Der talentierte Liebhaber

Roman

Leocardia Sommer


ISBN: 978-3-95573-206-6
1. Auflage 2015, Bremen (Germany)
Klarant Verlag. © 2015 Klarant GmbH, 28355 Bremen, www.klarant.de

Titelbild: Unter Verwendung des Bildes 36376038 von StudioThreeDots (shutterstock).

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder tot, ist rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Inhalt

1

Ein extra heißes Geburtstagsgeschenk

 

„Wenn sie Wind davon bekommt, wird sie uns das nie verzeihen, das ist euch schon klar, oder?“ Tanjas Einwand war berechtigt, wurde jedoch von Anna sofort wieder abgetan.

„Wie soll sie davon erfahren? Sie wird nichts erfahren“, antwortete sie bestimmt. Mittlerweile sichtete sie bereits die achte Homepage und war drauf und dran genervt aufzugeben, doch die Idee, ihrer Freundin einen ganz besonderen fünfundzwanzigsten Geburtstag zu bereiten, ließ sie weitermachen. Dieses Mal war es die Seite der Begleitagentur Angel & Devil, die Anna nach einem Begleiter der besonderen Art für Annika sichtete. Mann für Mann scrollte sie durch, sichtete deren Profile, bis sie entnervt mit den Schultern rollte. Müde schloss sie die Augen. „Irgendwie gestaltet sich das als nicht so einfach“, seufzte sie und erschrak, als sie um ein Haar das Profil eines äußerst cool aussehenden Typs verpasst hätte. Dieser lächelte so verwegen in die Kamera, dass es Anna ganz anders wurde. Der gepflegte Vollbart ließ ihn männlich und sehr sexy wirken. Seine stahlblauen Augen und seine wild abstehenden dunkelblonden Haare unterstrichen diese Wirkung noch und ließen ihn geradezu unwiderstehlich werden. JA. Das war er. Dieser gut aussehende Kerl war genau der Richtige für ihr Vorhaben. Er würde Annika gefallen, da war sich Anna ziemlich sicher. „Ich hab, glaub ich, den Richtigen gefunden, Mädels. Was meint ihr zu dem?“

„Zeig her.“ Während Kathi, die auf der Couch die Kontaktanzeigen diverser Zeitungen sichtete, sofort angesprintet kam, erhob sich Tanja, die diesem ganzen Projekt eher skeptisch gegenüberstand, langsam aus dem gemütlichen Fernsehsessel und gesellte sich zu ihren beiden Freundinnen. „Mädels. Jetzt mal ernsthaft. Ich hab bei der ganzen Aktion kein wirklich gutes Gefühl. Lasst uns etwas anderes austüfteln, okay? Ich bin sicher, wir finden etwas vergleichbar Spektakuläres. Etwas Großartiges, um Annika einen unvergesslichen Geburtstag zu bereiten. Etwas, das weniger … na ja, drastisch ist. Und vielleicht auch weniger kostspielig.“

Anna und Kathi schauten Tanja skeptisch an und schüttelten dann unisono den Kopf. „Es ist eine Rettungsmission, Tanja. Eine Rettungsaktion und eine Geburtstagsüberraschung in einem. Wir retten Annika davor, mit Lars eine große Dummheit zu begehen, und beschaffen ihr gleichzeitig mal wieder etwas Entspannung. Findest du nicht, dass sie die dringend nötig hat?“, fragte Kathi herausfordernd.

„Und außerdem ist es das perfekte Geburtstagsgeschenk“, stimmte Anna zu. „Sieh mal, wie oft kann man sich schon eine solche Sahneschnitte aussuchen, na ja, aussuchen lassen? Würdest du dich nicht auch über eine heiße Begegnung mit so einem geilen Typen freuen? Sei ehrlich.“

„Ja, schon richtig“, gab Tanja zu. „Aber nur, wenn ich ihn selbst aussuchen dürfte.“ Jetzt musste sie grinsen. „Allerdings wollte ich ihn nicht bezahlen müssen. Wieso habt ihr mir nicht erzählt, wie verdammt teuer das ist?“

„Na hör mal“, gab Kathi zurück. „Schließlich geht es um ihren Fünfundzwanzigsten. Du weißt schon noch, was wir bei deinem Geburtstag veranstaltet haben?“ Oh ja. Tanja wusste noch sehr genau, was Annika, Anna und Kathi sich ausgedacht hatten, um sie zu überraschen. Sie hatten für Tanja zuerst eine Geburtstagsparty ausgerichtet und ihr obendrein noch für fünf Stunden einen Nacktputzer gebucht, der am nächsten Tag aufräumen durfte. Allerdings hatte sich diese Nacktputzaktion unterm Strich als Reinfall entpuppt, da der Kerl, der seinen Dienst bei ihr angetreten hatte, alles andere als ein Augenschmaus gewesen war. Zwar hatte er mit nur einer Schürze um und mit Eimer und Schrubber bewaffnet ihre Wohnung auf Vordermann gebracht, doch angeregt oder angemacht hatte Tanja sein Anblick nicht. Und genau deswegen wusste sie, wie schmal der Grat war, zwischen der Lächerlichkeit oder Beschämung und nervösem Genießen. Aus dem Grund hielt sie es nicht für die beste Idee, Annika einen bezahlten Lover zu suchen, obwohl Anna und Kathi in einem Punkt recht hatten: Annika wirkte in letzter Zeit sehr angespannt und nicht besonders glücklich. Sie redete zwar nicht besonders viel über ihre Beziehung zu Lars, aber dass bei ihnen irgendetwas nicht stimmte, erkannte man sofort. Umso verwirrender war es, als Annika ihren Freundinnen bei ihrem letzten Treffen beiläufig und völlig emotionslos erzählt hatte, dass Lars und sie sich verlobt hatten, was die drei Freundinnen ausnahmslos für einen gigantisch großen Fehler hielten. Lars war ein Egomane und ein gefühlsarmer dazu. Die gefühlvolle und lustige Annika würde an seiner Seite wie eine Primel eingehen, das konnten sie bereits jetzt erkennen.

„Man wird nur einmal fünfundzwanzig. Und wir wollen doch nicht, dass sie ihr nächstes Vierteljahrhundert als vertrocknete alte Jungfer begeht, oder?“ Jetzt war es Anna, die versuchte, Tanja von der Richtigkeit ihrer Aktion zu überzeugen. „Mit ein wenig Glück öffnet es ihr die Augen und sie wird diesen Idioten Lars endlich in den Wind schießen. Annika hat ein wenig Spaß und vor allem etwas Besseres verdient.“

„Aber sowas von“, fügte Kathi belustigt hinzu. Lars ließ Annika, was den Sex anging, besonders in letzter Zeit, am langen Arm verhungern. Er war, um es vorsichtig zu formulieren, nicht mehr mit Annikas Körpermaßen einverstanden und ließ sie dies bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit spüren. Dieses unschöne Detail hatte Annika Kathi in einem Anflug von Frust angedeutet und Kathis Sorge um ihre Freundin damit bestätigt. Immer noch skeptisch blickte Tanja Anna über die Schulter und stellte fest, dass Anna einen sehr guten Geschmack bewiesen hatte. Dieser Typ sieht schon verdammt lecker aus, dachte sie bei sich, während Kathi kichernd die Maus erobern wollte, um die Eckdaten des Mannes zu checken. „Bist du sicher, dass es den zu buchen gibt? Oh Mann, der würde mir auch gefallen.“

„Alter: 29 – Größe: 1,89 Meter – Gewicht: 82 Kilogramm – Nichtraucher – sportlich, trainiert, Student aus gutem Haus.“ Anne ratterte die Daten runter und las dann die Anzeige vor: „Du suchst keinen Partner, aber ein Traumdate? Du willst keine Beziehung, aber Zärtlichkeit und Nähe? Du brauchst eine Begleitung ohne Verpflichtung? Buch mich! Kontakt unter…“

„Oh wow. Ganz schön von sich überzeugt, der Typ. Obwohl. Macht nicht die Agentur die Texte? Lass sie uns anschreiben. Fragen kostet ja nix, oder?“ Kathis Wangen glühten vor Aufregung und ihre Augen funkelten unternehmungslustig. „Wer weiß, wenn die Aktion ein Erfolg wird, gönne ich mir vielleicht auch mal wieder ein wenig männliche Aufmerksamkeit.“ Die Mädels lachten, während Anna bereits eine E-Mail schrieb.

2

Garmisch-Partenkirchen – 17. Dezember 2007

 

Wieso muss ich Idiot immer den Weg des größten Widerstandes gehen? Warum tu ich nicht einmal etwas, was gut für mich ist?, fragte sich Felix Gärtner und rollte seufzend mit den Schultern. Das bärtige, gut geschnittene Gesicht, das ihm aus dem Spiegel entgegenstarrte, wirkte müde und abgespannt, doch das würde sich ändern, sobald er endlich unter die Dusche kam. Wieder einmal hatte er die Nacht zum Tag gemacht und war danach zur Vorlesung gegangen, was zur Folge gehabt hatte, dass er dort um ein Haar eingeschlafen wäre. Shit. Auf Dauer würde er die Menge an Aufträgen nicht mehr halten können, so viel war klar. Hätte er auf seinen Vater gehört, könnte er jetzt in der Villa seiner Eltern in seinem Zimmer liegen und lernen, anstatt sich – wieder einmal – für einen Auftrag fertig zu machen.

Zu Beginn des dritten Semesters seines Studiums war er noch guter Dinge gewesen und hätte jedem, der ihm etwas anderes hätte erzählen wollen, nur ins Gesicht gelacht. Was sollte schon so schwer daran sein, für einen Escortservice zu arbeiten und Damen jeglichen Alters ein Begleiter zu sein? Also hatte er sich auf Anraten seines Kumpels angemeldet und katalogisieren lassen und war schon bald gebucht worden. Mittlerweile machte er diesen Job schon so lange, dass er sich einen beachtlichen festen Kundenstamm erarbeitetet hatte, der allerdings einen Großteil seiner sehr knapp bemessenen Zeit beanspruchte. Dies wirkte sich bereits negativ auf sein Studium aus. Logischerweise war es bei einigen der Damen nicht bei einem abendlichen Theaterbesuch oder einem Geschäftsessen geblieben, sondern die Ladys hatten spezielle Sonderleistungen dazugebucht. Felix war klar gewesen, dass es dazu kommen konnte, und ja, anfänglich hatte ihn die Idee, reiferen Frauen sexuell gefällig zu sein, sogar sehr angeregt, doch mittlerweile hatte sich seine freudige Herangehensweise als äußerst naiv erwiesen. In Wirklichkeit war es nicht einfach, mit einer Frau, die er nicht attraktiv und sexy fand, ins Bett zu gehen und ihr den wilden Liebhaber zu mimen. Dazu kam, dass er gleich zu Beginn zwar angegeben hatte, ausschließlich mit Frauen auszugehen, die Agentur aber trotzdem versucht hatte, ihn auch an Männer zu vermitteln. Dies hatte anfänglich zu Diskrepanzen geführt, war aber mittlerweile kein Thema mehr. Schaudernd dachte er an die Episode mit einem älteren Pärchen zurück, die sich von ihm Sex zu dritt gewünscht hatten. Anfänglich war Felix davon ausgegangen, dass sich die Männer gemeinsam um die Frau kümmern würden, doch dann war ihm ziemlich schnell klar geworden – hier ging es nicht um die Wunschbefriedigung der Ehefrau, sondern um die ihres Mannes! Felix, der gerade die Frau in der Hündchenstellung bediente, hatte plötzlich gespürt, wie sich der Mann an seinen Pobacken zu schaffen machte. Ehe er wirklich realisierte, was vor sich ging, hatte der Kerl zwei Finger in Felix’‘ After geschoben und massierte ihm mit der freien Hand die Eier. Vor lauter Schreck war Felix’ Erektion in sich zusammengefallen, was wiederum die Frau nicht sonderlich begeistert hatte. Natürlich hatte das Ehepaar sich über seine mangelnde Steherqualität bei der Agentur beklagt und schon hatte er keine Paar-Aufträge mehr erhalten, geschweige denn männliche Klienten!

Trotzdem hatte Felix sich schon Gedanken darüber gemacht, auf Dauer in diesem Umfang nicht weitermachen zu können. Nicht, wenn ihm sein Studium und sein Leben danach etwas bedeuteten. Die Agentur hatte ihm fünf von sieben Abenden verplant und einen Abend davon sogar mit zwei Klientinnen belegt. Felix liebte Frauen, aber das war eindeutig zu viel des Guten. Wenn da nicht diese außerordentlich gute Bezahlung wäre und er das Geld nicht so dringend benötigen würde…

Genug gegrübelt. Felix hatte sich fertig zu machen für einen neuen, äußerst abenteuerlich klingenden Auftrag. Die Agentur hatte ihn bereits angenommen, also konnte er schlecht nein sagen, hatte sich jedoch für die kommenden Wochen fest vorgenommen, etwas zu ändern.

Er stand in dem extra für ihn gebuchten Hotelzimmer des Vier-Sterne-Hotels in Garmisch-Partenkirchen und überlegte, welches seiner Hemden dem Anlass angemessen war. Das Bild der Frau, die er heute Nacht beglücken sollte, stand auf seinem Nachttisch, doch er würde es gleich verschwinden lassen müssen, damit es ihn nicht verriet, wenn er sie später auf sein Zimmer mitnahm. Sie hatte ihn nämlich nicht selbst gebucht, sondern er war gebucht worden, um sie zu verwöhnen, und zwar mit allem, was ihr gefiel.

750 Euro! So viel kostete es, ihn für ein Komplettpaket zu buchen. Ein stolzer Preis, allerdings gingen davon nur 60 Prozent an ihn, den Rest erhielt die Agentur. Abendbegleitung plus Extras. Natürlich lag es immer an der Dame, ob es zum Sex kam oder nicht. Wer wusste schon, wie sich der Abend entwickelte. Doch wenn er direkt so gebucht wurde und es nicht zum Geschlechtsverkehr kam, hatten die Auftraggeberinnen eben Pech gehabt. Was gebucht worden war, musste auch bezahlt werden.

Wenn Felix ehrlich zu sich selbst war, war ihm dieser Auftrag anfänglich schon ein wenig suspekt vorgekommen. Die Agentur hatte ihm mitgeteilt, dass er nicht von der Kundin selbst, sondern von deren Freundinnen gebucht worden sei. Das alleine machte den Auftrag nicht ungewöhnlich. Nein. Er war schon oft als Überraschung gebucht worden. Allerdings beinhaltete diese Art der Aufträge bisher nie gleich zu Beginn das EVENING-PLUS-PAKET. Dies bedeutete, dass er der besagten Dame für ALLE ihrer Wünsche zur Verfügung stand, und zwar für den kompletten Abend. Er fungierte als Begleiter, Tischherr, Unterhalter und darüber hinaus – wenn gewünscht – auch als Betthase.

Felix sollte seiner Klientin zufällig auf der Achtziger-Jahre-Party des Hotels begegnen. Seine Aufgabe bestand vorrangig darin, sie zu umgarnen und mit ihr zu flirten, sie zu hofieren und ihr einen unvergesslichen Abend zu schenken. Alles kann – nichts muss, war dabei das Motto des gebuchten Arrangements, aber auch sein eigenes. Seine Auftraggeberinnen hatten ihn zunächst im gleichen Hotel eingebucht, was selbstverständlich als zusätzliche Auslage angerechnet wurde. Sie würden dafür sorgen, dass Annika die nötige Lockerheit für einen heißen Flirt hatte. Das hatte er zu Beginn zwar etwas befremdlich gefunden, doch dann wurde ihm klar, dass dies seine eigentliche Arbeit um einiges erleichtern würde. Schließlich hatte er bei seiner Anreise an der Rezeption ein Kuvert mit ihrem Bild und einigen Eckdaten wie Name, Alter und Hobbys gefunden. Beim Anblick ihres Fotos hatte Felix kurz die Luft angehalten. ANNIKA. Sie war ein blonder Engel. Blond und wunderschön. Ihre Augen blitzten schalkhaft, während sie dem Fotografen ein solch freches Grinsen geschenkt hatte, dass Felix alleine schon davon heiß geworden war. Sie wirkte so lebenslustig, so energiegeladen, dass ihm der Atem gestockt hatte. Ein bezaubernder sommersprossiger, blonder Engel – einer von der Sorte, die es mit Sicherheit faustdick hinter den Ohren hatte. Kurz hatte ihn der Gedanke durchzuckt, dass dieser Auftrag in irgendeiner Art und Weise einen Haken haben müsste, doch dann hatte die Lust darauf, Annika kennenzulernen, überwogen. Er hatte plötzlich das Bedürfnis, mehr über Annika zu erfahren. Mit ein wenig Glück hätte er sie spätestens nach dem zweiten oder dritten Drink in seinem Bett. Er grinste. Nein. Dies hatte nichts mit Glück zu tun. Dies hatte einzig mit seiner Wirkung auf das weibliche Geschlecht zu tun, das zugegebenermaßen durchweg positiv auf ihn reagierte. Ihm fiel auf, dass seine Agentur nichts von Verhütung gesagt hatte, woraus er schloss, dass seine Auftraggeberinnen, und damit Annikas Freundinnen, nicht explizit darauf bestanden hatten. Felix wusste genau, dass einige seiner Kollegen gerne auf Kondome verzichteten. Dabei war es ihnen scheißegal, welchem Risiko sie sich selbst, aber auch ihre Klientinnen aussetzten. Egal. Die Frauen jedenfalls schienen keine Erfahrungen mit dieser Art Begleitservice zu haben. Das hatte ihn schmunzeln lassen. Sechs Semester konnten verdammt lang sein und nur selten war ein Auftrag so reizvoll wie dieser. Meist hatte er es mit exzentrischen älteren, aber sehr wohlhabenden Frauen zu tun, die ihm alles abforderten, was er zu bieten hatte, und ihn bereits das ein oder andere Mal wirklich an seine Grenzen gebracht hatten. Eine seiner Kundinnen war so schräg drauf, dass sie von ihm im Schulmädchenkostüm abgestraft werden wollte. Zuerst mit strenger Stimme, dann mit der flachen Hand auf den Po, doch mittlerweile sogar mit einem von ihr mitgeführten, fünfzig Zentimeter langen Lineal. DREI JAHRE. Nicht mehr lange und er konnte sein Geld auf normalem Weg verdienen. Dann würde er sich nicht mehr prostituieren müssen, um sein Studium zu finanzieren. Er hatte sich dazu entschieden, Veterinärmedizin zu studieren, um danach in der Lebensmittelüberwachung oder Tierbestandsüberwachung der Gesundheitsbehörde zu arbeiten. Dumm nur, dass er mit seiner Studienwahl nicht wirklich den Geschmack seines Vaters getroffen hatte, der ihn bereits fest in seiner Anwaltskanzlei verplant hatte. Als dieser mitbekommen hatte, dass Felix kein Jurastudium anstrebte, hatte er das Einzige getan, was in seinen Augen richtig und notwendig war – er hatte Felix den Geldhahn abgedreht. Und das, obwohl er nicht auf einem Motorrad die Anden durchqueren wollte oder sich für ein Jahr nach Australien abgesetzt hatte. NEIN. Felix hatte sich gewagt, eigene Pläne für seine Zukunft zu machen, was für seinen patriarchischen Vater schon Grund genug gewesen war. Da sein Vater das Familienvermögen alleine verwaltete und seiner Frau lediglich Haushaltsgeld und ein wenig Geld für ihre eigenen Belange zur Verfügung stellte, waren seiner Mutter die Hände gebunden, und so hatte Felix trotzig behauptet, ohne das Geld seines Vaters klarzukommen. Er hatte keine Lust auf Erpressung und dieses nervige Bitte-Danke-Prozedere gehabt. Mittlerweile würde er es sich schon noch einmal überlegen, ob er wieder wutentbrannt die Villa seiner Eltern verlassen und sich über sechs Monate nicht melden würde, wie er es damals getan hatte. Hätte er sich doch nie mit seinem Vater angelegt. Dann… Ach, das war jetzt auch egal. Dieser Auftrag würde ihm auf jeden Fall Spaß machen, denn Annika war wirklich eine Augenweide. Er hoffte es jedenfalls, denn wer wusste schon, wie alt diese Fotografie wirklich war…

Die Party war bereits in vollem Gange, als sich Felix durch die Menge schob. Er hatte Annika bereits entdeckt und vermutete, dass es sich bei den drei Frauen, mit denen sie sich so angeregt unterhielt, um seine Auftraggeberinnen handelte. Sie hatten Wort gehalten, denn sein frecher Engel hatte immerhin bereits genug intus, um sich von einem wie gelackt wirkenden Geschäftsfuzzi im Anzug angraben zu lassen. Oder gehörte das ebenfalls zum Plan der drei Frauen? Komischerweise schmeckte ihm diese Tatsache nicht. Er, der dafür bezahlt worden war, Annika abzuschleppen, käme vielleicht gar nicht zum Zuge, falls sie sich wider Erwarten von diesem verschwitzten, hypernervösen Schlipsträger abschleppen ließe. Doch es sah nicht so aus, als hätte der Anzug viel Glück. Zumindest, wenn Felix Annikas Körperhaltung richtig deutete. Sie war dem Anzug zwar zugewandt, doch ihre skeptische Zurückhaltung war deutlich sichtbar. Zeit, endlich einzugreifen. Felix ging hinüber zu den Damen, die, wie er sofort bemerkte, allesamt bereits mächtig angetrunken waren, und grüßte höflich in die Runde: „Guten Abend, die Damen.“ Eine hübsche, kurzhaarige Blondine hätte sich um ein Haar verraten, doch ihre Freundin, die Felix am nächsten saß, lenkte sie schnell ab, bevor sie sich hatte verplappern können. „Guten Abend, schöner Mann“, säuselte eine großgewachsene Brünette forsch. Felix lächelte ihr zu. „Ich bin Felix“, antwortete er schlicht und blickte vielsagend zu Annika, die immer noch von dem Typ im Anzug vollgetextet wurde. Dann schob er sich langsam, aber bestimmt zwischen Annika und den Nervtöter, der unweigerlich vor ihm zurückwich. Felix war ein gutes Stück größer als der Anzug.

„Sorry, mein Engel. Hättest du Lust, zu tanzen?“ Felix’ tiefes Timbre ließ Annikas Kopf herumfahren und lenkte nun die Aufmerksamkeit aller umstehenden Frauen auf ihn. Auch der Anzug reagierte auf ihn, allerdings anders als die Frauen. Er wirkte sehr ungehalten und runzelte widerwillig die Stirn, während er die Schultern straffte und sich auf einen Schlagabtausch vorzubereiten schien. Annika sah ihn nur mit riesigen Augen an, schien jedoch nicht zu realisieren, dass er sie gemeint hatte. Also nickte Felix ihr lächelnd zu. „Liebling. War ich so lange weg, dass du mich nicht wiedererkennst? Ich bin’s, Felix“, feixte er und endlich schien sie zu begreifen, was er vorhatte. Ihr Gesicht begann zu glühen, dann lachte sie und blickte unsicher zum Anzug, der abfällig das Gesicht verzog und irgendetwas Unfeines vor sich hinmurmelte. „Sorry. Aber das ist Felix. Ich hatte ihn doch glatt vergessen zu erwähnen.“

Der Anzug schnappte wütend nach Luft und murmelte etwas, das verdächtig nach „Aufreißerarsch“ klang, zog sich jedoch endlich zurück. Annika sah ihm nach und nahm einen Schluck von ihrem Drink. „Ich danke dir, Felix. Ich dachte schon, den werd ich gar nicht mehr los.“ Annika musterte ihn neugierig und dann, völlig entgegen dem, was sie normalerweise tun würde, fragte sie keck: „Gilt dein Angebot für den Tanz noch?“ Felix spürte die Blicke der drei Frauen, als er Annika auf die Tanzfläche führte und an sich zog. Annika war zauberhaft, jedoch deutlich üppiger, als er vom Foto her vermutet hatte, doch das störte ihn nicht. Im Gegenteil. Sein Unterleib spannte sich an und sein Schwanz begann sich aufzurichten. Annika ging ihm gerade bis zur Schulter und roch so umwerfend gut, dass Felix am liebsten seine Nase in ihr Haar vergraben hätte, um ihren Duft zu inhalieren. Okay. Anziehung dürfte schon mal keine Schwierigkeit darstellen, dachte er aufgekratzt und ließ seine Hand auf ihrem Rücken etwas tiefer gleiten, jedoch darauf bedacht, sie mit dem Unterleib nicht zu berühren. Schließlich wollte er sie nicht gleich verschrecken. Die Finger seiner anderen Hand hielten die ihre fest und so bewegten sie sich gemeinsam zu den sinnlichen Klängen von Phil Collins’ In the air tonight. Es fühlte sich großartig an. Felix fühlte sich großartig. So gut, sie so im Arm zu halten. Und dann – urplötzlich – schoss ihm durch den Kopf, unter welchen Umständen er sie gerade kennenlernte. Und er bedauerte es zutiefst. Die Erkenntnis, diesen Auftrag lieber nicht angenommen zu haben, kam zu spät. Verdammte Scheiße. Jetzt konnte er keinesfalls noch einen Rückzieher machen, selbst wenn er wollte. Die Agentur würde das Geld zurückzahlen müssen und er natürlich auch, nebst allen Nebenkosten, die angefallen waren. Und das konnte er sich leider nicht leisten. Du bist Profi, also reiß dich gefälligst zusammen. Du hast das schon dutzende Mal gemacht, redete er sich gut zu. Ja, hatte er. Aber noch nie hatte ihn ein einfacher Tanz dermaßen aufgewühlt. Wie auch immer, du schleppst Annika ab, hast ein paar schöne Stunden mit ihr und wirst sie dann nie mehr wiedersehen, spornte er sich an. Langsam gewann seine professionelle Seite die Oberhand zurück, doch der fade Beigeschmack blieb. Normalerweise wussten die Frauen, auf was sie sich einließen, hatten dafür bezahlt, dass er sich mit ihnen befasste, mit ihnen flirtete und ihnen seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. Annika dagegen wurde von ihm betrogen. Und ja, sie wurde auch von ihren Freundinnen betrogen. Allerdings schienen es die drei Frauen wirklich gut mit ihr zu meinen, denn sie wollten ihr anscheinend einfach einen aufregenden Abend bereiten. Viel zu schnell war das Lied vorüber und als die harten Beats von Let the music play ertönten, war der Zauber des Augenblicks vorbei. Annika löste sich lachend aus seiner Umarmung, um alleine weiterzutanzen. Sie tanzte mit entrücktem Gesichtsausdruck und lasziv-enthemmten Bewegungen, was Felix vermuten ließ, dass sie schon einiges getrunken haben musste. Shit. So hatte er sich das nicht ausgemalt. Nein. Ganz und gar nicht. Die Art, wie sie sich zu der Musik bewegte, machte ihn total an. Er vibrierte, während er ihre Brüste mit Blicken verschlang, die sich heftig gegen ihre zugegebenermaßen sehr schöne Verpackung zu wehren schienen. Ihre Hüften schwangen höchst erotisch hin und her, während sie mit ihren Händen und Armen sehr weiche, sinnliche Bewegungen vollzog. Ja, sie war eine Augenweide. Kein schmales, formloses, blasses Geschöpf, bei dem man befürchten musste, es beim Anfassen zu zerbrechen. Nein. Annika war herrlich weiblich und ... saftig, wie ein reifer Pfirsich. Ihre Haut sah einladend glatt und geschmeidig aus und ihre blonden Haare glänzten im Schein der Diskostrahler. Es war voll auf der Tanzfläche, wodurch sie sehr eng beieinander tanzten, was sehr in Felix’ Sinne war. Als sie wenig später atemlos stehenblieb und zur Bar zurückkehrte, folgte Felix ihr auf dem Fuße. Sie drängten sich durch die tanzende Menge und gelangten schließlich zu Annikas Freundinnen, die ihr bereits einen neuen Drink entgegenhielten, den Felix blitzschnell übernahm und zur Seite stellte. „Lass uns einen Kaffee trinken gehen“, schlug er vor. „Ich würde gerne mehr über dich erfahren.“ Doch Annika dachte gar nicht daran, sich ihren Drink entführen zu lassen. „Sorry, Felix. Aber es gibt einen guten Grund, ein wenig zu feiern. Ich habe nämlich heute Geburtstag. Und deswegen hätte ich gerne meinen Drink zurück“, erwiderte Annika und grinste ihn an.

„Oh, natürlich. Sorry. Das hab ich nicht gewusst. Happy Birthday, mein Engel“, sagte er und beugte sich vor, um Annika zu küssen. Seine Lippen trafen ihre Wange, die so weich war, dass er sich augenblicklich vorstellte, wie es wohl wäre, sie richtig zu küssen. Langsam, immer mit der Ruhe, dachte er sich, während die Frauen ihn umringten. Eine von ihnen reichte ihm ein Glas und so stießen sie gemeinsam auf Annikas Geburtstag an. Wenig später unterhielten sich die Frauen angeregt über den Vorteil einer festen Beziehung und wieso man lieber trotzdem keine haben sollte. „Es läuft immer auf das Gleiche hinaus“, ließ Tanja verlauten und schnaubte verächtlich. „Erst trägt er dich auf Händen und dann bist du nur noch die Putze und Haushälterin. Okay“, schob sie hinterher, „im besten Fall noch Mutter seiner Kinder. Und weiter?“ Annika war die einzige der Frauen, die vehement den Kopf schüttelte. „Ich glaube an die Ehe“, sagte sie und lächelte. „Es muss wundervoll sein, gemeinsam mit dem Menschen, den man liebt, alt zu werden.“

„Und wo findet man den?“, fragte Kathi und blickte wehmütig in die Runde. „Die Guten sind alle schon weg, entweder vergeben oder schwul.“ Das Gekicher war ansteckend und auch Felix lachte mit. „Also, ich bin weder das eine noch das andere“, ließ er verlauten. Um das Thema nicht weiter vertiefen zu müssen, bat er Annika erneut um einen Tanz, doch sie schüttelte verneinend den Kopf und lächelte ihn an. Insgeheim überlegte er, ob sie einen festen Partner hatte. Er versuchte sich zu erinnern, was in der Beschreibung über sie gestanden hatte, konnte sich jedoch nicht daran entsinnen, etwas von einem Freund oder Ehemann gelesen zu haben. Aber auch das konnte ihm egal sein, solange ihm kein betrogener Freund oder Ehelurch einen Besuch abstattete. Felix war sicher, dass, sollte es einen Partner geben, dieser nichts von dem erfahren würde, was hier – vielleicht – passieren würde. Felix würde, falls etwas laufen sollte, mit Sicherheit Annikas intimes kleines Geheimnis bleiben. Er war, wenn überhaupt, nur ein anonymer, befriedigender Fick – mehr eben nicht. Ich oder der Anzug, berichtigte er sich in Gedanken, denn dieser hatte tatsächlich den Nerv, sich erneut in Annikas Nähe aufzubauen, was Felix ganz und gar nicht behagte. Auch Annikas Freundinnen schienen dies so zu sehen, denn sie signalisierten ihm, sich intensiver mit ihr zu beschäftigen. Sie hatten recht, schließlich hatten sie ihn dafür bezahlt, Annika einen unvergesslichen Abend zu bescheren, und er wollte sich dabei nicht von einem anderen Kerl dazwischenfunken lassen. Doch zunächst hatte er sich um ein dringlicheres Problem zu kümmern, weswegen er sich auch mit einem lauten „Bin gleich zurück“ entschuldigte und rasch entfernte.

Keine zwei Minuten später musste Felix einsehen: Mit Freundlichkeit alleine kam man nicht sehr weit, denn der Anzug rückte Annika bereits wieder auf die Pelle. Scheinbar nahm er an, Felix habe aufgegeben und nun sei seine Stunde gekommen. Es war unschwer zu erkennen, dass Annika sich sichtbar unwohl fühlte. Der Kerl hatte seinen Mund dicht an ihr Ohr gebracht und flüsterte ihr etwas zu, was sie nervös kichern ließ. Dann jedoch schüttelte sie heftig den Kopf. „Nein. Auf keinen Fall. Ich bin nicht alleine hier. Trotzdem danke für das schmeichelhafte Angebot“, erwiderte sie höflich, aber bestimmt. Dann wandte sie sich ab, um direkt in Felix hineinzustolpern.

Wie dreist ist der denn? Hatte ich dem nicht vorhin deutlich gemacht, dass Annika und ich gemeinsam hier sind? Na warte, dachte Felix, streichelte Annika beruhigend über den Arm und fixierte den Anzug, der die Situation definitiv falsch eingeschätzt hatte. Schon wieder. „Was hast du nicht verstanden? Dass die Lady mit mir hier ist oder dass sie nichts von dir will?“, fragte Felix leise, aber so eindringlich, dass der Anzug abwehrend die Hände hob und endlich begriff. „Sorry, Mann. Ich dachte, du gräbst hier genauso wie ich“, entschuldigte sich der Anzugstyp bei Felix, was Annika gegenüber äußerst unhöflich war und Felix erst recht auf die Palme brachte. „Mensch, zieh endlich Leine. Genug geschwafelt für einen Abend“, knurrte er den Kerl an und schlug ihn damit endgültig in die Flucht. „Ja, ja, schon gut. Nichts für ungut.“ Annika, die schweigend zwischen den Männern gestanden hatte, feixte. „Wow. Ich scheine ja heute Abend mottengleich zu sein“, kicherte sie amüsiert und schaute Felix dabei tief in die Augen. „Du bist keine Motte“, widersprach Felix. „Du bist ein zu Fleisch gewordener Männertraum, und das erkenne nicht nur ich“, seufzte er theatralisch und brachte alle vier Frauen damit zum Lachen. Annika wurde rot und feixte. „Na klar“, meinte sie lakonisch. Dann wandte sie sich an den Barkeeper. „Eine Runde Caipi für meine Freundinnen und mich, ach ja, und für den Mottenfänger.“

Einige Zeit später, Anna und Tanja hatten sich bereits zurückgezogen, machte auch Kathi Anstalten, das Feld zu räumen. „Ich wünsch dir noch viel Spaß, meine Süße“, rief sie Annika zu, die sich im wilden Rhythmus zu einem Boney-M.-Song bewegte. „Ich bin fertig für heute.“ Damit drehte sie sich um, zwinkerte Felix ein letztes Mal zu und verschwand. Annika hielt mitten in der Bewegung inne und schüttelte den Kopf. „Was ist nur los heute? Wieso verschwinden die alle so schnell? Willst du auch noch einen“, fragte sie Felix, der sie zunächst intensiv musterte, dann zu ihr kam und ihr Gesicht in seine Hände nahm. Annika, die völlig verschwitzt und außer Atem war, schluckte nervös und leckte sich über die Lippen. „Was…“, setzte sie an, kam jedoch nicht weit, weil Felix seine weichen Lippen auf ihre senkte. „Was hältst du davon, wenn wir nach oben gehen“, raunte er ihr ins Ohr, nachdem er sie wieder losgelassen hatte.

„Komm schon. Ich hab doch Geburtstag und es ist gerade so schön“, säuselte sie, doch er schüttelte nur den Kopf. „Meinst du nicht, du hast genug?“, fragte er sie, während sie auf einen weiteren Drink wartete. Er wunderte sich über sich selbst – schon wieder. Seit wann war er zum Sittenwächter mutiert? Er trank selbst ganz gern mal einen – und jetzt? Sie fixierte ihn und dann, ganz plötzlich, ging ein Ruck durch ihren Körper. „Noch lange nicht.“ Annika sah dem Barkeeper zu, wie er die Drinks eingoss und auf den Tresen stellte. Dann wandte sie sich zu Felix um und schenkte ihm einen verächtlich, hochnäsigen Blick, der ihn fast zum Lachen brachte. Aha. So war das also. Sie war in ihrer Ich-bin-trotzig-und-mach-was-ich-will-Phase, auch auf die Gefahr hin, dass es ihr ganz und gar nicht bekommen würde. Auch recht, dachte Felix amüsiert. Wer war er, sich nicht darüber zu freuen, leichter an sein Ziel zu kommen?

Nur wenig später ließ Annika verlauten: „Ich glaub, ich hab genug“ und lehnte sich vertrauensvoll an Felix, der wie eine Wand zwischen ihr und dem Sturz auf den Fußboden stand. „Ja, das glaub ich allerdings auch. Na, komm schon, ich bring dich ins Bettchen.“ Fürsorglich schlang er seinen Arm um ihre Mitte und hoffte, sie würde die Strecke von der Bar zum Fahrstuhl ohne Sturz bewältigen können. „Wo is’n Anna? Sie hat die Karte.“ Ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren, ging Felix mit Annika im Arm zum Fahrstuhl. Er hatte nie vorgehabt, dieses bezaubernde Wesen in ihrem Zimmer abzuliefern, das sie sich mit Anna zu teilen schien. Nein. Annika würde heute Nacht bei ihm schlafen und morgen früh würde er dann hoffentlich seine Gage abarbeiten können. Natürlich hatte er nicht vor, sich an einer so betrunkenen Frau zu vergreifen, auf gar keinen Fall…

Bereits im Fahrstuhl wurden seine guten Vorsätze auf eine mehr als harte Probe gestellt. Annika packte ihn plötzlich am Kragen und zog ihn zu sich herunter. „Mhm. Du riechst so verdammt gut. Was ist das?“ Annika schnupperte an seinem Kragen und sog tief die Luft ein. „Du machst mich ganz schummrig“, sagte sie und kicherte. Dann plötzlich umfasste sie seinen Kragen und wisperte: „Küss mich.“ Dabei presste sie ihren warmen, weichen Körper so fest an ihn, dass er jede leckere, verführerische Kurve mehr als deutlich spüren konnte. Grundgütiger, dachte er, als sich ihre Lippen auf seine pressten und ihre Zunge energisch Einlass forderte. Wie sollte er diesem köstlichen Ansturm weiblicher Übermacht standhalten? Okay. Annika war durch den Alkohol völlig enthemmt und Felix war sich zu einhundert Prozent sicher, dass sie nüchtern so niemals agieren würde. Aber ein Kuss? Wer sollte ihm das verübeln? Kein Mensch, redete er sich ein und gab schließlich nach, was sich bereits einige Sekunden später als riesengroßer Fehler herausstellte. Wie hatte er nur glauben können, es sei nur ein Kuss? Diese Frau verführte ihn gerade nach allen Regeln der Kunst und er hatte nicht wirklich viel entgegenzusetzen – außer seiner Vernunft. Wo war diese Verräterin, wenn man sie dringend brauchte? Annika schmeckte köstlich. Er war sofort elektrisiert und sein Körper bereit, sich auf mehr – viel mehr – einzulassen. NEIN. Wieder wagte die Vernunft einen zaghaften Vorstoß, allerdings zu zaghaft, denn kaum hatte seine Zunge den Weg in ihre Mundhöhle gefunden, begann Annika tief in der Kehle zu knurren. Es hörte sich wie das Knurren eines kleinen Tieres an. Gänsehaut überzog seinen Körper, als sie sich heftig atmend von ihm löste. Und dann besiegelte sie seinen Untergang, indem sie sich die Schuhe von den Füssen trat und den Reißverschluss ihrer Jeans öffnete. Sie beobachtete seine Reaktion sehr genau, als sie ihre Hand – einfach so – in ihren Slip gleiten ließ und sich nach hinten an die Kabinenwand lehnte. „Ich bin betrunken und total scharf“, wisperte sie, während sich ihre Hand tiefer schob und ihn auf der Stelle steinhart werden ließ. Ihm war heiß und er begann zu schwitzen. Was für eine Show. Annika stand an der Rückwand des Fahrstuhls und befriedigte sich selbst, wobei sie ihre Augen bis auf kleine Schlitze geschlossen hatte, während ihr süßer Mund halboffen stand. Irgendwo, im letzten Kämmerchen seines Gehirns, war Felix sich darüber im Klaren, dass die Fahrstühle mit Sicherheit Videoüberwachung hatten. Ihm war klar, welch eine Show Annika gerade bot, doch er wollte und konnte sie einfach nicht stoppen, schließlich wollte er sich keinesfalls selbst um dieses Vergnügen bringen. Annika sah so verdammt sinnlich und sexy aus, dass Felix der Atem stockte. Ein berauschender Duft breitete sich in der kleinen Kabine aus und Felix war heilfroh, als der Aufzug mit einem sanften Ruck auf ihrer Etage zum Stehen kam. Er erwartete, dass sich Annika die Finger aus der Jeans reißen würde, doch nichts geschah, weswegen er sich, sobald die Fahrstuhltür aufglitt, sofort nach ungewollten Zuschauern umsah. Zum Glück war auf dem Flur kein Mensch zu sehen.

„Komm, Süße. Hier ist nicht der richtige Ort für deine Show.“ Oh weh. Mehr Oberlehrer ging ja wohl nicht. Er nahm Annika beim Arm und führte sie aus der Kabine, zu seiner Zimmertür, die glücklicherweise nur zwei Türen weiter war. Diese Frau war der Hammer. Ohne ihre Aktivitäten zu unterbrechen, ließ sie es zu, dass er sie zwischen sich und der Zimmertür einklemmte. Dann, urplötzlich, zog sie ihre Hand aus der Jeans und streckte die nass glänzenden Finger in Felix’ Richtung. „Mhm“, schnurrte sie und Felix’ Bauchmuskeln verkrampften sich schmerzhaft. Auch sein steinharter Penis zuckte vor Erregung und schmerzte in seiner engen Behausung. Was auch sonst, dachte er und seufzte. Annika war völlig losgelöst und mehr als willig. Ergeben schloss er die Augen, als sie ihre Finger in den Mund steckte und genüsslich ableckte. „Magst du auch mal?“