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Print ISBN 978-3-415-05993-1
E-ISBN 978-3-415-06005-0
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Vorwort
Literaturverzeichnis
A. Einleitung
I. Wesen und Begriff der Verbandsgeldbuße
II. Ziele der Verbandsgeldbuße
III. Regelungszusammenhang
B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Verbandsgeldbuße
I. Taugliche Adressaten
1. Juristische Personen
2. Personenvereinigungen
3. Ausländische Verbände
II. Anknüpfungstat
1. Grundsatz
2. Handeln als tauglicher Täter
3. Volldeliktische Verwirklichung
4. Person des Täters muss nicht feststehen
5. Typische Anknüpfungstatbestände
6. § 130 OWiG
a) Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens
b) Unterlassen von Aufsichtsmaßnahmen
c) Zuwiderhandlung
d) Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung
7. Verfolgbarkeit der Anknüpfungstat
III. „Qualifikation“ der Bezugstat
1. Verletzung verbandsbezogener Pflichten
2. Bereicherung des Verbandes
3. Erstrebte Bereicherung
IV. Tauglicher Täter
1. Täter nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG
a) GmbH
b) Aktiengesellschaft
c) Kommanditgesellschaft auf Aktien
d) Genossenschaft
e) Rechtsfähiger Verein
f) Privatrechtliche Stiftung
g) Juristische Personen des öffentlichen Rechts
h) Societas Europaea
2. Täter nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 OWiG
3. Täter nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 OWiG
a) Offene Handelsgesellschaft
b) Kommanditgesellschaft
c) GmbH & Co. KG
d) Gesellschaft bürgerlichen Rechts
e) Partnerschaft
f) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung
4. Täter nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 OWiG
a) Generalbevollmächtigte
b) Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte
5. Täter nach § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG
a) Verhältnis zu § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 OWiG
b) Umgehungsfälle zu § 30 Abs. 1 Nr. 1 – 4 OWiG
c) Formelle Mängel der Organstellung
d) Betriebsebene
d) Vertretungsfälle
e) Kontrollpersonen
6. Risiken bei Nichtleitungsperson
V. Rechtsfolge: Ob und Höhe der Geldbuße
1. Entscheidung über die Einleitung eines Bußgeldverfahrens
2. Höhe der Geldbuße
a) Allgemeines
b) Anwendbarer Bußgeldrahmen
aa) Abgrenzungskriterium
bb) Altfälle
cc) Neue Fälle
dd) Gemischte Fälle
c) Bußgeldrahmenverschiebung wegen Vermögensabschöpfung
d) Mehrzahl von Gesetzesverletzungen
e) Bemessung der konkreten Bußgeldhöhe
aa) Allgemeine Zumessungsfaktoren
bb) Bußgeldleitlinien
(1) Die Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamtes
(2) Bußgeldleitlinien der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
3. Verjährung
4. Exkurs: Steuerliche Behandlung von Verbandsgeldbußen
5. Exkurs: Regress
VI. Rechtsnachfolge/Unternehmensveränderungen
1. Einleitung
2. Rechtslage bei Gesamtrechtsnachfolge vor 30.06.2013
3. Rechtslage bei Gesamtrechtsnachfolge seit 30.06.2013
4. Einzelrechtsnachfolge
5. Natürliche Personen als Rechtsnachfolger oder Rechtsvorgänger
C. Verbandsgeldbuße und Gewinnabschöpfung
I. Umfang der Abschöpfung
II. Verhältnis zu Verletztenansprüchen
III. Vorläufige Sicherungen
IV. Möglichkeit der Ahndung
V. Erforderliche Feststellungen
D. Verfahren
I. Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft
1. Sachliche Zuständigkeit
2. Örtliche Zuständigkeit
II. Grundsatz des Verbundverfahrens
III. Gang des Verfahrens
1. Vorverfahren
a) Allgemeines
b) Strafprozessuale Maßnahmen
c) Abschluss des Ermittlungsverfahrens in Bezug auf die juristische Person oder Personengesellschaft
aa) Anklage
bb) Strafbefehl
cc) Selbstständiges Verfahren gegen die juristische Person oder Personengesellschaft
dd) Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft
ee) Einstellung des Verfahrens gegen die juristische Person oder Personengesellschaft
2. Gerichtliche Anordnung der Nebenbeteiligung
3. Erstinstanzliche Hauptverhandlung
4. Rechtsbehelfe
a) Urteil
b) Strafbefehl
c) Selbstständiges Verfahren
d) Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft
5. Vollstreckung
E. Anhang
I. Muster eines Anhörungsschreibens
II. Muster eines Strafbefehls
III. Muster einer Anklage
IV. Muster eines Bußgeldbescheides im selbstständigen Verfahren
V. Muster eines Beschlusses im selbstständigen Verfahren
Stichwortverzeichnis
Verbandsgeldbußen in Strafverfahren
Ermittlung – Rechtsfolgen – Vollstreckung
Dr. Frank Böhme
Erster Staatsanwalt
In der Praxis des Wirtschaftsstrafrechts wird die Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG immer wichtiger. Durch mehrere Gesetzesänderungen1 ist sie von einer nur selten zur Anwendung gebrachten Nebenfolge zu einem effektiven Instrument der Ahndung von unternehmensbezogenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten geworden. Verbandsgeldbußen fallen jetzt höher aus und werden öfter verhängt. Mittelbare Folge dieser Veränderungen ist der große Erfolg von Compliance-Programmen, durch die entsprechende Straftaten und Ordnungswidrigkeiten bereits im Ansatz verhindert werden sollen.
Der vielfältigen Bedeutung der Verbandsgeldbuße entsprechend soll dieses Buch eine Unterstützung für alle sein, die sich in der Praxis mit § 30 OWiG zu beschäftigen haben: Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Unternehmensjuristen und Kriminalbeamte. Der praktischen Ausrichtung entsprechend wird nicht das Ziel einer vertieften wissenschaftlichen Auseinandersetzung verfolgt, die in den einschlägigen Kommentaren zum OWiG bereits in hervorragender Weise geboten wird. Vielmehr soll das Buch eine anwendungsorientierte Arbeitshilfe sein. Von der detaillierten Darstellung von Streitfragen habe ich daher abgesehen, soweit sie für die Praxis nur eingeschränkt relevant sind; Verweise und Zitate sind auf das Notwendigste reduziert. Demgegenüber sind zahlreiche kleine Beispiele eingebaut, die den Text auflockern und das Verständnis erleichtern sollen. Dass diese oft aus dem Bereich des Korruptionsstrafrecht stammen, ist einerseits dem Umstand geschuldet, dass gerade Korruptionsdelikte sich oftmals für die Verhängung einer Verbandsgeldbuße gut eignen. Andererseits stammen die Beispiele weitgehend aus meinen Erfahrungen als Dezernent für Korruptionsstrafsachen, in denen die Verbandsgeldbuße fast immer eine große Rolle gespielt hat.
Soweit ich Empfehlungen zur praktischen Handhabung gebe, handelt es sich in der Regel um das, was sich in der Praxis bewährt hat. Auch wenn diese vielfach gerichtlich bestätigt worden ist, handelt es sich letztlich um eine subjektive Sichtweise. Den Anspruch, dass es sich bei der dargestellten Vorgehensweise um die ideale Vorgehensweise handelt, möchte ich daher nicht erheben. Vielmehr freue ich mich über Hinweise und Anregungen.
Bedanken möchte ich mich bei Staatsanwältin Marie-Louise Schulten, die mich bei der Erstellung des Manuskripts beraten hat, und bei meiner Ehefrau Christiane Horn, die den gesamten Text korrekturgelesen hat.
Januar 2017 |
Frank Böhme |
Achenbach, Hans, |
Ausweitung des Zugriffs bei den ahndenden Sanktionen gegen die Unternehmensdelinquenz, wistra 2012, 441 |
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Achenbach, Hans, |
Rezension zu: Maschke, Günter, Aufsichtspflichtverletzungen in Betrieben und Unternehmen nach § 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes unter besonderer Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen Tathandlung und Zuwiderhandlung, wistra 1998, 296 |
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Altenburg, Johannes/ Peukert, Matthias, |
Neuerungen in § 30 OWiG – Haftungsrisiken und vermeidungen vor dem Hintergrund gesetzgeberischen Überschwangs (§ 30 OWiG), BB 2014, 649 |
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Baron, Michael/Trebing, Christina, |
Umgang mit Kartellrisiken in M&A-Transaktionen – aktuelle Fragestellungen und Entwicklungen, BB 2016, 131 |
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Baumbach/Hopt, |
Handelsgesetzbuch, 36. Aufl., 2014 (zit: Bearbeiter in Baumbach/Hopt) |
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Bayer, Walter/ Scholz, Phillip, |
Zulässigkeit und Grenzen des Kartellgeldbußenregresses -Zugleich Kommentar zu LAG Düsseldorf vom 20.01.2015 – 16 Sa 459/14, GmbHR 2015, 449 |
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Beyer, Dirk, |
Ausschluss der Unternehmensgeldbuße gemäß § 30 OWiG bei steuerlichen Selbstanzeigen und in anderen Fällen, BB 2016, 542 |
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Bosch, Wolfgang/ Fritzsche, Alexander |
Die 8. GWB-Novelle – Konvergenz und eigene wettbewerbspolitische Akzente, NJW 2013, 2225 |
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Burghart, Andreas, |
Das erlangte „Etwas“ (§ 73 I Satz 1 StGB) nach strafbarer Vertragsanbahnung – zugleich Besprechung von BGH wistra 2010, 477, wistra 2011, 241 |
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Cordes, Malte/ Reichling, Tilman, |
Grenzen ordnungswidrigkeitenrechtlicher Sanktionierung bei Verbandsgeldbußen, NJW 2015, 1335 |
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Corell, Christian/ von Saucken, Alexander, |
Verteidigungsansätze bei der Unternehmensgeldbuße, wistra 2013, 297 |
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Eidam, |
Die Verbandsgeldbuße des § 30 Abs. 4 OWiG – eine Bestandsaufnahme, wistra 2003, 447 |
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Engelhard, Marc, |
Sanktionierung von Unternehmen und Compliance, 2. Aufl., 2012 |
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Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl., 2016 |
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Fischer, Thomas, |
Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 63. Aufl. 2016 |
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Göhler, Erich (Begr.), |
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 16. Aufl., 2012 (zit: Bearbeiter in Göhler) |
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Graf, Peter/ Jäger, Markus/ Wittig, Petra (Hrsg.), |
Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011 (zit: Bearbeiter in Graf/Jäger/Wittig) |
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Greeve, Gina, |
Korruptionsdelikte in der Praxis, 2005 |
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Groß, Bernd/ Reichling, Tilman, |
Weshalb sich Korruption nicht mit den Mitteln des Ordnungswidrigkeitenrechts bekämpfen lässt, wistra 2013, 89 |
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Haase, Florian/ Geils, Malte, |
Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kartellgeldbußen, BB 2015, 2583 |
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Hoven, Elisa/ Wimmer, Renate/ Schwarz, Thomas/ Schumann, Stefan, |
Der nordrhein-westfälische Entwurf eines Verbandsstrafgesetzes – Kritische Anmerkungen aus Wissenschaft und Praxis Teil 1, NZWiSt 2014, 161 |
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Kahlenberg, Harals/ Neuhaus, Kai, |
Die Achte GWB-Novelle: Reform des deutschen Kartellrechts, BB 2013, 131 |
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Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 4. Aufl., 2014 (zit: Bearbeiter in KK-OWiG) |
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Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl., 2013 (zit: Bearbeiter in KK-StPO) |
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Kollmann, Anni/ Aufdermauer, Christian, |
Anmerkung zu LAG Düsseldorf, Urt. V. 20.01.2015 – 16 Sa 459/14, BB 2015, 1024 |
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Löwe-Rosenberg, |
Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, 26. Aufl., Achter Band, (zit: Bearbeiter in LR) |
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Meyer-Goßner, Lutz/ Schmitt, Bertram, |
Strafprozessordnung, 58. Aufl., 2015 (zit: Bearbeiter in Meyer/Goßner) |
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Minoggio, Ingo, |
Firmenverteidigung, 2. Aufl., 2010 |
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Mühlhoff, Uwe, |
Lieber den Spatz in der Hand … oder: Nach der Novelle ist vor der Novelle! Zu den wesentlichen Änderungen des allgemeinen Ordnungswidrigkeitenrechts und des Kartellordnungswidrigkeitenrechts durch die 8. GWB-Novelle, NZWiSt 2013, 321 |
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Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 7. Aufl., 2015 (zit: Bearbeiter in MüKo-BGB) |
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Peukert, Matthias/ Altenburg, Johannes, |
Bestimmung tauglicher Anknüpfungsnormen für Unternehmensgeldbußen – Unternehmenshaftung nach §§ 30, 130 OWiG bei aus dem Unternehmen heraus gegangener, gegen das eigene Unternehmen gerichteter Straftat?, BB 2015, 2822 |
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Podolsky, Johann/ Brenner, Tobias, |
Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, 5. Aufl., 2012 |
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Rebmann/Roth/Herrmann, |
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Bd. 1, 3. Aufl., Mai 2015 |
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Reichling, Tilman, |
Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 10.08.2011 – KRB 55/10, NJW 2012, 164 |
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Reuter, Alexander, |
Unternehmensgeldbußen, Organregress, Grenzen der Versicherbarkeit und Gesellschaftsrecht: eine systematische Verletzung der Grundrechte der Anteilseigner?, BB 2016, 1283 |
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Rönnau, Thomas, |
Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2. Aufl., 2015 |
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Röske, Marcus/ Böhme, Frank, |
Zur Haftung des Unternehmensträgers gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG für deliktisches Handeln auf Betriebsebene, wistra 2013, 48 |
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Rübenstahl, Markus/ Skoupil, Christoph, |
Anforderungen der US-Behörden an Compliance-Programme nach dem FCPA und deren Auswirkungen auf die Strafverfolgung von Unternehmen – Modell für Deutschland, wistra 2013, 209 |
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Schlösser, Jan, |
Die Bestimmung des erlangten Etwas i. S. v. § 73 I 1 StGB bei in Folge von Straftaten abgeschlossenen gegenseitigen Verträgen – Zum Streit des 5. Senats und 1. Senats des BGH über den Umfang der Verfallserklärung, NStZ 2011, 121 |
|
Schönfeld, Jens/ Haus, Florian/Bergmann, Malte, |
Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kartellbußen – einige Überlegungen aus kartell- und steuerrechtlicher Sicht, DStR 2014, 2323 |
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Theile, Hans/ Petermann, Stefan, |
Die Sanktionierung von Unternehmen nach dem OWiG, JuS 2011, 496 |
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Többens, Hans W., |
Die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität durch die Troika der §§ 9, 130 und 30 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, NStZ 1999, 1 |
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Werner, Rüdiger, |
Verbandsgeldbuße und Gesamtrechtsnachfolge, wistra 2015, 176 |
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Wiedmann, Daniel/ Funk, Christiane, |
Umgehung von Kartellgeldbußen durch Umstrukturierung –Konzernhaftung als Lösung?, BB 2015, 2627—2634 |
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Wittig, Petra, |
Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., 2014 |
Die zentrale Vorschrift im Recht der Verbandsgeldbußen (§ 30 Abs. 1 OWiG) lautet:
Hat jemand
1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
3. als vertretungsberechtigter Gesellschaftereiner rechtsfähigen Personengesellschaft,
4. als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung oder
5. als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebes oder Unternehmens einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung verantwortlich handelt, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört,
eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die Pflichten, welche die juristische Person oder Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden.
Gemäß § 30 OWiG kann gegen eine juristische Person oder eine Personenvereinigung eine Geldbuße verhängt werden. Diese Geldbuße wird üblicherweise als Verbandsgeldbuße bezeichnet2. Der Begriff Verbandsgeldbuße drückt aus, dass sich die Rechtsfolge direkt gegen den Verband (die juristische Person oder Personenvereinigung) richtet. Das ist deshalb bemerkenswert, weil individuelle Schuld nur eine natürliche Person tragen kann. Ein Verband ist in diesem Sinne nicht schuldfähig. Diesem Umstand trägt § 30 OWiG durch die Anknüpfung an eine – schuldhafte – Handlung (oder Unterlassung) einer natürlichen Person Rechnung. Um diese Anknüpfung zu legitimieren, muss die natürliche Person einen engen Bezug zu dem Verband haben und in diesem Bezug handeln (oder unterlassen).
Trotz der Verortung im Ordnungswidrigkeitengesetz und der für eine Ordnungswidrigkeit typischen Rechtsfolge der Geldbuße ist § 30 OWiG kein Ordnungswidridrigkeitentatbestand. Der Sache nach handelt es sich um eine Zurechnungsnorm, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit als sui generis bezeichnet werden kann. Zugerechnet wird dem Verband die Tat des Täters nach § 30 Abs. 1 OWiG, die dann zur Geldbuße führt. Ob es dabei um eine Zuständigkeit für fremde Delinquenz oder um Verantwortlichkeit für eigene Delinquenz geht, ist umstritten3, kann aber an dieser Stelle offen bleiben.
Im geltenden Recht gibt es keine vergleichbaren Regelungen. Solche Regelungen sind allerdings auch nicht erforderlich, weil die Norm sowohl auf Tatbestandsseite (grundsätzlich jede Ordnungswidrigkeit oder Straftat) als auch auf Rechtsfolgenseite (sehr weite Bußgeldrahmen, Ermessen) so weit gefasst ist, dass nahezu jede ahndungswürdige Tat erfasst werden kann.
Die Verbandsgeldbuße soll dem Umstand Rechnung tragen, dass bei der Ahndung unternehmensbezogener Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mangels Schuldfähigkeit des Verbandes grundsätzlich nur eine Sanktionierung der verantwortlich handelnden natürlichen Personen in Betracht käme. Die Verbandsgeldbuße stellt daher die Möglichkeit der sanktionsmäßigen Gleichbehandlung von natürlicher Person und Verband her, die im Sinne materieller Gerechtigkeit dringend geboten ist, zumal die Tat regelmäßig um des Verbandes willen und zu seinen Gunsten begangen wird. Hinzu kommt, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse von natürlicher Person und Verband regelmäßig weit auseinanderliegen, sodass eine angemessene Reaktion nur bei einer Orientierung an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verbandes möglich ist.
Nur dann kann eine drohende Verbandsgeldbuße die gewünschte präventive Wirkung entfalten, die ihre Verhängung aufgrund ordnungsgemäßen Verhaltens entbehrlich macht. Entscheidend ist, dass die Gefahr der Bebußung die Vorteile der Anknüpfungstat in einer Risikoabwägung überwiegt.
Schließlich kann die Verbandsgeldbuße als Instrument der Abschöpfung von unrechtmäßig erlangten wirtschaftlichen Vorteilen dienen. Wie das Recht des strafrechtlichen Verfalls soll auch die Verbandsgeldbuße dem Grundsatz dienen, dass Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sich nicht lohnen dürfen.
Die Verbandsgeldbuße kann grundsätzlich an jede Ordnungswidrigkeit oder Straftat