Copyright: © der deutschen Ausgabe: Junfermann Verlag, Paderborn

Copyright: © der Originalausgabe 2013 by Jay Earley and Bonnie Weiss. This translation published by arrangement with Sounds True.

Originaltitel: Freedom Form Your Inner Critic. A Self-Therapy Approach

Übersetzung: Friederike Moldenhauer

Coverfoto: © shotsstudio – Fotolia.com

Covergestaltung / Reihenentwurf: Christian Tschepp

Satz & Digitalisierung: JUNFERMANN Druck & Service, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2015

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-329-4

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-376-8 (EPUB), 978-3-95571-377-5 (MOBI), 978-3-95571-378-2 (PDF).

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Jay Earley und Bonnie Weiss versprechen einen Weg, der hilft, die Freiheit zu entdecken, so zu sein, wie man wirklich ist, anstatt sich von Botschaften Innerer Kritiker einengen und entmutigen zu lassen. Ihr Buch macht Mut, sich mit den selbstkritischen Anteilen auseinanderzusetzen, und bietet gut brauchbare Anleitungen für einen wirksamen Umgang mit ihnen.

Ein wesentlicher Verdienst des Buches ist, verständlich zu machen, mit welcher Anstrengung Innere Kritiker versuchen, der Person zu helfen, und welche Dramen sich daraus entwickeln können, dass sie dafür im inneren System oft auch noch angegriffen werden. Wie jeder andere Persönlichkeitsanteil hat auch ein Innerer Kritiker eine Aufgabe übernommen und erfüllt sie mit aller Kraft. Es gibt kein Gut oder Böse, sondern so gut wie immer ein zur aktuellen Lebenssituation nicht mehr passendes Verständnis der eigenen Aufgabe. Wie wir die positive Absicht eines Kritikers erkunden und wie dieser dann die zerstörerischen Aspekte seiner Macht verliert, dieser Prozess wird Schritt für Schritt sehr differenziert erläutert.

Die Autoren bieten eine Vielfalt von Möglichkeiten an, um mit den unterschiedlichsten Varianten von inneren Konflikten friedvoller umzugehen. Sie haben jahrelange Erfahrung mit der Internal Family Systems Therapie (IFS) und illustrieren mit vielen Beispielen aus ihrer Praxis, wie die Prinzipien des IFS-Modells besonders in der Arbeit mit den kritischen inneren Anteilen der Persönlichkeit angewandt werden können.

IFS erklärt die Vielschichtigkeit der Innenwelt mit einer systemischen und ganzheitlichen Sicht und bietet gleichzeitig gut strukturierte Vorgehensweisen zur Führung der Persönlichkeitsanteile durch das Selbst. Es zeichnet ein zur Erfahrung vieler Menschen unmittelbar passendes Bild unterschiedlichster Teile der Persönlichkeit – und wie sie sich in Beziehungen, bei Konflikten, bei eigenen Entscheidungen oder beim Verfolgen der eigenen Lebensziele auswirken.

Zur Selbstwahrnehmung und Selbstführung ist dieses Persönlichkeitsmodell ausgesprochen nützlich. Es hat viele pragmatische Vorteile, sich mit dieser Perspektive vertraut zu machen. Was im eigenen Inneren oft schnell, automatisch und unbewusst passiert, wird verständlicher und greifbarer. Wer für die Hintergründe eigener innerer Zustände, automatischer Reaktionen und Gewohnheitsmuster achtsamer wird und anfängt, sie besser zu verstehen, kann sehr schnell bewusster und konstruktiver damit umgehen.

Von besonderer Bedeutung ist, dass der IFS-Ansatz – und besonders auch die in diesem Buch beschriebenen Vorgehensweisen – die innere Beziehung zu sich selbst verbessert. Das tiefere Kennenlernen der Persönlichkeitsteile hilft, eine annehmende Haltung gegenüber allen Anteilen der eigenen inneren Welt zu entwickeln. Das führt sehr oft dazu, mit mehr Gelassenheit, Zufriedenheit und Klarheit Entscheidungen zu treffen und mit sich und anderen liebevoller in Beziehung zu sein.

Dieses Buch ist für alle geeignet, die anfangen, sich tiefer mit sich selbst zu beschäftigen, und die die Möglichkeiten des Selbst-Coachings mit Vorgehensweisen wie IFS gerade erst kennenlernen. Ihnen bietet die Lektüre eine verständliche und sehr praxisnahe Einführung. Wer sich mit der eigenen Persönlichkeit bereits auseinandergesetzt hat, dem wird in diesem Buch manches vertraut erscheinen. Vertraut in der Art, dass Leser bemerken, dass sie das eine oder andere schon häufiger so wahrgenommen oder erlebt haben. Aber auch für Menschen, die bereits mit IFS Erfahrungen gemacht haben, enthält dieses Buch neue Aspekte und Anregungen, die für das Gelingen der Arbeit wesentlich sein können.

Die Autoren erhellen die Welt der Inneren Kritiker, indem sie aufzeigen, wie viele verschiedene Facetten es davon gibt. Sie beschreiben detailliert, auf welche unterschiedliche Art und Weise Kritiker entstehen und wie sie sich im Leben auswirken. Interessant und wertvoll ist die Idee, dass zur Transformation der Inneren Kritiker der „Innere Mentor“ und die „Inneren Mitstreiter“ genutzt werden können. Die Perspektive, dass es innere Berater gibt und auch Anteile, die konstruktiv mit Inneren Kritikern umgehen können, unterstützt die Selbstführung. Diese Sichtweise geht über das Grundprinzip hinaus, Verständnis und Akzeptanz für kritische Anteile zu entwickeln. Es ermöglicht Menschen, sich klarer auf ihre Ressourcen auszurichten und ihre Aufmerksamkeit bewusst auch auf die stärkenden Aspekte der Persönlichkeit zu lenken.

Das Buch ist sehr strukturiert und systematisch aufgebaut, detailliert und leicht verständlich. Auch durch die unterschiedlichen Temperamente von Jay Earley und Bonnie Weiss ist es aus dem Leben gegriffen und lebendig. Besonders ansprechend sind die anschaulichen Praxisbeispiele. Die vielen detaillierten Beschreibungen helfen dem Leser, sich in Therapiesitzungen hineinzuversetzen und die Logik der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen inneren Anteilen zu verstehen. In den Übungen lässt sich das Vorgehen auch unmittelbar für sich selbst anwenden.

Natürlich gibt es Grenzen beim Selbst-Coaching. Nicht alle Limitierungen, Spannungen und Probleme lassen sich alleine bewältigen. Nicht jeder wird in der Lage sein, die inneren Kämpfe mit den Inneren Kritikern allein durch das Lesen und Durcharbeiten eines Buches aufzulösen. Dafür gibt es gut ausgebildete IFS-Therapeuten*, die diesen Prozess kompetent unterstützen. Auch wird, wer noch keine Erfahrung mit Meditation hat, möglicherweise ergänzend auf Meditationsanleitungen aus anderen Quellen zurückgreifen müssen, um die beschriebenen Übungen für sich allein durchführen zu können. Trotzdem: Vieles in seiner persönlichen Entwicklung wird der Leser mithilfe des hier vermittelten Verständnisses und der angebotenen Übungen selber vorantreiben können. Wer die nötige Disziplin aufbringt, das beschriebene Programm Schritt für Schritt durchzuführen, kann damit bedeutsame Wirkungen erzielen. Das Buch macht Mut, und insbesondere Menschen, die unter Selbstvorwürfen, Schuldgefühlen, Selbstunsicherheiten und Perfektionismus leiden, werden davon profitieren.

Wir möchten Psychotherapeuten und Coaches ermutigen, bei den beschriebenen Anleitungen im Sinne des IFS-Gründers Prof. Richard Schwartz vorzugehen: Phänomene neugierig und forschend erkunden und sich überraschen lassen von dem, was man entdeckt. Vorgegebene Kategorien, Vorannahmen und zu fest gefügte Landkarten können dazu führen, dass sich Menschen in ihnen nicht wiederfinden. Auch Jay Earley und Bonnie Weiss weisen darauf hin, dass ihre Kategorien für innere Anteile letztlich nur Anregungen sind. Sie können aber helfen, die eigene individuelle innere Wirklichkeit anhand dieser Grundmuster zu überprüfen und die ganz persönlichen Ausformungen Innerer Kritiker, Innerer Kinder sowie der Mitstreiter und Mentoren tiefer zu erkunden.

Wir wünschen den Autoren mit diesem Werk nun auch im deutschsprachigen Raum eine breite Leserschaft – und jedem Leser viel Freude bei der Lektüre und dem Erforschen neuer innerer Räume.

Ingeborg Dietz und Thomas Dietz

Dietz Training und Partner

Dank

Wir sind Dick Schwartz, der solch eine brillante Therapiemethode entwickelte, zu großem Dank verpflichtet. Denn Internal Family Systems Therapy (IFS), die Systemische Therapie mit der Inneren Familie, erlaubt es Menschen, ihren Inneren Kritiker grundlegend zu verändern. Auch von unseren Klienten haben wir viel über die menschliche Psyche und Innere Kritiker gelernt, genauso wie von Kursteilnehmern und Schülern unserer IFS- und Innerer-Kritiker-Seminare. Auch Teilnehmer unserer IFS-Fortbildungen trugen zu diesem Wissen bei. Darüber hinaus halfen uns die freiwilligen Leser, die uns bei den ersten Entwürfen und frühen Versionen einiger Kapitel mit ihrem Feedback unterstützten, und natürlich auch unsere „Versuchskaninchen“, an denen wir die ersten Versionen des Inneren-Kritiker-Fragebogens und Testprofils ausprobieren durften.

Stefanie Weiss unterstützte uns in der ersten Phase des Schreibens und redigierte einen Teil des Manuskripts. Amy Rost ist das hervorragende Lektorat der Originalausgabe und deren überarbeitete und erweiterte Fassung zu verdanken. An den Ideen, die schließlich zur Entwicklung des Inneren-Kritiker-Fragebogens führten, waren Ed Hinkelman und Gayle Madison beteiligt. Wir schätzen die fortwährende Unterstützung und Rückenstärkung durch unsere IFS-Community sehr. Großer Dank gilt auch Joan Slater und Mindy Lamberson, die mit ihren kreativen Gedanken die Entwicklung dieses Buches gefördert haben.

Marla Silverman hat unser Werk ungemein unterstützt: Sie ist von Anfang an dabei gewesen, hat jedes einzelne Kapitel gelesen, sich neue Ideen angehört und uns dann immer Rückmeldung gegeben, wenn wir sie gebraucht haben. George Silverman kam auf die tolle Idee, wir sollten den Begriff Innerer Mitstreiter verwenden.

Kathy Wilber ist es zu verdanken, dass die Programmierung unseres Inneren-Kritiker-Fragebogens und Testprofils so hervorragend gelungen ist. Unter den kritischen Blicken von Riley Miller und Jaime Becker schritt dieses Projekt voran.

Einleitung

„Menschen sind wie bunte Kirchenfenster – sie glänzen und strahlen, wenn die Sonne scheint.
Aber sobald es dunkler wird, kommt ihre wahre Schönheit nur dann zum Vorschein, wenn sie von innen leuchten.“

Elisabeth Kübler-Ross

Jeannette hatte überaus wenig Selbstbewusstsein. In der Schule wunderten sich alle Lehrer darüber. Sie war schlau und musikalisch, hatte aber überhaupt kein Vertrauen in sich. Nie bewarb sie sich für das Schulorchester oder sprach für Theaterstücke vor, auch wenn man sie dazu ermunterte. Als Erwachsene endete sie immer in kleinen Jobs, die nicht im Geringsten mit ihren angeborenen Talenten zu tun hatten. Jeannette nahm es einfach hin, dass aus ihr wohl nichts mehr werden würde. Jedes Mal, wenn es ihr in den Sinn kam, über sich hinauszuwachsen und eine Herausforderung anzunehmen, spürte sie im Brustkorb ein Gefühl, als sinke sie, und über ihr drohte eine Regenwolke, was dazu führte, dass sie die Idee aufgab.

Eines Nachmittags ging es Lynn, einer Freundin von Jeannette, sehr schlecht. Sie berichtete Jeannette von ihrem schweren Herzen, von einer kritischen inneren Stimme. Plötzlich wurde Jeannette etwas klar, denn sie kannte, was die Freundin beschrieb. Auch sie hörte solch eine Stimme! Sie sagte Sätze wie: „Du bist nichts wert. Das schaffst du nicht; du brauchst es erst gar nicht zu versuchen.“ Seit jeher hatte sie angenommen, dass das, was die Stimme ihr sagte, die Wahrheit sei. Nie hatte sie wahrgenommen, dass diese destruktiven Botschaften aus einem einzelnen Teil ihrer Psyche stammten. Jeannette erinnerte sich nun daran, wie gern sie sich für eine Rolle in einem Musical an ihrer Highschool beworben hätte. Doch die Stimme sprach mit solchem Nachdruck, dass sie sich nie getraut hatte.

In diesem Moment hatte Jeannette ihren Inneren Kritiker kennengelernt.

Viele von uns kennen das Gefühl, beizeiten zu glauben, dass mit uns irgendetwas nicht stimme. Wenn wir diesem Gefühl nachgehen und in uns hineinhorchen, können auch wir den Inneren Kritiker entdecken. Dieser Teil von uns selbst ist für das Gefühl, wertlos zu sein, verantwortlich. Wenn wir uns schämen, keine Hoffnung sehen, uns unzulänglich oder ganz einfach furchtbar fühlen, dann liegt es daran, dass uns der Innere Kritiker angreift. Schenken wir dieser inneren Stimme Glauben, fühlen wir uns häufig wertlos, sind beschämt oder deprimiert. Die Attacken des Inneren Kritikers führen manchmal auch zu Versagensangst, Schreibblockaden, Selbstzweifel, geringem Selbstwertgefühl, Schuldgefühlen, Zwangsgedanken und Süchten.

Da der Innere Kritiker zu den schwierigsten und hartnäckigsten Problemen eines Menschen gehört, haben wir untersucht, wie man mit ihm umgehen und ihn verwandeln kann. Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie Ihrem Inneren Kritiker begegnen, in dem Sie eine wirkungsvolle Therapieart anwenden, die Internal Family Systems Therapy (IFS), eine Systemische Therapie mit der inneren Familie. Diese bahnbrechende Form der Psychotherapie wurde von Dr. Richard C. Schwartz entwickelt. Seit dem Jahr 2000 findet sie immer mehr Verbreitung. IFS kann Ihnen helfen, Ihren Inneren Kritiker als hilfreiche und stützende Ressource zu nutzen.

Sobald Jeannette die IFS-Therapie bei ihrer Therapeutin begann und anfing, ihre Seele und damit Stück für Stück ihren Inneren Kritiker zu erforschen, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass dieser Teil ihres Inneren im Prinzip versuchte, ihr zu helfen. Die Angriffe der inneren Stimme waren eigentlich verzerrte Versuche, sie zu schützen. Es ging darum, Jeannette vor Versagen und Scham zu bewahren. Wollte sie etwas ausprobieren, das schwierig zu sein versprach, hielt ihr Innerer Kritiker es für das Beste, sie davon abzuhalten. Dieses Ziel erreichte er, indem er sie ständig bewertete und entmutigte.

Als Jeannette klar wurde, dass ihr Innerer Kritiker keine böse Absicht verfolgte, war sie nicht mehr wütend auf ihn. Sie fing an, ihn besser zu verstehen und ihn nachsichtig zu behandeln. Sobald sie eine freundlichere Haltung ihrem Inneren Kritiker gegenüber einnahm, zeigte er Einsicht und ließ sich auf einen Dialog mit ihr ein.

Während Jeannette tiefer in das Thema einstieg, entdeckte sie einen weiteren Anteil von sich – das kleine Kind, das die negativen Botschaften des Inneren Kritikers aufnahm, seinen Urteilen Glauben schenkte und sich wertlos und schlecht behandelt fühlte und jede Hoffnung aufgab. Diesen Teil nennen wir das Kritisierte Kind. Jeannette lernte, dass sie auch zu diesem Teil ihrer Persönlichkeit Kontakt aufnehmen und sich mit ihm mit einer liebenden und mitfühlenden Haltung anfreunden konnte. Mithilfe der IFS-Methode erhielt sie Zugang zu ihren Kindheitserinnerungen, aus denen das Kritisierte Kind stammte. Es waren Erinnerungen daran, wie sie abgeurteilt und abgelehnt worden war, was dazu führte, dass sie sich als wertlos empfand. Jeannettes Liebe hatte heilsame Wirkung auf ihr Kritisiertes Kind und sie sorgte dafür, dass es seine Gefühle der Scham und Wertlosigkeit loslassen konnte. Ihr Innerer Kritiker hielt sich von nun an im Hintergrund und sorgte nicht mehr so häufig für Stress.

Darüber hinaus entdeckte Jeanette einen weiteren Aspekt in ihrem Leben, und zwar einen helfenden. Wir nennen ihn den Inneren Mitstreiter. Er verfügt über die Fähigkeit, uns in der Konfrontation mit dem Inneren Kritiker zu unterstützen und zu ermutigen. Jeannettes wohlmeinender Innerer Mitstreiter sagte ihr, sie habe ein großes Talent und könne Großartiges in der Welt erreichen. Sie war in der Lage, diesen Inneren Mitstreiter zur Entfaltung zu bringen und zu stärken, und lernte außerdem, ihn, wenn nötig, abzurufen, um von ihm Unterstützung zu bekommen.

Jeannettes Innerer Mitstreiter hatte die Haltung: „Du bist okay, so wie du bist. Du schaffst das. Ich bin stolz auf dich.“ Nachdem Jeannette diese Aussagen vernommen hatte, war sie bereit, an ihrem musischen Talent zu arbeiten und zum Vorspielen zu gehen. Schließlich ergriff sie einen Beruf, den sie wirklich liebte. Ihr Innerer Mitstreiter übernahm die Leitung von ihrem Inneren Kritiker, und sie war glücklich und selbstbewusst genug, um ihren Traum wahr werden zu lassen.

Auch Sie können all die schmerzhaften Gefühle hinter sich lassen und zu der Person werden, die Sie gern sein möchten. Und das Beste daran ist, dass Sie es mit IFS selbst erreichen können.[1] Aufgrund seiner Nutzerfreundlichkeit ist IFS besonders für die Selbsttherapie geeignet. Wir werden Ihnen zeigen, wie Sie mit IFS Ihre innere Landschaft neu gestalten können.

Zunächst stellen wir im 1. Kapitel dar, wie der Innere Kritiker funktioniert, und beschreiben seine sieben Typen. So können Sie herausfinden, welcher der Typen Ihnen die größten Schwierigkeiten bereitet. Im 2. Kapitel erklären wir, warum Ihr Kritiker nicht so viel Macht hat, wie es scheint, und auf welche Weise er eigentlich versucht, Ihnen zu helfen und Sie zu schützen. Vor dem Hintergrund dieses Grundlagenwissens erläutern wir Ihnen im 3. bis 11. Kapitel Schritt für Schritt die IFS-Methode. Sie lernen, wie Sie Ihren Inneren Kritiker schrittweise in einen Inneren Mitstreiter und in einen Inneren Mentor verwandeln. Wir erklären dazu die relevanten Konzepte und Vorgehensweisen des IFS, damit Sie diese Methode erfolgreich anwenden können, auch wenn Sie noch keine Erfahrung mit IFS haben.

In Beziehungen spielt Kritik eine wichtige Rolle, und viele innerpsychische Probleme werden vom Inneren Kritiker beeinflusst. Im 12. Kapitel untersuchen wir, was geschieht, wenn sich unsere Kritik an jemand anderen richtet, und wie unsere Persönlichkeitsanteile reagieren, wenn wir kritisiert werden. Im 13. und 14. Kapitel wenden wir unser neues Wissen auf zwei häufig auftretende Problematiken mit dem Inneren Kritiker an: Perfektionismus und Süchte. Im 15. Kapitel geht es darum, wie Veränderungen in der Auffassung von geschlechtsspezifischem Verhalten sich auf die Themen des Inneren Kritikers ausgewirkt haben.

Im ganzen Buch gibt es Übungen, mit denen Sie sich in jeder Phase und auf allen Ebenen dieser transformativen Reise beschäftigen können. An vielen Punkten stellen wir Fragen, die Sie in einer Art Tagebuch beantworten können. Indem Sie sich während des gesamten Prozesses Notizen machen, intensivieren Sie nicht nur diese Arbeit, sondern haben auch Unterlagen, auf die Sie später zurückgreifen können – sei es zum Nachdenken, um sich Mut zu machen oder um gar Ihre Erkenntnisse zu vertiefen.

Angst und Probleme, die von Ihrem Inneren Kritiker stammen, sind nicht auf ewig Ihre Begleiter. Ihre innere Welt kann sich verändern. Sie können selbstbewusst sein und sich kompetent fühlen. Sie können den Lauf Ihres Lebens lenken: Ihr Leben kann sich entfalten, Sie können einen aufregenden, selbstbestimmten Weg gehen. Es ist Zeit, dass Ihr Leid ein Ende hat.

„Lerne dich zu lieben“ ist mehr als eine Plattitüde. Sie verdienen es, sich gut zu fühlen, ohne dass Sie es sich verdienen müssen. Unser Ansatz der Selbsttherapie hilft Ihnen dabei, Ihren intrinsischen Selbstwert zu erkennen und Ihr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Im Laufe dieses Prozesses werden Sie wieder mit sich in Kontakt treten – ohne dass Sie durch die negativen Botschaften des Inneren Kritikers dabei gebremst werden. Sie werden die Freiheit entdecken, zu sein, wer Sie wirklich sind, anstatt zu versuchen, sich in die Schublade zu fügen, in die Sie der Innere Kritiker stecken möchte. So können Sie Ihr Leben gestalten – voller Freude, Selbstvertrauen und erreichter Ziele. Ein lebhaftes Selbstbewusstsein ist Ihr gutes Recht – mit weniger sollten Sie sich nicht zufrieden geben.

Jay Earley & Bonnie Weiss
Befreiung vom Inneren Kritiker
Konstruktive innere Dialoge führen

Systemische Therapie mit der Inneren Familie

Über dieses Buch

Wir alle kennen sie, die Stimme des Inneren Kritikers – des Teils von uns, der uns verurteilt, beschämt und dafür sorgt, dass wir uns unzulänglich fühlen. Statt ihn zum Schweigen zu bringen, zu bekämpfen oder seinen Forderungen nachzugeben, könnten wir versuchen, unseren Inneren Kritiker als Verbündeten zu gewinnen. Als methodischen Ansatz nutzen die Autoren die von Richard Schwartz entwickelte Systemische Therapie mit der Inneren Familie (IFS). Die Leserinnen und Leser lernen, wie sie Ursachen selbstsabotierenden Verhaltens entdecken und ein verbessertes Selbstwertgefühl aufbauen können. 

»Jay Earley und Bonnie Weiss versprechen einen Weg, der hilft, die Freiheit zu entdecken, so zu sein, wie man wirklich ist, anstatt sich von Botschaften Innerer Kritiker einengen und entmutigen zu lassen. Ihr Buch macht Mut, sich mit den selbstkritischen Anteilen auseinanderzusetzen und bietet gut brauchbare Anleitungen für einen wirksamen Umgang mit ihnen.« – Ingeborg & Thomas Dietz

Dr. Jay Earley ist Psychologe, Gruppentherapeut, Psychotherapeut, Lehrer und Autor.

Bonnie Weiss ist Psychotherapeutin und gibt IFS-Workshops und Seminare zum Thema Selbstwert.

1. Lernen Sie Ihren Inneren Kritiker kennen

„Die Welt ist meine Wahrnehmung von ihr. Ich sehe allein durch meine Augen.
Ich höre allein durch den Filter meiner Geschichte.“

Byron Katie

Wenn Sie sich schämen, verdrossen sind, sich unzulänglich oder einfach nur schlimm fühlen, dann liegt es daran, dass Ihr Innerer Kritiker Sie angreift. Er tut es auf verschiedene Art und Weise, aber meistens gelingt es ihm, Sie mit negativen Botschaften bezüglich Ihres Selbstwertes zu attackieren. Vielleicht geht es dabei um Ihr Aussehen, Ihre Arbeitshaltung, Intelligenz, die Art, wie Sie mit anderen umgehen etc.

Der Innere Kritiker …

Die meisten Menschen haben eine ganze Reihe selbstbewertender Innerer-Kritiker-Teile. Beispielsweise gibt es einen Inneren Kritiker, der Sie dafür verurteilt, dass Sie zu viel essen und zu viel auf die Waage bringen, und ein anderer klagt Sie an, weil Sie faul sind und sich mehr anstrengen sollten.

1.1 Die sieben Typen des Inneren Kritikers

Man kann sieben Typen von Inneren Kritikern unterscheiden:

  1. der Perfektionist
  2. der Innere Kontrolleur
  3. der Zuchtmeister
  4. der Untergraber
  5. der Zerstörer
  6. der Schuldzuweiser
  7. der Formgeber

Jeder Typ Kritiker zeichnet sich durch seine eigene Motivation und Strategie aus. Es ist sinnvoll, die Typen, die auf Sie zutreffen, zu identifizieren.

Der Perfektionist will, dass Sie alles perfekt machen. Er legt die Messlatte für Verhalten, Leistung und Ergebnisse sehr hoch. Wenn Sie seinen Ansprüchen nicht genügen, rügt er Sie, weil Sie Ihre Arbeit nicht ordentlich machen oder Ihr Verhalten nicht adäquat ist. So ist es schwierig, Projekte zu Ende zu führen. Manchmal verhindert der Perfektionist auch, dass Sie mit etwas anfangen, bei einer Schreibblockade zum Beispiel. Unsere Klienten, die unter einem perfektionistischen Kritiker leiden, schildern ihn auf unterschiedliche Art: ein Krebs mit Scheren, ein Schulmeister mit zu hohen Ansprüchen, eine Lupe oder eine Prüfungsinstanz wie das personifizierte schlechte Gewissen aus der Weichspüler-Werbung der 1970er-Jahre.

Der Innere Kontrolleur versucht, impulsives Verhalten zu kontrollieren. Dazu gehört: beim Essen über die Stränge schlagen, sich sehr aufregen, Drogenkonsum oder vergleichbares maßloses Verhalten. Wenn Sie zu viel konsumiert oder überreagiert haben, stellt er Sie an den Pranger. Meistens ist der Innere Kontrolleur in einem ständigen Konflikt mit Ihren impulsiven Persönlichkeitsanteilen. Unsere Klienten mit einem sehr starken Inneren Kontrolleur haben ihn mit einer Bulldogge, einem Löwenbändiger, einem wütenden Wachmann oder einer wetternden Mutter verglichen.

Der Zuchtmeister treibt Sie zu harter Arbeit an, er will, dass Sie Erfolg haben. Er versucht Sie zu motivieren, indem er Ihnen sagt, Sie seien faul, dumm oder inkompetent. Häufig widerspricht er einem anderen Teil von Ihnen, der Dinge aufschiebt, um so um die Arbeit herumzukommen. Den Zuchtmeister kann man sich als anspruchsvollen Aufseher, aufmerksamen Wachhund, als Stiefel im Nacken vorstellen oder als jemanden, der ständig mit verschiedenen Tellern jongliert.

Der Untergraber versucht, Ihr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein unbemerkt zu schwächen, damit Sie keine Risiken eingehen und möglicherweise versagen. Er redet Ihnen ein, Sie seien wertlos und könnten nichts und dass aus Ihnen nie etwas werden kann. Vielleicht versucht er auch, Sie daran zu hindern, zu groß oder mächtig zu werden oder sich zu sehr zu exponieren, damit Sie nicht Gefahr laufen, angegriffen und abgelehnt zu werden. (Erinnern Sie sich an Jeannette, deren Geschichte in der Einleitung beschrieben wurde? Ihr Innerer Kritiker war ein Untergraber.) Untergraben zu werden fühlt sich manchmal an, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen oder als befinde man sich in einer Tretmühle, in der man sich abrackert und schwitzt, ohne irgendwo anzukommen. Alternativ ähnelt das Gefühl einem um den Bauch geschlungenen Seil, das einen zurückhält, oder einer unüberwindbaren Glaswand.

Der Zerstörer attackiert Ihr grundsätzliches Selbstwertgefühl. Er beschämt Sie in hohem Maße und redet Ihnen ein, Sie sollten nicht existieren. Möglicherweise zeigt sich der Zerstörer in dem Gefühl, dass eine gewaltige Übermacht Ihre Vitalität vernichtet, oder als eine alles durchdringende negative Energie, die jegliches Anzeichen von Kreativität, Spontaneität oder Verlangen auslöscht. Der Zerstörer zeigt sich in Figuren wie Darth Vader, einer riesigen Spinne, einem Blutegel im Nacken oder einem Elefanten, der Sie unter seinen Füßen begräbt.

Der Schuldzuweiser greift Sie für etwas an, das Sie in der Vergangenheit getan oder unterlassen haben, was jemandem, insbesondere einer Ihnen sehr nahestehenden Person geschadet hat. Vielleicht klagt Sie dieser Kritiker auch an, weil Sie eine allgemein akzeptierte Norm verletzt haben. Er sorgt ständig dafür, dass Sie sich schlecht fühlen, und er wird Ihnen niemals vergeben. Möglicherweise macht er Ihnen auch ein schlechtes Gewisses für Ihr Verhalten, das er inakzeptabel findet, und versucht, Sie an etwas zu hindern. Als Bilder des Schuldzuweisers nannten unsere Klienten eine Nonne, einen Richter, einen Despoten, der jemanden ins Exil verweist, eine niederdrückende schwarze Wolke oder ein Gewicht auf den Schultern. Der Schuldzuweiser sorgt dafür, dass Sie sich dreckig und eklig fühlen, dass Ihnen das Herz schwer ist oder dass jemand mit einem großen Hammer auf Sie einschlägt.

Der Formgeber versucht Sie dazu zu bringen, sich gewissen sozialen Normen anzupassen oder sich gemäß familiärer oder kultureller Konventionen zu verhalten. Seine Gussform kann aus ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen bestehen: umsorgend, aggressiv, aufgeschlossen, intellektuell oder höflich etc. Dieser Kritiker schilt Sie, wenn Sie der Norm nicht entsprechen, und lobt Sie, wenn Sie es tun. Der Formgeber stellt sich als Gefängniswärter, Käfig, Zwangsjacke und großes Regelwerk dar, beispielsweise als heiliger Text, der bestimmt, wie Sie sich verhalten sollten.

1.2 Erkennen Sie Ihre Inneren Kritiker

Im Folgenden schauen wir uns Beispiele dafür an, wie sich die Inneren Kritiker in unserem Alltagsleben manifestieren. Vielleicht erkennen Sie sich und Ihren Inneren Kritiker in diesen Szenen wieder.

 Beispiel 1:

Jill war mit einem Mann verabredet, den sie wirklich gern mochte. Am Abend vor ihrer Verabredung begann sie, nervös zu werden. Sie ging zum Kühlschrank und stopfte sich mit Schokoladenkuchen voll. Sobald sie die letzten Krümel weggewischt hatte, schaute sie in den Spiegel und hörte ihren Inneren Kritiker – einen Kontrolleur – sagen: „Du siehst fett aus! So bekommst du nie einen Ehemann!“ Plötzlich fühlte sie sich hässlicher als je zuvor in ihrem Leben. Sie machte sich die größten Sorgen, wie sie bei ihrer Verabredung aussehen würde, obwohl sie erst am nächsten Abend war. Als es schließlich so weit war, war Jill so nervös und aufgeregt, dass sie kaum vernünftig reden konnte. Sie war nicht sie selbst, was dazu führte, dass sie sich selbst sabotierte und keine Chance hatte, auf ihre Begleitung einen guten Eindruck zu machen.

 Beispiel 2:

Charlie saß vor seinem Computer und war mit einem wichtigen Projekt halb fertig, als sich sein Innerer Kritiker meldete. Er redete Charlie ein, dass die Arbeit, die er bisher in die Aufgabe gesteckt hatte, reiner Müll sei. Daraufhin überprüfte Charlie jeden Schritt doppelt, verschwendete so wertvolle Zeit und konnte unter diesem Druck das Projekt nicht rechtzeitig fertigstellen. Hätte sein Innerer Kritiker, ein Perfektionist, seine Arbeit nicht derart behindert, hätte Charlie möglicherweise ein hervorragendes Ergebnis abgeliefert und großes Lob von seinem Chef bekommen.

 Beispiel 3:

Jennifers zehnjähriger Sohn Sean hielt in der Schule nicht gut mit, und sie hatte das Gefühl, sie selbst würde scheitern. Sie war berufstätig und sie glaubte, dass es das Problem nicht gäbe, wenn sie nur jeden Nachmittag zu Hause wäre und Sean bei den Hausaufgaben beaufsichtigte. Als Sean sein Zeugnis nach Hause brachte, verhielt sich Jennifer fürsorglich und tröstete ihn, doch innerlich war ihr zum Heulen zumute und sie dachte, es sei alles ihre Schuld. Ihr Schuldzuweiser schalt sie: „Es ist deine Schuld! Du hast ihn nicht genügend unterstützt!“

1.3 Ihre Kritiker sind einzigartig

Auch wenn wir die Kritiker in verschiedenen Typen kategorisiert haben, ist jeder Ihrer Inneren Kritiker einzigartig und verfügt über eigene Charakteristika. Beispielsweise ist Ihr Perfektionist anders als der anderer Personen oder vielleicht haben Sie einen Kritiker, der sowohl die Eigenschaften des Formgebers als auch die des Schuldzuweisers hat. Ordnen Sie Ihre Inneren Kritiker nicht rigide den hier beschriebenen Kategorien zu, entdecken Sie Ihre eigenen Kritiker mit ihren jeweiligen Attributen!

Benennen Sie Ihre Kritiker, wie es Ihnen richtig erscheint, es müssen nicht unbedingt der Zuchtmeister oder der Untergraber sein. Wie Sie im 5. Kapitel erfahren werden, nennt unser Klient George seinen Kritiker den Sklaventreiber, eine andere Klientin nennt ihren den Angreifer.

 Übung

Welche Kritiker haben Sie?

Denken Sie darüber nach, welcher Kritiker Sie angreift. Beantworten Sie in Ihrem Tagebuch folgende Fragen:

Beispiel:

So könnte Jill diese Fragen für sich beantworten:

Wir haben einen Fragebogen entwickelt, der Ihnen hilft herauszufinden, welche der sieben Kritiker-Typen Ihnen Probleme bereiten. Die Fragen sind leicht zu beantworten, und für die Bearbeitung sollten Sie nicht länger als fünf oder sechs Minuten benötigen.[2]

Der Innere-Kritiker-Fragebogen

Lesen Sie die folgenden Aussagen und ordnen Sie jeweils zu, wie häufig diese Sätze auf Sie zutreffen:

0 = nie

1 = selten

2 = manchmal

3 = häufig

4 = immer

  1. Ich habe das Gefühl, ich bin als Person mit Makeln behaftet.
  2. Ich setze mir selbst hohe Ziele.
  3. Ich fühle mich schrecklich, wenn ich mich mal nicht unter Kontrolle habe.
  4. Ich zwinge mich dazu, hart zu arbeiten, damit ich meine Ziele erreiche.
  5. Wenn ich an etwas Neues oder an eine Herausforderung denke, dann gebe ich auf, noch bevor ich es versucht habe.
  6. Ich schäme mich für alles an mir.
  7. Mich beschäftigt etwas, das ich getan habe und das ich mir nicht verzeihen kann.
  8. Ich weiß, wer ich sein sollte, und ich gehe hart mit mir ins Gericht, wenn ich mich anders verhalte.
  9. Ich gebe mir sehr viel Mühe, mein impulsives Verhalten zu kontrollieren.
  10. Mein Selbstbewusstsein ist so gering, dass ich nicht glaube, jemals etwas erreichen zu können.
  11. Ich schimpfe mit mir, wenn ich einen Fehler gemacht habe.
  12. Es fällt mir schwer, mich in einem positiven Licht zu sehen.
  13. Es fällt mir schwer, mit mir im Reinen zu sein, wenn ich mich nicht den Erziehungsgrundsätzen meiner Kindheit entsprechend verhalte.
  14. Es gibt immer etwas zu tun.
  15. Ich tue Menschen etwas an und habe deswegen immense Schuldgefühle.
  16. Es gibt zügellose Anteile in mir, die die Oberhand gewinnen, sodass ich in schwierige Situationen komme, und dann bestrafe ich mich selbst dafür.
  17. Ich glaube, dass es sicherer ist, es gar nicht erst zu probieren, dann kann man auch nichts falsch machen.
  18. Ich werde nervös und bewerte mich sehr kritisch, wenn die Dinge nicht 100-prozentig richtig sind.
  19. Ich schäme mich, wenn ich den Erwartungen der anderen nicht entspreche.
  20. Ich sage mir, dass ich ein besserer Mensch wäre, würde ich mich mehr um die Leute kümmern, die ich mag.
  21. Ganz tief innen habe ich das Gefühl, ich habe nicht das Recht zu existieren.
  22. Ich fühle mich mies, weil ich zu faul bin, um wirklich etwas zu erreichen.
  23. Ich schäme mich für einige meiner Gewohnheiten.
  24. Ich brauche viel länger als nötig wäre, um ein Projekt so gut wie möglich zu erledigen.
  25. Ich habe das nagende Gefühl, dass ich ein schlechter Mensch bin.
  26. Ich gebe mir wirklich Mühe, weniger arbeitsscheu zu sein.
  27. Ich fühle mich schlecht, weil ich nicht so sein kann, wie es meine Familie oder meine Kultur von mir erwartet.
  28. Ich habe das Gefühl, dass ich nicht den nötigen Mumm für Erfolg habe.

Übertragen Sie nun die Zahlen in die entsprechenden Kästen unten ein. Addieren Sie jede Zeile auf, um für jede Gruppe von vier Fragen Ihre Gesamtsumme zu errechnen. Sie bekommen ein numerisches Ergebnis zwischen 0 und 16 für jeden der Kritiker-Typen.

s023


Ist Ihre Punktzahl für einen Kritiker-Typen größer als 9, verursacht er Ihnen vermutlich Probleme. Bei 7 oder 8 Punkten kann er problematisch sein. Die Typen mit weniger als 7 Punkten stellen vermutlich keine Störung dar.

2. Eine neue Sichtweise auf den Inneren Kritiker

„Lauschen wir dem Inneren Kritiker, beginnen wir ihn als ein Alarmsystem zu verstehen, dessen Signale Hilferufe sind. Jemand wählt 110. Jemand warnt uns vor möglichen Schmerzen, Scham oder davor, verlassen zu werden. Es ist, als würde der Innere Kritiker rufen: ,Achtung! Bitte hilf mir, denn ich kann mit der Situation nicht umgehen.‘“

Hal & Sidra Stone, Embracing Your Inner Critic

Sobald wir uns gewahr werden, wie unser Innerer Kritiker uns kleinhält und uns das Leben schwermacht, reagieren wir ganz unterschiedlich darauf:

Wir versuchen, die Angriffe des Inneren Kritikers einfach zu ignorieren und positive Gedanken über uns selbst zu entwickeln. Auch wenn das wesentlich besser ist, als ihm einfach zu glauben, löst dieses Verhalten das Problem nicht, denn wir setzen uns nicht wirklich mit dem Kritiker auseinander. Vielleicht funktioniert diese Taktik, aber dann wird der Kritiker unsere Versuche, ihn zu ignorieren, boykottieren und über unsere positiven Gedanken die Nase rümpfen. Oder er wird uns so subtil und hinterhältig attackieren, dass wir es vielleicht gar nicht bemerken.