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Herbert Dutzler

Frozen Joseph oder: Collateral Damage

Eine Kriminalgeschichte

Frozen Joseph oder: Collateral Damage

1. Außen, Tag. Ein Mann, ein Kind, männlich.

– Schau mal, Papa, der Josef!

– Du sollst mir doch nicht immer davonrennen! Ich wollt dir doch gerade den da erklären! Das ist der „Urberl mit der Leinwand“, eine klassische Krippenfigur, jetzt nicht wirklich typisch für Salzburg, aber dennoch …

– (zeigt mit dem ausgestreckten Finger auf eine Krippenfigur) Papa! Der Josef! Der schaut so echt aus!

– Also, das find ich jetzt wirklich undankbar! Wo ich mir doch extra die Zeit genommen habe, das auch noch im Internet …

– Papa! Der tropft!

– Wahrscheinlich Kondenswasser. Mich hat es sowieso gewundert, dass die hier eine Wachsfigurenkrippe aufgestellt haben. Die Luftfeuchtigkeit …

– Papa! Der ist echt!

– Also jetzt red doch keinen solchen Blödsinn! Natürlich schaut er ziemlich echt aus! Aber dafür werden die schließlich bezahlt, die die Wachsfiguren machen!

– Papa! Jetzt schau doch einmal her!

– Jetzt reicht’s mir aber! Wir gehen nach Hause! (fasst das Kind an der Hand und will es wegziehen) Das ist sowieso überhaupt keine Atmosphäre für ein Kind wie dich. Keine Besinnlichkeit! Und der Alkoholdunst überall!

– Schau, Papa, jetzt ist er umgefallen, der Josef! (beginnt zu weinen)

– Also, hast du vielleicht, mit dir kann man ja … Um Gottes willen! Schnell, schau weg! Ich ruf gleich die Polizei!

2. Außen, Tag. Der Mann, Chefinspektor Nemecek.

– Also, Sie haben das Opfer umgeworfen? Warum haben Sie das denn gemacht?

– Also, nein, natürlich nicht! Können Sie uns jetzt nicht endlich gehen lassen? Das Kind …

– So schnell geht das leider nicht, lieber Herr. Immerhin haben Sie eine Leiche gefunden, nicht? Da müssen wir schon die genaueren Umstände …

– Da geht man extra, nicht wahr, extra möglichst früh auf den Christkindlmarkt, damit einem nicht ständig Betrunkene über die Füße fallen, nicht, damit das Kind, und dann so was! Kaum hat ihn der erste Sonnenstrahl berührt, ist er umgefallen. Der Josef.

– Sie haben also das Opfer längere Zeit betrachtet? Ist Ihnen da nichts aufgefallen?

– Also, betrachtet! Ich hab gar nichts betrachtet! Ich wollte dem Kind den „Urberl mit der Leinwand“, nicht …

– Ja, ja! Und Ihnen ist nicht aufgefallen, dass das eine echte Leiche war? Eingefroren?

– Ja, sehen Sie, da hat das Kind dann, da hat er zu tropfen angefangen. Wegen der Sonne. Und dann ist er umgefallen. Da hat das Kind dann zu weinen …

– Und Sie haben gar nichts gesehen?