Rebeccas Baby

 

 

 

Logo-HZ

Band 42

 

Rebeccas Baby

 

von Michael Marcus Thurner und Logan Dee

nach einem Exposé von Michael Marcus Thurner und Uwe Voehl

 

 

© Zaubermond Verlag 2015

© "Das Haus Zamis – Dämonenkiller"

by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

 

Titelbild: Mark Freier

eBook-Erstellung: Die Autoren-Manufaktur

 

http://www.zaubermond.de

 

Alle Rechte vorbehalten

 

 

 

 

Was bisher geschah:

 

Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind …

Unterdessen wird Coco Zamis von Asmodi erpresst. Der Fürst der Finsternis entreißt ihr das noch ungeborene Kind und benutzt es als Pfand. Während die junge Hexe bisher sicher war, dass sie es von dem Verräter Dorian Hunter empfangen hat, behauptet Asmodi, dass er es ist, der sie geschwängert hat.

Um ihr ungeborenes Kind wiederzuerlangen, begibt sie sich in Asmodis Hände. Doch keine der Aufgaben, die er ihr stellt, erfüllt sie zu seiner Zufriedenheit. Behauptet zumindest er und erpresst sie weiterhin.

Schließlich gelingt es ihr mit der Hilfe ihrer Familie, Asmodi den Fötus zu entreißen.

Aber jetzt ist es ihr eigener Vater, Michael Zamis, der ihr den Fötus verweigert.

Auf der Suche nach ihrem gestohlenen Dämonen-Fötus reist Coco Zamis nach London. Zufällig trifft sie ihren tot geglaubten Liebhaber wieder: Dorian Hunter. Doch der erkennt sie nicht, lädt sie aber in seine Villa in der Baring Road ein. Dort stößt Coco auf ein entsetzliches Geheimnis: Hinter einer mit magischen Schutzzeichen versperrten Kellertür wird ihr ungeborenes Kind versteckt gehalten. Dorian Hunter entpuppt sich als Marionette ihrer Familie. Er lebt in einer magisch erzeugten Scheinwelt. Coco kämpft mit allen Mitteln um ihr Kind. Mithilfe des geheimnisvollen Damon Chacal gelingt es ihr schließlich, den Fötus an sich zu bringen. Um ihn fürs Erste allen Widersachern zu entziehen, beschwört sie den einstigen Hüter des Hauses Zamis aus dem Reich der Toten und gibt ihr Ungeborenes in dessen Obhut ...

 

 

 

 

Erstes Buch: Die Hölleninsel

 

 

Die Hölleninsel

 

von Michael Marcus Thurner

 

1.

 

»Natürlich habe ich Zeit, Rebecca!«, sagte ich. »Wann soll ich kommen?«

Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang mit einem Mal zögernd. Vielleicht überrascht darüber, dass ich so rasch zusagte. Die Frau antwortete: »Nach dem Wochenende. In fünf Tagen also.«

»Und du wohnst tatsächlich im Dakota-Building in New York?«, hakte ich nach. »Mit Blick auf den Central Park?«

»Ich habe meine Beziehungen spielen lassen. Man gönnt sich ja sonst nichts im Leben.«

Ich hatte immer schon ein Faible für Rebeccas bezaubernden englischen Akzent gehabt – und für ihr Lachen, tief und grollend, das ansteckend war.

»Ich nehme am Montag den erstbesten Flieger nach New York und …«

Sie unterbrach mich abrupt. »Coco, könntest du mir einen Gefallen tun? Ich warte schon viel zu lange auf ein Paket. Ich brauche es für … für mich persönlich, und es scheint verloren gegangen zu sein. Könntest du die Anreise unterbrechen und mir besorgen, was ich benötige?«

Ich schluckte meinen Ärger runter. Wollte mich meine Freundin als Laufburschen benutzen? »Na klar, mach ich!«, sagte ich und ließ meine Stimme so gut gelaunt wie möglich klingen. »Wie ich schon sagte, bin ich derzeit in Frankfurt. Wo soll ich das Päckchen denn abholen?«

»Es liegt gewissermaßen auf dem Weg – und ich bin mir sicher, du wirst die Tage in Funchal genießen.«

»Du meinst das Funchal? Die größte Stadt auf Madeira? Du verlangst, dass ich einen derartigen Umweg in Kauf nehme? Von Lissabon eineinhalb Stunden nach Madeira und wieder zurück fliege, bevor ich Richtung New York abhebe?«

»Ja.« Rebecca stockte kurz. »Es ist mir peinlich, Coco, aber ich brauche den Inhalt und komme derzeit nicht hier weg. Du würdest mir einen riesengroßen Gefallen tun.« Plötzlich schlug Rebeccas Stimmung wieder um. Frohgemut ergänzte sie: »Ich verspreche, dass ich mich revanchiere und dich mit den großartigsten Liebhabern im Big Apple bekannt mache. Sagtest du nicht, du bräuchtest etwas Ablenkung? – Die Stadt hat in der Hinsicht einiges zu bieten, und du wirst auf deine Kosten kommen …«

»Ist schon gut!« Ich lachte. »Gib mir die Adresse, ich hole dein geheimnisvolles Päckchen ab.«

 

Rebecca. Eine der wenigen Freundinnen, die ich in den dämonischen Zirkeln gefunden hatte. Sie war eine Vampirin, die ihren Gelüsten, so gut es ging, widerstand und sich fast ausschließlich am Abschaum der Gesellschaft gütlich hielt, wenn sie dem Drang nach Blut nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Ich kannte sie nicht anders als in Gesellschaft von Fledermäusen. Durch einen Biss verwandelte sie die Opfer ihrer Gelüste in eines dieser sonderbaren Geschöpfe und machte sie hörig.

»Noch etwas zu trinken, Frau Zamis?«

»Nein danke.«

»Schade. Ich hätte Sie gerne auf einen Cocktail eingeladen, sobald wir auf Madeira gelandet sind. Ich habe einen Tag frei und könnte Ihnen die Sehenswürdigkeiten Funchals zeigen …«

»Wie ich bereits sagte: Nein danke.« Ich gab dem Flugbegleiter einen hypnotischen Befehl, er drehte sich weg von mir und kümmerte sich um andere Passagiere der Ersten Klasse auf dem Flug von Lissabon nach Funchal.

»Obrigado«, murmelte er im Weggehen. Eine portugiesische Höflichkeitsformel, die zu beinahe jeder Gelegenheit passte.

Er war ein knackiger junger Kerl, braun gebrannt und muskulös, und er hatte ein verführerisches Lächeln. Doch ich war an amourösen Abenteuern wirklich nicht interessiert. Ich wollte meine Ruhe haben. Wollte nichts hören, nichts sehen. Einfach nur mal Zeit für mich selbst haben und alles vergessen, was in letzter Zeit rings um mich vorgefallen war.

Es war ein willkommener Zufall gewesen, dass Rebecca mich ausgerechnet jetzt kontaktiert hatte, da ich nicht wusste, wohin mich mein Weg führen würde. Nun hatte ich zumindest ein Ziel. Und die Hoffnung auf … nun ja, auf Frauengespräche. Auch wenn sich unsere Unterhaltung aller Voraussicht nach um die üblichen Themen drehen würde: um Dämonen, die sich zu viel herausnahmen und glaubten, man wäre ihr Eigentum. Um die Möglichkeiten einer jungen Hexe, das Sexleben mithilfe der besonderen Begabungen aufzupeppen. Um dieses oder jenes persönliche Erlebnis, über das man sich nur schwer mit einem Mitglied der Sippe – und schon gar nicht mit einem Menschen – unterhalten konnte.

Der Kapitän der Maschine meldete sich über Bordfunk und verkündete, dass die A-319 in fünfzehn Minuten landen würde. Ich spürte, wie wir in den Sinkflug übergingen. Ich streckte mich ausgiebig, blickte dann durch ein Bullauge in die Tiefe, auf die dunkelblaue See hinab, und meinte, im diesigen Morgennebel einige Felsen und Inselchen auszumachen.

Die Passagiere in meiner Reihe, auf der gegenüberliegenden Seite der Gangway, hatten nicht so viel Freude wie ich an dem Flug. Ich hatte sie allesamt vertrieben. Sie quetschten sich zu dritt auf Plätze, die für zwei Passagiere gedacht waren.

Nun, es scherte mich nicht. Ich hatte Ruhe und Entspannung mehr als verdient.

 

Der Flughafen war klein, die Landebahn kurz. Sie war über eine gut ausgebaute Landstraße hinweg errichtet worden. Auf der Vulkaninsel herrschte vor allem Mangel an ebenen Flächen, und so musste man improvisieren.

Ich hieß die anderen Passagiere zu warten und stieg als Erste aus. Die Luft war angenehm temperiert, es roch wie auf allen Flughäfen der Welt nach Kerosin. Einige Gestalten lungerten im Schatten des Hauptgebäudes umher. Es dauerte eine Weile, bis sie sich hochgerappelt hatten und sich bequemten, den Gepäckwagen bereitzustellen und die Maschine leer zu räumen.

Ich reiste mit leichtem Gepäck. Alles, was ich benötigte, war in einem winzigen Koffer verstaut, den ich als Handgepäck bei mir trug. Was ich darüber hinaus benötigte, würde ich mir besorgen.

Ich spürte, wie die Bürden, die ich mit mir trug, Schritt für Schritt abfielen. Ich war frei zu tun, was ich wollte! Ich musste weder auf die Familie Rücksicht nehmen, noch würde ich einen einzigen Gedanken an das Café Zamis verschwenden. Und auch meine Affäre mit Damon Chacal betrachtete ich als beendet. So sehr ich auch darunter litt. Ich hatte den Schlussstrich selbst gezogen, und das gab mir die Zuversicht, auch in Zukunft ohne ihn auszukommen.

Rings um mich schnatterten aufgeregte Touristen, zeigten unter vielen Ahs und Ohs auf bemalte Kacheln, für die die madeirensische Kultur bekannt war, auf prächtige Blumengestecke, auf zwei Mädchen in der landestypischen Tracht. Die beiden sangen ein portugiesisches Volkslied und empfingen damit eine junge Frau aus meinem Flugzeug, die sich gebührend genierte und leise kicherte.

Ich lachte. Ich war glücklich. Wann hatte ich das letzte Mal dieses völlige Gefühl der Freiheit genossen?

»Olá, senhora«, sagte jemand mit rauer, viel zu tiefer Stimme, kaum dass ich das Flughafengebäude verlassen hatte. »Taxi gefällig?«

Ich drehte mich um, meine besonderen Sinne sprachen augenblicklich an. Vor mir stand ein kleinwüchsiger Mann mit Ziegenbart, grinsend und Kaugummi kauend. Etwas an ihm stimmte nicht, und es dauert einige Sekunden, bis ich verstand, was es war: Die Beulen an seinen Schläfen – sie waren anders, als sie erschienen. Sie waren mithilfe von leichter Magie überschminkt worden.

»Olá«, erwiderte ich den Gruß. »Danke schön, aber ich brauche keine Hilfe.«

»Bist du dir da sicher, senhora?« Der Mann trat näher an mich heran und schnüffelte an mir. »Warst noch nie auf Madeira, nicht wahr? Kennst nicht die Gesetze der Insel, die für deinesgleichen gelten.«

»Und du glaubst, dass du sie mir beibringen kannst?«

»Wer, wenn nicht der Treue Joao? Der beste Begleiter für Hexen, Dämonen und andere hochedle Herrschaften, den man mit Geld kaufen kann?«

Ich strengte mich an und visualisierte die wahre Gestalt hinter der magischen Tarnung des Kleinen. Ich erkannte ein Wesen, mehr Vieh denn Mensch, das Mühe hatte, aufrecht stehen zu bleiben und dessen Körper von schrecklichem Aussatz befallen war. Er stank sauer, da und dort platzten immer wieder kleine Eiterbeulen auf.

»Wer hat dir das angetan, Freak?«, fragte ich.

»Ach, das ist ein Fluch in dritter Generation, mit dem es sich ganz gut leben lässt«, sagte der Kleine und gab sich dabei betont fröhlich. »Was ist nun, senhora? Es sind mehr als zwanzig Kilometer bis Funchal, und für eine … hm … ganz besondere Frau wie dich ist die Fahrt nicht ganz so einfach. Es gibt magische Sphären, die es zu durchfahren gilt.«

Er spielte mir seine Lockerheit bloß vor. Ich fühlte, dass ihn sein Schicksal bedrückte. Bereits seine Großeltern waren also von Dämonen in eine deformierte Gestalt gezwungen worden. Er trug die Last einer Erbschuld auf seinen schmalen Schultern, ohne etwas dafür zu können.

»Was für Sphären?«, erkundigte ich mich.

»Ach, was für ein naives Vögelchen der Treue Joao da entdeckt hat … Er wird gutes Geld mit dir machen.« Der Kleine räusperte sich mehrmals, bevor er weiterredete: »Madeira ist altes, uraltes Dämonenland. Und die Insel ist nicht sonderlich groß. Mehrere Familien rittern hier seit Beginn aller Aufzeichnungen um Macht, um Position, um Besitz. Die Grosvenors, die Blandeurs, die dos Santos, die Reids.«

Der Name Blandeur ließ alle Alarmglocken in mir schrillen. Rebecca hatte mich gebeten, ihr Paket von einem gewissen Jacques Blandeur oder dessen Helfer Renato I. zu übernehmen. Ich blieb so ruhig wie möglich und hörte aufmerksam zu, während Joao weiterredete.

»Dämonische Patriarchen teilen ihr Land seit jeher unter Söhnen und Töchtern auf, die es wiederum an ihre Kinder vermachen. Allianzen mit anderen Sippen werden geschlossen, Sprösslinge miteinander vermählt. Irgendwann zerfallen diese Bündnisse. Verwandte werden zu Feinden. Kämpfe sind dann vorprogrammiert, denn es gibt auf der Insel viel zu wenig Platz, um anderswohin auszuweichen und eine Fehde hinter sich zu lassen. So kommt es, dass kleine Landstriche einem Mitglied der Familie Blandeur gehören und man bereits wenige Hundert Meter weiter auf einen Besitz der Familie dos Santos stößt, um gleich darauf die Grenze zum Land der Grosvenors zu überschreiten. Die Verhältnisse sind sehr verwirrend für Dämonen, wie du einer bist.«

Davon hatte Rebecca allerdings nichts erzählt. Hatte mich die Freundin deshalb hierhergeschickt? Weil sie es selbst nicht wagte, die Vulkaninsel zu betreten?

»Na warte, meine liebe Freundin – dir werde ich was erzählen!«

»Wie bitte, senhora?«

»Ach, nichts.« Ich sah mich auf dem Vorplatz des Flughafens genauer um. Nein, es waren keine anderen Dämonen zu spüren. Alles wirkte sauber, freundlich, sicher. Sollte ich den Worten des Freaks vertrauen, oder wollte er mich bloß ausnehmen?

»Also schön, Joao. Bring mich nach Funchal. Ins Hotel Miramar.«

»Ah, eine ausgezeichnete Wahl. Das Miramar steht im Besitz der Grosvenors. Du brauchst dich bloß an der Rezeption beim Verwalter dieser Sippe melden, und schon kannst du dich in völliger Sicherheit durch weite Teile Funchals bewegen.«

»Ich soll mich bei einem Verwalter anmelden?! Soll ich ihn vielleicht über jeden meiner Schritte informieren?«

Der Treue Joao nickte eifrig. »Wenn du lebend wieder von der Insel runterkommen möchtest, würde ich dir dringend empfehlen, die hiesigen Sitten zu achten. Außer, du möchtest dein Leben in einem ähnlich vorteilhaften Körper wie dem meinen beschließen. Aber ich sage dir: Aufplatzende Pestbeulen sind eine Angelegenheit, an die man sich nie zur Gänze gewöhnt.«

 

 

2.

 

So viel also zu einigen Tagen der Erholung und der Unbeschwertheit. Rebecca, die ich noch während der Taxifahrt Richtung Funchal kontaktieren wollte, reagierte nicht auf meine Anrufe. Ich hinterließ einige ganz und gar nicht damenhafte Flüche auf ihrem Anrufbeantworter, bevor ich mich wieder meiner Umgebung widmete.

Das stinkende und klapprige Gefährt, in das mich der Treue Joao gepackt hatte, bewegte sich in atemberaubendem Tempo die Straße Richtung Funchal entlang. Immer wieder fuhren wir in Tunnels ein, immer wieder begegneten wir Schreckgestalten, die Normalsterbliche nicht wahrnehmen konnten. Es waren Wächtergeschöpfe, die ich niemals zuvor zu Gesicht bekommen hatte: schemenhafte, wie Nebelschwaden zerrissene Wesen, die schrien und brüllten und tobten und grüngelbe Flüssigkeiten gegen das Fahrzeug spien. Die voll Wut und Furor gegen das Taxi angingen, seine magischen Barrieren aber doch nicht durchbrechen konnten.

»Ist immer wieder spannend, so eine Fahrt übers Land«, sagte Joao. Er drehte sich um und grinste mich an, während er mit mindestens einhundertdreißig Stundenkilometer eine kurvige Straße entlangraste, die eine Geschwindigkeitsbeschränkung von achtzig aufwies. »Sie versuchen's immer wieder, meine kleinen Freunde. Haben's aber erst fünfmal geschafft, mich aufzuhalten.«

»Fünfmal?! Und was passierte dann?«

»Musste mir ein neues Fahrzeug besorgen und magisch schützen lassen. Der Verdienstausfall war allerdings bedauerlich. Aus rohen Fleischklumpen, die über mehrere Hundert Quadratmeter verteilt sind, kann man in den wenigsten Fällen Geld- und Geldeswerte der Fahrgäste – hm – extrahieren.«

Ich schloss die Augen und bereitete mich gedanklich auf einen Angriff dieser Dämonengestalten vor. Ich hatte in den letzten beiden Tagen Kraft getankt und fühlte mich durchaus in der Lage, den bleichen, transparenten Gestalten beizukommen.

»Warum sorgt Asmodi nicht für Ordnung?«, fragte ich Joao, der nun wieder auf die Autos vor ihm achtete und sich an ihnen vorbeischlängelte, auf die Stadt zu, die sich im prallen Sonnenschein links und rechts von mir ausbreitete. Jeder noch so geringe Platz auf dem steil ansteigenden Gelände wurde ausgenutzt, um Hütten, Häuser und Paläste zu errichten, denen eines gemeinsam war: ein prachtvoller Blick über den Atlantik Richtung Südwesten.

»Asmodi? Pah!« Joao tat eine verächtliche Handbewegung. »Er lässt sich hier nur selten blicken. Man könnte glauben, dass er Angst hätte. Ich würde es Respekt nennen. Er weiß, dass auf der Insel Kräfte wirken, auf die selbst er als Oberhaupt der Schwarzen Familie nur wenig Zugriff hat. Sie dringen aus dem Erdinneren nach oben. Sie sind uralt. Und sie haben die hiesigen Dämonensippen geformt.« Er lachte hässlich. »Wir Madeirenses sind ein sonderbares Volk mit einer langen Geschichte.«

Über den Bergketten rechts von mir lagen dunkle Regenwolken. Doch sie bewegten sich kaum, würden wohl dort hängen bleiben und die Stadt verschonen.

Die Dämonengestalten, die nun immer seltener auftraten, schossen mit irrwitzigem Tempo in die Wolkenfetzen und verschwanden dort. Manche kehrten um und versuchten einen letzten wütenden Angriff auf das Taxi, während die meisten von ihnen in den Regenwolken zurückblieben. Donnergrollen wurde laut, einige Tropfen besprühten unser Fahrzeug.

»Sind das Nebelgeister?«, fragte ich den Treuen Joao.

»Gut erkannt, senhora. Sie wurden von den Patriarchen der großen Familien geformt und mit unheiligem Leben beseelt, das einem Schlund in der Nähe des Pico das Torres entweicht, dem zweithöchsten Berg der Insel.«

»Was meinst du mit unheiligem Leben

»Das kann niemand so genau sagen. Man sagt, dass im Inneren des Vulkangesteins geringe Mengen dämonischer Substanz gefangen sind, die von Zeit zu Zeit entweichen und von den Dämonensippen eingefangen werden. Je mehr Nebelgeister eine Familie besitzt, desto mächtiger ist sie.«

Der Treue Joao lenkte sein Fahrzeug nach einem gewagten Bremsmanöver von der Autobahn und fuhr in die Stadt hinab, alle Stopp- und Vorrangschilder sträflich missachtend. Die letzten Schemen blieben zurück. Ein Wesen in Vogelgestalt, dessen Flügelkrallen in mehrfach verästelnden Wurmfingern endeten, stieß einen enttäuschten Schrei aus, den wohl nur mein Chauffeur und ich hören konnten.

»Was treibt dich eigentlich auf diese Insel, senhora? Du musst sehr mutig oder sehr dumm sein, dass du einen Flug hierhergebucht hast. Die meisten Dämonensprösslinge, die ich herumkutschiere, sind aus geschäftlichen Gründen auf Madeira. Oder aber sie wollen sich im Kampf gegen Mitglieder einer ortsansässigen Sippe messen. In manchen Teilen der Welt gehört dies geradezu zum guten Ton, einen Madeirenses herauszufordern.«

»Ich bin ebenfalls geschäftlich hier«, gab ich mich verschlossen. »Aber jetzt bring mich ins Hotel.«

»Wie ist dein Name, senhora?«

Es gab keinen Grund, warum ich meine Herkunft verleugnen sollte. »Coco Zamis«, antwortete ich.

Joao bremste abrupt, noch heftiger als sonst. Ich schlug mit dem Kopf gegen die Glasscheibe, die vordere und hintere Sitzreihe voneinander trennte.

»Die Zamis-Tochter?«, fragte Joao. »Das Balg, das den Herrn der Schwarzen Familie immer wieder herausfordert und damit auch noch Erfolg hat?« Er drehte sich zu mir um, nachdem er das Auto endgültig zum Stillstand gebracht hatte, und blickte dann links und rechts aus den Fenstern, als fürchtete er weitere, noch gefährlichere Verfolger als die Nebelgeister.

»Asmodi und ich hatten dann und wann unsere kleinen Meinungsverschiedenheiten«, gab ich knapp zur Antwort.

Joao fuhr wieder an, nun langsam und gesittet. Es ging eine steile Straße bergab, scheinbar direkt ins Meer hinab. Hotelbunker beherrschten die Küstenlinie.

»Man kennt dich hier, senhora Coco. Dein Name wird dir in manchen Bereichen der Insel Tür und Tor öffnen. Wie ich bereits sagte, fühlen sich die hiesigen Sippen nur selten an Asmodis Worte gebunden. Und sie bewundern jeden, der sich gegen den Einfluss des Fürsten der Finsternis verwehrt.«

»Gehören zu den Bewunderern auch die Angehörigen der Familie Blandeur? Das würde meine Arbeit einigermaßen erleichtern.«

Neuerlich bremste der kleine Mann, neuerlich krachte ich mit dem Kopf gegen die Scheibe. »Spinnst du völlig?«, fuhr ich ihn an.

»Die Familie Blandeur …« Der Treue Joao wollte etwas sagen, schluckte die Worte aber dann hinunter. »Ich gebe dir einen guten Rat: Sprich den Hotelverwalter der Grosvenors nicht auf diese Leute an. Die beiden Sippen sind seit Jahrhunderten verfeindet.« Er schüttelte den Kopf. »Wie kann man bloß so naiv sein und ohne jegliches Hintergrundwissen nach Madeira kommen?« Er tat eine weit ausladende Handbewegung. »Sieh dich nur um, Coco Zamis! Für die Menschen mag dies ein Paradies auf Erden sein. Eine immergrüne Insel, auf der die Blumen rund ums Jahr blühen und das Klima stets angenehm bleibt und man sich wohlfühlen kann. Doch für Hexen, wie du eine bist, ist dies der Vorhof zur tiefsten, schrecklichsten Hölle.«

Er stieg aus und öffnete mir den Türverschlag. »Du bist eine zu heiße Fracht, senhora Coco Zamis. Du wirst den letzten Kilometer zu Fuß gehen müssen. Ich mag ein dummer und hässlicher Freak sein, aber ich bin nicht lebensmüde. Du wirst von nun an alleine zurechtkommen müssen.« Er hielt die Hand auf. »Und ich erwarte reichlich Trinkgeld von dir, schöne Frau. Du kannst mir ruhig alles geben, was du bei dir trägst. Denn wenn du dich weiterhin so naiv anstellst, wirst du auf Madeira keinen Tag lang überleben.«

 

Ich ging die letzten Meter per pedes und ließ die ganz besondere Atmosphäre der Insel auf mich wirken. Überall sprossen exotische Blumen und Kakteen aus der Erde, überall streiften Touristen umher und ließen sich vom Zauber Madeiras einfangen.

Und dieser wunderschöne Flecken Erde sollte ein Zentrum einander in erbitterter Feindschaft zugetaner Dämonensippen sein? Warum hatte ich niemals davon gehört? Sorgte Asmodi dafür, dass nicht sonderlich viel über diese ganz besondere Insel geredet wurde?

Je näher ich meinem Hotel kam, desto intensiver nahm ich das schwefelige Odeur von Dämonen wahr. Es ging von den Gebäuden aus, von Pflanzenbeeten, von den Palmen. Über eine steile Zufahrt näherte ich mich dem Haupteingang, blieb dort stehen und ließ ein weiteres Mal die besondere Blütenpracht auf mich wirken. Was für ein Widerspruch …

Forschen Schrittes betrat ich das Hauptgebäude des verschachtelten Hotelkomplexes und näherte mich der Rezeption. Ich steuerte auf den Mann zu, der einige Meter von seinen Mitarbeiterinnen entfernt stand. Seine dämonische Aura zog mich wie magisch an.

Er betrachtete mich von oben bis unten, angewidert und dennoch neugierig. »Ein spezieller Gast für unser Etablissement? Ich bekomme solche wie dich nur selten zu Gesicht.«

Für einige Sekunden gab der Mann seine Tarnung auf und entließ eine Schwefelwolke, die seine drei Kolleginnen nach Luft ringen ließ.

Sein Kopf war kohlrabenschwarz, der Mund bloß ein Loch, aus dem eine zweigeteilte, halbmeterlange Zunge schlängelte. Die Rezeptionistinnen setzten rasch wieder eine freundliche, unverbindliche Miene auf. Offenbar hatten sie bereits vergessen, was sie eben gesehen hatten. Der Mann strahlte eine Aura aus, der sich die Menschen nicht entziehen konnten und die sie in ihren Bann zwang.

»Ich bin Harmet Grosvenor, Urenkel des einzigen Stammvaters«, sagte der Dämon voll Stolz. »Ich sorge dafür, dass auf unserem Besitztum die alten Regeln eingehalten werden.« Noch bevor ich nachhaken konnte, fuhr er fort: »Die Grosvenors beherrschen einen Gutteil der Insel. Wir haben unsere Claims insbesondere im Norden Madeiras abgesteckt. Dank der klugen Politik meines Vaters breiten wir uns mittlerweile auch im Süden immer weiter aus.«

Er lächelte und entblößte Zahnreihen, zwischen denen sich etwas Kleines, heftig Windendes bewegte. – Ein Singvogel? Eine Eidechse? – Ich konnte es nicht erkennen.

»Es freut mich, eure Gastfreundschaft genießen zu dürfen, Harmet Grosvenor.«

»Freude ist ein Begriff, den wir hier nur ungern hören, junge Hexe. Er sollte in deinem Wortschatz nichts zu suchen haben«, tadelte er mich.

»Verzeihung.« Dieser großkotzige Kerl war mir unsympathisch. Ich hoffte, ich würde nicht allzu lange und allzu oft mit ihm zu tun haben. »Ich habe ein Zimmer reserviert …«

»Eine Suite mit Blick auf den Swimmingpool, ich weiß.« Er beugte sich vor. »Und ich nehme an, du glaubtest, das Personal des Hotels Miramar mit deinem ganz besonderen Hexen-Charme bezirzen zu können, um gratis hier zu wohnen?«

»Ja, das dachte ich«, gab ich offen zu. »Wenn allerdings Geld ein Thema ist, werde ich es mir kurzerhand besorgen.«

»Du wirst in Funchal deine Kräfte keinesfalls einsetzen! Hast du mich verstanden?! Die meisten Bezirke der Stadt sind neutraler Boden, und in jenen, die meiner Sippe gehören, lässt du die Menschen gefälligst in Ruhe. Es ist alleinig an uns, sie zu … melken.« Er kramte einen Stadtplan hervor, der einem farblichen Flickenteppich glich. »Hier hast du genau aufgezeichnet, wo du dich bis zum Ende deines Aufenthalts bewegen kannst. Ich vermute, du bist geschäftlich hier? Das erste Mal?«

»Ja. Und ja.«

»Dann wünsche ich dir einen schönen Aufenthalt.« Harmet lächelte unverbindlich und spuckte dann blutige Knorpel in Richtung eines Mülleimers.

»Und wie soll ich nun meine Rechnung begleichen?«

»Du kannst deine Schulden gerne abarbeiten. Hier sind ausreichend Menschen untergebracht, die du mit deinen Vorzügen überzeugen könntest. Wir mögen sie besonders gern, wenn sie, nun, sagen wir mal, zugeritten sind.«

»Ich betätige mich bloß dann als Hure, wenn ich es selbst möchte.«

»Wie bedauerlich.« Harmet spukte einige Knochen hinterher und rülpste ausgiebig, bevor er weiterredete: »Dann gilt die übliche Regelung für derartige Fälle: Du schuldest der Familie Grosvenor einen Gefallen, den wir während deines Aufenthaltes einfordern. Das mag ein Botendienst sein, die Unterhaltung mit unserem Patriarchen, der stets gerne über die Vorgänge in der großen, weiten Welt informiert bleibt, oder Ähnliches.«

»Ich werde niemanden töten, und ich werde keine Menschen der dämonischen Familie zuführen, damit ihr sie quälen könnt.«

»Du hast kein Recht, irgendwelche Ansprüche zu stellen, Hexe! Und deine moralischen Ansichten gehen mir gehörig gegen den Strich. Aber keine Sorge: Um Mord, Totschlag und Vergewaltigung kümmern wir uns gerne selbst.«

Er reichte mir einen Kartenschlüssel und wies mir den Weg. Ich ging, ohne mich zu verabschieden. Die drei Rezeptionistinnen blickten mich verunsichert an. Sie hatten einen Teil der Unterhaltung mitbekommen und womöglich einen Blick auf die Realität erhascht. Doch sie standen nach wie vor unter Harmets Einfluss und würden bald wieder vergessen haben, was hier geschehen war.

Was hatte mir Rebecca da bloß eingebrockt? – Nun, sie hatte sich immer schon gerne aus Schwierigkeiten herausgehalten und andere Leute vorgeschoben. Aber sie hätte mich zumindest warnen können, bevor ich mich auf den Weg machte!

Meine Suite lag im letzten Stock eines separierten Hotelflügels. In den Fluren, Aufzügen und Aufenthaltsräumen waren die Insignien dämonischer Macht allgegenwärtig. Ich spürte sie, ich roch sie. Sie widerten mich an.

Ich öffnete die Tür zur Suite und wurde von einem riesigen Strauß sündteurer Orchideen begrüßt. Die Tür zum Balkon stand offen. Ich hörte leises Gelächter, dann Wasserplatschen. Auf der großzügigen Veranda genoss ich einen Blick über tropische Vegetation und eine prächtige Blumenzucht, die im Westteil der Hotelanlage angelegt worden war. Die Schönheit sollte über all das Übel hinwegtäuschen, das die Sippe der Grosvenors im Miramar-Hotel verwaltete. Denn wenn man genauer hinblickte, entdeckte man unmittelbar neben dem Swimmingpool eine Morastpfütze, aus der immer wieder Tentakel hochglitten und suchend nach den Beinen der Badegäste tasteten. Sie wichen zurück, sobald sie den Menschen zu nahe kamen – doch ich war mir sicher, dass das Monstrum regelmäßig gefüttert wurde.

Im Areal der Kinderbetreuung saßen zwei Frauen, die die ihnen Anvertrauten immer wieder mit langen, knochenlosen Armen festhielten und sie mit Milch aus ihren grünblau gefärbten Hängezitzen versorgten. Die Kleinen bemerkten nichts davon. Doch ich war mir sicher, dass sie sich am Ende des Urlaubs schrecklich krank fühlen würden.

Locker gekleidete Prostituierte flanierten zwischen den Sitzreihen umher oder warteten an den Tischen nahe der Bar auf Kundschaft. Ich roch ihr Siechtum, ihre Krankheiten. Sie würden ihre Kunden anstecken und Unheil über Menschenfamilien bringen.

Und zu guter Letzt waren da drei braun gebrannte Hübschlinge, deren wahre Gestalten sich selbst meinen Sinnen entzogen. Sie zogen Spuren aus Kot, Schleim und anderen dämonischen Körperausscheidungen hinter sich her. Sie pfiffen einer jungen, etwas fülligen Frau hinterher, die mit roten Wangen und kichernd in Richtung des Massageraums eilte. Sie würde ein schreckliches Schicksal erleiden, wenn ich nicht augenblicklich eingriff …

Das Zimmertelefon läutete. Ich verließ den Balkon und hob ab.

»Du bist diese Coco Zamis, nicht wahr?«, sagte Harmet Grosvenor grußlos. Seine Stimme war voll Hass. »Hätte ich das gewusst, hättest du niemals ein Zimmer bei uns erhalten.«

»Und warum nicht?«

»Diese Insel ist nichts für dich und deinesgleichen!«, sagte der dämonische Concierge und legte abrupt auf.

Ich wollte mich aufs Bett werfen, immer mehr verärgert über die missliche Lage, in die mich Rebecca gebracht hatte, überlegte es mir dann aber anders. Ich hob die Matratze an und überprüfte die Unterseite. Die magischen Sigille waren kaum zu entdecken. Ich fand die Ligaturen in hellem Gelb in den Stoff des Überzugs geprägt. Die Schriftzeichen waren mir unverständlich, doch ich konnte nun, da ich sie sah, ihre schädliche Wirkung fühlen.

»Soso, Harmet Grosvenor, du möchtest also Spielchen spielen.« Ich riss den Stoff ab, stopfte ihn in den Mülleimer und entzündete ihn. Er brannte rasch lichterloh und verbreitete widerlichen Fäulnisgeruch.

Ich untersuchte jedes Zimmer meiner Suite Zentimeter für Zentimeter und förderte weitere magische Behelfe zutage, deren einziger Zweck es war, den Bewohner der Räumlichkeiten zu beeinflussen und in ihren Bann zu ziehen. Erst, nachdem ich den Siphon der Toilette aufgeschraubt und selbst dort ein verkehrt eingehängtes Kruzifix entdeckt hatte, war ich zufrieden.

Ich sprach einen Schutzzauber, der mich gegen kleinere Symbole des Bösen beschützen würde, die mir bei meiner Suche womöglich entgangen waren, und begutachtete dann die Anhäufung wertloser magischer Behelfnisse. Ich war unschlüssig. Sollte ich sie entsorgen oder aufbewahren?

Ich entschied mich für Letzteres und stopfte das Zeug in die Schublade des Nachttisches.

Draußen zwitscherte ein exotischer Singvogel, im Gebirge grollte Donner. Ich meinte, einige jener Nebelgeister aus den dunklen und schweren Regenschwaden hervortauchen zu sehen, die mich bei der Anfahrt verfolgt hatten, doch ich mochte mich irren. Ich war rechtschaffen müde; die Überprüfung meiner Suite hatte mich gehörig Kraft gekostet.

Ich legte mich aufs Bett und schlief rasch ein. In meinen unruhigen Träumen, die sich um riesige Kochtöpfe voll siedend heißem Fett drehten, spielten Rebecca und Harmet Grosvenor eine bedeutende Rolle.

 

Ich erwachte am späten Nachmittag. Das Stimmengemurmel der Menschen, die sich rings um den Swimmingpool tummelten, war ausgedünnt. Ab und an war die Stimme eines Betrunkenen zu hören, der sich einen oder mehrere Drinks zu viel an der Bar gegönnt hatte.

Ich beschloss, die sonderbare Karte Grosvenors zurate zu ziehen und einen ersten Spaziergang in die Innenstadt Funchals zu unternehmen. Der Ort, an dem ich Rebeccas Lieferung aufnehmen sollte, lag praktischerweise am Weg. Er befand sich in rot markiertem Gebiet und gehörte damit zum Einflussbereich der Dämonenfamilie der Blandeurs. Warnsymbole am Plan wiesen mich darauf hin, dass ich diesen Straßenzügen nahe am Hafen tunlichst ausweichen sollte.

Nun, ich war eine Zamis. Verbote forderten mich heraus, und ich dachte gar nicht daran, mich von diesem widerlichen Eidechsenfresser daran hindern zu lassen, das zu tun, was ich wollte.