Nr. 3069
Prinzessin in Not
Sie ist die Erbin des Kristallthrons – Monkey wird zu ihrer letzten Hoffnung
Verena Themsen
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog: Am Ende
1. Am Anfang, auf Zarut
2. Zuvor, auf Arkhamtar
3. Ankunft im Sheheleysystem
4. Flucht auf Arkhamtar
5. Hilfe auf Oxtornisch
6. Roundhouse Action
7. Das Ende ist nah
Fanszene
Leserkontaktseite
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner, die ihre Erde und das Sonnensystem hinter sich gelassen haben. In der Unendlichkeit des Alls treffen sie auf Außerirdische aller Art. Ihre Nachkommen haben Tausende Welten besiedelt, zahlreiche Raumschiffe fliegen bis zu den entlegensten Sternen.
Perry Rhodan ist der Mensch, der von Anfang an mit den Erdbewohnern ins All vorgestoßen ist. Nun steht er vor seiner vielleicht größten Herausforderung: Er wurde vorwärts durch die Zeit katapultiert und findet sich in einem Umfeld, das nicht nur Terra vergessen zu haben scheint, sondern in dem eine sogenannte Datensintflut fast alle historischen Dokumente entwertet hat.
Nachdem er in der fernen Galaxis Ancaisin einen Weg fand, die sogenannte Zerozone zu betreten und womöglich eine Fährte Terras zu finden, begibt sich sein Raumschiff RAS TSCHUBAI ohne ihn auf den weiten Rückweg in die Milchstraße. Mit sich nimmt die Besatzung die Erkenntnis, dass die Cairaner, die sich als Herrscher der Heimatgalaxis aufspielen, nichts anderes sind als Flüchtlinge vor einer weitaus schrecklicheren Gefahr: den Phersunen und ihrer Schutzmacht, der »Kandidatin Phaatom«.
In der Milchstraße hat Lordadmiral Monkey von der USO derweil einen Agenten der Phersunen ausgeschaltet. Nun beauftragen ihn die Cairaner mit der Ergreifung Atlans. Dabei gerät eine PRINZESSIN IN NOT ...
Jasmyne da Ariga – Eine Kristallprinzessin hascht nach Erinnerungen.
Monkey – Der Lordadmiral ist auf Prinzessinnenhatz.
Taxara Tasun – Der Ladhone treibt das Chaos voran.
Kavery Essoya – Eine Arkonidin auf der Jagd nach Gleichheit.
Prolog
Am Ende
Die Welt explodierte hinter Zemina Paath. Sie spürte die Druckwelle, die ihr jegliche Kontrolle nahm, sie wie eine Puppe nach vorne gegen die Tischkante schleuderte und ihren Kopf in einem Hagel aus Splittern auf den Konferenztisch schmetterte. Etwas riss an ihrem Haar, und wie in Zeitlupe beobachtete sie, wie eine vorbeijagende Plastikscherbe eine blutige Spur über ihren Handrücken zog.
Dann fiel ein Schatten über sie, riss sie mit hartem Griff in Deckung unter dem Tisch. In Zeminas Ohren klingelte es, doch der nicht nachlassende Splitterregen ringsum verriet ihr, dass die erste Explosion nicht die letzte gewesen war.
Es fiel ihr schwer, Atem zu holen. Sie krallte ihre acht Finger – fünf an der rechten und nur drei an der linken Hand – in den Arm, der sie allzu fest gegen den sie schützenden, breiten Körper presste. Ihr Retter verstand augenscheinlich, denn der Griff lockerte sich.
Sie holte tief Luft und hustete. Staub lag in der Luft. Doch das Klingeln in den Ohren ließ nach.
Die Welt beruhigte sich.
Monkey löste sich von ihr. Erst in diesem Moment wurde sie sich der vorherigen Nähe richtig bewusst und registrierte mit einiger Verwunderung, dass ihr Verlust sie störte. Der kompakte Körper des Oxtorners war der beste Schutz gewesen, den sie hatte haben können. War es da verwunderlich, dass sie bedauerte, diesen Schutz zu verlieren?
Er stand auf und half ihr unter dem Konferenztisch hervor. Die anderen Teilnehmer an der Besprechung kamen ebenfalls aus ihrer jeweiligen Deckung hervor. Einige trugen ähnliche Blutspuren wie Zemina oder hielten sich schmerzende Körperbereiche. Schwer verletzt war zum Glück keiner. Dennoch surrte die Medoeinheit des Raumes herbei und scannte alle Verletzungen.
Während Monkey bereits Verbindung mit der Zentrale aufnahm, glaubte Zemina, die verstohlenen Blicke der anderen auf sich zu spüren. Der Lordadmiral, dessen Verhalten im Allgemeinen nicht unbedingt von Altruismus geprägt war, hatte sie geschützt. Es hatte ihn nicht viel gekostet, denn es musste schon viel geschehen, um den Körper eines Oxtorners zu verletzen. Dennoch war es vermutlich etwas, das in die Kategorie »Ungewöhnlich« fiel.
Monkey drehte sich zu Zemina um und deutete auf ihren Kopf. »Du solltest das versorgen lassen.«
Sie tastete in ihr Haar und spürte warmes Blut. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass einer der Splitter mitten durch ihren schwarzen Schopf geschossen war und ihre Kopfhaut aufgerissen hatte.
»Was war das?«, fragte sie und war nicht ganz sicher, welches der ungewöhnlichen Ereignisse der letzten Minuten sie meinte.
»Das«, antwortete Monkey ohne sichtbare Regung, »war ein Abschiedsgruß.«
1.
Am Anfang, auf Zarut
»Das ist völlig unmöglich«, antwortete Monkey auf die von Nevesai Aiaraldi aufgestellte Behauptung. »Jasmyne da Ariga wurde vor über achthundert Jahren geboren, und sie war keine Zellaktivatorträgerin. Sie kann unmöglich noch leben.«
Die cairanische Legatin verzog den lippenlosen Mund in ihrem goldfleckigen Gesicht zu etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte. »Ist es nicht so, dass die Nachfahren von Zellaktivatorträgern oftmals erstaunliche Langlebigkeit aufweisen? Dazu kommt, dass ihr als Arkanta der arkonidischen Totenwelt Hocatarr sicherlich allerlei Geheimnisse zugänglich waren, die mit dem Tod, dem Leben und allem dazwischen zu tun haben.«
Monkey schnaubte. »Mystisches Brimborium verleiht keine vierfache Lebensspanne. Und wenn Atlans Kinder alle durch seinen Zellaktivator eine dermaßen verlängerte Lebensspanne hätten, wäre Terras frühe Geschichte voller Sagen von angeblichen Unsterblichen gewesen. – Ich finde es allerdings erstaunlich, wie gut du über Jasmynes Geschichte Bescheid weißt. Woher nimmst du trotz Datenverwirrung die Sicherheit, dass es nicht nur Mythen sind?«
Nevesai Aiaraldi drehte die feingliedrigen, behandschuhten Gespürhände nach oben, während die äußeren, fürs Grobe geformten Hände an den Handgelenken nach unten klappten. »Ich weiß es aus ... wie sagt ihr? ... zweiter Hand, von jemandem, der mit Jasmyne da Ariga gesprochen hat. Dass du, der du selbst etwa aus der Zeit ihrer Geburt stammst, die Geschichte bestätigst, unterstreicht ihre Echtheit.«
Monkey musterte reglos seine Verhandlungspartnerin. Schließlich sagte er: »Es ist ohnehin irrelevant. Wer auch immer diese Frau ist, ich bin sicher, ihr habt die Möglichkeit, Atlan von ihrer Echtheit zu überzeugen. Andernfalls wird er sich nicht auf das Spiel einlassen, das ihr für ihn geplant habt.«
»Lass das unbesorgt in unseren Gespürhänden«, sagte die Legatin. »Dein Auftrag lautet lediglich, sie an dich zu bringen und ihm anzubieten. Was du im Tausch verlangst, ist uns einerlei. Für uns zählt nur, dass die Übergabe an einem von uns bestimmten Ort außerhalb von Thantur-Lok passiert, weit weg von seiner Flotte und seinem Volk.«
»Warum braucht ihr mich dafür? Warum spielt ihr Atlan nicht einfach die Nachricht zu, wo sie ist, und erwartet ihn dann dort?«
»Das Risiko wäre zu groß, dass er in kampfstarker Begleitung auftaucht. Außerdem wären die Verhältnisse vor Ort schwer einzuschätzen: Immerhin lebt Jasmyne inmitten von ihr treu ergebenen Arkoniden, die vermutlich fast ebenso treu zu ihrem Vater stehen würden, falls es nötig wäre. Ich habe zwar keine Zweifel, dass wir Atlans trotzdem habhaft werden könnten, aber man soll nicht mehr Leben gefährden als notwendig, oder?«
»Der Mehraufwand am Anfang rechnet sich am Ende, wenn es um den eigentlichen Preis geht«, gab Monkey zu. »Andererseits stinkt es weit gegen den Wind nach Falle, wenn ich sie entführe und ihm anbiete. Es muss also so aussehen, als wäre sie eher zufällig in meine Hände geraten.«
Die Legatin legte die Gespürhände aneinander und ließ die Außenhände eine Drehung vollführen. »Wir haben dafür bereits etwas vorbereitet. Als Tochter zweier ehemaliger Imperatoren wäre Jasmyne da Ariga nach Jarak da Nardonns Verschwinden als neue Galionsfigur für die Imperialisten prädestiniert. Bestimmte revolutionäre Kreise, denen selbst die jetzige Struktur der Vereinigten Sternenbaronien nicht demokratisch genug ist, fänden diese Stärkung ihrer Gegner aber bedrohlich und würden das mit allen Mitteln verhindern wollen. Und diese Kreise haben erfahren, dass es diese Kandidatin gibt und wo sie lebt.«
»Ihr habt die Jagd also bereits eröffnet?«
»Nicht wir, aber gewisse gelegentliche Verbündete, die in einer solche Situation sehr glaubhaft helfen können.«
Monkey begriff. »Die Ladhonen.«
*
»Die Ladhonen«, bestätigte die Legatin. »Jeder weiß, dass ihnen daran gelegen ist, die Situation im Kugelsternhaufen Thantur-Lok weiter zu destabilisieren. Was ist dazu besser geeignet, als zusätzlich zum Konflikt der Arkoniden mit den Naats und den Ladhonen einen internen Konflikt zwischen Imperialisten und radikalen Republikanern zu entfachen?«
»Und in dem Moment, in dem die Kristallprinzessin zwischen die Fronten dieses Konfliktes gerät, eilt die USO zu ihrer Rettung herbei«, ätzte Monkey.
»Nicht uneigennützig, wie du Atlan schnell klarmachen wirst. Ich denke, es ergibt sich ein insgesamt glaubhaftes Bild.«
»Und wenn er sich weigert, zu dem von mir genannten Ort zu kommen, und stattdessen auf einer Übergabe in einer der sicheren Regionen in M 13 besteht?«
»Dann werden wir glaubhafte Unterlagen beisteuern, die beweisen, dass die Republikaner genau da stark sind und bereits darauf lauern, euch abzufangen.«
»Der Plan ist gut. Was mir daran nicht gefällt ist lediglich, dass ihr ihn bereits in Gang gesetzt habt. Das setzt uns unnötig unter Druck.«
»Wir hatten ursprünglich vor, ihn mit anderen Partnern durchzuführen, aber da du hier bist, denke ich, dass eine Beteiligung der USO die Dinge erleichtern könnte. Und wir haben keine Zeit zu verlieren.«
»Wissen eure Verbündeten, dass ihnen die Beute abgejagt werden soll?«
Die Legatin neigte den Kopf zur Seite. »Hättet ihr das denn nötig? Wenn ja, seid ihr nicht die Partner, für die ich euch halte.«
»Dann sollte ich wohl schnellstens aufbrechen, damit es überhaupt noch etwas zu retten gibt, wenn ich ankomme. Wo lebt sie?«
»Du erhältst die Koordinaten von zwei Beauftragten, die ich dir mitgebe, um dich notfalls in meinem Sinne zu beraten.«
»Zwei Beauftragte?« Monkey schwante etwas. »Wer soll das sein?«
»Du kennst sie bereits, daher halte ich sie für die am besten geeigneten Kandidaten. Ly und Genner, die beiden Tomopaten.«
Der Lordadmiral machte eine abwehrende Bewegung. »Auf keinen Fall! Die Rolle der beiden bei den Geschehnissen um den Konsul Surrutaio ist undurchsichtig, und sie haben mit ihrer Neigung zu unnötiger Gewalt bereits mehrere meiner Leute auf dem Gewissen!«
»Das waren Missverständnisse. Dieses Mal wissen sie, dass ihr auf der gleichen Seite steht, und werden sich entsprechend verhalten.«
»Und wenn ich mich weigere, sie mitzunehmen?«
»Dann ergeht der Auftrag an die beiden, mit allen Folgen, die das für die Kristallprinzessin und die USO hat.«
Monkey schnaubte. »Wenn du glaubst, dass mich das Schicksal dieser angeblichen Jasmyne schert, liegst du falsch.«
»Natürlich. Aber betrachte es unter rein sachlichen Gesichtspunkten: Die USO würde eine gute Gelegenheit verpassen, sich aufzurüsten und ein noch besserer Partner für uns zu werden – und das alles nur, weil die beiden Tomopaten beim letzten Einsatz übereifrig waren. Findest du das angemessen?«
Monkey schwieg eine Weile. Die Begleitung der beiden mordgierigen Tomopaten passte ihm überhaupt nicht, aber er sah keine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Die Legatin hielt in dieser Sache alle Trümpfe in der Hand.
»Also gut«, gab er nach. »Sie kommen mit. Aber sollten sie sich nicht angemessen unterordnen, werde ich sie ohne Raumanzug aus der Schleuse stoßen.«
»Solange sie sich an Bord deiner Schiffe befinden, unterliegen sie selbstredend deiner Jurisdiktion. Ich bitte dich aber, in einem solchen Fall den Verstoß sorgfältig zu dokumentieren, damit keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils aufkommen.«
*
Gemeinsam mit Kommandant Daan Gudati stand Monkey in der breiten Polzugangsschleuse am oberen Ende der Antigravrampe, die in die RATBER TOSTAN führte, und erwartete die ungebetenen Gäste. Hinter ihnen hatten zwei TARAS – kegelstumpfförmige Kampfroboter mit vier Waffenarmen – Aufstellung genommen.
Monkey stufte Ly und Genner aus leidvoller Erfahrung als absolut unberechenbares Risiko ein. Egal, was die Cairaner von dem Paar hielten, er sah sie primär als Bedrohung an – und das nicht nur, weil sie eigentlich schon viel zu viel von dem gesehen hatten, was hinter den Kulissen der USO bleiben sollte.
Illustration: Swen Papenbrock
Tomopaten waren humanoid, aber schon an ihren Gesichtern sah man, dass sie keine Menschen waren. Sie wirkten, als hätte ein Bildhauer eine Tonskulptur nicht ganz vollendet. Entsprechend schwer war es, feinere Regungen darin zu erkennen. Das Grinsen, das der erste Tomopat zur Schau trug, als er die Rampe heraufkam, konnte man allerdings nicht missverstehen. An seinem breiten Gesicht und der insgesamt etwas stämmigeren Figur erkannte Monkey Ly.
Unter dem Stoff von Lys Ghyrd, der wie eine Zwangsjacke verschnürt war, bewegte sich etwas, als drängten die darin gebändigten Tentakel ins Freie. Trotz der festen Verschnürung strahlte der Tomopat eine Aggressivität aus, die empfindlichere Seelen hätte frösteln lassen.
»Ich kann gar nicht sagen, wie ich mich freue, euch alle wiederzusehen«, sagte Ly. »Ich bin sicher, wir werden wieder eine Menge Spaß miteinander haben.«
Monkey zuckte mit keinem Muskel, und seine Optiken vermittelten ohnehin nie eine Regung. »Bild dir nicht ein, noch einmal so an Bord meines Schiffes schalten und walten zu können wie letztes Mal.«
Ly trat dicht an Monkey heran. Sein Grinsen wurde eine Spur breiter. »Wir haben dich einmal verprügelt, Oxtorner, das wird beim zweiten Mal nicht anders ausgehen. Was sollte uns aufhalten?«
»Ly! Lass das! Wir sind jetzt Verbündete.« Genner hatte das Deck betreten.
Ly verharrte einen Moment, dann trat er einen Schritt zurück, neben seinen Kameraden. »Ah ja, Verbündete ...«, sagte er gedehnt. »Das ändert die Sache natürlich völlig.«
Sein Tonfall strafte seine Worte Lügen. Monkey war sicher, dass zumindest Ly es herbeisehnte, sich noch einmal mit ihm zu messen.
An sich war es bedauerlich, dass die meisten Tomopaten ihre Lust an der Gewalt so wenig unter Kontrolle hatten. Wäre es anders gewesen, hätte Monkey gerne einige von ihnen in die Reihen der USO eingegliedert. Aber wenn man dort eines nicht brauchen konnte, war es ein Mangel an Selbstkontrolle.
»Kommandant Gudati wird euch betreuen, solange ihr an Bord seid.« Monkey machte eine Handbewegung zu dem Halboxtorner. »Ihr kennt ihn ja bereits.«
Gudati mochte nicht über Monkeys breite Statur verfügen, war aber dennoch im Vergleich zu einem Terraner eine beeindruckende Figur. Hätte ein Unbedarfter die beiden vergleichsweise schmalen Tomopaten diesen beiden kompakten Kämpfern gegenüber gesehen, hätte er wohl ohne Zögern auf die USO-Leute gesetzt.
Hatte man allerdings einmal einen Tomopaten ohne Ghyrd in Aktion gesehen, wusste man, warum die Kampfroboter bereitstanden. Monkey hatte am eigenen Leib erlebt, mit welcher Geschwindigkeit ihre Armtentakel umherschossen und welche Wunden sie zu reißen vermochten. Er legte keinen Wert auf eine Wiederholung.
»Ihr könnt mit in die Zentrale kommen, bis wir an die NIKE QUINTO angedockt haben. Dort wird der Kommandant euch zu den Quartieren bringen, die wir für euch vorbereitet haben.«
Genner sah zu Gudati und wieder zu Monkey. »Ich hoffe, du hast nicht vor, uns einzusperren. Ich bin sicher, das wäre nicht im Sinne unserer Auftraggeber.«
»Keine Sorge, das haben wir nicht vor«, versicherte Monkey kühl. »Ihr werdet jederzeit genau über den Fortgang unserer Aktionen informiert werden. Aber ihr habt bei eurem letzten Aufenthalt Männer und Frauen getötet, die Freunde an Bord hatten. Ich kann keine Gewähr dafür übernehmen, was diese Leute unternehmen, wenn ihnen nicht jederzeit klar vor Augen geführt wird, dass ihr unter meinem Schutz steht.«
Ly setzte an, etwas zu sagen, doch Genner schob ihn mit seinem gelenkigen Bein nach hinten. Tomopaten hatten eine erstaunliche Bein-Fuß-Koordination, was unter anderem dem Fehlen der Arme im alltäglichen Umgang geschuldet war.
»Ich verstehe«, sagte er. »Ich versichere dir, wir werden keinen Ärger machen, solange wir es nicht müssen.«
Was, so fand Monkey, keine Aussagekraft hatte. Aber es würde niemanden weiterbringen, wenn er das Thema vertiefte. Für einen Moment bedauerte er, dass sie den medikamentösen Ausschaltknopf hatten entfernen müssen, den die Tomopaten auf Cavtha vorübergehend bekommen hatten. Aber er hatte keine Lust gehabt, das den Cairanern zu erklären.
»Gehen wir! Wir haben einen Auftrag zu erledigen.«
2.
Zuvor, auf Arkhamtar
Jasmyne erwachte. Sie wartete auf das Gefühl der Erholung, das der Schlaf ihr hätte schenken sollen, doch es kam nicht. Ihr Körper war ausgeruht, ihr Geist durch endlos scheinende Traumlandschaften gewandert, und doch ...
Sie drehte den Kopf, sah das rote Schimmern, das sie geweckt hatte. Ein strahlender Fluss mäanderte über die graue Glimmerwand neben ihrem Bett, trug das morgendlich-rote Strahlen der Sonne Sheheley zu ihr heran, gereinigt, gefiltert, aller schädlicher Bestandteile beraubt. Das gezähmte Sonnenlicht war warm auf ihrer Haut, aber es konnte ihr nicht die Energie schenken, die sie benötigte.
Nichts konnte das, außer dem Kristallkuss.
War das schon immer so?
Jasmyne atmete tief durch, schlug das seidene Laken zur Seite und setzte sich mit einem Ruck auf. Ein Tag voller Verpflichtungen und Verantwortung wartete auf sie, und sie hatte nicht vor, sich dem zu entziehen. Das Volk von Arkhamtar sollte sich allzeit auf sie verlassen können.
Sie berührte den Ohmrufer, einen kleinen grünen Knopf auf dem Kopf einer goldenen Statue, die sich wie ein Wächter neben ihrem Bett erhob. Sie war das Abbild eines Raktarr, einer großen Raubkatze, die es einmal auf Arkhamtar gegeben hatte. Ihre Augen hatten im gleichen Grün geschimmert wie Jasmynes eigene, wenn sie sich richtig erinnerte.
Es war lange her, dass die Raktarr die Savannen im Süden beherrscht hatten, sicherlich zwei Jahrzehnte. Andere Raubtiere hatten inzwischen ihren Platz eingenommen.
Jasmyne stand auf, streifte ihr Nachtgewand ab, öffnete den Flechtzopf und ging in den Hygieneraum. Gereinigt und erfrischt kehrte sie wenig später in einem leichten Hauskleid in den Schlafbereich ihres Wohngemachs zurück. Sie setzte sich an ihren Morgentisch, von dem aus sie durch einen der breiten, in unregelmäßigen Windungen von der Decke bis zum Boden reichenden Fensterstreifen zusehen konnte, wie der Tag in Premthor begann.
Ihre Residenz, der Stahlkhasurn Ariga, war höher als die meisten anderen Stahlkhasurne der Stadt. Zudem lag er auf einem der fünf Hügel, die das Stadtzentrum umgaben. Dadurch hatte sie freien Blick auf die anderen Trichterbauten und die Schwebestraßen, die sie im Schutz halbtransparenter Röhren verbanden.
Einige Gleiter waren bereits in den Röhren unterwegs, und die ersten Flugschlangenschwärme versuchten, die vermeintlichen Opfer zu fangen. Die meisten ließen sich schon durch die erste paralysierende Begegnung mit den Schutzschirmen eines Besseren belehren, doch einige wenige waren unermüdlich. Vielleicht hatten sie eine Genvariante entwickelt, die sie gegen die Paralyse immunisierte. Jasmyne würde das im Kristallkabinett ansprechen.
Während sie eine Bürste aufnahm und mit der Pflege ihres hüftlangen weißen Haares begann, wandte sie ihren Blick wieder den Gebäuden zu.
Viele Khasurne zeigten einen ausgesprochen traditionellen Baustil mit einem relativ massigen, kurzen Stumpf unter dem weit auskragenden Trichter. Aber es gab auch einige wenige schlankere Bauformen. Die eine oder andere Familie hatte sich auch von der zalitischen Mode dazu inspirieren lassen, der Außenschräge einen leichten Bogen zu geben, was Jasmyne an den Blütenkelch erinnerte, auf dem die Bauform basierte.
Ihr eigener Khasurn zählte zu den traditionellen. Künstlerischer Anspruch war lediglich in der Ausgestaltung der Beleuchtung zu finden. Jasmyne hatte einen echten Ausblick, was ein Luxus war, den sich nicht jeder leisten konnte. Arkhamtars Magnetosphäre und Atmosphäre schirmten die Oberfläche nur unzureichend gegen das Bombardement kosmischer Strahlung des galaktischen Zentrumsgebiets und die harten Strahlungskomponenten des Zentralgestirns ab. Daher verbot sich die Nutzung normaler Fenster mit einfachem Glassit oder gar primitivem Glas.
In den Gebäuden der Nichtadligen gab es oft gar keine Fenster, sondern lediglich Optiken, über die Holofenster im Inneren mit der aktuellen Außenansicht gespeist wurden. Die Khasurne dagegen bestanden auf der Wahrung des traditionellen Scheins.
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