Die Präambel beim Vertrag, die Ouvertüre bei der Oper, das Entree beim Essen: Nichts kommt heutzutage ohne Vorspann aus. Sogar die Tour de France möchte nicht auf ihn verzichten und hat ihren eigenen Prolog. Ganz klar, dass auch in diesem Buch ein Vorwort nicht fehlen darf. Und wer könnte wohl besser einleitende Worte über ein Werk verlieren, in dem ein weltoffener, charismatischer junger Mann die halbe Welt mit dem Fahrrad umrundet? Richtig, ein Mann, der es geschafft hat, den Bogen vollständig zu spannen und die Welt nicht nur halb, sondern komplett radelnd bezwungen hat. Bühne frei und Vorhang auf für Hubert Schwarz:

Es ist immer ein schönes Gefühl zu erfahren, dass die eigene Leistung auch Inspiration für andere ist. Florian Hanusch hat sich meine Marathon-Rennen in Amerika und Weltumrundungen im Sattel zum Vorbild genommen, um daraus seine eigenen Abenteuer zu entwickeln und seinen eigenen Weg zu finden. Das ist ihm auf sehr beeindruckende Art und Weise gelungen, wie man in diesem Buch mit seinen vielen spannenden und anschaulich geschilderten Erlebnissen nachlesen kann. Florian Hanusch hat – wie ich – das Fahrrad als Vehikel gewählt. Ob man nun um die Wette fährt oder sich mehr Zeit lässt: die Welt im Sattel zu erkunden und zu erfahren, ist in jedem Fall etwas ganz Besonderes. In relativ kurzer Zeit lassen sich – bei entsprechender körperlicher Ausdauer – lange Distanzen zurücklegen, die nur so gespickt sind mit immer wieder neuen Eindrücken. Anders als im Auto oder im Reisebus spürt man diese Eindrücke im Sattel unmittelbar. Quasi bei jeder Pedalumdrehung. Man wird sensibel für Details, die einem sonst entgehen. Landschaften, Gerüche, Geräusche und Gefühle bleiben anders haften, als im Gedächtnis eines Pauschalreisenden. Das Fahrrad, Rennrad oder Mountainbike führt einen – manchmal zufällig und unfreiwillig – an unglaublich interessante und exotische Orte, die kein Reiseführer für erwähnenswert hält. Und vor allem begegnet man im Sattel Menschen, erhält authentische, unverfälschte Einblicke in Alltag und Kultur. Oft sind es nur Momentaufnahmen, aber es sind immer Erfahrungen aus erster Hand, einschneidende Blicke über den Tellerrand – unvergesslich. Florian Hanusch weiß davon zu erzählen. Abenteuer, wie Florian Hanusch sie wagt, passieren nicht einfach so. Man muss viel dafür tun. Es beginnt mit Interesse und Inspiration, die eigene Träume anstoßen. Gerade Träume sind wichtig, weil sie jenen Funken in sich tragen, der Leidenschaft entfachen kann. Ich war damals beseelt von dem Gedanken, als erster Deutscher das Race Across America, den härtesten Radmarathon der Welt, zu bezwingen – ohne wirklich zu wissen, welche Strapazen mich erwarten würden. Diese Träume müssen dann irgendwann in konkrete Ziele münden, auf die man sein Handeln ausrichtet. Das ist gar nicht so einfach. Gerade bei der Planung eines Rad-Abenteuers gilt es, den eigenen Antrieb zu mobilisieren, lange bevor man überhaupt so richtig in die Pedale tritt. Die Organisationsleistung ist gewaltig, man muss (finanzielle) Risiken eingehen, Mut beweisen, Widerstände überwinden und auch mal einsame Entscheidungen treffen können. Später im Sattel erlebt man nicht nur Hochgefühle. Bei Erschöpfung baut sich der innere Schweinehund vor einem auf und manche Tagesetappe wird zur reinen Durststrecke. Florian Hanusch hat all dies gemeistert und sicher auch für sich die Tugenden entdeckt, die in meinen Augen nicht nur einem Radabenteurer zum Erfolg verhelfen: ein starker eigener Antrieb, gepaart mit Zielen und Leidenschaft. Das hilft uns, unter extremen Bedingungen, wie im normalen Leben, Hürden aus dem Weg zu räumen, eigene Grenzen zu überwinden und neue Horizonte zu entdecken. Ich wünsche Florian Hanusch, dass sein spannendes Buch viele Leserinnen und Leser findet und andere zu Abenteuern inspiriert. Zu Abenteuern aus eigenem Antrieb!

Hubert Schwarz

And I can’t wait to get on the road again

On the road again

Goin’ places that I’ve never been

Seein’ things that I may never see again

Willie Nelson

„Hey Florian, einen wunderschönen guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“ Mit diesen Worten werde ich freundlich lächelnd von Heinz begrüßt, der gerade mit einer Tüte duftend frischer Bagels zur Türe hereinkommt und sich zu uns an den gedeckten Tisch setzt. „Und wie gut. Einfach fantastisch. Ich fühle mich wie neugeboren, Heinz. Und jetzt werde ich noch mit einem ausgezeichneten Frühstück von euch überrascht. Einfach super.“ Ich bin wirklich über so viel Gastfreundschaft und Herzlichkeit in Amerika erstaunt. Martha, seine Ehefrau, hat für uns drei allerhand Köstlichkeiten auf den Tisch gezaubert, die nicht nur gut aussehen, sondern auch genauso gut schmecken. Sie hat keine Kosten und Mühen gescheut, um es dem Gast aus Deutschland so angenehm wie möglich zu machen. Gestern Abend wollte sie auch noch meine nasse Fahrradkleidung waschen, was ich jedoch aus Höflichkeit abgelehnt hatte. Ich bin ja schließlich im Begriff, das größte Abenteuer meines Lebens zu wagen. Wild, hart und entbehrungsreich soll es werden. Todesmutig will ich die Gipfel der Rocky Mountains erklimmen, durch glühend heiße und menschenleere Wüsten fahren und unbewohnte Eilande der Südsee entdecken. Da darf man gerne auf ein bisschen Luxus verzichten. Zumindest habe ich mir das so vorgestellt. Oder weismachen lassen von all den Büchern, die ich vor Reiseantritt als Inspiration gelesen habe. Wie ich mich aber entscheiden würde, wenn in meinen Packtaschen keine frischen Sachen mehr zum Wechseln wären, vermag ich jetzt nicht zu sagen. Martha jedenfalls hat es sich nicht nehmen lassen, meine Fahrradkleidung zu trocknen und heute Morgen akkurat aufzubügeln, um mein Abenteuer - rein wäschetechnisch - zum Erfolg zu führen.

Nach dem Frühstück zeigt mir Heinz sein imposantes Haus samt herrlich angelegtem Garten, der beinahe parkähnliche Ausmaße annimmt. Es liegt nur ein paar hundert Meter von den Steilklippen des Hudson Valley entfernt, von wo aus man die Ausläufer der Stadt New York erblicken kann. Es ist Anfang April und der Garten hat schon einen großen Teil seiner Blütenpracht hervorgebracht. Selbst die Forsythien blühen jetzt schon und erfreuen nach dem langen Winter mit knallig gelben Blüten. Ein wirklicher Augenschmaus. Die Frühlingssonne lässt sich blicken und durchdringt mit ihren Lichtstrahlen den morgendlichen Nebel, der über dem Gras liegt. Wie Scheinwerferlichter fallen sie auf den Garten, um ihn scheinbar für mich in Szene zu setzen. Welch ein wunderschönes, idyllisches Bild, das sich mir an diesem Tag bietet. Ruhe und Stille. Dazu das morgendliche Gezwitscher eines Vogelpaares, das sich im Wettstreit daran misst, wer am längsten und schönsten singen kann. Kaum zu glauben, dass sich auf der anderen Flussseite die Ausläufer der Stadt New York befinden, durch die ich gestern geradelt bin. Wer hätte gedacht, dass der Kontrast zwischen Stadt und Land dermaßen krass ausgeprägt ist? Bedächtige Stille auf der einen, pulsierende Hektik einer Megacity auf der anderen Seite. Nur getrennt durch einen Fluss. Hier der Bundesstaat New Jersey, dort jenseits des Wassers New York. Oder bessergesagt NY. Das klingt nämlich viel cooler, ist kürzer und passt zudem auf jedes Souvenir: I ♥ NY! Wer kennt diesen Aufdruck nicht? Außerdem lassen sich mit den beiden Buchstaben lustige Abkürzungen bilden, um die Zusammengehörigkeit mit der Stadt auszudrücken. Das NYPD, das New York City Police Department, oder die NYSE, die New York Stock Exchange, sind nur zwei Beispiele. In diesem Zusammenhang wird klar, dass mit dem NYPL im Big Apple also nicht der weibliche Nippel, sondern die New York Public Library gemeint ist. Sorry, NY, wieder solche Wortspiele.

Während wir auf dem Grundstück stehen und in Richtung New York blicken, wird mir klar, welches große Glück ich habe, hier mit Heinz und seiner Familie zu sein. Noch gestern hätte ich nicht daran gedacht, bei fremden Leuten zu nächtigen oder mit ihnen zu frühstücken. Jedenfalls nicht in der Nähe von New York und wahrscheinlich auch nicht gleich am ersten Tag, an dem ich mit dem Rad unterwegs bin. Mein Aufenthalt bei den Minnerops ist das Happy End eines langen und aufregenden Tages auf dem Fahrrad, welcher mir schon zu Beginn meiner Reise den gewünschten Nervenkitzel bereitet hat. Nichts habe ich ausgelassen, um meinen Pulsschlag in die Höhe zu treiben: Das Fahren inmitten der Häuserschluchten Manhattans mit schwerem Gepäck, der starke Autoverkehr, eine Panne auf der Kreuzung einer vierspurigen Straße, der vermeintliche Abbruch der Tour und ein plötzlicher Wetterumbruch mit heftigem Regen und Kälteeinfall. Aber alles der Reihe nach.

Vor vier Tagen stand ich noch, bepackt mit einem Rucksack, zwei großen Reisetaschen und einem noch größeren Fahrradkarton samt Fahrrad, vor dem „immigration officer“ am New Yorker Flughafen, der wohl dachte, ich würde mit all meinem Gepäck für immer in dem Land bleiben wollen. Nachdem ich den guten Mann über mein Vorhaben aufgeklärt hatte, entließ er mich mit einem kurzen „Wow“ ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Oder wie viele Kritiker sagen: das Land der begrenzten Unmöglichkeiten. Dieses Statement hätte ich doch glatt bestätigen können, als ich die Toiletten am Flughafen nach einem langen Flug aufsuchte, der mich erst von Frankfurt nach Island und dann weiter nach New York City geführt hatte. Die Kloschüsseln schienen allesamt verstopft zu sein. Fast bis zum Rand stand das Wasser. Erst in der dritten Kabine fiel mir wieder ein, dass das in den USA der Normalzustand ist. Kurz danach versicherte mir der Busfahrer, er würde an meinem Hotel in der Nähe des Central Park halten, fuhr dann aber geradewegs zur Grand Central Station, dem Hauptbahnhof in Manhattan, von wo ich dann wieder umsteigen musste. Eine logistische Herausforderung mit drei großen Gepäckstücken und einem Tourenrad, um halb zwei Uhr nachts, mitten in einer fremden Stadt, und ohne eine wirkliche Orientierung zu haben. Und dann war da noch diese blöde Eiswürfelmaschine auf dem Hotelflur, die einfach nicht aufhören wollte, lautstark zu summen und mich um den Schlaf und fast um den Verstand gebracht hätte. Am nächsten Morgen hatten die Angestellten übrigens mit einer großen Wasserlache auf dem Teppich zu kämpfen. Ein genervter Hotelgast muss wohl in der Nacht aufgestanden sein und den Stecker aus der Eiswürfelmaschine gezogen haben…

Für die nächsten zweieinhalb Tage stand das obligatorische Sightseeing auf dem Programm. Erst mal musste die Stadt natürlich erkundet werden und ich mich ein bisschen an Land und Leute gewöhnen, bevor ans Radeln zu denken war. New York City war schließlich Neuland für mich. Und laut einhelliger Meinung ist die Stadt ja auch ganz anders als der Rest der USA. Außerdem brauchte ich noch ein wenig Zeit, um mich vom Jetlag zu erholen. „Es langsam angehen lassen“, war also die Devise, obwohl das nicht gerade das richtige Motto für diese Stadt ist. „ I want to wake up in a city that never sleeps“, hatte Frank Sinatra einst in seinem Swingklassiker zum Besten gegeben. Und an anderer Stelle: „I want to be a part of it. New York, New York.”

Ich dagegen wollte nicht nur Teil dieser Stadt werden, sondern bin es auch irgendwie geworden, wenngleich das auch nicht geplant war. Nachdem ich am ersten Tag nach meiner Ankunft den Central Park, die Fifth Avenue mit Trump Tower, St. Patrick’s Cathedral und Tiffany abgeklappert hatte, stand ich vor dem imposanten Rockefeller Center. In diesem Gebäudekomplex ist auch der Fernsehsender NBC zu Hause, der hier auch seine allmorgendliche „The Today Show“ produziert. Angelockt durch eine kreischende Menschenmenge, hüpfende Mädels und zahlreiche Scheinwerfer wurde ich unweigerlich Teil der Sendung, die dort live, im Außenbereich, aufgenommen wurde. Die Zuschauer hielten ihre selbstgemalten, bunten Schilder in die Kameras, auf denen Sätze standen wie „Memphis greets America“ oder „Matt, you are my hero“. Matt Lauer ist die bessere Hälfte der Sendung und ließ es sich nicht nehmen, während der Werbepausen die Hände seiner Fans zu schütteln. Auch mir wurde diese Ehre zuteil. Nur einen Augenblick später waren wir wieder live auf Sendung. Der gute Mann stand genau vor mir, sodass mich die Kamera direkt im Bild mit einfing und ich mein Konterfei im Kontrollmonitor erblicken konnte. 15 Sekunden blieben mir, um Millionen von Leuten vor den Fernsehern mein freundliches Grinsen zu schenken und sie mit einem Wink zu grüßen. Guten Morgen, Amerika. Auf eine gute Zeit in den nächsten Monaten mit dir. Yes folks, I am a part of you now!

Tag drei in New York war nicht weniger ereignisreich als der zweite Tag. Ein bisschen Kunst im Museum of Modern Art hier, ein wenig Kultur mit der Freiheitsstatue da und ein bisschen typisch amerikanisches Essen mit Hot Dog und Cola dort. Besonders eindrucksvoll gestaltete sich der Besuch am Ground Zero, dem Ort, an dem noch vor acht Jahren die Twin Towers des World Trade Center standen. Die Großbaustelle zur Errichtung des Freedom Tower lässt die Geschichte des Ortes fast ein bisschen untergehen und drängt die schicksalhaften Ereignisse des 11. September 2001 ein wenig in den Hintergrund. 2.800 Menschen starben an jenem Tag, an dem die beiden Wolkenkratzer dem Erdboden gleichgemacht wurden. Ein Trauma, das die USA bis heute nicht überwunden haben und wohl als eine der größten Tragödien des Landes in die Geschichte eingegangen ist. Bei einer Besichtigungstour traf ich auf Ed, der den Einsturz der Türme hautnah miterlebt hatte und als einer der Führer die Tour leitete. In aller Ausführlichkeit beschrieb er, dass er in den Stunden des Einsturzes im Nachbargebäude gearbeitet hatte und Menschen aus den Fenstern fallen sah, und war bei seinen Erklärungen den Tränen nahe. Auch einige Kuriositäten verriet er uns, etwa dass Stunden vor der Katastrophe alle Vögel in den umliegenden Parks verschwunden gewesen sein sollen oder dass die kleine St. Paul‘s Chapel unmittelbar neben den Türmen nicht einen Kratzer abbekommen hatte. Die Gruppe war zutiefst beeindruckt und nicht minder gerührt. Ein paar Minuten für große Gefühle. Nach der Tour wechselte ich mit Ed noch persönlich ein paar Worte. Wie sich herausstellte, war es die erste Führung, die er überhaupt für Besucher gegeben hat.

Am Abend wurde mir schlagartig klar, dass morgen der große Tag sein würde. Der Tag, an dem mein Abenteuer erst richtig beginnen sollte. Von New York City um die halbe Welt war mein ausgemachtes Ziel. Entweder bis nach Sydney in Australien oder nach Tokio in Japan. Auf jeden Fall mit New York als imposantem Startpunkt. Das war klar. Allen möglichen Leuten hatte ich von meinem Vorhaben erzählt. Allen, die es hören wollten – und allen anderen auch. Selbstbewusst hatte ich verkündet, dass ich nach meinem Studium Amerika in einem Rutsch mit dem Fahrrad durchfahren und allen Widrigkeiten und körperlichen Belastungen trotzen würde. Als ich jedoch vorgestern Abend aus dem Hotelzimmer in die Dunkelheit blickte, kamen mir so meine Zweifel. Jetzt, da ich in den USA war, erschien mir mein Vorhaben auf einmal gar nicht mehr so selbstverständlich, ja geradezu utopisch. Keinen einzigen Tourenradler hatte ich in den vergangenen Tagen gesehen, und das in einer Stadt, in der doch alles möglich erscheint. Warum mache ich nur diese Reise? Für alle anderen war ich um eine passende Antwort nie verlegen gewesen. Weil ich neue Herausforderungen suchen, meinen Horizont erweitern und neue Erfahrungen sammeln will. Menschen treffen, Neues sehen und Grenzen austesten. Yep, das klang doch gut und überzeugend. Ich war wahlweise auf Weltreise, Studienreise, Abenteuerurlaub oder auf langer Reise zum Inneren meines Selbst. Sogar für ein Interview für die „New York Times“, dem „Rolling Stone Magazine“ oder dem „Playboy“ wäre ich gerüstet gewesen. Der Einfachheit halber würde ich behaupten, die Idee sei bei einer verlorenen Wette an der Bar entstanden. Und ich als Teufelskerl wäre Manns genug, diese Wette nun eiskalt einzulösen. Nur für mich selber hatte ich eigentlich keine zufriedenstellende Antwort gefunden. George Mallory, einer der Pioniere des Höhenbergsteigens, hatte auf die Frage, warum er den Everest besteigen wolle, einst geantwortet: „Weil er da ist!“ Und auch Brian Tracy kommt im ersten Kapitel seines Buches „Erfolg ist eine Reise“ auf eine erstaunliche, einfache Weisheit: „Manche Menschen sind dazu geboren zu Hause zu bleiben. Andere sind zum Reisen geboren.“ Tja, irgendeine Mischung aus all dem wird es wohl sein, die mich zum Aufbruch ins Unbekannte drängt. Und so kurz vor dem Startschuss die Flinte ins Korn zu werfen, wäre wohl auch nicht sinnvoll - nach all den monatelangen, fast minutiös geplanten Vorbereitungen. Außerdem sind das Empfangskomitee samt rotem Teppich, Blaskapelle und Sektempfang zu meiner Rückkehr wahrscheinlich schon geplant. Und all den vielen Freunden und Verwandten jetzt abzusagen, wäre etwas peinlich. Besonders dann, wenn man es gar nicht erst versucht hat.

Mit einer Mischung aus Vorfreude und Unsicherheit habe ich gestern mein Hotel dann um neun Uhr verlassen – und auch einen riesigen Müllberg aus Luftpolsterfolie und Schaumstoff. Erst die Beseitigung der Wasserpfütze auf dem Gang, jetzt der Abtransport von einem Kubikmeter Plastik. „Was war das nur für ein Gast aus Deutschland in Zimmer 1722?“, hat sich das Hotelpersonal wohl gedacht. Zwei Jogger aus der Schweiz, die ich an der Rezeption kennengelernt hatte, begleiteten mich und mein schwer bepacktes Rad zum Central Park, der nur einen Häuserblock weiter nördlich liegt. Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass sie sich von mir veralbert fühlten, als ich sagte, ich wolle jetzt nach Sydney radeln.

Schluss mit lustig. Vorbei das schöne Touristenleben. Es wurde ernst.

Schon das Schieben des Rades war ein Kraftakt, die ersten Meter auf dem Rad eine Herausforderung. 37 Kilo Gepäck habe ich dabei, 18 Kilo wiegen Rad und meine fünf Packtaschen – zwei am Vorderrad, drei am Hinterrad. Zusammen mit meinem Gewicht bringe ich es auf insgesamt 140 Kilo, die nur durch Muskelkraft bewegt werden wollen. Das größte Problem bestand jedoch darin, die Balance zu halten. Ein bisschen zu viel Schlagseite und schon fällt das Rad um und der Fahrer küsst den Asphalt. Im morgendlichen Berufsverkehr von Manhattan hätte das fatale Folgen haben können. Mein Plan des gestrigen Tages sah vor, direkt nach Süden zu fahren, einen Fotostopp beim Times Square einzulegen und die Tour an der Südspitze Manhattans starten zu lassen. Aus Sicherheitsgründen habe ich dann aber doch lieber einen zehn Kilometer langen Umweg eingelegt und den Central Park dabei einmal umrundet. Ich musste einfach ein besseres Gefühl für das Fahrverhalten bekommen, bevor ich mich in den Großstadtdschungel wagen konnte. Ob man es glaubt oder nicht, New York hat ein richtig gut ausgebautes Radwegenetz. Solange man eine übersichtliche Radfahrkarte dabeihat und weiß, was die Farben Rot, Gelb und Grün im Straßenverkehr bedeuten, ist man auf der sicheren Seite. Dachte ich jedenfalls. Denn viele Pkws, insbesondere Taxen und Lieferdienste, nehmen es nicht so genau mit der Fahrradspur und parken diese einfach zu. Dazu kann das ständige Hupen schon ganz schön irritieren. Die meisten Fußgänger betrachten Ampeln eher als Empfehlung denn als sinnvolles Instrument, nicht überfahren zu werden. Wachsamkeit war also geboten. Den größten Schock des Tages bekam ich in der Nähe der Brooklyn Bridge. In der 20. Straße bog ich zum East River ab, in der Absicht, ein paar tolle Fotos von der Brücke zu machen, mit der imposanten Skyline von Manhattan im Hintergrund und ich triumphierend in Heldenpose im Vordergrund. Aber daraus wurde nichts. Jedenfalls noch nicht. Als ich nach dem Umschalten der Ampel auf Grün losfahren wollte, passierte es. Nach dem Druck aufs Pedal gab es plötzlich einen heftigen Ruck – und nichts ging mehr. Panik überkam mich. Ich konnte mir nicht erklären, was gerade passiert war. Ich stand inmitten der vierspurigen Straße, die Autos wartend hinter mir, und ich war unfähig, mein Rad in Bewegung zu setzen. Mit Mühe und Not habe ich es noch rechtzeitig auf den Gehsteig geschafft, um festzustellen, dass der gesamte Schaltkäfig, die Einheit der hinteren Zahnräder, einfach vom Rahmen abgebrochen war. Das wars also. Auf 26 Kilometer habe ich es gebracht. Aus der Traum von der großen Reise. Zu Ende, bevor sie wirklich begonnen hat. Da mein Rad einen Alurahmen hat, schien es mir unmöglich, das Verbindungsstück wieder an den Rahmen zu schweißen. Und selbst wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich wohl kaum auf Anhieb eine entsprechende Werkstatt dafür gefunden! Was sollte ich jetzt machen? War das ein Zeichen des Himmels, das mich auffordern wollte, wieder heimzufliegen, um mich möglicherweise vor noch größerem Schaden zu bewahren? Nein, weitermachen! Dank meines mitunter ausgiebigen Fernsehkonsums rettete mich jetzt ein Zitat aus dem Film „Batman & Robin“. Auf die Frage „Warum fallen wir?“ heißt es dort: „Damit wir lernen, wieder aufzustehen.“ Na also, Fernsehen hat doch etwas Gutes. Nach kurzem Herumfragen konnte mir der Mitarbeiter eines Sportgeschäftes die Adresse einer Radwerkstatt geben, die glücklicherweise fußläufig erreichbar war und sich tatsächlich meines Problems angenommen hat. Nachdem ich den Leuten von „Gothem Bikes“ mein Vorhaben erzählt hatte, haben sie alles stehen und liegen lassen und tatsächlich ein Metallteil gebastelt, das das kaputte Teil vollständig ersetzen konnte. Alle Achtung. Das sind wirkliche Meister ihres Faches. Dank ihres Einsatzes schien es möglich, New York City heute noch radelnd zu verlassen. Das Unterfangen hatte zwar ganze fünf Stunden gedauert und meinen Tagesplan gehörig durcheinandergebracht, aber das Wichtigste war natürlich, ein fahrtüchtiges Rad zu haben – verlorene Zeit hin oder her.

Nach dem erneuten Blick in Richtung Atlantik und der Freiheitsstatue ging es weiter auf dem Fahrradweg am Ufer des Hudson River nach Norden. Ziel war die George Washington Bridge, die die einzige Möglichkeit bot, New York nach Westen hin zu verlassen. Ein klasse Radweg, doch bei dem einsetzenden Regen nicht wirklich ein Genuss, darauf zu fahren. Auf Höhe der Brücke angelangt, war der Zugang zur Brückenauffahrt einfach nicht ausfindig zu machen. Den Radweg trennten gut 30 Höhenmeter von der Brücke und ein Gewirr von Fahrbahnen und Highways von der Brückenauffahrt. Zahlreiche Versuche, die Straßen irgendwo überqueren zu können, blieben erfolglos. Laut meiner Radkarte hätte ich vom Ufer aus auf die Brücke kommen müssen, was aber ein absolut unmögliches Unterfangen war. Fahrräder können sie ja reparieren, die New Yorker, aber vom Kartenzeichnen haben sie echt keine Ahnung! Die hereinbrechende Dunkelheit machte die Lage nicht viel besser. Mein Retter in der Not kam auf zwei Rädern angefahren. Heinz hieß er. Ein Mann mit weißen Haaren, der sicherlich auch so weise war, um mir den Weg über die Brücke zu zeigen. Auf meine Frage, wie ich denn nun am besten die Auffahrt finden würde, antwortete er mir kurz und knapp: „Come on, just follow me“, und brauste davon. Am anderen Ende der Brücke angekommen, wartete Heinz auf mich und empfing mich mit den Worten: „Hey, are you from Germany?“ Wow, was sollte denn die Frage? Ich hatte doch nun wirklich keinen auffälligen Akzent. Aber Heinz konnte man nichts vormachen. Er erkannte seinesgleichen sofort. Im Gespräch kam heraus, dass Heinz in Deutschland geboren und 1954 von Dortmund nach Amerika ausgewandert war. Was für ein toller Zufall. Er ist Anwalt und arbeitet in Manhattan. Früher hatte er das im World Trade Center getan, was, wie jeder weiß, nun nicht mehr möglich ist. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. Die Strecke entlang des Hudson River, die ich soeben zurückgelegt hatte, fährt er jeden Tag. Von Manhattan bis zum Ende der George Washington Bridge. Von dort wird er dann von seiner Frau Martha mit dem Auto abgeholt, die ihn dann nach Hause bringt. Heinz wollte von mir nun wissen, wie weit ich noch fahren und wo ich denn heute Nacht schlafen würde. Als ich sagte, dass ich es noch nicht genau wisse und ein Hotel suchen würde, lud er mich kurzerhand zu sich nach Hause ein. „Florian, du schläfst heute Nacht bei uns. Erzähle uns von deiner Tour und was es alles Neues in Deutschland gibt.“

Rotwein und Käse haben sie mir aufgetischt, eine Pizza liefern lassen, mir ein eigenes Zimmer und eine warme Dusche angeboten. Dazu wunderbare Gespräche, bei denen mich Heinz über Besonderheiten in Amerika, den Straßenverkehr und die beste Route für die nächsten Tage aufgeklärt hat. Außerdem durfte ich gestern Abend auch seine Tochter Johanna und deren kolumbianischen Freund kennenlernen. Auch bei ihnen ist der Funke der Begeisterung übergesprungen.

Ein wirklich imposanter Tourauftakt war das gestern. Nach dem Besuch im Garten wird es Zeit, meine Sachen zu packen und weiterzufahren. Doch bevor es aufs Rad geht, fahre ich mit Heinz und Martha im Auto zurück bis ans Ende der George Washington Bridge, wo ich in einem Radladen mein Fahrrad für eine Nacht deponiert hatte. Zum einen ist mein ausgemachtes Ziel, jeden Kilometer mit reiner Muskelkraft zurückzulegen und zum anderen war ohnehin nicht genügend Platz im Kofferraum für mein Rad. Ein glücklicher Umstand, der es mir erlaubt, dort weiterzufahren, wo meine gestrige, erste Etappe geendet hat. Und die Möglichkeit zu haben in einem nagelneuen BMW mitzufahren, lasse ich mir auch nicht entgehen. Nach einem herzlichen Abschied von Heinz und dem gegenseitigen Versprechen, in Kontakt zu bleiben, trete ich in die Pedale und fahre auf dem Highway zurück nach Norden und bin nach einer Stunde wieder am Haus der Minnerops. Als ich Martha begrüße, müssen wir beide lachen, wie weit ich es geschafft habe. Da mich mein Weg die nächsten beiden Tage eh entlang des Hudson River führt und mich Martha aufgefordert hat, mit ihr noch eine Tasse Kaffee zu trinken, habe ich ja praktisch gar keine andere Wahl, als nochmals vorbeizuschauen. Das mache ich natürlich gerne und freue mich erneut über das Schwätzchen mit Martha und die nette Gastfreundschaft. Nach einer Stunde ist es dann endgültig Zeit, Lebewohl zu sagen. Entlang der New York State Bicycle Route 9 geht es entlang des Hudson River weiter nach Norden. Der Weg wird anscheinend von den Gemeinden betreut, die ihn unterschiedlich gut ausgebaut haben. An einer Stelle ist er asphaltiert und vier Meter breit, an anderer Stelle wird er zu einer schlammigen Buckelpiste, die das Fahren mit Gepäck äußerst unangenehm macht. Das Vorankommen gestaltet sich daher zeitweise recht mühsam. An einem Geldautomaten möchte ich mir frische Dollarscheine ziehen, da wohl auch bei sehr positivem Denken meine Glückssträhne einmal ein Ende haben wird und ich für meine heutige Übernachtung wohl selber zahlen muss. Meine PINCodes habe ich verschlüsselt in einem kleinen Büchlein aufbewahrt, doch auch eine lange Suche in allen meinen Packtaschen bleibt erfolglos. Ich kann meine persönlichen Dokumente einfach nicht mehr finden. Mir schwant, wo ich mein Büchlein vergessen habe könnte. So ein Mist aber auch. Jetzt darf ich doch tatsächlich diesen miserablen Weg wieder zurückfahren und mir meine Aufzeichnungen holen, die ich die gestrige Nacht bei den Minnerops unter einem Kissen deponiert hatte. Eigentlich schade, dass ich bei so netten Leuten so ein Misstrauen an den Tag gelegt und meine Wertsachen versteckt habe. Tut mir echt leid, aber ich lebe nun mal von meinen Vorurteilen, die ich mir mühsam in 27 Jahren aufgebaut habe und die nicht von heute auf morgen abzuschalten sind. „Hey Martha, das ist ja eine Ewigkeit her, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben! Wie gehts dir? Was gibts Neues?“ Martha hingegen ist nicht wirklich zu Späßen aufgelegt. Sie hat sich richtig Sorgen um mich gemacht und Heinz angerufen, damit er früher von der Arbeit kommt, um mir mit dem Auto meine Dokumente zu bringen – meine Route kennt er ja. Nach dem dritten Kaffee im Hause Minnerop wird es wieder Zeit loszufahren. Bleibt nur zu hoffen, dass ich heute nicht zum vierten Mal hier zum Kaffee eingeladen werde. Es muss doch möglich sein, diesen Ort mal zu verlassen und meine Tour richtig zu beginnen.

Nach gut 90 Kilometern erreiche ich dann doch noch eine andere Stadt, das Garnisonsstädtchen West Point. Das kleine Örtchen liegt an einem Nadelöhr des Hudson, der hier eine s-förmige Biegung macht, und war deshalb seit Jahrhunderten von strategischer Bedeutung. „Wer den Hudson beherrscht, der beherrscht den Staat New York“, soll eine Weisheit längst vergangener Tage gelautet haben. Aus diesem Grund hatte man hier schon im Jahre 1778 ein Fort errichtet, das englische Schiffe an der Weiterfahrt nach Norden gehindert haben soll. Sukzessive wurde das Fort zu einer Elite-Militärschule ausgebaut, die auch heute noch als Top-Ausbildungsstätte gilt, und das nicht nur im militärischen Bereich. Zu den berühmtesten Absolventen zählen US-Präsidenten wie Dwight D. Eisenhower, Wirtschaftsgrößen, Generäle oder auch der Astronaut Edwin E. „Buzz“ Aldrin. Am Eingang zur Militärakademie thront ein alter Schützenpanzer aus dem Zweiten Weltkrieg auf einem steinernen Sockel und darunter hat man den dezenten Hinweis angebracht, dass eine Besichtigung erst wieder morgen um 09.30 Uhr möglich sei. Auf der Suche nach einem Hotelzimmer klappere ich die Motels der Stadt ab. Irgendein Hotelier muss doch so freundlich sein und mir einen „Ich-komme-aus-Deutschland-und-fahre-mit-dem-Rad-um-die-halbe-Welt-Rabatt“ einräumen. Denn Preise um die 100 Dollar für eine einfache Unterkunft sind mir einfach zu happig. Am Ende zahlt sich meine Hartnäckigkeit aus. Bei einem Motel erhalte ich zehn Prozent Rabatt, den die Mitglieder eines amerikanischen Automobilclubs bekommen würden, und außerdem nochmal 15 Dollar Extra-Rabatt für die überzeugenden und lebhaften Schilderungen meiner geplanten Radtour und der bisherigen Erlebnisse. Tolle Sache. Diese Taktik muss ich mir unbedingt für die nächsten Übernachtungen merken.

Am nächsten Tag lasse ich mich in einer geführten Tour durch die West Point-Akademie leiten. Die kleine Gruppe darf in einem ausgedienten, gelben Schulbus Platz nehmen und den Anweisungen der resoluten, dunkelhäutigen Lady lauschen, die sich ganz schlicht „guide“ nennt. Das steht zumindest auf ihrem Namensschildchen. Ihrem Befehlston nach wird man den Eindruck nicht los, dass sie vormittags Touristen herumführt und nachmittags die Kadetten drillt, um ihnen Gehorsam beizubringen. Vielleicht würde der Titel „instructor“ besser zu ihr passen. Möglicherweise hat sie früher ja mal in einem Bootcamp gearbeitet und schwer erziehbaren Jungs die Leviten gelesen. Kann natürlich auch sein, dass sie mit dem Besitzer des Motels verheiratet ist, in dem ich heute Nacht Gast war, und sie noch immer einen Groll auf ihren Ehemann hat: „Du Depp hast dir wieder 25 Dollar durch die Lappen gehen lassen, weil du wieder irgendeinem Typen sinnlose Rabatte eingeräumt hast.“ Das Bemerkenswerte in den USA ist, dass es praktisch kein Museum ohne Souvenirshop gibt. Und auch in West Point kann man darauf nicht verzichten. Neben den bekannten Souvenirs wie T-Shirts und Anhängern kann man auch allerhand Waffenattrappen für die Kids kaufen. Wie wärs denn zum Beispiel mit einem originalgetreuen Nachbau eines M60 für den Buben zum achten Geburtstag? Und wenn man ein Baby in der Familie hat, kann man sich für einen hellblauen Strampelanzug mit der Aufschrift „GO ARMY NOW“ entscheiden. Man kann sich ja nie früh genug mit dem Militär anfreunden. Beim Verlassen des Museumsshops gibts dann noch ein Computerterminal, wo man sich gleich für die Army einschreiben und sich für den Militärdienst verpflichten kann. „Alles online und ganz schnell“, verspricht das Schildchen am PC. Na wenn da nicht mal ein Patriot hängen bleibt, der unendlich in sein Vaterland verliebt ist.

Gegen Mittag sitze ich wieder auf dem Rad und entscheide mich, auf dem Highway weiterzufahren, anstatt den Radweg zu nehmen, der die doppelte Zeit in Anspruch nehmen würde. Wie am gestrigen Tag geht die Uferstraße auf und ab. Nur heute mit dem Unterschied, dass das Wetter nicht mitspielt. Die Temperaturen sind auf zwölf Grad gesunken und es regnet „cats and dogs“. Es schüttet wie aus Eimern. Nach einer Stunde im Dauerregen wird klar, dass der Hersteller meiner Regenbekleidung nicht wirklich mit seinem Versprechen „wasserdicht“ punkten kann. Wenn ich jetzt aufhöre weiterzuradeln und mein Körper und die Muskeln kalt werden, laufe ich Gefahr, mir eine Erkältung zu holen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter in die Pedale zu treten und dem Wetter zu trotzen. Ich möchte heute noch weiter nach Norden entlang des Hudson fahren und der Vanderbilt Mansion und dem Geburtshaus von Ex-Präsident Franklin D. Roosevelt einen Besuch abstatten. Nach der Militärakademie kann ein bisschen Kultur nicht schaden. Erst dann werde ich einen Schlenker machen und nach Südwesten fahren. Im Städtchen Newburgh wechsele ich von der Westseite des Hudson River auf die Ostseite und überquere dabei eine imposante Stahlbrücke, die es auf eine Gesamtlänge von 2.300 Metern schafft und in 41 Meter Höhe über dem Fluss schwebt. Ich fahre auf dem Fußgängerweg und bleibe an einem neongelben Hinweisschild stehen. Richtet es sich etwa an Radfahrer, die unerlaubterweise den Gehweg benutzen, und eine Strafe androht? Ich habe ja schon einige bemerkenswerte Schilder in den letzten Tagen gesehen, auf denen bei einem Vergehen immer gleich die Strafe mit angegeben wird: „$500 FINE FOR LITTERING“ oder „RED LIGHT VIOLATION $350“. Und hier? Das Schild richtet sich an potentielle Selbstmörder, allerdings ohne die Angabe eines Verwarngeldes zu machen. Wirklich zum Schmunzeln für Nichtbetroffene: „Desperate? Don‘t jump! Life is worth living. Call Helpline. 24hrs. a day. Dutchess County Mental Health Center.“