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Die Ehrgeizigen


Die Ehrgeizigen


1. Auflage

von: Günter Görlich

7,99 €

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 24.05.2022
ISBN/EAN: 9783965216822
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 465

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Den Schriftsteller Günter Görlich kannte man in der DDR vor allem als Autor von vielgelesenen Kinder- und Jugendbüchern, deren Handlung im Schul- und Lehrermilieu spielten wie die beiden seinerzeit vieldiskutierten Romane „Den Wolken ein Stück näher“ (1971) und „Eine Anzeige in der Zeitung“ (1978). Bei seinem zweiten Buch, dem 1959 veröffentlichten Roman „Die Ehrgeizigen“ - der junge Görlich studierte damals im zweiten Jahr am Leipziger Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ - ist das anders. Dessen Handlung spielt unter Lehrlingen, genauer gesagt Dreherlehrlingen – Paul und Jürgen sind „Die Ehrgeizigen“.
Nun ist Ehrgeiz nicht unbedingt etwas Schlechtes, eher im Gegenteil. Doch alle Dinge, die man übertreibt, können in das Gegenteil ihrer guten Absichten umschlagen …
Das Buch, das aus lange zurückliegenden Zeiten berichtet, in denen mit ziemlich harten (klassenkämpferischen) Bandagen gekämpft wurde, beginnt mit einer dramatischen Situation, in der Jürgen auf dem Eis einbricht und Paul seinem Freund das Leben retten muss – und das alles wegen eines Streits und einer lächerlichen Wette, ob der erfrorene Vogel auf dem Eis nun eine Elster oder eine Möwe war: So ein Dickschädel, der Jürgen. „Die Wette gilt“, hatte er gerufen und war losgelaufen. Dabei ging es nur um einen erfrorenen Vogel, der mit gespreizten Schwingen auf dem Eis lag. Wenn die Sonne schien, glänzte sein weißes Gefieder. Eine Elster sei das, hatte Jürgen behauptet. Dabei war’s eine Möwe, das konnte man doch sehen.
Kennengelernt hatten sich die beiden Freunde, die dem Lernaktiv 513 angehören, im September fünfundfünfzig, vor einem halben Jahr. Das war am ersten Tag ihrer Lehrzeit. Jürgen erinnerte sich noch genau an die erste Begegnung mit Paul, dem Abiturienten mit Auszeichnung, so groß und so erwachsen aussehend, man konnte ihn sich gar nicht als Lehrling vorstellen. Paul ist der Beste, gilt vielen allerdings auch als hochnäsig und eingebildet.
Im Berufswettbewerb will Paul unbedingt die Goldmedaille erkämpfen, als es nur zur Silbermedaille reicht, ist er sehr enttäuscht. Seinem großen Ziel hatte Paul alles untergeordnet , seine Gruppe muss die beste sein, koste es, was es wolle. Sogar ein Betrugsvorwurf steht im Raum.
Auch ansonsten sieht Jürgen seinen Freund Paul zunehmend kritischer, zumal als sie beide während eines FDJ-Einsatzes gegen ein Stahlhelmtreffen in Westberlin von der Polizei verhaftet, dann jedoch sehr unterschiedlich behandelt werden. Gab es da vielleicht geheime Verbindungen?
Das werd ich dir nicht vergessen
In dem Gang hängt eine bunte Tafel
Nächtliches Gespräch
Das rote Auto liegt vorn
Morgen wird es lustiger
Wie die Mädchen sind
Immer schön langsam trinken
Am Wrack der „Maria Magdalena“
Die Jawa hat einen Sozius
„He, Christa!“, muss er jetzt rufen
Abschiedsworte
Aber in unserer Zeit …
Der Kriminalbeamte ist ganz in Ordnung
Freunde
Ich bin kein Verräter!
Das Bett unter dem Jazztrompeter ist leer
Du hättest dir eine andere einladen sollen
Hinter jeder Zahl verbirgt sich einer
Manchmal muss man etwas zerreißen
Günter Görlich
Geboren am 6. Januar 1928 in Breslau, gestorben am 14. Juli 2010 in Berlin.
Ab 1944 Flakhelfer, sowjetische Kriegsgefangenschaft bis Oktober 1949. Bauarbeiter, Volkspolizist.
Nach dem Pädagogikstudium war er Erzieher in einem Jugendwerkhof und in einem Lehrlingswohnheim.
1958 erhielt er für sein erstes Jugendbuch „Der Schwarze Peter“ den Jugendbuchpreis des Ministeriums für Kultur.
Weitere Auszeichnungen:
Kunstpreis des FDGB 1966, 1973
Nationalpreis 2. Klasse 1971
Held der Arbeit 1974
Nationalpreis 1. Klasse 1978
Joh.-R.-Becher-Medaille in Gold 1979
Vaterländischer Verdienstorden in Gold 1979
Ehrenspange zum VVO in Gold 1988
Goethepreis der Stadt Berlin 1983
In Fallers Zimmer war es still. Die Augen der Frau, eben noch liebenswürdig, waren kühl und abweisend geworden. Der Mann saß mit gespreizten Beinen auf dem Stuhl, die Hände hielt er gekreuzt.
Faller hatte gesagt, dass er sich um Paul Sorgen mache …
Der Mann nickte, und in seinem Gesicht war ein Ausdruck, als wolle er sagen: Hab ich doch recht gehabt. Trotzdem forderte er Faller unwirsch auf, konkreter zu werden.
Er möchte jetzt nicht nur als Pädagoge, sondern auch als Genosse zu ihnen sprechen, sagte Faller.
Die Frau presste die Lippen aufeinander, und der Mann setzte sich aufrecht.
Faller betonte, dass er Paul für einen sehr begabten Menschen halte. Das habe aber bei ihm zur Überheblichkeit geführt; er zeige egoistische Züge und ein übersteigertes Geltungsbedürfnis.
Der Mann wiederholte ungeduldig: „Konkreter, bitte!“
„Ich frage mich“, sagte Faller, „ob Paul von Ihnen nicht in einigen entscheidenden Fragen falsch erzogen wurde. Ich möchte ein Beispiel bringen. Warum kaufen Sie ihm ein Motorrad? Das muss doch zur Überheblichkeit führen. Er verliert den Blick für die wirkliche Welt. Erarbeiten soll er sich so etwas.“
Die Frau protestierte aufgeregt: „Sie übertreiben. Natürlich übertreiben Sie. Er hat gespart. Ist Sparen keine Erziehung?“
„Wenn man viel hat und sich nicht einzuschränken braucht, ist Sparen keine Kunst.“
Der Mann sagte: „Sie haben recht!“
Faller berichtete auch über das Verhältnis Pauls zu dem Mädchen Hannelore, dass Paul mit den Gefühlen des Mädchens nur gespielt habe und sie, als er ihrer Zuneigung anscheinend überdrüssig geworden sei, einfach beiseite geschoben habe.
Die Frau senkte die Augen, ihre dichten Wimpern waren wie schwarze Fächer.
Der Mann sagte aufrichtig: „Danken muss man dir, Genosse!“ Er seufzte und fügte zögernd hinzu: „Jetzt fahren wir weg, man hat wieder keine Zeit. So war das schon immer. Man gibt dem Bengel alles, will damit sein Gewissen beruhigen … und es ist alles verkehrt …“ Unsicher strich er sich mit der Hand über sein schütteres Haar.
Die Frau schnappte mit dem Verschluss ihrer Tasche.
Der Mann drückte lange die Hand Fallers.
„Nimm ihn ran! Hörst du! Ich war Arbeiter, er soll kein Schnösel werden …“
Der Händedruck der Frau war flüchtig.
Faller lauschte den auf dem Korridor verhallenden Schritten nach.
Er dachte: Das sind nun die Eltern, kluge Menschen, Genossen, die ihre Kräfte nicht schonen. Ja, mehr Zeit müsste man haben. Wir, die Verantwortlichen, dürfen nicht immer alles auf einen Ruck lösen wollen. Warum habe ich nicht schon einmal einen Brief an die Eltern geschrieben? Natürlich wäre das gut gewesen.
Faller seufzte. Er schob die Bücher auf dem Tisch zusammen. Es waren auch Bücher über Pädagogik dabei.

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