cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2344

 

Die Rebellen von Trakarat

 

Alaska Saedelaere bei den Antis – und zwischen den Fronten

 

Arndt Ellmer

 

img2.jpg

 

Auf den von Menschen besiedelten Planeten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1345 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4932 alter Zeitrechnung. In der Milchstraße hat sich die »erste Welle« von Raumschiffen und -stationen der Terminalen Kolonne TRAITOR festgesetzt. Hierbei handelt es sich um eines der Machtinstrumente der Chaotarchen, die die Galaxis als »Ressource« nutzen wollen. Im unmittelbaren galaktischen Umfeld, in der Sterneninsel Hangay, entsteht eine sogenannte Negasphäre, ein für Normalsterbliche absolut lebensfeindlicher Raum.

Die Aussichten, sich gegen TRAITOR erfolgreich zu wehren, sind denkbar gering: Zu groß ist die Wucht, mit der die Feinde zuschlagen. Nur wenige kleine Erfolge ließen sich in rund einem Jahr der Besatzung verzeichnen: Da ist das Solsystem, das sich hinter dem TERRANOVA-Schirm versteckt, ebenso der für TRAITOR unzugängliche Stützpunkt in der Charon-Sternwolke. Die Haluter konnten erfolgreich fliehen, und der arkonidische Herrscher Bostich befindet sich samt seiner Flotte noch in Freiheit.

Überall sonst hingegen festigt sich das System der Terminalen Kolonne. Allerdings finden sich damit nach wie vor nicht alle ab. Das beweisen unter anderem DIE REBELLEN VON TRAKARAT …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der terranische Resident befiehlt eine Geheimmission, die zwanzig Millionen Jahre alte Informationen erbringen soll.

Alaska Saedelaere – Der Mann mit der Maske reagiert auf den Rat des Nukleus.

Kantiran – Der junge Friedensfahrer begibt sich nach Trakarat.

Amba Vatony – Ein hochrangiger Báalol denkt über das Schicksal seines Volkes nach.

Kalvare – Die schöne Anti hütet die Geheimnisse ihres Herrn.

1.

 

Der Tag begann so schön – ein blassgelber, klarer Himmel, hellorange leuchtender Nebel über dem Jeqaph-See, dazu würzige, frische Luft von einem Ende des Tals bis zum anderen. Amba Vatony konnte es kaum erwarten, seinen Körper in das weiche Wasser zu tauchen. Leichtfüßig durchschritt er die Gartenpforte des Anwesens, huschte hinab zum Ufer. Mit jedem Schritt wischte er die unheilvollen Gedanken an die Zukunft seines Volkes in einer von TRAITOR beherrschten Galaxis ein Stück weiter weg. Er stellte sich vor, Kalvare sei jetzt an seiner Seite, um seine Welt in den Mantel des vollkommenen Vergessens zu hüllen.

Doch Kalvare, der gute Geist von Jeqaph Haus-Ophos, weilte in Báalthoom, der Hauptstadt. Vatony hoffte auf ihre baldige Rückkehr, aber sicher war er sich nicht. Niemand wusste zurzeit genau, was dort vor sich ging.

Ein Jaulen und Kreischen riss ihn aus seinen halb verschlafenen Träumen. Es kam von hoch oben.

Vatony blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und beschattete die Augen mit der Hand. Er entdeckte zwei Gleiter auf unterschiedlichem Kurs. Sie verzögerten mit Maximalwerten, während sie gleichzeitig in Steilflug übergingen. Es sah aus, als hätten die Piloten die Gewalt über ihre Fahrzeuge verloren.

Wovor fliehen sie? Amba Vatony stand starr. Er sah zu, wie die beiden Fahrzeuge erst trudelten, dann in geringer Höhe abschmierten.

Greif ein! Hilf ihnen! – Zwecklos, sie sind zu weit entfernt!

Zu viert oder fünft hätten sie es vielleicht geschafft, aber er war allein im Tal.

Die Gleiter verschwanden hinter den Ausläufern der Hügelketten.

Eine Weile wartete der Herr des Hauses. Er lauschte auf die Geräusche eines Aufschlags oder die Explosionen von Triebwerken und Energiespeichern. Es blieb ruhig. Die Insassen der Fahrzeuge hatten Glück gehabt. In die Stille schob sich ein ellipsoider Schatten, ein huschender Schemen über der Landschaft. Er wanderte vom Aufgangspunkt Aptuts A Richtung Westen.

Amba Vatony rührte sich nicht. Er wagte nicht einmal, mit den Lidern zu zucken. In seinem Innern kochte es – eine Glut, heißer als jede Magma, heftiger als jede Eruption eines Vulkans. Der Schatten wanderte weiter und verschwand schließlich, da tauchte das Gebilde in seinem Gesichtskreis auf, das ihn geworfen hatte. Es handelte sich um einen dünnen Diskus von mehreren hundert Metern Durchmesser.

Vatony kannte diese Modelle. Ein paar hatte er damals auf dem Raumhafen gesehen, kurz nachdem die Terminale Kolonne TRAITOR ihre Direktive verkündet hatte. Es waren nicht viele dieser Tyrannenscheiben, die seine Heimatwelt bewachten. Sechs Stück nur.

Jetzt hielten sie also auch über dieser Gegend Einzug. Die Hast, mit der die beiden Gleiter sich in Sicherheit gebracht hatten, fand damit ihre Erklärung.

Der Haus-Herr verharrte, bis die Tyrannenscheibe hinter dem Horizont verschwand. Er schickte ihr einen Blick hinterher, der all die Verachtung und den Ekel beinhaltete, die in ihm hochstiegen. Er hasste die Okkupatoren der Terminalen Kolonne dafür, dass sie den innersten Lebensraum der Báalols nicht in Ruhe ließen, dass sie die Spiritualität des Volkes störten. Mit jedem Tag wuchs seine Entschlossenheit, nicht länger zuzusehen, wie die Fremden sich als die neuen Herren seines Volkes aufspielten.

Wie lautete die offizielle Sprachregelung TRAITORS für die Tyrannenscheiben? Traitanks? Der Begriff sagte nichts aus, klang harmlos. So harmlos, wie andererseits auch die Báalols für die Terminale Kolonne erschienen, sonst hätte sie weitaus mehr als nur sechs Traitanks im System der Sonne Aptut stationiert. Solange das so blieb, hatte ihr Volk eine Chance.

Stärke, die sich in Schwäche hüllte, das war schon immer ein Weg gewesen, den sein Volk gegangen war. Es wäre töricht gewesen, ihn nicht zu nutzen. Eine Weile noch stillhalten schadete nicht, um die Befehlshaber im Kolonnen-Fort endgültig in Sicherheit zu wiegen. Dann musste etwas geschehen.

Amba Vatony setzte seinen Weg zum See fort. Als er in das warme Wasser tauchte und Körper und Geist sich entspannten, reifte in ihm ein Plan …

 

*

 

Die Terminale Kolonne, dieser Heerwurm aus dem Dunstkreis der Chaosmächte, verbot ihnen, Rohstoffe über den aktuellen Bedarf hinaus abzubauen. In endgültiger Konsequenz bedeutete das irgendwann, keine Waren für andere Sonnensysteme herzustellen und keinen Handel mit diesen zu treiben. Ressourcen durften von den Galaktikern nicht mehr verlagert oder umgeschlagen werden. Das galt für jede Art von Rohstoff, also auch für Howalgonium oder den dringend benötigten roten Khalumvatt.

Und es war den Báalols untersagt, Krieg zu führen und dadurch Ressourcen zu vergeuden.

In diesem einen Punkt stimmte Amba Vatony mit den Okkupatoren überein. Trakarat plante sowieso keinen Krieg gegen ein anderes Volk oder gegen die Milchstraße. Und die zahlreichen Agenten auf anderen Welten der Galaxis kehrten mit dem Abbruch jeder Verbindung zur Heimat automatisch in den Schläfer-Status zurück.

Nirgends in der Milchstraße war die Terminale Kolonne sicherer als rund um die Doppelsonne.

Aber TRAITOR erlegte den 1,35 Milliarden Báalols im Heimatsystem weitere Zwänge auf. Sie durften keine Einrichtungen ihrer Infrastruktur beschädigen oder dem Verfall überlassen, geschweige denn sie demontieren und wegschaffen – nicht, dass das irgendeinen ökonomischen Sinn ergeben hätte und auf ihrer Agenda gestanden hätte, es sei denn, man wäre zu dem Gedanken gekommen, ökonomischer Selbstmord sei der beste Protest gegen TRAITOR. Aber so dumm waren die Báalols nicht. Das Zerstörungsverbot galt ebenfalls für Raumschiffe – eine vernachlässigbare Größe bei einem Volk, das hauptsächlich in Schiffen anderer Völker reiste und für den interstellaren Handel Transporter charterte. Traditionell sorgten die Mehandor zu einem Großteil für die Versorgung der Bewohner im Aptut-System. Daran hatte auch die Terminale Kolonne nichts geändert.

Viel schlimmer, weil er die Ehre der »Antis«, wie sie von anderen Völkern manchmal genannt wurden, war ein anderer Punkt der TRAITOR-Direktive: Jedes Mitglied der Terminalen Kolonne war gegenüber dem Volk, der Regierung und jedem einzelnen Galaktiker weisungsberechtigt. Der Willkür und der Erniedrigung des stolzen Volkes von Trakarat waren Tür und Tor geöffnet.

Amba Vatony verlor die Lust am Baden, er stieg aus dem Wasser. Die Ringe Trakarats zauberten ein wundervolles Farbenspiel an den Himmel, reflektierten das Licht von Aptut A in tausend Nuancen. Die A-Komponente des Doppelsternsystems war über den Horizont gestiegen, ein tiefrot glühender Ball von der Größe dreier Männerfäuste, und warf ihr Licht auf hellblaues Gras und zitronengelbes Marmorgestein. Der graublaue Kegelroboter zwischen den hohen Halmen fiel gar nicht auf. Erst als er ein Stück in die Höhe schwebte, nahm Vatony ihn wahr.

»Guten Morgen, Erleuchteter«, erklang eine monotone Stimme. »Ich bringe dir Neuigkeiten.«

In Jeqaph Haus-Ophos hatten sie es sich angewöhnt, Botschaften nicht mehr auf dem Funkweg zu übermitteln, sondern mündlich oder als Folioimprint.

Eine Nachricht von Kalvare! Vatony schritt schneller aus. Er konnte es kaum erwarten, sie gesund und munter vor sich zu sehen.

Der Kegelroboter schwebte auf Kopfhöhe neben dem Haus-Herrn her. »Es handelt sich um eine Anfrage des Heilers Kerz Angdröm, Herr!«

»Den Namen habe ich noch nie gehört.«

»Er ist erst vor wenigen Tagen von Drorah zurückgekehrt.«

Drorah, die Stammwelt ihrer Ahnen. Der Name klang wie Musik in seinen Ohren. Amba Vatony wusste, dass es im System der blauen Sonne Akon einen Dunklen Obelisken gab, den jeder Akone und auch jeder andere Bewohner des Akon-Systems als denkbar höchste Bedrohung für alles empfand, die Sonne, die Planeten, die Lebewesen. Von der mehrere hunderttausend Individuen umfassenden Báalol-Population auf Drorah waren jedoch nur ganz wenige geflohen und nach Trakarat oder auf andere Welten zurückgekehrt.

Der Heiler war ein Flüchtling und Feigling.

»Was will Angdröm wissen?«

»Er bittet Euch um eine Audienz.«

Vatony dachte sofort an eine Falle und an einen Spion der Terminalen Kolonne. Wie anders war es zu erklären, dass der angebliche Heiler ihn auf diesem Weg kontaktierte und nicht das Büro seiner Familie in der Hauptstadt aufsuchte. Einem echten Báalol wäre ein solcher Fauxpas nie unterlaufen.

Es sei denn …

»In zwei Stunden lasse ich bitten. Schafft er es bis dahin hierher ins Tal?«

»Er wartet bereits im Audienzsaal!«

Amba Vatony hatte es plötzlich sehr eilig. Er suchte die Umkleidegemächer auf, frottierte sich flüchtig ab. Während er den orangeroten Haarflaum unter der Haube trocknete, schlüpfte er in die Leibwäsche in den Farben des Hauses und warf sich anschließend den Umhang über. Mit den Fingern strich er sich ein paar Locken zurecht, ehe er in den Korridor hinaustrat, der ihn auf direktem Weg in die Halle und von dort ins Audienzzimmer brachte.

Die Tür stand offen. Schon von weitem sah er die Gestalt im graublau gefleckten Überwurf – ein Tarnmantel gegen Entdeckung aus der Luft. Der Heiler wandte der Tür den Rücken zu, ein unmissverständliches Signal des Vertrauens.

Kerz Angdröm … Vatony hantierte hastig an der Sensorik seines Gürtels. Die hinter der Vertäfelung des Zimmers angebrachten Schusswaffen erwachten lautlos, die Schirmprojektoren meldeten Bereitschaft. Vatony hatte sie nicht mehr eingeschaltet, seit die Meldungen von der Anwesenheit eines Kolonnen-Forts im Aptut-System eingetroffen waren. Es war besser, wenn die Terminale Kolonne nichts von solchen Einrichtungen in dem einsamen Tal wusste. Es hätte nur unnötig ihre Neugier geweckt. Jetzt aber …

Unter der Tür blieb der Haus-Herr stehen. »Kerz Angdröm …?«

Der Heiler hob die Arme in die Höhe, als wolle er mit der Behandlung eines Kranken beginnen. Er zeigte Amba Vatony damit, dass er unbewaffnet war. Langsam drehte er sich um.

Der Báalol sah ein schiefes Gesicht wie aus einem Gruselkabinett, mit hängenden Wangen und einem schiefen Mund. Die Augen lagen tief in ihren Höhlen. Die Ohrmuscheln waren winzig klein, die Nase dafür umso größer und länger.

»Ich danke dir für dein Erscheinen«, krächzte es zwischen den unnatürlich geschwollenen Lippen hervor. »Ich nehme deine Zeit nur kurz in Anspruch.«

Diese Stimme – ich kenne diese Stimme! Amba Vatonys Fingerkuppen schwebten dicht über dem Sensorikfeld des Gürtels. Bevor er den Schirm und die Waffensysteme aktivierte, stellte sein Bewusstsein die Verbindung zwischen der Stimme und seiner Erinnerung her. Amba Vatony ließ die Arme sinken.

»Du bist Tenvo aus dem Haus A-Lókym!«

Der angebliche Heiler ließ ein Kichern hören. »Fliegende Kameras kontrollieren das Plateau von Haus A-Lókym«, flüsterte er. »Es bedurfte des Einsatzes unserer gesamten Hausmacht, um die Beobachter TRAITORS an der Nase herumzuführen. Verzeih mir, wenn ich die Maskerade nicht ablege. Nur so habe ich eine Chance, unbemerkt in mein Haus zurückzukehren.«

Amba Vatony prüfte die Individualschwingungen seines seltsamen Besuchers. Er sagte die Wahrheit. Hinter der Biomaske verbarg sich der jüngste Spross aus dem Haus A-Lókym, gleichzeitig der letzte Überlebende eines der ältesten Adelsgeschlechter, das zu Zeiten von Monos und in den darauf folgenden Jahrhunderten fast vollständig ausgerottet worden war und seit Generationen immer weniger Nachkommen verzeichnete. Alle Kräfte von Haus A-Lókym mündeten in diesem einen Nachkommen.

Wie bei mir! Amba Vatony wusste allerdings, dass es Seitenlinien A-Lókyms auf Drorah und Arkon II gab. A-Ophos war die Gnade nicht vergönnt.

Der Haus-Herr deutete hinüber zur Sitzecke. »Sei mir willkommen, Bruder!«

Sie streckten einander die Arme entgegen, bis sich ihre Fingerspitzen berührten. Etliche Atemzüge lang verharrten sie so, als müsste jeder die Energien des anderen in sich aufnehmen. Die traditionelle Geste bedeutete Vertrauen und die Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen.

Amba Vatony und Tenvo Lókym setzten sich einander gegenüber. Vatony rief die schwebende Bar, an der sie sich bedienten. Jeder nahm einen kräftigen Schluck zur Erfrischung, dann ließ Vatony seinen Blick forschend auf dem Mann in der Maskerade ruhen. »Wie kann ich dir helfen, Bruder?«

»Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es umgekehrt, und ich kann dir helfen. Schau her!«

Er hielt die Hände vor sich und formte sie zu einer Schale. Gleichzeitig schloss er die Augen. Amba Vatony spürte die Macht seines Geistes, erkannte das suggestive Zupfen in seinem Bewusstsein. Er senkte halb die Lider zum Zeichen seines Einverständnisses und ließ sich auf den Geistesblock ein. Aus den Händen des Lókym wuchs ein Gespinst aus violetten Fäden empor, bildete Arme und Beine und einen Körper.

Der Anzug! Amba Vatony riss die Augen weit auf. Sein Kehlkopf knackte. »Wie kommst du zu dies…«

»Du hast es also erkannt!« Die Stimme des Besuchers klang nicht mehr heiser, eher glatt und mit einem belustigten Unterton. Er ließ die Projektion in sich zusammenfallen.

Einen Augenblick lang keimte erneut Misstrauen in Vatony auf. Dann fügte er sich ins Unvermeidliche und akzeptierte es einfach. »Deine Familie also auch.«

»Ich fand den Anzug durch Zufall, ein vager Hinweis leitete mich. Ich bin mit der Entdeckung nicht glücklich, denn ich habe die Gruft meiner Familie entweiht, um ihn zu finden.«

»In einem solchen Fall werden die Ahnen es dir verzeihen.«

Der Besucher grinste, die Biomaske verzerrte sich zu einer hässlichen Fratze. »Ich entnehme deiner Reaktion, dass du nicht damit gerechnet hast.«

»Nicht beim Haus A-Lókym«, gab Vatony zu.

»Gerade beim Haus A-Lókym. Alles andere wäre unlogisch, es würde Jahrtausende unserer Geschichte auf den Kopf stellen.«

»Du hast Recht. Und es ist gut, dass ihr ein solches Kleinod besitzt.«

»Wie Haus Ophos, nicht wahr?« Aus Tenvos Mund klang es wie selbstverständlich. Amba Vatony sah jetzt keinen Grund mehr, ihm irgendetwas zu verschweigen.

»Ich weiß seit langem, wo er hängt. Aber zwei sind nicht genug, Bruder.«

»Wir kennen das Geheimnis seiner Herstellung, oder?«

Sie verstanden einander, das konnte er in den Augen des anderen lesen. IPEV-Psikolon gehörte zu den größten Schätzen ihres Volkes, ein Material, das nur die Báalols herstellen konnten und das ihre Psi-Fähigkeiten potenzierte. Und es mochte die Waffe darstellen, die unerwartet aus der scheinbaren Schwäche der Báalols ins Herz des überstarken Feindes gerammt werden konnte, zumindest hier im Aptut-System.

»Kehre jetzt zurück auf dein Plateau«, gebot Amba Vatony, nachdem sie ihre Gläser geleert hatten. »Ich setze mich mit dir in Verbindung, sobald ich mehr weiß.«

 

*

 

Das Alarmsignal rief Amba Vatony in die technische Zentrale des Anwesens. Während er durch die weitläufigen Gänge des Westflügels eilte, informierte ihn die Positronik über den Grund des Pfeiftons. »Ein Gleiter im Anflug. Er dringt von Osten her in die äußere Sicherheitszone ein. Geschwindigkeit konstant.«

Im Osten lag die Hauptstadt. »Mikrokameras ausfahren. Ich will ihn sehen!«

Seitdem TRAITOR über die Heimatwelt der Báalols zu gebieten beanspruchte, hatte sich der dichte Gleiterverkehr am Himmel aufgelöst. Der Grund dafür war einfach: Es gab keine Flugbewegung im Aptut-System und am Himmel eines der Planeten, die nicht im Kolonnen-Fort ausgewertet wurde, und die Báalols gönnten den Tyrannen kein Informationsquäntchen mehr als notwendig. Was andererseits die wenigen Gleiterflüge umso genauer beobachtbar machte, doch das zählte nicht. Das Absinken des planetaren Nah- und Fernverkehrs war ein Symbol.

Ob es Kalvare ist? Freude durchrieselte ihn wie ein Frühlingsschauer die gierige Erde.

Oder ein Spion der Terminalen Kolonne? Aus dem sanften Regen wurde ein Wolkenbruch, der alle Dämme fortschwemmte, mit denen er seine Furcht zurückgehalten hatte. Wie sollten sie es feststellen, wenn es ein Spion war? Was wussten sie schon von den Mitteln der Chaosmächte? Womöglich war der Spion unsichtbar, ein Gestaltwandler, ein perfekt getarnter Droide oder ein Bekannter, der sich Vorteile von der Kollaboration versprach? Oder gar jemand, dem man den freien Willen genommen hatte, der nicht mehr Herr seiner selbst war? Jemand, der erpresst wurde?

Was, wenn es Kalvare war? Kalvare … als Verräterin?

Nein!

Der Gedanke trieb ihn fast zur Raserei. Nur mühsam verhielt er an der Stelle. Am liebsten wäre er dem Fahrzeug entgegengeflogen und … Amba Vatony ertappte sich dabei, dass er am Gürtel über das Futteral mit dem handlichen Impulsstrahler strich.

Nein, es war sicherlich nicht Kalvare, schließlich war sie mit einem Bodenroller aufgebrochen, und das Gefährt, das sich näherte, war ein Gleiter.