Für Fabian, Antonia und Valentin

Vorwort zur dritten Auflage

Die zweite Auflage dieses Buches aus dem Jahre 2006 wurde ebenso wie die erste Auflage überaus freundlich aufgenommen. Sie war unerwartet rasch vergriffen, weshalb sich Autor und Verlag zu einer Neuauflage entschlossen, obgleich der Abstand zur ersten Auflage noch lange nicht erreicht war. Der verkürzte Zeitabstand hat seinen Grund nicht zuletzt darin, dass der Gesetzgeber mit dem Dodd-Frank Act von 2010 in Reaktion auf die Finanzkrise erneut, wie bereits zuvor in Reaktion auf die Bilanzskandale mit dem Sarbanes-Oxley Act von 2002, wichtige Änderungen vorgenommen hat. In der Gesamtschau der beiden großen Reformgesetze ist festzustellen, dass die relative Ruhe und Kontinuität, die dem Gesellschaftsrecht in den neunziger Jahren beschert war, durch eine überaus hektische Krisenbewältigungsgesetzgebung im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts abrupt abgelöst worden ist. Inhaltlich erweisen sich im Kapitalgesellschaftsrecht Zeiten der Krise als Zeiten des Binnenorganisationsrechts. Während die achtziger und neunziger Jahre ganz im Zeichen der Expansion durch M&A und insbesondere durch takeovers standen, dreht sich die Rechtsentwicklung seit Beginn des letzten Jahrzehnts vor allem um die Managerpflichten, um Fragen der duty of care und ganz besonders der duty of loyalty. Das US-Gesellschaftsrecht ist weniger technisch, weniger formal geworden, es wird stärker durch wertende und materielle Gesichtspunkte des verantwortlichen und treuepflichtgerechten Verhaltens aufgeladen.

Unter den Änderungen, die der Dodd-Frank Act im Bereich der corporate governance börsenotierter Gesellschaften gebracht hat, sind vor allem das Vergütungsvotum der Hauptversammlung (say-on-pay), die Unabhängigkeit des Vergütungsausschusses (compensation committee independence), der Ausbau vielfältiger Offenlegungspflichten etwa in Bezug auf die Vergütung des Managements (executive compensation disclosure), in Bezug auf die Vornahme von Hedging-Geschäften durch das Management (disclosure regarding employee and director hedging) und in Bezug auf die Trennung der Positionen von chairman und CEO (disclosure regarding chairman and CEO structures), die Rückforderung ungerechtfertigt gezahlter Managervergütung (recovery of errouneously awarded compensation) sowie die Berücksichtgung von Aktionärskandidaten im proxy-Verfahren (proxy access) zu nennen.

Weitere Schwerpunkte der Neuauflage sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die neueren Tendenzen in der corporate governance-Diskussion, die aktuelle Rechtsprechung zur limited liability company, neue Rechtsformen (series LLC, benefit corporation), der Vorgründungsvertrag (preincorporation contracts), der verbesserte Zugang zum Kapitalmarkt durch den JOBS Act 2012, neue Rechtsprechung zum waste of corporate assets, der removal of directors, Zuständigkeiten, Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnisse des board of directors, neue Anforderungen an das compensation committee, die rechtspolitische Diskussion um die Effektivität der board-Arbeit, die Rechtsprechung zu Höhe und Offenlegung der Managervergütung (say-on-pay), golden parachute-Vereinbarungen, Regelung von Interessenkonflikten des Managements, das option backdating, die spring-loaded options sowie das bullet dodging, die Haftung der corporation für ihr Management, Rechtsfragen des wirtschaftlichen Erwerbs von shares, neue Anforderungen an das Einsichtnahmebegehren des shareholders, das Problem der Unterdrückung von Minderheitsgesellschaftern, E-proxy rules und das online proxy voting, der shareholder activism, neue Rechtsprechung zur vorsätzlichen Verletzung der duty of loyalty, neue Rechtsprechung zur Insiderhaftung von Mitarbeitern, Entwicklungen im Sanktionssystem des Insiderhandelsverbots, Voraussetzungen der shareholders’ derivative suit und der class suit, insbesondere die Einwendungen gegen die shareholders’ derivative suit, die Unterscheidung von independence und disinterestedness der board-Mitglieder, die Anforderungen an die Zusammensetzung des special litigation committee, neue Rechtsprechung zum structural bias der special litigation committee-Mitglieder, die Veräußerung einer Kontrollmehrheit (sale of corporate control), die Treuepflicht der shareholders des bidders, die anti-takeover-statutes der dritten Generation und schließlich die neue Rechtsprechung zur just-say-no-defense. Darüber hinaus wurden die tabellarischen Übersichten aktualisiert und es wurden einige Übersichten neu hinzugefügt. Aktualisiert wurde schließlich auch der Anhang, der neben der aktuellen Version des Delaware General Corporation Law im Musterformularteil nunmehr 26 Formulare sowohl für die partnership als auch für die corporation nach dem Recht von Delaware enthält und damit gegenüber der Vorauflage deutlich erweitert wurde.

Verstärkt hat sich der Trend, dass sich das allgemeine corporate law und das spezielle law of security exchange traded corporations voneinander entfernen. Zahlreiche Regelungen, die der Bundesgesetzgeber im Zuge der Finanzkrise erlassen hat und mit denen tief in die corporate governance der Gesellschaften eingegriffen wird, sind auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt. Daher ist Vorsicht geboten vor pauschalen Urteilen darüber, ob das US-amerikanische Gesellschaftsrecht einer zunehmenden Regulierung unterliegt.

Das Buch wurde erneut in allen Teilen gründlich durchgesehen und auf den aktuellen Stand gebracht. Gut 400 Gerichtsentscheidungen – zum allergrößten Teil aus der Zeit seit Abschluss der Vorauflage – wurden in dieser Neuauflage in den Text eingearbeitet. In seinem Anliegen und seiner Konzeption bleibt es unverändert: Es möchte das deutschsprachige Publikum, dem der Zugriff auf die Primär- und Sekundärquellen verwehrt ist, in die Grundzüge des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts einführen. Dabei steht das Recht der Korporation im Mittelpunkt, weil es in den USA die wissenschaftliche wie praktische Diskussion dominiert und auch aus der Sicht der deutschsprachigen Leserschaft von besonderem Interesse ist.

In der dritten Auflage erscheint das Buch wieder – wie in der ersten Auflage – in Alleinautorenschaft. Das war möglich, weil ein Forschungsaufenthalt in den USA Zeit und Gelegenheit geboten hat, umfangreiche Neuerungen beim Normen-, Rechtsprechungs- und Literaturmaterial einzuarbeiten. Für großzügige Gastfreundschaft im Rahmen eines Visiting Scholarship sei der University of San Diego und deren Legal Research Center gedankt. Dank gebührt sodann dem Verlag für die erneute Bereitschaft zu einer Neuauflage. Zu danken ist ebenso den tatkräftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Ausländisches und Internationales Privatrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hier insbesondere Herrn Referendar Thilo Schülke, Frau stud. iur. Anna-Carina Salger, Herrn stud. iur. Jonathan Kirschke-Biller und Herrn stud. iur. Carl-Friedrich Thoma sowie im Sekretariat Frau Petra Bühler-Scherer, die alle wesentlichen Anteil am Entstehen der Neuauflage haben.

Freiburg im Breisgau im August 2013

Hanno Merkt

Verzeichnis der Abbildungen

(Verwiesen wird auf Randnummern)

Abb. 1:

Zahl der Top-140 Corporations, die zwischen 1961 und 1974 den Inkorporationsstaat (zugunsten von Delaware) gewechselt haben

24

Abb. 2:

Bevorzugte Inkorporationsstaaten 0

25

Abb. 3:

Anteil der Aktionäre an der US-Bevölkerung

38

Abb. 4:

Beitrag der US Corporations zum US Bruttosozialprodukt 1947–2010

38

Abb. 5:

Anteil der Aktien an US Business Corporations, die von institutionellen Anlegern gehalten werden

39

Abb. 6:

Zahl der Gesellschaften in der Form der Corporations, der LLC und der Limited Partnership in Delaware, Kalifornien und New York

44

Abb. 7:

Verteilung aller Public Corporations nach der Zahl ihrer Shareholders (Stand: 1975

111

Abb. 8:

Institutionelle Investoren

113

Abb. 9:

Verteilung der Unternehmensformen (Stand: 2008)

146

Abb. 10:

Steuersätze der Income Tax für corporations (Stand: 2012)

207

Abb. 11:

Verteilung der Business Corporations nach der Höhe des Umlaufvermögens (Stand: 2008)

241

Abb. 12:

Wechsel des Inkorporationsstaates unter den 140 größten Corporations (erfasster Zeitraum: 1927 bis 1977)

242

Abb. 13:

Wechsel des Inkorporationsstaates unter 373 Corporations (erfasster Zeitraum: 1991 bis 2001)

242

Abb. 14:

Neugründungen nach Gliedstaaten 1977

244

Abb. 15:

Neugründungen nach Gliedstaaten 1992–1994

244

Abb. 16:

Regelungshierarchie im Corporation Law

370

Abb. 17:

Entwicklung des Anteils der Junk Bonds am gesamten Bond-Markt

468

Abb. 18:

Vergleich der SEC Rules für Private Offerings und Small Offerings

555

Abb. 19:

Durchschnittsvergütung der CEOs der 4.000 größten US-amerikanischen Corporations im Jahre 2008

681

Abb. 20:

Proxy Contests in den Achtzigerjahren

887

Abb. 21:

Kosten einzelner Proxy Contests

893

Abb. 22:

Mergers & Acquisitions 1990 bis 2003

1255

Abb. 23:

Berechnung der Abfindung nach der Delaware Block Method

1346

Abkürzungsverzeichnis