen aus öffentlichen Veranstaltungen zeigen, dass oft umstandslos Probleme mangelnder Sprachbeherrschung und damit verbundener Schwierigkeiten in Bildung und Arbeit, Diskriminierung, kulturell bedingte Verhaltensweisen hinsichtlich Ehrverständnis oder Kommunikationskultur oder Phänomene eines übersteigerten Nationalismus z. B. unter Türken mit der Religion des Islam vermischt werden. Die inhaltlich oft grob verzerrenden öffentlichen Äußerungen zur jüngsten Studie der Deutschen Islamkonferenz über junge Muslime in Deutschland haben dies eindrucksvoll bestätigt. Zudem werden Vorkommnisse in der gesamten vom Islam geprägten Welt, z. B. in Saudi-Arabien, Iran oder Pakistan, oft umstandslos auf hier lebende Muslime übertragen, obwohl sie keinerlei Beziehung zu den dortigen Verhältnissen haben und auch nicht für sie verantwortlich sind.

Im Folgenden soll deshalb der Blick vor allem auf die Situation in Deutschland gelenkt werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die „Arabellion“ gezeigt hat, dass sehr wohl auch in der „islamischen Welt“ starke Kräfte von innen versuchen, demokratisch-rechtsstaatliche Verhältnisse durchzusetzen, wenngleich bislang mit ungewissen Erfolgsaussichten.

B.         Veränderungen durch die Präsenz des Islam

Verändert die Präsenz des Islam Deutschland? Vielleicht ist schon die Frage falsch formuliert. „Der Islam“ als Abstraktum ist nicht „präsent“; präsent sind Musliminnen und Muslime, die hier leben, sowie die Vorstellungen von ihnen, die durchaus nicht immer die Realität treffen. Das beginnt schon mit einer verbreiteten essentialistischen Sicht des Islam als einer vormittelalterlichen, unveränderlichen Religion und Kultur in erheblichen Teilen der Bevölkerung einschließlich einiger weniger Wissenschaftler, die Entwicklungen der Neuzeit offenbar nicht wahrnehmen (wollen). Der Vielfalt muslimischer Haltungen zu ihrer Religion und ihrer Umwelt wird das keinesfalls gerecht. Was also kann die Präsenz von Musliminnen und Muslimen verändern?

Am deutlichsten sichtbar wird muslimisches Leben zum einen im Alltag, wenn zum Beispiel religiös begründete Bekleidungssitten wie das Kopftuch, Speisegewohnheiten (z. B. Angebot von „Halal-Fleisch“) oder Rituale wie das Gebet oder das Fasten im Monat Ramadan in der Öffentlichkeit auftauchen. Von einer wirklichen Veränderung wird man hier kaum reden können, sofern nicht wie in einigen wenigen Stadtvierteln einzelner Großstädte eine kompakte muslimisch geprägte Infrastruktur entsteht. Es geht vielmehr um eine Ergänzung, wie sie durch Migrationsprozesse stets stattgefunden hat.

Eine Veränderung im öffentlichen Raum ist zudem in einer Institutionenbildung erkennbar, die sich etwa in der Etablierung islamischen Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen und nun auch islamisch-konfessioneller Theologie in einigen deutschen Universitäten niederschlägt. Diese Veränderungen finden auf der Grundlage der geltenden Rechtsordnung statt und werden im Rahmen des rechtlich Möglichen und Zulässigen auch aktiv durch staatliche Instanzen gefördert, bemerkenswerter Weise getragen von allen demokratischen politischen Richtungen.

Wohl noch deutlicher sichtbar ist die gegenständliche Veränderung des öffentlichen Raums durch Errichtung von Moscheen, teils mit Minaretten, und in einzelnen Fällen mit lautstärkerverstärktem Ruf zum Gebet. Auch diese Entwicklung vollzieht sich im allgemein geltenden rechtlichen Rahmen der Religionsfreiheit und ihrer Grenzen. Wenn hier also schlicht von der verfassungsrechtlich religionsneutral gewährleisteten Religionsfreiheit Gebrauch gemacht wird, ist dies nicht etwa als „Islamisierung“ des Landes zu sehen, sondern als schlichter Fall rechtlicher und gesellschaftlicher Normalität im Hinblick auf eine nach Millionen zählende Bevölkerungsgruppe.

Während exotische bauliche Vorläufer wie die barocke Moschee im Schwetzinger Schlossgarten oder Moscheen nachgebildete, repräsentative Gebäude wie das Kraftwerk bei Potsdam im mamlukischen Stil oder die ehemalige Yenidze-Tabakwarenfabrik in der Dresdner Innenstadt Faszination spiegeln, kommt es bei Bauten in der Gegenwart gelegentlich zu massiven Konflikten über die normalen nachbarschaftlichen Interessengegensätze hinaus. Dabei wird oft – ähnlich wie bei der berüchtigten Minarett-Abstimmung in der Schweiz im Jahre 2009, die nach fast allgemeiner Meinung unter Juristen zu einer menschenrechtswidrigen Beschränkung der Religionsfreiheit geführt hat – eine Stellvertreterdebatte geführt. Angriffspunkt ist nicht eigentlich das Gebäude, sondern die Befürchtung, es könne dort Extremismus und eine Art „Gegengesellschaft“ entstehen. Hier sind Transparenz von Seiten aller Beteiligten und ein aufrichtiges Aufeinander-Zugehen im Rahmen des geltenden Rechts erforderlich und in vielen Fällen auch erfolgreich. Veränderung ist meist mit Reibung verbunden, muss aber keineswegs nachteilig wirken.

Eine negative Veränderung ist allerdings in Gestalt aufkommender islamfeindlicher Grüppchen und Internetblogs zu sehen, deren ideologisierter Islamhass gelegentlich auch in die Mitte der Gesellschaft einzudringen droht. Bislang konnten sich in Deutschland – anders als in den skandinavischen Staaten, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Italien, der Schweiz, Österreich und Ungarn – keine nennenswerten dezidiert islamfeindlichen Parteien etablieren. Die einschlägig aktive Splittergründung „Die Freiheit“ ist bereits wieder im für Fanatiker typischen Selbstzerfleischungsprozess begriffen. Gefährlicher können hasserfüllte Internetblogs wie „Politically incorrect“ wirken, die bei wenig gefestigten Persönlichkeiten, wie sie sich in derlei Foren zu tummeln pflegen, Mechanismen einer Selbstradikalisierung auslösen können, darin der jugendlichen Islamistenszene nicht unähnlich. Wohlgemerkt: Hier geht es oft nicht mehr um zulässige, gelegentlich auch notwendige Kritik an bestimmten Erscheinungsformen des Islam, sondern um eine kulturrassistische Verunglimpfung einer ganzen Bevölkerungsgruppe und ihrer Religion. Wenn in derartigen Blogs zum „bewaffneten Widerstand“ aufgerufen wird oder Mordopfer verhöhnt werden, dann sind die Grenzen zulässiger Kritik sicherlich weit überschritten. Es wäre fatal, wenn islamfeindliche Einstellungen in die Mitte der Gesellschaft eindringen und damit die rechtlichen und gesellschaftlichen Grundlagen unseres Zusammenlebens unterminieren könnten. Das gilt auch für faktenarme Rundumschläge einzelner Feministinnen oder „Ex-Muslime“, die ihre im Kern berechtigten Anliegen und kritischen Haltungen in unzulässiger Weise verallgemeinern und Rechtsverstöße muslimischer Extremisten mit dem schlichten Gebrauch der Religionsfreiheit in eins setzen. Solche Aktivitäten sind geeignet, die rechtsstaatliche Ordnung, die angeblich verteidigt werden soll, tatsächlich zu unterminieren.

Gewiss zu einer negativen Veränderung haben kriminelle Taten muslimischer Extremisten geführt, vor denen auch Deutschland nicht verschont geblieben ist. Mord an US-Soldaten am Frankfurter Flughafen ist hier ebenso zu nennen wie mehrere Attentatsplanungen oder die Bildung terroristischer Zellen für weltweite Aktivitäten. Hiervon ist die gesamte Gesellschaft betroffen, zuallererst die Muslime selbst, wenn deren übergroße friedliche Mehrheit durch derartige Taten in Misskredit gebracht wird. Deshalb wird weitestmögliche Zusammenarbeit aller Gutwilligen zur gemeinsamen Sicherung des Rechtsstaats und seiner Grundlagen erforderlich.

Problematisch erscheinen allerdings auch manche Phänomene identitärer Selbstvergewisserung, soweit sie nur ab- und ausgrenzend wirken sollen. So wichtig die Durchsetzung und Verteidigung der auch in Deutschland ja noch neuen Gleichberechtigung der Geschlechter ist, so wenig glaubwürdig wirken jene, die nur Muslimen (teils durchaus zu Recht) Einstellungen vorwerfen, die damit unvereinbar sind, ohne ansonsten als Förderer der Gleichberechtigung aufzufallen. Ähnlich gilt für die häufig – selten von Juden – beschworene jüdisch-christliche Symbiose in der abendländischen Kultur. Dass eine solche Sicht für die Gegenwart mehr als erfreulich, ja nötig ist, versteht sich von selbst. Eine Beschreibung der Vergangenheit trifft sie sicherlich nicht. Vollends unredlich würde ihre bloße Instrumentalisierung zur Ausgrenzung von Muslimen. Immerhin finden sich zwischen orthopraktisch orientierten Juden und Muslimen manche Gemeinsamkeiten, auf die schon die jüdische Wissenschaft des frühen 19. Jahrhunderts hingewiesen hat. Ebenso bedenklich sind gelegentliche Tendenzen zur bewussten Selbstüberhöhung und -abschottung, wie sie etwa in muslimisch-salafitischen Zirkeln zu beobachten ist.

Demgegenüber positiv zu bewerten sind Veränderungen durch zunehmende Partizipation von Musliminnen und Muslimen an allgemeinen gesellschaftlichen Debatten über die Grundlagen des Zusammenlebens und die Zukunft des Landes. 2011 gab es bspw. muslimische Stellungnahmen zum Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik im deutschen Bundestag – Beiträge zu einem ethischen Grundkonsens der gesamten Gesellschaft.

Insgesamt hat vor allem die muslimische Institutionenbildung eine Debatte darüber ausgelöst, ob das geltende Religionsverfassungsrecht seine Aufgaben weiterhin adäquat erfüllen kann. Hier ist nicht der Raum, auf die umfangreiche einschlägige Debatte einzugehen. Positiv ist zu vermerken, dass das säkulare, aber positiv religionsoffene Verfassungsmodell Deutschlands auf sehr viel mehr Akzeptanz stößt und deutlich aufnahmefähiger ist als das konzeptionell streng laizistische Modell Frankreichs, das seinerseits in die Diskussion geraten ist (Stichwort „laicité positive“). Einzelne Neuinterpretationen mögen erforderlich werden, das System insgesamt scheint sich aber weiterhin zu bewähren. Auch in Frankreich scheint das vor-laizistische Modell Elsass-Lothringens, das dem deutschen Recht nahe kommt, zusehends an Interesse zu gewinnen.

C.         Veränderungen des Islam in Deutschland

So wenig spektakulär es ist, dass Deutschland sich durch die Präsenz muslimischen Lebens ändert, so wenig überraschend sind Einflüsse der Umgebungsgesellschaft auf dieses muslimische Leben. Mag auch „der Islam“ als Religion in seinen Grundpfeilern unveränderlich sein oder zumindest weitgehend so verstanden werden, so wird der Zugang zu ihm doch maßgeblich von Menschen geprägt, die ihrerseits in einer bestimmten, je eigenen kulturell-sozialen Umgebung aufwachsen und leben. Wie anderen Weltreligionen ist daher auch dem Islam Pluralität in die Wiege gelegt. Nicht von ungefähr nimmt der Islam im europäischen Bosnien eine deutlich andere Gestalt an als auf der Arabischen Halbinsel oder in Südasien. Einige spezifische Prägungen kommen indes hinzu.

Seit ungefähr einer Dekade ist eine zunehmende Islamisierung der Muslime in der öffentlichen Wahrnehmung zu beobachten, in den Medien wie im Alltagsleben. Gab es vormals ein vermeintliches oder tatsächliches „Ausländerproblem“, so werden heute Probleme von Migration und Integration oft umstandslos der Religionszugehörigkeit zugeschrieben. Damit geht eine Änderung im Selbstverständnis gerade unter manchen jungen Musliminnen und Muslimen einher. Dazu könnten auch fehlende Zugänge zu säkularen Institutionen beigetragen haben; dann mag der religiöse Verein die „Nestwärme“ vermitteln, die man zuvor vergeblich andernorts gesucht hat.

Spiegelbildlich dazu laufen die Religion und ihre Institutionen Gefahr, Erwartungen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen ausgesetzt zu werden, die sie kaum erfüllen können. Dabei geht es nicht nur darum, dass Imamen, die dafür kaum vorbereitet sind, nunmehr neue Tätigkeitsfelder vom interreligiösen Dialog bis zur Sozialarbeit zugewiesen werden. Es erscheint vielmehr auch nicht selbstverständlich, dass die Moschee als der natürliche Ort für schulischen Nachhilfeunterricht oder der islamische Religionsunterricht als Mittel von Integrationsmaßnahmen aller Art angesehen werden. Solche Entwicklungen können im Einzelfall hilfreich sein. Allerdings können sich damit auch Gewichte im zivilgesellschaftlichen Leben verschieben, ohne dass die Implikationen stets hinreichend bedacht werden.

Nicht zuletzt bietet Deutschland und Europa ein hervorragendes Experimentierfeld für die Entwicklung einer islamischen Theologie im säkularen staatlichen Rahmen. Weitreichende Meinungsfreiheit, die Möglichkeit zur kritischen Anfrage und die Trennung von staatlicher Machtausübung sind prägende Rahmenbedingungen für solche Entwicklungen, die bereits begonnen haben und deren Wirkungen künftig weit über die Grenzen des Landes hinaus spürbar werden können. Die Religion als „guidance“ statt als „governance“, „Bildungs-“ und „Gender-Dschihad“ und „Öko-Islam“ sind Stichworte, welche sicherlich nicht nur das neugierige Interesse von Wissenschaftlern wecken.

Abschließend sei die These aufgestellt, dass die Zukunft des Islam in Deutschland die Zukunft der Religionen im öffentlichen Raum insgesamt beeinflussen wird. Wer die Präsenz von Religion im öffentlichen Raum ablehnt, mag beim Islam einen ersten Ansatzpunkt finden. Zugleich ist die Art und Weise der Begegnung der Religionen im Lande sicherlich auch ein Indikator für das bestehende Selbstverständnis. Die vielfach spürbare Angst vor dem als vital wahrgenommenen Islam erscheint ja in Wirklichkeit auch als Angst vor der wahrgenommenen Schwäche des Christentums. Insofern hält „der Islam“ den Christen eigentlich nur den Spiegel vor.

Insgesamt ist es sachangemessen und wünschenswert, sich aus dem Gegensatz „wir“ und „sie“ zu lösen. Ungefähr die Hälfte der in Deutschland lebenden Musliminnen und Muslime sind Deutsche; ein großer Teil der anderen lebt seit langem im Land und wird auch dauerhaft hier bleiben. Der Islam ist also weniger und weniger ein Migrationsphänomen und mehr und mehr ein Teil Deutschlands. Der Islam verändert aus solcher Sicht nicht das gesellschaftliche Leben, sondern trägt schlicht dazu bei. Gleiche Rechte und Pflichten für alle Menschen in Deutschland sollten selbstverständliche „Hausordnung“ sein. Gegensätze und inhaltliche Konflikte wird es auch künftig geben. Wichtig ist indes, zunächst zuzuhören, wer welche Religion in welcher Weise interpretiert und zu welchen Schlüssen und Umsetzungen gelangt. Nur dies kann zeigen, wer die Grundgemeinsamkeiten friedlichen und rechtsstaatlichen gesellschaftlichen Zusammenlebens mitträgt, und wer sich dagegen stellt. Die Bekämpfung von Extremismen aller Richtungen sollte dabei gemeinsame Aufgabe sein.

Weiterführende Literaturhinweise:

Umfangreiche Materialien finden sich auf der Website der Deutschen Islamkonferenz unter http://www.deutsche-islam-konferenz.de

 

Rohe, Mathias, Das islamische Recht: Geschichte und Gegenwart; 1. und 2. durchgesehene Auflage, München 2009, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2011.

 

Rohe, Mathias, Der Islam – Alltagskonflikte und Lösungen. Rechtliche Perspektiven; Freiburg/Breisgau: Herder-Verlag, 2. Aufl. Ende 2001.

 

Rohe, Mathias, Islam und säkularer Rechtsstaat: Grundlagen und gesellschaftlicher Diskurs, in: APuZ – Aus Politik und Zeitgeschichte, 13–14/2011, 28. März 2011, 21.

 

Rohe, Mathias, Islam und Menschenrechte. Konfliktlinien und Lösungsansätze, in: Thomas Nawrath/Philipp W. Hildmann (Hg.), Interkultureller Dialog und Menschenrechte, Nordhausen 2010, 141–168.

 

Rohe, Mathias, Islamismus in Deutschland – Einige Anmerkungen zum Thema, in: Thorsten Gerald Schneiders (Hg.), Islamverherrlichung – Wenn die Kritik zum Tabu wird, Wiesbaden 2010, 171–184.

The Emancipation of Europe’s Muslims1

Jonathan Laurence2

Just over 1 percent of the world’s 1.5 billion Muslims reside in Western Europe, yet this immigrant-origin minority has had a disproportionate impact on religion and politics in its new and former homelands. The Muslim population ballooned in just fifty years from some tens of thousands to 16 or 17 million – approximately one out of every twenty-five Western Europeans – in 2010. During the formative decades of this settlement (1960–1990), Europeans permitted foreign governments and NGOs from the Islamic world to have a free hand in shaping Muslims’ religious and political life. But persistent integration difficulties and sporadic terrorism persuaded European governments that their laissez-faire approach had far-reaching unintended consequences on host societies’ way of life. Between 1990 and 2010, authorities across Europe belatedly acknowledged that the once-temporary labor migrants – and now, their children and grandchildren – are part of the permanent demographic and political landscape. Their earlier hesitation incurred costs, however, and their newfound sense of ownership is plagued by ambivalence. With projections showing continued demographic growth before leveling off at 25–30 million people (or 7–8 %) in 2030, Western European governments have no choice but to look upon their Muslim minorities today as angels imprisoned in a block of marble: a community of new and future citizens whose contours are still being sculpted.3

As European Muslims have become more numerous and visible in public life in the past decade, national governments have expended time, effort, and resources on pursuing policies that would encourage the integration of these immigrant-origin populations. The consolidating instinct of the nation-state has been in full resurgence, as governments across Europe conspicuously pursue the preservation of national identity, social cohesion, and “guiding culture.” Measures have ranged from religious restrictions – such as banning burkas, minarets, or headscarves – to civic impositions, like mandatory language and integration courses and citizenship tests. In the realm of state-mosque relations, European governments have encouraged the development of national forms of Islam by way of formal councils and consultative bodies. If there was ever a mythical postwar era of “multiculturalism” in which host societies sent mixed signals to new arrivals about the cultural expectations of national citizenship, a new and more demanding phase has replaced it.

For host societies like Britain, France, Germany, Italy, the Netherlands and Spain, Islam in Europe is no longer just a matter of ginger diplomacy with former colonies or current trading partners: the integration of Muslims has become a nation-building challenge of historical significance. This religious minority is novel for its sheer scale and swift pace of migratory settlement: Muslims now make up 4–8 percent of their national populations – and several times that proportion in some cities.

Foreign governments and transnational nongovernmental organizations (NGOs) continue to compete for influence over the Islamic diaspora, but Muslims’ permanent settlement in Europe now places this competition squarely within domestic politics.

In important respects, European countries have been here before: in the past two hundred years, Jews, Catholics, Protestants, working classes, women, and other ethnic minority or migrant groups once absent from the body politic gradually acquired full citizenship and in many cases were granted “group” access to representative institutions. Not all groups (or host societies) made the transition without difficulty, and in different contexts those challenges also produced radicalism, persistent integration problems, or political violence. Integration never depended purely on individual equality before the law. In the words of a nineteenth-century historian, “The real touchstone for success […] was its collective emancipation.”4

The institutional responses during these earlier moments of “emancipation” left behind an architecture of state-society relations and consultative mechanisms which governments today have restored to facilitate the integration of Muslim communities. European nation-states now face an added challenge in comparison with the past: the persistence of foreign interests that keep a hand in European Muslim life. Today, the interaction of religion policies in Europe and the Muslim world has geopolitical resonance.

During the half-century since the first guestworkers arrived, official and nongovernmental religious organizations originating in the Islamic world supplied funding and personnel in support of rival political-religious tendencies in European mosques and cultural centers. Diasporas play a decisive role for the main countries of emigration – Algeria, Morocco, Pakistan, and Turkey – some of which are still in an intermediate phase of political and economic development. For them, Europe is home to 50–85 percent of their nationals living abroad: roughly four million Turks, three million Algerians, three million Moroccans, and two million Pakistanis5. These European residents remain a reservoir of support or opposition for homeland regimes, including the remittances and investments that make up a significant portion of homeland GDP as well as extremist elements that plot political violence at home. Europe’s Muslims have also been the target of extensive missionary work by transnational Islamist movements – based in Saudi Arabia, Egypt, Libya, Pakistan, but also in Europe – who aim to strengthen their own religious hegemony within the international ummah. Viewed from the capitals of the Islamic world, the Muslim diaspora vacillates between the role of budding vanguard or potential rearguard.

The crucial years of 1989–1990 provided an early glimpse of a newly politicized minority – during the first headscarf affair, the Rushdie Affair, the first Iraq war – and national governments in Europe soon afterward began to take “ownership” of their Muslim communities. In particular, they initiated the process of bringing Islamic leadership into state-church institutions to mitigate the religion’s “foreignness” and to gain regulatory oversight over mosques and prayer rooms. After leaving them outside domestic institutions, public authorities across Europe have come to encourage Muslims to embrace national citizenship and to pursue the institutional adaptation of Islamic organizations.

Nonetheless, Muslims’ long-term integration into European politics and society is a work in progress. Across the region, a lively debate rages over Islam’s compatibility – and Muslims’ ability and willingness – to accept the rule of law and the separation of religion from the public sphere. The populist right wing’s growing share in several major immigration countries reflects mounting anxiety about the threat posed to national identity and national security by a permanent and growing Islamic minority. Several major fault lines of international conflict of the last forty years lie in the Middle East, which has amplified the significance of Muslims’ political and religious orientations in Europe as an issue of domestic and international interest.

Many Muslims living in these countries, in turn, feel stigmatized by growing antagonism toward their religious background – negative feelings about Muslims reached 35–60 percent in a recent European study – and so they experience an increasingly scrutinized existence.6 A flurry of restrictive legislation marked the first decade of this century: governments passed laws to prohibit mainstream religious symbols such as minarets and headscarves, as well as less widespread cultural practices associated with the Islamic world like burkas, polygamy, and forced marriages. Official and informal opposition to mosque construction is increasingly commonplace, as is the conditioning of naturalization on “moderate” religious practice.

The repressive measures that have put Muslim communities on the defensive, in fact, belie a broader trend toward greater religious freedom and institutional representation for Islam in Europe over the last twenty years. The gestures of restriction and toleration are complementary and part of a unified process. European Muslims are experiencing the throes of a distilled and abbreviated era of emancipation: a dual movement of expanding religious liberty and increasing control exerted over religion.7 Every religious community that has joined the national fabric accepted certain restrictions on its freedoms and autonomy at the moment of recognition: from the use of local clergy who preach in the local language, to abandoning distinctive dress in the public sphere.8 As Muslims are transitioning from a majority-immigrant to majority-citizen group, European states have begun the effort to relieve what they consider excessive pressures of foreign political or religious influences.

This dual movement is most visible in the officially encouraged “privatization” of religious practices – the nineteenth-century injunction, for example, to “be a man in the street and a Jew at home […] a brother to your countrymen and a servant to your king”9 that other religious communities have also experienced during the modern era. The variegated experience of post-Emancipation Jewish minorities in Europe also illustrates the dangers of unresolved tension between individual and collective rights. This is reflected in the preoccupation that communities must effectively sacrifice their distinctiveness and collective identity in the name of legal and political equality, compounded by the sinking fear that they may never entirely escape suspicion and persecution. With the contemporary restrictions of visible Islamic symbols, host societies trace the outer limits for practices which they consider beyond the pale. But there is much more within the pale that is now treated as routine. Until 1990, European Muslims existed in a pre-emancipatory state: adult migrants (and sometimes their native-born children) enjoyed highly circumscribed political rights, subject to limits on freedom of assembly and association, to voting, holding public office, and public employment.10 The basic rights and freedoms granted to religious communities, too, were largely out of reach in the absence of citizenship. Between 1990 and 2010, European governments implemented new policies, raising standards and expectations for the integration of newcomers, but they have made citizenship more accessible and increased both individual and collective equality before the law for those who were already there.

Today, national interior ministries across Europe help oversee and coordinate the routinization of Islamic religious practices in Europe (what one French Muslim leader has called “the right to indifference,” in opposition to “the right to be different”): the financing and construction of mosques; the civic integration of imams; the appointment of Muslim chaplains in prisons, the army, and hospitals; the design of religious curriculum in publicly funded schools; and the celebration of major holidays and religious events – from lamb slaughter for Eid al-Adha to the pilgrimage to Mecca. There are now thousands of Islamic houses of worship – 2,100 in France, 2,600 in Germany, 1,200 in the UK, 661 in Italy, 450 in Spain, 432 in the Netherlands11 – and thousands of imams who preach and lead prayer in these mosques. Muslim schoolchildren are increasingly free to choose an Islamic education class at school or to attend a publicly subsidized Islamic school, and Islamic theology chairs in public universities – to train religion teachers as well as prayer leaders – are gradually being endowed. These developments are not yet on a par with other religious communities, but they are the rights and privileges – from the controversial to the mundane – that make up the business of state-mosque relations.

Contemporary Islam Councils are the culmination of a search for “moderate” yet legitimate interlocutors who can negotiate a representative bargain with the state in exchange for a monopoly on a set of narrowly defined religious issues. Together, these policies aimed to ensure that both public claims and private practices associated with the group are accorded similar rights – and are subject to similar restrictions – as any other recognized group under national law.

However difficult and unique the contemporary difficulties with Islamic groups could appear, the challenges today’s governments face and the strategies they have adopted echo earlier institutional interactions with “new” groups of citizens. European states have pursued a twofold strategy of incorporation toward Muslims in the early twenty-first century – full citizenship followed by institutional organization – similar to what they did for nineteenth-century emancipated Jews and for the newly enfranchised working classes in the early twentieth century. First, governments have sought to establish the bases for participation in state and society as equal citizens, irrespective of affiliations an individual may privately hold. Second, they endeavored to bind the group’s associations to the state through formal relations and corporatist institution-building.

The most striking illustration of a Europe-wide move toward the “domestication” of Islam – and the summit of the process of institutional recognition – came with the development of national consultations with prayer spaces and civil society organizations. Between 1990 and 2010, national interior ministries established local and national “Islam Councils” – from the French Council for the Muslim Religion, the Spanish Islamic Commission, the Belgian Muslim Executive, the Italian Islamic Consultation, to the German Islam Conference – comprising the religious leadership of foreign governments, NGOs, and prominent Muslim citizens active in their territories. The creation of these councils guarantees equal access to religious freedoms at the same time that they exert control by placing the state in the familiar role of broker and guarantor of religious freedoms.

The parallel development of Islam Councils in these countries was the result of key policy actors finding similar solutions to similar problems. European governments have created local and national councils to resolve practical issues of religious freedom and infrastructure – imams, chaplains, mosques, education, halal food, etc. – for their Muslim citizens and residents. But the essence of state-mosque relations is a twofold struggle on a higher plane: first, to free European Muslims from direct foreign government oversight. And second, to induce the “moderation” of the religious organizations linked to transnational Islamist movements. Governments’ goal is to diminish the foreign ties of Islamic prayer spaces and leadership, and to attract the participation of “moderate” political-religious movements within state-mosque relations. To understand the ambition of these councils, one needs to take into account not only the evolution of religion policy in Muslim-majority states between the moment of modern state formation and the departure of emigrants in diaspora, but also the ways in which Islamic movements have been transformed upon contact with the institutional parallelism they have encountered across Europe. European governments are not just reconciling Islam with the western democratic state; they are tampering with a fragile equilibrium in the respective host countries and entire Islamic world, intentionally or not.

Government ministries involved in this consultation process do not presume the existence of some essential “Muslim” waiting to be whitewashed into a mythical “citizen.” But regardless of Muslims’ diversity of national origin, piety, and religious affiliation, governments in Europe have nonetheless come to see “their” Muslims as a community, a collectivity, and the object of public policymaking. Religion was not the first or only trait that governments took on: outreach programs in favor of naturalization, linguistic integration, civic knowledge, and political participation have all had their day. But religion policy in particular allows European governments to gradually take “ownership” of their Muslim populations because it grants them unique influence over organizations and leadership within this hard-to-reach minority.

European states exercise an unusual amount of regulatory control over state-church issues from the controversial to the mundane: entry/residence visas for clergy and diplomatic religious counselors, tax breaks and nonprofit status for religious organizations, construction permits for prayer space, the licensing of slaughterhouses. Administrators are not engaged in the special accommodation of Muslims; they are incorporating Islam into pre-existing state-church institutions. European governments are trying to create the institutional conditions for the emergence of an Italian or German Islam, e.g., rather than just tolerating Islam “in” Italy or Germany.

Councils are also often pointed to as a way to deny oxygen to religious extremists who allege a general Western hostility to Islam. State-mosque relations reinforce religious freedom and create a shared sense of belonging by reaching out to respected religious leaders in Europe and ensuring that Muslims can fully practice their faith in European contexts. By bringing Islam in, these governments hoped to diminish the risks of the exposure of Europe’s Muslims to the globalized marketplace of religious ideas, poor socioeconomic integration, local religious tensions, and the shortcomings of Europeans’ other integration policies. This layered agenda was expressed in policies that grant religious rights to Muslims while affirming the state’s oversight authority and the rule of law.