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Thomas Gut

Mushing – Hundeschlittenfahren

REISE KNOW-HOW Verlag Peter Rump | Bielefeld

Vorwort

Es freut mich, dass dieses kleine Einsteigerbüchlein zum Schlittenhundesport so großen Anklang findet. Viele Leser sind begeistert von der Fülle von Informationen, die ihnen hier auf wenig Platz geboten wird. Einige sind mehr oder weniger regelmäßig Gäste bei Touranbietern und gaben mir die Anregung, ein spezielles Kapitel über das Tourenfahren (das dem Langstreckenrennen sehr ähnlich ist) zu ergänzen. Dieses findet sich in der vorliegenden Auflage unter dem Kapitel „Reisen mit dem Hundeschlitten“.

Wirbelnder Schnee zwischen gleitenden Kufen, von einem unbeugsamen Drang nach vorn angetriebene Hunde. Hechelnd galoppieren sie den gewundenen Trail entlang, lassen die tief verschneite Winterlandschaft an einem vorbeiziehen. Ein Gefühl wie Fliegen, ein Rausch – Faszination Schlittenhundesport!

Nicht immer erlebt man den Schlittenhundesport in dieser Art, aber er birgt in all seinen Facetten eine große Faszination in sich: die Einheit von Tier und Mensch. Wer dieser erlebten und erspürten Einheit einmal erlegen ist, den lässt sie nicht mehr los.

Viele sind der Überzeugung, Schlittenhundesport gäbe es nur in den nordischen Ländern, Alaska, Sibirien und Grönland. Dies ist ein weit verbreiteter Irrtum. Auch hier in Mitteleuropa findet dieser Sport immer mehr Anhänger, wenn auch oftmals der Schlitten mit einem Trainingswagen und der glitzernde Schnee mit spritzendem Schlamm vertauscht werden müssen. Es bleibt jedoch immer die Faszination vorhanden, gemeinsam im Team Mensch–Tier unterwegs zu sein.

Trainingswagen
Ein Trainingswa­gen ist ein speziell für das Schlitten­hundetraining gefertigtes drei- oder vierrädriges Gefährt.

Sicherlich ist es nicht einfach, in unseren dichtbesiedelten Breiten mehrere Hunde zu halten, geschweige denn die Zeit dafür zu haben. Aber vielleicht gibt es doch den einen oder anderen Musher (Schlittenhundeführer) in der Nähe, der einen teilhaben lässt an dieser traditionsreichen Art der Fortbewegung. Außer Tierliebe sind nicht viele Voraussetzungen nötig, um zum ersten Mal selbst unterwegs sein zu können. Weltweit gibt es viele Vereine und kommerzielle Institutionen, die den Einstieg erleichtern.

Natürlich kann im Rahmen dieses Einsteigerbüchleins nicht auf restlos alle Aspekte des Schlittenhundesports eingegangen werden, dafür ist das Thema einfach zu umfassend. Mit diesem Büchlein will ich Ihnen aber einen grundlegenden Überblick über die Schlittenhunderassen, die notwendigen Techniken und den Umgang mit den Hunden vermitteln. Darauf, wie man Hunde, die (noch) keine Zughundambitionen haben, zum Zughund macht, kann in diesem Rahmen nicht eingegangen werden. Es sei hier nur bemerkt, dass 99 % aller Huskys bereits nach kurzer Einweisung im Gespann laufen, ohne weitere Lehrstunden zu benötigen.

Jeder angehende Musher wird allerdings sehr bald tiefer in die komplexe und sensible Sportart einsteigen wollen, zumindest sollte er dies den Hunden zuliebe tun. Vor allem die Themen Ernährung, Training und Haltung sind reich an verschiedenen Meinungen und für den Anfänger nahezu unüberschaubar. Leider ist deutsche Literatur zu diesen Themen rar. Deswegen sei hier auf Veröffentlichungen in den deutschsprachigen Schlittenhundemagazinen verwiesen. Wer Englisch gut beherrscht, findet in „Dogdriver“ von Julie und Miki Collins oder in dem amerikanischen Magazin „Mushing“ reiche Beute.

Zudem sollen viele Hinweise auf weiterführende Literatur und Kontaktadressen helfen, den Zugang zu diesem faszinierenden Sport zu eröffnen.

Aber Vorsicht: Der Virus Mushing ist unheilbar!

Thomas Gut

Inhalt

Vorwort

Planung und Vorbereitung

Das erste Mal

Wahl des Veranstalters

Vorbereitung des Mushers

Vorbereitung des Teams

Schlittenhundesport mit Kindern

Die besten Mushing-Regionen

Schlittenhunde

Allgemeines

Die Schlittenhunderassen

Haltungsvoraussetzungen

Hundekauf

Der Schlittenhund im Sommer

Formen des Schlittenhundesports

Grundlagen der Hundeerziehung

Die Ernährung des Schlittenhundes

Ausrüstung

Schlitten

Kufen

Bremsen

Bremsmatten

Schneeanker

Sicherungsleinen

Bremsketten

Gefährte mit Rädern

Zugleinen

Wichtige Ausrüstungsgegenstände

Auf dem Trail

Verhalten auf dem Trail

Umwelt- und Tierschutz

Das Gespann

Fahrtechnik

Problemsituationen

Camping mit Hunden

Anreise mit Hunden

Sicherheit und Erste Hilfe

Erste Hilfe

Gefahren im Winter für den Musher

Gefahren und Erste Hilfe für Hunde

Empfehlungen für eine Schlittenhundeapotheke

Reisen mit dem Hundeschlitten

Fortbewegung mit Schlittenhunden

Schlitten und Zubehör

Ausstattung der Hunde

Persönliche Ausrüstung

Orientierung

Übernachtung

Verpflegung

Fahrtechnik mit beladenem Hundeschlitten

Notfallmanagement

Anhang

Literaturtipps

Veranstalter

Vereine und Verbände

Internetadressen

Rennorte (Auswahl)

Register

Der Autor

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Das erste Mal

Nicht jeder hat die Möglichkeit, sich Hunde zu halten, und für das Mushing, den Sport mit Schlittenhunden, sind ja gleich immer mehrere vonnöten. Oftmals ist es vernünftiger, auf den Hund zu verzichten, weil eben das Leben nicht ausreichend Zeit lässt für Hunde. Und „Zeit“ kann man durch nichts ersetzen. Keine noch so schöne Zwingeranlage kann dem Hund das geben, was er wirklich braucht: den Kontakt zu seinem Herrchen bzw. Frauchen. 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr, so charakterisierte Joe Redington sr., der Begründer des berühmten Iditarod-Rennens, das über 1800 km von Anchorage nach Nome in Alaska führt, den Anspruch an den Hund. Weit vernünftiger ist es also, zunächst einmal bei erfahrenen Mushern über die Schultern zu gucken, um zu erfahren, was auf einen zukommt, oder bei einem Kurs in einer Schlittenhundefahrschule die Grundlagen des Mushings zu erlernen. Die Anschaffung eines Hundes ist immer eine Entscheidung für viele Jahre und sollte daher reiflich überlegt sein. Zu viele Huskys warten in Tierheimen auf neue Besitzer, welche die Grundvoraussetzungen für die Anschaffung dieser leistungsfähigen Tiere mitbringen: Zeit, Erfahrung und Ausdauer.

Auf eigene Faust

Dies ist sicherlich der beschwerlichste Weg, diesen Sport zu erlernen. Neben den Hunden benötigt man nämlich zudem eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, hilft es Ihnen hoffentlich, viele Fehler zu vermeiden, sei es bei der Auswahl des richtigen Hundetyps, beim Umgangs mit den Hunden oder beim Ausrüstungskauf. Meist passiert es, dass man auf Grund unvorhersehbarer Umstände zum Husky-Besitzer wird und die Faszination im Inneren der Seele zu arbeiten beginnt.

Die ersten Zug-Versuche beginnt man normalerweise mit dem Fahrrad, denn für den Schlitten oder Wagen benötigt man mehrere Hunde. Bald wird man unweigerlich mit der Entscheidung konfrontiert, wieder mit dem Mushing aufzuhören oder sein Leben umzukrempeln, um sich zur Gänze auf die Hunde einzustellen. Sollten Sie sich für die zweite Alternative entscheiden, gebe ich Ihnen den Rat, sich von einem Musher einen älteren, erfahrenen Leithund zu kaufen. Auch wenn dieser bereits 5 oder 7 Jahre alt ist – es lohnt sich allemal! Dies ist eine gute Ausgangsbasis für den Aufbau eines eigenen Schlittenhundeteams, denn man erspart sich Nerven und Lehrgeld.

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Alaskan Husky

Im Verein

Eine Mitgliedschaft im Verein ist natürlich immer sinnvoll, beispielsweise aus versicherungstechnischen Gründen, bei möglichen Problemen mit Tier- und Landschaftsschützern oder etwa wegen der Möglichkeit, Trainingstrails nutzen und an Rennen teilnehmen zu können. Leider ist der Kreis der Schlittenhundesportler in Deutschland wie auch in den meisten europäischen Ländern sehr klein, sodass sich vor Ort selten die Möglichkeit bietet, an einem Vereinsleben teilzunehmen. Zudem macht das im Vereinsleben obligatorische Hickhack untereinander es dem Anfänger nicht unbedingt leicht, in den Sport einzusteigen.

Doch es gibt auch positive Entwicklungen. So sind seit 2010 die beiden großen deutschen Schlittenhundeverbände AGSD (Arbeitsgemeinschaft Schlittenhunde Deutschland) und DSSV (Deutscher Schlittenhundesportverband) in einem Verband vereint, der sich sich VDSV (Verband deutscher Schlittenhundesport Vereine e.V.) nennt. Dieser gliedert sich in zwei Sparten: eine für reinrassige Hunde und eine ohne Rassentrennung. Gestartet wird gemeinsam, gewertet allerdings getrennt.

Leider sind Angebote in der Anfängerschulung immer noch nur in Ansätzen vorhanden. Daher ist es zurzeit noch schwierig, als Anfänger in Vereinen das notwendige Know-how zu erlernen. Eventuell kann man aber über den Verein einen Musher in seiner Nähe finden, bei dem man mithelfen und das Arbeiten mit Schlittenhunden hautnah erleben kann.

Bei kommerziellen Anbietern

Das ist zur Zeit wohl die beste Möglichkeit, in den Sport einzusteigen. Hier bekommt man (hoffentlich) bereits gut erzogene und disziplinierte Schlittenhundeteams, an denen man sich versuchen kann. Unter Anleitung eines erfahrenen Ausbilders lernt man so nach und nach, ein kleines Schlittenhundegespann zu führen und zu versorgen. Sicherlich sind Musherkurse nicht ganz billig, aber bevor man sich selbst ein Lebewesen anschafft, das man dann mehrere Jahre zu (ver-)pflegen hat, ist es weitaus sinnvoller, das Mushing in einem solchen Kurs einmal selbst auszuprobieren.


Leider sind die Möglichkeiten, diesen Sport zu erlernen, in Deutschland (außer im Bayerischen Wald) und den angrenzenden Ländern sehr beschränkt (Ausnahme: Frankreich). Dagegen finden sich in den klassischen Schlittenhundeländern Finnland, Norwegen, Schweden, Alaska und Kanada eine geradezu unübersichtliche Anzahl an Anbietern. Hier muss man bei den Angeboten vorsichtig sein! Sie reichen von individuellen Touren mit nur wenigen Teilnehmern bis zu Massenunternehmungen, wo Touristen Bus für Bus durchgeschleust werden. Das Erlebnis Tier–Mensch kommt bei solchen Veranstaltungen selbstredend zu kurz.

Schlittenhundeteam
Wie der Name „Team“ schon besagt, sollte die Gemeinschaft Mensch–Schlittenhunde zu einem Team zusammenwachsen, denn das ist die große Herausforderung und die große Faszination an diesem Sport!



Als Doghandler

Eine sehr kostengünstige und zudem intensive Art, die Grundlagen des Schlittenhundesports zu lernen, ist als Doghandler. Unter „Doghandler“ versteht man einen Betreuer eines Schlittenhundekennels (Zwinger), eine Art Pferdeknecht für Hunde. Sicher ist hier die Hauptarbeit nicht das Mushen, sondern die Betreuung, aber damit fängt dieser Sport schließlich an. Martin Buser, mehrmaliger Champion des Iditarods, äußerte einmal, er habe nie wieder so viel Scheiße gekarrt wie in seiner ersten Zeit bei der damaligen Mushergröße Earl Norris. Martin Busers Erfolg spricht für sich.

Alles, was man als Doghandler braucht, sind Engagement, Enthusiasmus und der Wille, mit Tieren intensiv zu arbeiten. Meist bekommt man Kost und Logis und manchmal ein kleines Taschengeld gestellt. Baut sich nach einiger Zeit zum Musher ein Vertrauensverhältnis auf, steht dem Einsatz auf dem Schlitten nichts mehr im Wege!

Wahl des Veranstalters

Veranstaltercheck

Bevor man einen Mushingkurs bucht, sollte man sich darüber informieren, wie die Kurse durchgeführt werden:

Anzahl der Teilnehmer: Je nach Streckenprofil darf pro Guide das Maximum bei sechs Schülern liegen, damit eine vernünftige Kontrolle gewährleistet ist. Wie überall sonst gilt auch hier die Regel: Je weniger Schüler, desto intensiver die Schulung.

Qualifikation der Ausbilder: Wie in vielen Outdoorsportarten gibt es auch hier keine vorgeschriebenen Qualifikationen, nur Frankreich ist wieder eine löbliche Ausnahme. Es lohnt sich also nachzufragen, wie lange der Ausbilder den Sport betreibt, ob er schon längere Touren oder Rennen gefahren ist usw. Hüten sollte man sich vor Veranstaltern, die nach einem Schnupperkurs plötzlich eine eigene Schule eröffnen.

Disziplin in den Hundeteams: Man kann durchaus fragen, ob hier eine unkontrollierten Hundemeute herrscht und Raufereien an der Tagesordnung sind oder ob der Veranstalter Wert auf disziplinierte Teams legt. Kann er seine Hunde frei laufen lassen, ohne dass diese dann über alle Berge verschwunden sind?

Länge und Schwierigkeiten der Touren: Hier sollte man sich selbst etwas unter die Lupe nehmen und die eigene Kondition gut einschätzen können. Lange und mehrtägige Touren erfordern auch eine gewisse Resistenz gegen Kälte. Für den blutigen Anfänger ist es sicherlich sinnvoll, mit Tagestouren zu beginnen. Aber auch die unterscheiden sich manchmal gewaltig. Es ist ein Unterschied, ob man über einen See geradeaus vor sich hin träumen kann oder durch hügeligen, engen Wald fährt. Je nach Veranstalter steigen die Anforderungen dann so nach und nach.

Preis-Leistungs-Verhältnis: Was ist in dem Angebot alles enthalten und welche zusätzlichen Kosten fallen für mich an, z. B. Leihgebühren für Ausrüstung (Winterbekleidung, Schuhe), Übernachtung und Verpflegung? Wie sind die Transporte vor Ort geregelt?

Ausrüstung: Hier in Mitteleuropa reicht eine normale Winterausrüstung aus. Reist man nach Lappland, Sibirien oder Alaska, kann es dort schon ungemütlich kalt werden. Manche Anbieter haben in ihren Preisen deshalb zusätzliche Wärmekleidung (Schuhe, Overall, Handschuhe) mit inbegriffen. Wenn nicht, fallen schnell zusätzliche Kosten für die Neubeschaffung eines Kleidungsstücks an, das man vielleicht nie wieder benötigt.

Veranstalter in anderen Regionen

In den Regionen, in denen Mushing auf Grund der Schneeverhältnisse über einen längeren Zeitraum hinweg betrieben werden kann, gibt es zwischenzeitlich überall Schlittenhundeschulen. Der Alpenraum ist eine bedauernswerte Ausnahme, in Frankreich aber ist die Auswahl schon größer. Dort gibt es mittlerweile einen Zusammenschluss der professionellen Musher, um einen hohen Ausbildungsstandard zu gewährleisten.

In den Nordeuropäischen Ländern gibt es eine fast unüberschaubare Anzahl von Veranstaltern. Es gibt dort auch eine Reihe von ausgewanderten deutsch sprechenden Veranstaltern. Wichtig ist zu wissen, was man will: ein schnelles Mushingerlebnis in großen Gruppen oder eine individuelle Erfahrung in kleinen Gruppen, wo der Kontakt Mensch–Hund großgeschrieben wird.

Eine Liste von deutschen und im sonstigen Europa beheimateten Veranstaltern finden Sie im Anhang.

Vorbereitung des Mushers

Sieht man die hübschen Bilder von Mushern in Büchern oder im Fernsehen, bekommt man leicht den Eindruck, man müsse sich beim Mushen nur mal eben hinten auf den Schlitten stellen und die Winterlandschaft genießen. Weit gefehlt! Allein das Handling, also das Aus- und Eingeschirren der Hunde, macht einem unter Umständen schwer zu schaffen. Ein schwerer Schlitten wie bei Touren oder das Schlittenfahren hinter einem schnellen Team fordern den ganzen Körper!Zu dieser körperlichen Belastung kommt noch eine hohe Konzentrationsleistung hinzu. Je größer und schneller das Team und je schwieriger das Gelände, desto mehr wird vom Musher extrem hohe Konzentrationsfähigkeit abverlangt, da in bestimmten Situationen blitzartiges Reagieren erforderlich ist.

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Mushing fordert vollen Körpereinsatz von Hund und Mensch

Eine gute körperliche Verfassung ist daher Voraussetzung für diesen Sport. Ausdauerläufe, Fahrradfahren und vor allem die wieder in Mode gekommenen Roller (auch „Sidewalker“ oder „Scooter“ genannt) bieten eine gute Trainingsgrundlage. Letzteres vor allem deshalb, weil die typische Musherbewegung, das Pedalen (Rollerfahren), geübt werden kann.

Auch Abhärtung gegenüber der Kälte lohnt sich. Bei Schlittentouren ist man oft längere Zeit in der freien Natur, manchmal sogar nachts. Nach dem Skifahren kann man entspannen und das so genannte Après-Ski genießen, nach Beendigung einer Schlittenhundetour hingegen müssen als Erstes die Tiere versorgt werden.

Vorbereitung des Teams

Im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten (außer Pferdesport) müssen beim Mushing auch die Tiere vorbereitet werden. Es macht natürlich wenig Sinn, die Hunde zu Hause ohne Training sich selbst zu überlassen und dann am Wochenende die große Bergtour unternehmen zu wollen. Für die Hunde ist der Schlittenhundesport Hochleistungssport und so müssen diese Tiere auch wie Athleten trainiert, gefüttert und gehalten werden. Zudem sind die Voraussetzungen für den Tourenfahrer andere als jene für den Rennfanatiker, und bei diesem muss auch wieder differenziert werden, ob er Sprint-, Mittel- oder Langstrecken bevorzugt.

Schlittenhundesport ist ein Teamsport. Der Musher ist Trainer, Manager, Organisator und Teilnehmer in Alleinunion. Er muss wissen, welcher Hund auf welcher Position gut ist, welcher Hund sich mit wem verträgt und mit wem nicht, d. h. ganz allgemein: wo die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Tieres liegen. Je mehr ein Team aufeinander eingespielt und je mehr Vertrauen untereinander vorhanden ist, desto besser funktioniert das Team und damit das Mushing. Dies gipfelt in dem Moment, in dem ein perfekt „rollendes“ Team den Musher in einen Rauschzustand versetzen kann.

Die Wurzel zu diesem Erlebnis liegt in der Arbeit und Vorbereitung während der Sommermonate, wo ansonsten wenig Konditionstraining mit den Hunden gemacht werden kann. Normalerweise fehlt einem vierbeinigen Novizen diese Vorbereitungszeit bei seinen ersten Gehversuchen. Als Neuling im Team muss er versuchen, sich in das Team zu integrieren und in der Hierarchie nach oben zu gelangen. Dies ist bei einem kurzen Urlaubserlebnis zwar etwas schwer zu realisieren, möglich ist es trotzdem. Jeder Hund hat eine eigene Persönlichkeit und so sollte man die freie Zeit des Tages mit „seinen“ Tieren verbringen.

Aber bitte, bei aller Knuddeligkeit, mit der diese Hunde mitunter erscheinen – behandeln Sie diese auch wie Hunde und nicht etwa wie Plüschtiere! Zeigen Sie zudem Respekt vor dem Individuum und vergessen Sie nicht, auch im Spiel derjenige zu sein, der die Regeln bestimmt. Speziell Schlittenhunde haben ein ausgeprägtes Rudelverhalten und akzeptieren einen „Neuling“ verhältnismäßig schnell, wenn er sich entsprechend benimmt.

Schlittenhundesport mit Kindern

Schlittenhundesport mit Kindern ist ein viel diskutiertes Thema und wird in den Vereinen in Deutschland unverständlicherweise sträflich vernachlässigt (ganz im Gegensatz zum Mutterland des Schlittenhundesports, Alaska). Sicher, jede Musherfamilie wird lachen und sagen, es sei selbstverständlich, dass die Kinder immer mit dabei sind. Was aber gilt für Kinder ohne Mushereltern? Auch hier kann getrost Entwarnung gegeben werden. Kinder, so sie nicht von Hunden verängstigt worden sind, haben eine besondere intuitive Art, mit Tieren umzugehen. Es ist oftmals leichter, Kinder an den Sport heranzubringen als Erwachsene. Natürlich setzt dies sichere und gut erzogene Hunde voraus. Der Husky ist an und für sich gegenüber Menschen nicht aggressiv. Dies macht das Mushing mit Kindern ein bisschen einfacher.

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Früh übt sich …

Was kontrolliert werden muss, ist die Dynamik, die von einem Hundeteam ausgeht. Hier muss man unbedingt vermeiden, dass das Kind angesichts der entstehenden Kräfte ein Gefühl der Hilflosigkeit entwickelt. Haben Kinder einmal das Gefühl gehabt, die Hunde kontrollieren zu können, entwickeln sie meist rasend schnell eine virtuose Geschicklichkeit am Schlitten! Für Kinder gibt es spezielle Kinderschlitten. Diese kann man in der Anfangsphase hinter den eigenen Schlitten spannen (Doppelschlitten). So hat man eine perfekte Kontrolle über das Kind. Wird das Kind sicherer im Umgang mit dem Schlitten, so kann man es mit einem und später mit zwei Hunden fahren lassen. Die ganz Kleinen finden meist riesigen Spaß im Packsack eines Tobogganschlittens.

Toboggan

Ein Schlitten mit einer wannenförmigen Ladefläche.

Wie bei allen Unternehmungen mit Kindern gilt auch hier: In der Kürze liegt die Würze. Zu lange Touren verderben schnell den Spaß am Hundeschlittenfahren. Ein besonderes Augenmerk sollte man auch auf gute Bekleidung und vor allem warme Handschuhe und Schuhe legen. Kinder sind zwar oft unempfindlicher als Erwachsene, doch schnell sind die Finger klamm und der Spaß dahin.

Spannend für Kinder ab 8 Jahren sind Jugendcamps, wie sie z. B. der Bayerische Schlittenhundesportverband veranstaltet.

Die besten Mushing-Regionen

Allgemeine Hinweise

Die besten Regionen für Mushing finden sich überall dort, wo es besonders kühl und menschenleer ist. In der schneefreien Zeit eignen sich Gebiete mit Wegen, die Naturbelag aufweisen. Überquerungen von befahrenen Straßen sollten so weit wie möglich vermieden werden. Startplätze abseits bewohnter Gebiete sind wegen des entstehenden Lärms vorteilhaft. Im Winter reduzieren sich die geeigneten Regionen wegen des erforderlichen Schnees und wegen der Nutzung durch Skiläufer ganz erheblich.

Wie bei anderen Outdoorsportarten auch, kollidieren die für das Mushing idealen weitläufigen und zivilisationsarmen Gebiete mit dem Naturschutzgedanken. So stehen viele scheinbar geeignete Gebiete in unseren dicht besiedelten mitteleuropäischen Breiten zurecht unter Naturschutz und sind für das Mushing tabu. Ob der naturverbundene Schlittenhundesport möglich ist, hängt oft von der Einstellung und dem Umgang beider Seiten miteinander ab. Es ist daher wie so oft nicht eine Frage des „ob“, sondern des „wie“.

Geeignete Gebiete in Deutschland

Entsprechend den obigen Voraussetzungen sind die deutschen Mittelgebirge für den Schlittenhundesport prädestiniert. In der schneefreien Zeit gestaltet sich die Trailsuche noch recht einfach, im Winter wird es meist komplizierter. Die geeigneten Gebiete werden leider auch stark von Langläufern frequentiert und Loipen dürfen in der Regel nicht befahren werden. In Gebieten mit Nationalparks und Naturschutzgebieten herrschen weitere Einschränkungen. Generell empfiehlt es sich, mit den Vereinen der jeweiligen Region Kontakt aufzunehmen (s. Liste Seite 166).

TIPP

Tipps zur Tourenplanung

Mittels Karten eine Strecke suchen und möglichst vorher abfahren

Rundkurse oder geräumige Wendeschleifen sind unproblematischer als Wendemanöver!

Vielbegangene Wanderwege meiden

Je nach Teamkontrolle können bäuerliche Gehöfte mit den dort einzukalkulie­renden, freilaufenden Tieren zu einem Problem werden.

Streckenlänge und -profil den eigenen Fähigkeiten und denen der Hunde un­bedingt anpassen

Mögliche Abkürzungen ermitteln, falls die Tour abgebrochen werden muss

Einen Startplatz wählen, wo Anwohner möglichst nicht belästigt werden

Lokale Musher oder Gemeindevorsteher über mögliche existierende Fahrver­bote befragen

Eventuell Informationen über die Lawinensituation einholen

Eine präparierte Trainingsstrecke findet man in Haidmühle im Bayerischen Wald. Erste Fahrversuche kann man bei der Waldschrat’s Adventure Company in Frauenau, ebenfalls im Bayerischen Wald, unternehmen. Weitere schöne Gebiete finden sich in der Nähe von Todtmoos und Bernau Thüringer Wald,Erzgebirge Fichtelgebirge Chiemgau Allgäu