Haupttitel

Marguerite Porete

Der Spiegel der einfachen Seelen

Mystik der Freiheit

Aus dem Altfranzösischen neu übersetzt von Bruno Kern
marixverlag
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Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
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ISBN: 978-3-8438-0193-5
 
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Inhalt

Über den Autor

Zum Buch

Marguerite Porete – Mystik der Freiheit

Literatur

1.

Prolog: Die von Gott berührte und im ersten Gnadenstand von der Sünde befreite Seele ist durch die Gnade Gottes in den siebenten Stand aufgestiegen. Das ist jener Zustand, in dem die Seele im Land des Lebens ihre höchste Vollkommenheit erlangt hat und in göttlicher Weise genießt

2.

Was die Liebe vorhat und warum sie dieses Buch niederschreiben ließ

3.

Hier spricht die Liebe über die Gebote der Heiligen Kirche

4.

Über die erhabene Tugend der Nächstenliebe und wie sie einzig und allein der Liebe gehorcht

5.

Über das Leben, das man den Frieden der Nächstenliebe in zunichte gewordenem Leben nennt

6.

Wie die in Gott verliebte Seele, die im Frieden und in der Nächstenliebe lebt, Abschied nimmt von den Tugenden

7.

Inwiefern diese Seele edel ist und warum sie sich aus nichts etwas macht

8.

Wie die Vernunft darüber verwundert ist, dass diese Seele von den Tugenden abgelassen hat, und wie die Tugenden von der Liebe gelobt werden

9.

Inwiefern solche Seelen überhaupt keinen Willen mehr haben

10.

Wie die Liebe auf Verlangen der Vernunft dieser Seele zwölf Namen gibt, und zwar in Bezug auf den Stand der Tätigen

11.

Wie die Liebe auf den Wunsch der Vernunft hin die Menschen des kontemplativen Lebens über diese Seele unterrichtet; sie erläutert dabei neun Punkte, die schon erwähnt wurden

12.

Über das rechte Verständnis dessen, was an manchen Stellen dieses Buches über die zunichte gewordene Seele geschrieben steht, die überhaupt keinen Willen mehr hat

13.

Inwiefern die Vernunft mit obiger Erklärung des Sachverhalts für die Kontemplativen und die Tätigen zufrieden ist. Sie verlangt jedoch noch eine Erklärung in Bezug auf die gewöhnlichen Leute15

14.

In welcher Weise die Seele durch den Glauben von Gott weiß

15.

Hier spricht sie vom heiligen Sakrament des Altares

16.

Hier antwortet die Liebe der Vernunft; es geht dabei um die Behauptung der Liebe, die Seele wisse alles und zugleich nichts

17.

Hier antwortet die Liebe der Vernunft; es geht dabei um die Behauptung der Liebe, diese Seelen gestehen der Natur das zu, was diese begehrt

18.

Inwiefern solche Menschen sich nicht mehr darauf verstehen, von Gott zu sprechen

19.

Wie Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe20 über solche Seelen von der Liebe etwas erfahren wollen

20.

Die Liebe antwortet der Vernunft in Bezug auf ihre Behauptung, niemand außer Gott kenne diese Seelen

21.

Die Liebe antwortet auf das Argument der Vernunft, dieses Buch sage, dass solche Seelen die Tugenden hinter sich ließen

22.

Wie diese Seele mit dem Adler verglichen werden kann und wie sie die Natur hinter sich lässt

23.

Inwiefern diese Seele zwei Stützen hat und inwiefern sie trunken ist von dem, was sie niemals trank

24.

Wann solche Seelen in der rechten Freiheit der reinen Liebe sind

25.

Die Vernunft fragt die Liebe, ob solche Seelen denn keine Freude in sich empfänden

26.

Inwiefern diese Seele nichts liebt, es sei denn um der Liebe Gottes willen

27.

Warum die Betrachtung der reinen Liebe nur einer einzigen Absicht dient

28.

Wie diese Seele ins Meer der Freude eintaucht

29.

Die Vernunft fragt die Liebe, wann diese Seele in der reinen Freiheit der Liebe ist

30.

Wie die Vernunft der Liebe sagt, sie möge diese Seele satt machen, indem sie von Gott all das sagt, was man von ihm reden und sagen kann

31.

Wie die Liebe die Seele darüber beruhigt, dass die Seele ihrem Bräutigam alles gegeben hat, was sie besaß

32.

Wie die Liebe solche Seelen in ihren Sinnen fortbestehen lässt

33.

Die Seele gerät in Verzückung, wenn sie an die Gaben der Güte Gottes denkt

34.

Wie die Seele sagt, dass sie aus sich heraus nichts vermag

35.

Wie diese Seele gegen die Vernunft argumentiert und sagt, dass sie von Gott ohne Anfang geliebt wird

36.

Inwiefern die Seele frei und der Unterwerfung unter die Vernunft entbunden ist

37.

Hier sagt die Seele, dass im Paradies zu ihrer großen Ehre ihre Sünden offenbar würden

38.

Wie die Seele die Vornehmheit der Liebe anerkennt, indem sie ihre [eigene] Armut in vollkommener Weise anerkennt

39.

Wie die Vernunft dieser Seele dienen und ihr angehören will

40.

Wie und warum die Liebe diese Seele über die Maßen weise nennt

41.

Wie die Seele keinerlei Unbehagen wegen der Sünde verspürt, aber auch keine Hoffnung aufgrund des Guten, das sie jemals getan hat

42.

Wie der Heilige Geist lehrt, was eine solche Seele weiß, was sie will und was sie hat

43.

Inwiefern solche Seelen Heilige Kirche genannt werden und was die Heilige Kirche über sie sagen kann

44.

Welchen Lebenswandel die Seele hat, die sich nach Liebe sehnt, und wo sich die Seele befindet, die aus Liebe gestorben ist

45.

Wie jene, die überhaupt keinen Willen mehr haben, in der Freiheit der Nächstenliebe leben

46.

Auf welche Weise die Seele die Kenntnis des Mehr hat, weil sie ihrer Meinung nach von Gott im Vergleich zu dessen Mehr nichts erkannt hat

47.

Wie die Seele zur Erkenntnis ihres Nichts gelangte

48.

Inwiefern diejenige Seele niemals frei ist, die wünscht, dass sich der Wille Gottes zur eigenen Ehre erfülle

49.

Inwiefern eine solche Seele, die überhaupt keinen Willen hat, edel ist

50.

Wie diese Seele in Gott eingeprägt ist, so wie das Wachs durch ein Siegel geprägt ist

51.

Inwiefern diese Seele der Gottheit ähnlich ist

52.

Wie die Liebe diese Seele lobt und wie diese in der überbordenden Fülle der göttlichen Liebe bleibt

53.

Wie die Vernunft zu oben Gesagtem eine Erläuterung verlangt

54.

Die Vernunft fragt, wie viele Tode die Seele sterben muss, um dieses Buch verstehen zu können

55.

Wie die Liebe auf die Fragen der Vernunft antwortet

56.

Wie die Tugenden sich darüber beklagen, dass die Liebe ihnen zu wenig Ehre erweise

57.

Über diejenigen, die im Zustand der Verirrten sind, und inwiefern sie Knechte und Kaufleute sind

58.

Wie die zunichte gewordenen Seelen auf der fünften Stufe bei ihrem Freund sind

59.

Wovon diese Seele gelebt hat und wie und wann sie ohne sich selbst ist

60.

Inwiefern man drei Tode sterben muss, bevor man zum freien, zunichte gewordenen Leben gelangt

61.

Hier spricht die Liebe über die sieben Zustände der Seele

62.

Von denen, die der Todsünde abgestorben und im Leben der Gnade geboren sind

63.

Wie die Liebe jene als gemein bezeichnet, denen es genügt, gerettet zu werden

64.

Hier spricht sie von den Seelen, die dem Leben des Geistes abgestorben sind

65.

Hier spricht sie von denen, die sich auf dem hohen Berg, über den Winden, niedergelassen haben

66.

Inwiefern die Seele froh darüber ist, dass sie die Vernunft und die anderen Tugenden hinter sich gelassen hat

67.

Hier spricht sie vom Land, in dem die Seele ihre Bleibe hat, und von der Dreieinigkeit

68.

Wie diese Seele durch das göttliche Werk der Dreieinigkeit verbunden ist und wie sie diejenigen, die nach dem Rat der Vernunft leben, Esel nennt

69.

Die Seele sagt, der Tugendwandel ist nichts als Sorge und Plage

70.

Inwiefern eine solche Seele durch die Gnade Gottes ist, was sie ist

71.

Inwiefern diese Seele kein Werk mehr für Gott, für sich selbst und für den Nächsten tut

72.

Hier spricht sie von der Entfernung zwischen dem Land der Zugrundegegangenen und Verirrten und dem Land der Befreiten, und sie sagt, warum die Seele einen Willen hat

73.

Wie der Geist sterben muss, damit er seinen Willen verliert

74.

Warum die Liebe dieser Seele einen so geringen Namen wie »Seele« verleiht

75.

Wie die erleuchtete Seele das Verständnis des oben Gesagten erschließt, indem sie das Beispiel der Verklärung Jesu Christi anführt

76.

Hier zeigt sie am Beispiel Magdalenas und der Heiligen, dass die Seele sich ihrer Sünden überhaupt nicht schämt

77.

Hier fragt die Seele, ob Gott den Gaben seiner Güte ein Ende oder eine Grenze gesetzt habe

78.

Wie jene, die den Lehren der Vollkommenheit nicht gefolgt sind, von sich selbst beladen bleiben bis zum Tod

79.

Wie die freie Seele dazu rät, dass man die Bitten des guten Geistes niemals zurückweisen möge

80.

Wie die Seele singt und sich wieder zurücknimmt

81.

Wie diese Seele sich weder um sich selbst, noch um den Nächsten, ja selbst um Gott nicht kümmert

82.

Wie diese Seele nach allen ihren vier Seiten hin frei ist

83.

Wie diese Seele ihren Namen von der Verwandlung hat, in welcher die Liebe sie verwandelt

84.

Wie die freie Seele von ihren vier Seiten her zur Souveränität aufsteigt und frei aus göttlichem Leben lebt

85.

Wie diese Seele frei, noch freier und sehr frei ist

86.

Wie die Vernunft erstaunt ist über das, was diese Seele gesagt hat

87.

Wie diese Seele die Herrin der Tugenden und die Tochter der Gottheit ist

88.

Wie die Liebe das fragt, was die Vernunft fragen würde, wäre sie noch am Leben, nämlich: Wer ist die Mutter der Vernunft und der anderen Tugenden?

89.

Wie diese Seele alles dahingegeben hat aufgrund der Freiheit des Adels

90.

Wie man zur Vollkommenheit gelangen kann, um das Gegenteil seines Willens zu tun

91.

Wie der Wille dieser Seelen der Wille der Liebe ist, und warum dies so ist

92.

Wie sich die Seele von Gott, von sich selbst und von ihrem Nächsten frei macht

93.

Hier spricht sie über den Frieden aus göttlichem Leben

94.

Vom Sprechen über das göttliche Leben

95.

Wie das Land der Verirrten weit entfernt ist vom Land derer, die zunichte geworden sind

96.

Hier spricht die Seele zur Dreieinigkeit

97.

Inwiefern das Paradies nichts anderes ist als die Schau Gottes

98.

Die Vernunft fragt, was jene tun, deren Seinszustand ihre Gedanken übersteigt

99.

Wie solche Leute, die in einem solchen Seinszustand sind, über alle Dinge souverän verfügen

100.

Inwiefern ein großer Unterschied zwischen den verschiedenen Engeln besteht

101.

Inwiefern diese Seele nichts tun will und ihr auch nichts fehlt – nicht mehr als ihrem Freund

102.

Hier zeigt das Fassungsvermögen der zunichte gewordenen Seele, was es heißt, wenn die Bosheit den Sieg über die Güte erringt

103.

Hier zeigt sie auf, was es heißt, dass der Gerechte siebenmal am Tage fällt

104.

Hier sagt die Seele, wie ihr Gott ihren freien Willen gegeben hat

105.

Was es heißt, dass der Gerechte siebenmal am Tage fällt

106.

Wie die Seele die Summe all ihrer Bitten zur Sprache bringt

107.

Hier beginnen die Bitten der Seele

108.

Eine schöne Betrachtung, um die Sünde zu vermeiden

109.

Wie die Seele darüber erstaunt ist, dass sie für ihre Verfehlungen nicht hinreichend Genugtuung leisten kann

110.

Inwiefern die Kunst63 im Menschen eine erhabene Fähigkeit ist, die zur Substanz der Seele gehört

111.

Der Unterscheid zwischen der Salbung des Friedens und dem Krieg, den Tadel oder Gewissensbisse verursachen

112.

Über die unvergängliche Güte, welche unvergängliche Liebe ist

113.

An das Leiden Jesu Christi zu denken lässt uns den Sieg über uns selbst erringen

114.

Ob der Mensch am Leben bleiben und dennoch ohne sich sein kann

115.

Hier spricht sie von der dauerhaften Substanz und davon, wie die Liebe in der Seele die Dreieinigkeit hervorbringt67

116.

Wie die Seele sich über die Beschwernisse ihrer Nächsten freut

117.

Wie diese Seele zeigt, dass sie ein Vorbild für das Heil aller Menschen ist

118.

Über die sieben Stufen der frommen Seele, die man anders auch Seinszustände nennt

Der erste Seinszustand

Der zweite Seinszustand

Der dritte Seinszustand

Der vierte Seinszustand

Der fünfte Seinszustand

Der sechste Seinszustand

119.

Wie sich die Seele, die dieses Buch schreiben ließ, dafür entschuldigt, dass sie dieses Buch so lang an Worten geraten ließ, was jedoch den Seelen, die im Nichts verbleiben und aus Liebe in diesen Seinszustand gefallen sind, wenig und kurz erscheint

120.

Wie die Wahrheit solche Seelen lobt

121.

Die Heilige Kirche lobt diese Seele

122.

Hier beginnt die Seele ihr Lied

123.

Die erste Betrachtung handelt von den Aposteln

124.

Die zweite Betrachtung handelt von Maria Magdalena

125.

Die dritte Betrachtung handelt vom heiligen Johannes dem Täufer

126.

Die vierte Betrachtung handelt von der Jungfrau Maria

127.

Die fünfte Betrachtung handelt davon, wie die göttliche Natur mit der menschlichen Natur in der Person des Sohnes verbunden wird

128.

Die sechste Betrachtung handelt davon, wie die Menschheit des Sohnes für uns gequält wurde

129.

Die siebente Betrachtung handelt von den Serafim und wie sie dem göttlichen Willen verbunden sind

130.

Hier spricht die Seele über drei schöne Betrachtungen und Überlegungen und wie sie von der göttlichen Macht, Weisheit und Güte nichts erkennt als nur so viel, als sie von ihrer eigenen Schwachheit, Dummheit und Schlechtigkeit erkennt

131.

Hier sagt die Seele, dass sie nichts als den Willen Gottes will

Antwort auf die drei oben gestellten Fragen

132.

Wie Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe in die Seele kommen, sobald sie aus ihrer Kindheit herausgetreten ist

133.

Hier sagt die Seele, dass die oben geschilderten Betrachtungen für die Verirrten sind, und sie zeigt auf, wer diese Verirrten sind und inwiefern diese Betrachtungen zum Leben des Geistes gehören

134.

Inwiefern die Seele dann in der Vollkommenheit des Seins ist, wenn die Kirche ihr Leben nicht zum Vorbild nehmen kann

135.

Wie jene getäuscht wurden, die sich damit begnügten, sich an die Zuneigung des Lebens des Geistes zu halten

136.

Inwiefern der zunichte gewordenen Seele jedes Werk untersagt ist

137.

Wie die Seele Professschwester81 im gottgeweihten Leben ist und wie sie sich gut an ihre Regel gehalten hat

138.

Wie die Seele zu ihrem ersten Seinszustand zurückkehrt

139.

Inwiefern die Natur in verschiedener Hinsicht voll heimlicher Tücke ist

Fußnoten

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Fußnoten

1 Im Original ist dieses Gedicht in Reimen geschrieben.

2 Im Original »clercs«, also Kleriker, was hier gleichbedeutend ist mit Gelehrten.

3 Vernunft (»raison«) ist bei Marguerite Porete nicht mit unserem heutigen Vernunftbegriff gleichzusetzen. Sie meint hier in erster Linie die rationale Theologie, die »Gotteswissenschaft«, die Schultheologie der Zeit. Immerhin wurde die Vernunft bei aller Relativierung von Marguerite Porete so hoch eingeschätzt, dass sie im Folgenden die eigentliche Gesprächspartnerin der Seele ist. Vgl. auch die Einleitung zu diesem Buch.

4 Diese Unterscheidung entspricht der im Mittelalter gängigen Einteilung der Ordensleute in die, welche sich der vita activa, den Werken der Nächstenliebe, und die, welche sich der vita contemplativa, dem Gebet und der Meditation, widmen. Als dritter Stand wären noch die gewöhnlichen Leute, also die Laien, zu ergänzen.

5 Im Original steht hier »creature«, womit in mittelalterlichen Texten häufig einfach der Mensch, und nicht die außermenschliche Kreatur, gemeint ist.

6 Die Formulierung entspricht Dtn 6,4 f. Auch das sog. Doppelgebot der Liebe (vgl. Mk 12,30–31; Lk 10,27) findet sich bereis im Alten Testament: vgl. Lev 19,18.

7 Mt 19,20–21; Lk 18,22.

8 Im Text gibt es neben dem Ausdruck »amour« auch den Ausdruck »charité« für die Liebe. Letzterer (von lat. caritas) entspricht eher unserer Nächstenliebe und wird hier deshalb konsequent auch so wiedergegeben.

9 Hier wird unterschieden zwischen der Nächstenliebe einerseits, die sich in den guten Werken bewährt (vgl. etwa Mt 25), und der Liebe, die in den johanneischen Schriften mit Gott selbst gleichgesetzt wird (vgl. 1 Joh 4,16), bzw. die Paulus im Vergleich zu Glaube und Hoffnung als die größte der »theologischen Tugenden« beschreibt (1 Kor 13, 4–7).

10 Vgl. die Gottesvision bei der Berufung des Propheten Jesaja, Jes 6,1–2.

11 Die Erwähnung des Fünkleins hier hat unmittelbar nichts zu tun mit dem »Seelenfunkelin« Meister Eckharts, obwohl dieser durchaus von Marguerite Poretes Schrift beeinflusst war.

12 Vgl. Röm 3,28. Marguerite Porete nimmt damit das reformatorische »sola fide«, »allein aus Glauben«, vorweg.

13 Marguerite Porete steht hier in der Tradition der »negativen« bzw. »apophatischen« Theologie, die davon ausgeht, dass man von Gott eher sagen kann, was er nicht ist, und keine affirmativen Aussagen über ihn machen kann.

14 Dies entspricht dem lateinischen »intellectus«, wie es auch die lateinische Fassung der Schrift wiedergibt.

15 Gemeint sind hier diejenigen, die weder einem kontemplativen noch einem tätigen Orden angehören, also die Laien.

16 So lautet der vollständige Titel des Buches. Im altfranzösischen Original: »Le mirouer des simples ames anientis et qui seulement demourent en vouloir et desir d’amour«.

17 Hier zitiert Marguerite Porete keinen Geringeren als den Kirchenvater Augustinus, von dem das Wort stammt: Ama et fac quod vis, also »Liebe, und tu, was du willst«.

18 Gemeint ist die Eucharistie bzw. die eucharistischen Gestalten in Brot und Wein, in denen nach Auffassung des christlichen Glaubens Jesus Christus selbst gegenwärtig ist. (In welcher Weise, das versuchte die damalige Theologie mit der sog. »Transsubstantiationslehre« zur Aussage zu bringen.)

19 Vgl. Hl 3,11; Jes 16,1; Ps 45,14; Joh 12,15.

20 Das sind die sogenannten drei theologischen Tugenden; vgl. 1 Kor 13,13.

21 Damit trifft Marguerite Porete offensichtlich die Unterscheidung zwischen der äußeren Gestalt der Kirche der Massen und der darin unsichtbar enthaltenen Schar von Auserwählten – eine Unterscheidung, die in den geistlichen Bewegungen der Zeit wohl gängig war.

22 Vgl. 1 Joh 4,16.

23 Dieser Topos entspricht der scholastischen Theologie der Zeit, die ihren Höhepunkt in Thomas von Aquin gefunden hatte. In dessen Summa theologiae heißt es: »Gott ist in allen Dingen, sofern sie geschaffen sind, in der Weise, dass er Sein, Lebenskraft und Aktivität verleiht; in den vernunftbegabten Geschöpfen, die ihn durch Gnade momenthaft oder ständig erkennen und lieben, ist er darüber hinaus in der Weise, wie der Gegenstand der Liebe (der Geliebte) im Liebenden ist.« (Sth I, q. 8, a. 3 c). Dies steht allerdings in einer gewissen Spannung zur »negativen Theologie«, die an anderen Stellen des Buches vorausgesetzt wird.

24 Vgl. dazu 1 Kor 12,10.

25 Diese »Umkehrung des sozialen Geschicks« ist einer der herrschaftskritischen Grundzüge der Botschaft Jesu; vgl. dazu z. B.: Lk 1,52; Mt 19,30; 20, 16; Lk 13,30; Mt 18,3–4; Mk 9,33–37; Lk 9,46–48.

26 Vgl. das Gleichnis vom Schatz im Acker: Mt 13, 44–45.

27 Marguerite Porete spricht hier höchstwahrscheinlich von sich selbst in der dritten Person.

28 Vgl. Mt 6,22; Lk 11,34.

29 Vgl. 2 Kor 12,1–4.

30 Marguerite Porete distanziert sich hier möglicherweise von der alten häretischen Lehre des »Doketismus«, die zu ihrer Zeit wieder in verschiedenen geistlichen Bewegungen im Kurs war. Dieser Lehre zufolge hatte Christus nur einen »Scheinleib«. Sein Leiden hat ihn also nicht wirklich in seiner (göttlichen) Identität berührt.

31 Wie der weitere Text deutlich macht, wird hier auf die Ohnmacht der biblischen Ester vor dem König angespielt; vgl. Ester 5,1.

32 Es ist fast überflüssig, darauf hinzuweisen, dass Marguerite Porete hier mit dem Ausdruck »marguerite« nicht die Perle (lat.: margarita), sondern sich selbst meint. Assoziiert wird aber auch das Gleichnis von der kostbaren Perle; vgl. Mt 13,46.

33 Dies bildet eine Analogie zur Zwei-Naturen-Lehre, wie sie das Konzil von Chalkedon (451 n. Chr.) hinsichtlich der göttlichen und menschlichen Natur der einen Person Christi definiert hat.

34 Vgl. Mt 8,22.

35 Ort der außergewöhnlichen Gottesbegegnung.

36 Gemeint ist der Stand der Vollkommenheit, das Leben nach den »evangelischen Räten«, also das Ordensleben.

37 Damit ist wohl die Oberin (Priorin) einer Ordensgemeinschaft gemeint.

38 Dies ist ein origineller Ausdruck Marguerite Poretes für Gott. Allerdings ist damit nicht, wie man meinen könnte, das Spannungsverhältnis zwischen Transzendenz und Immanenz angesprochen, in dem sich jede Gotteserfahrung und Gottrede bewegt. Der Ausdruck ist vielmehr dem höfischen Minnegesang entnommen. Vergl. Einleitung, S. 18–19.

39 Im lateinischen Text steht an dieser Stelle »abyssus«, also »Abgrund«.

40 Hier werden offenbar die Zuhörer angesprochen.

41 Wahrscheinlich eine Anspielung auf die Perikope von Marta und Maria; vgl. Lk 10,42.

42 Vgl. Gen 25,16–19. Diese Passage aus dem Alten Testament wird hier allegorisch gedeutet.

43 Im Original steht das Adjektiv »magistral«, das sich auch auf die Lehre beziehen kann.

44 »Surnom« ist eigentlich der Spitzname.

45 Vgl. Lk 10, 40–41. Der von Marguerite Porete beeinflusste Meister Eckhart kehrt allerdings in seiner Deutung dieser Perikope die Sinnspitze in ihr Gegenteil um. Vgl. dessen Predigt »Intravit Jesus in quoddam castellum«. Vgl. Meister Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate. Herausgegeben und übersetzt von Josef Quint, Zürich 1979, 159–164.

46 Vgl. Mt 17,1–9.

47 Hier werden allerdings unterschiedliche Frauengestalten aus dem Neuen Testament miteinander identifiziert, die ursprünglich nichts miteinander zu tun hatten. Maria von Magdala etwa, von der gesagt wird, Jesus habe aus ihr sieben Dämonen ausgetrieben, war eine Jüngerin Jesu und nach dem Johannesevangelium die erste Zeugin der Auferstehung Jesu! Sie wurde in der späteren Tradition mit der »Sünderin« identifiziert, die Jesus die Füße wäscht, aber in den Evangelien gar nicht mit Namen genannt wird! Dazu kommt noch Maria, die Schwester der Marta (vgl. weiter oben). Vgl. Lk 7,37–50; 8,2; 10, 39; Joh 11,2; 12,3.

48 Mt 26,69–74.

49 In Mt 26,56 ist von der Flucht aller Jünger die Rede. Folglich zählt Marguerite Porete auch Johannes dazu. Nach dem Johannesevangelium (Joh 19,26) hat Johannes aber als einziger der Jünger zusammen mit drei Frauen am Kreuz Jesu ausgeharrt! Der Verfasser der Offenbarung des Johannes wiederum ist weder mit dem Evangelisten noch mit dem Jünger Jesu zu identifizieren!

50 Das sind nach der Einteilung der Engel in insgesamt neun Rangstufen des Neuplatonikers Dionysios Areopagita, die zur Zeit Marguerite Poretes allgemein zugrunde gelegt wurde, die Serafim, die Cherubim und die Throne.

51 Vgl. Mal 3,20. Diese Bezeichnung wurde bald auf Jesus Christus übertragen, was auch hier eindeutig der Fall ist.

52 Im lateinischen Text steht hier sol, also Sonne.

53 Dieses »ohne Warum«, die letzte Absichtslosigkeit und Unverzweckbarkeit der Liebe, scheint ein Grundzug aller Mystik zu sein. Es findet sich etwa bei Meister Eckhart (»sunder warumbe«) ebenso wie bei Angelus Silesius »Die Ros’ ist ohn’ Warum ...«). Vgl. dazu Dorothee Sölle, Mystik und Widerstand. »Du stilles Geschrei«, München 1999, 86–90.

54 In der lateinischen Fassung steht hier avia, das heißt Großmutter oder Ahnfrau.

55 Vgl. Ex 14,1–31.

56 Vgl. Joh 14,12.

57 Gemeint ist der erste Schöpfungstag.

58 Vgl. Mt 18,3–4.

59 Vgl. Spr 24,16.

60 Nach den »neun Ordnungen der Engel« stellt die zehnte Ordnung die der verherrlichten Menschen dar, welche die ursprünglich zehnte Ordnung der »gefallenen« Engel ersetzt.

61 Grammatikalisch ist auch möglich: ihrer Liebe.

62 Das schwer zu umschreibende Göttliche im Menschen.

63 Im hier benutzten Wort »art« bzw. lat. »ars« schwingt möglicherweise die Bedeutung von Wissenschaft bzw. Bildung mit, im Sinne der »artes liberales«, also der wissenschaftlichen Disziplinen der mittelalterlichen Bildungsordnung.

64 Vgl. Joh 14,12.

65 Diese trinitarische Formel findet sich so bereits bei Bernhard von Clairvaux, im Sermo 83 über das Hohe Lied der Liebe.

66 Das sind die zunichte gewordenen Seelen, die sich auf der fünften oder sechsten Stufe befinden.

67 Eigentlich: zeugen (engendre), was auch gebären heißen kann: Die Gottesgeburt in der Seele ist ein Grundmotiv abendländischer Mystik.

68 Vgl. Röm 8,18–21, wo die ganze Schöpfung in das Heil durch Christus einbezogen wird.

69 Dies erinnert an den berühmten Satz des Irenäus von Lyon: Gloria Dei vivens homo: Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch.

70 Dies sind die sogenannten »evangelischen Räte«, Armut, ehelose Keuschheit und Gehorsam, die über das hinausgehen, was von den Christen allgemein gefordert ist, und den Stand der Ordensleute begründen.

71 Vgl. 1 Kor 3,1–2; 13,11.

72 Joh 16,7.

73 Vgl. Lk 10,38–42; hier handelt es sich allerdings um Maria von Betanien, die mit Maria von Magdala identifiziert wird. Vgl. dazu auch Anm. 47.

74 Hier ist tatsächlich von Maria von Magdala die Rede; vgl. Mk 16,1–8; Mt 28,1–8; Lk 24,1–12.

75 Hier bezieht sich Marguerite Porete auf eine Legende, derzufolge Maria Magdalena in Südfrankreich gelebt haben soll.

76 Vgl. Mk 3,35; Mt 12,50.

77 Dieses Bild übernimmt Marguerite Porete aus der Reitersprache.

78 Dies ist die Beschreibung der ureigenen mystischen Erfahrung Marguerite Poretes; vgl. Kap. 58.

79 Vgl. Gen 3,1–15.

80 Von hier an bis zur Mitte des Kapitels 137 liegt der Übersetzung aufgrund einer Lücke in der altfranzösischen Vorlage der lateinische Text zugrunde.

81 Eine Professschwester ist eine Ordensangehörige, die bereits ihre sogenannten »ewigen« Gelübde abgelegt hat, sich also nicht nur auf Zeit, sondern für ihr ganzes Leben verpflichtet hat, gemäß der Ordensregel und den Gelübden von Armut, Keuschheit und Gehorsam zu leben.

82 Vgl. Gen 1,28.

83 Dieses Gedicht ist im Original in Reimform geschrieben.

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Über den Autor

Über den Autor

Dr. Bruno Kern, geboren 1958, studierte Theologie und Philosophie in Wien, Fribourg und München; er lebt zurzeit in Mainz und arbeitet als selbstständiger Lektor und Übersetzer. Für den marixverlag übersetzte er die Lieder der Hildegard von Bingen und verfasste einen Band über „Die bedeutendsten Grabreden“.

Zum Buch

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Am 1. Juni 1310 wird Marguerite Porete mitten in Paris bei lebendigem Leib verbrannt – zusammen mit ihrem Buch, das die heilige Inquisition in Aufruhr versetzt hatte. Was war so gefährlich an der Schrift dieser frommen Begine? Den religiösen Zwängen ihrer Zeit setzt Marguerite Porete eine schier unerhörte Mystik der Freiheit entgegen! Der von Gottes Liebe ganz durchdrungene Mensch braucht sich weder um Tugenden noch um Bußübungen, Messen, Predigten usw. zu kümmern! Der Atem der Freiheit durchdringt dieses Buch, und so manche kühne These der Reformation nimmt Marguerite Porete wörtlich vorweg.

Der grausame Feuertod der nordfranzösischen Begine konnte nicht verhindern, dass „Der Spiegel der einfachen Seelen“ über Jahrhunderte hinweg ein Bestseller wurde. In mehreren Sprachen fand er anonym in ganz Europa Verbreitung und übte einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf das religiöse Denken weit über ihre Zeit hinaus aus. Meister Eckhart etwa ist erkennbar von diesem Buch inspiriert. Erst im 20. Jahrhundert gelang der Forschung der Nachweis, dass Marguerite Porete die Autorin dieses Buches ist. Eines der bedeutendsten Werke der Frauenmystik des Mittelalters liegt nun in einer neuen deutschen Übersetzung vor. Für alle an der Geschichte des Mittelalters, an der abendländischen Mystik, an der Befreiungsgeschichte der Frau Interessierten ist dieses einzigartige Werk nun neu erschlossen.

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