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Lara Sailor

Desire No. 1 – Duft der Verführung

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www.Elysion-Books.com

Die Autorin:

Lara Sailor ist das Pseudonym einer deutschen Autorin. Sie wurde 1983 in der Nähe von Köln geboren, wo sie inzwischen als Grafikerin arbeitet. Neben dem Schreiben von erotischen Texten liebt sie Sport, vor allem lange Ausritte mit ihrem eigenen Pferd, Handball und Tennis.

Lara Sailor

Desire No. 1
Duft der
Verführung

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ELYSION-BOOKS TASCHENBUCH

BAND 4023

Auflage: Oktober 2010

VOLLSTÄNDIGE TASCHENBUCHAUSGABE

ORIGINALAUSGABE

© 2010 BY ELYSION BOOKS GMBH, GELSENKIRCHEN

ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

http://adorna.bplaced.net/

FOTO: © Fotolia/Raven

LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig

www.imaginary-world.de

ISBN 978-3-942602-02-0

www.Elysion-Books.com

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Leseprobe

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Kapitel 1

Um in Strapsen und in diesen winzigen Fetzen von BH und Slip durch die Wohnung zu laufen, war es eigentlich viel zu kalt. Julie rieb sich die nackten Unterarme. Hoffentlich kam Stefan bald. Sie lächelte bei dem Gedanken an ihn. Wahrscheinlich würde er sich direkt auf sie stürzen. Und sie würde ihm ungeduldig das Hemd aus der Hose zerren, begierig ihn zu spüren. Der Gedanke löste einen Vorgeschmack wohliger Hitze aus.

Endlich! Sie hörte das Einparken eines Autos, und kurz darauf das Klappern der Haustür. Wie sie es geplant hatte, platzierte Julie sich bäuchlings auf dem Bett, das Kinn auf die angewinkelten Arme gestützt. Wie gut, dass sie Stefan vor zwei Wochen einen Schlüssel gegeben hatte.

Die Wohnungstür wurde geöffnet, mit einem dumpfen Geräusch ein Mantel an den Kleiderhaken im Flur gehängt.

»Julie? Bist du da?«

Sie überlegte, ob sie schweigen und warten sollte, bis er sie von sich aus fand. Aber die Vorstellung, dass er ohne zu suchen erst in die Küche oder gar zur Toilette ging, war unromantisch. Daher beschloss sie, dieser Möglichkeit lieber entgegen zu wirken.

»Ich bin hier.«

»Oh«, sagte Stefan, als er das Schlafzimmer betrat.

Lasziv veränderte Julie ihre Position, so dass er einen guten Blick auf ihren flachen Bauch und die schlanken Beine hatte. »Willst du dich nicht zu mir legen?«

Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und er kam näher. »Netter Empfang.«

»Ich bin heute etwas eher gegangen.« Tatsächlich war sie schon seit Mittag zu Hause. Da sie nur noch eine Woche bei Chemielogics beschäftigt sein würde, hatte man sie gebeten, die noch vorhandenen Überstunden zu nehmen.

Stefan kam zu ihr aufs Bett und blieb aufrecht sitzen, während Julie die Knöpfe von seinem Hemd öffnete und die Krawatte lockerte. Als Bankangestellter war er stets perfekt gekleidet.

Und irgendwie steif. Im Ganzen. Steif an einem Körperteil fand Julie ja prima, aber Stefan bewegte sich mitunter, als habe er einen Stock im Ar… Dabei war alles, was mit diesem Körperteil zu tun hatte, eine Praktik, die er rund weg ablehnte.

»Hattest du viel Stress heute, Schatz?«, fragte Julie und schob ihre Hand unter das geöffnete Hemd. Ihre Finger glitten über nachwachsende, pieksende Haare. Sie musste ihn unbedingt daran erinnern, sich bald die Brust zu rasieren. Aber das hatte Zeit bis nach dem Sex.

»Wie üblich«, erwiderte er. An seiner Stimme ließ sich nicht erkennen, ob seine Worte der Wahrheit entsprachen. Vermutlich aber schon. Jedenfalls in Stefans Augen, denn seiner Ansicht nach war er der einzige in Deutschland, der wirklich arbeitete, je gearbeitet hatte und zukünftig arbeiten würde. Was Julie machte, tat er als Spielerei ab, sie schaute halt ein wenig durch ein Mikroskop … Was sollte da schon wichtig dran sein? Sie hatte längst aufgegeben, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

»Du bist ein bisschen verspannt«, raunte sie, drückte sich so an ihn, dass er ihre Brüste an seiner Schulter spüren konnte und begann seinen Nacken zu massieren.

Einen Moment lang ließ er sie gewähren, dann schob er sie von sich. »Was ist nun mit deinen Stellenangeboten, hast du dich schon entschieden?«

Überrascht von seiner Frage sah Julia ihn an. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er ausgerechnet in dieser Situation über die vorliegenden Angebote sprechen wollte.

Sherwood Enterprises hatte ihr die Leitung der Chemie-Abteilung in seiner schottischen Filiale angeboten. Sie waren nicht die einzigen Werber. Auf Julies Schreibtisch lagen noch drei andere Briefe mit äußerst verlockenden Stellenangeboten.

Wildbach-Chemie bot ihr eine Stelle im Schwarzwald, inklusive Wohnung und eigenem Reitpferd. Auch das in Aussicht gestellte Gehalt konnte sich sehen lassen. Doch der Wildbach-Konzern war bekannt für seine streng konservative Linie. Dort würde Julie ihre eigenen Ideen nicht umsetzen können.

»Also … was ist nun?«, hakte Stefan nach.

Julie zog die Beine unter sich. Sein drängender Ton vertrieb auch die letzten Reste von sexueller Lust. Um noch einen Augenblick zu haben, bevor er sicher lospolterte, befeuchtete sie sich die Lippen. Es würde Stefan nicht gefallen, wenn sie ihm ihre Entscheidung mitteilte. Allerdings konnte sie auf seine Gefühle keine Rücksicht nehmen. Tat er umgekehrt bei ihren ja auch nicht.

»Ich habe mich für Sherwood Enterprises entschieden. Dort werde ich die meiste Verantwortung und den größten Spielraum bekommen.« Hoffte sie zumindest. Nach Abwägen aller Pro und Contras und dem Befragen ihres Bauchgefühls war sie zu dem Entschluss gekommen, dass diese Firma genau richtig für sie war.

»Das ist dieses Schottland-Dings, nicht?«

Julie fühlte, wie Zorn in ihr aufflammte. »Es ist eine Filiale einer sehr renommierten Firma. Und ja, diese Filiale hat ihren Sitz in Dornie.«

Sie verriet ihm nicht, dass auch sie Dornie erst einmal hatte googeln müssen, als das Jobangebot kam. Es war ein kleines Dorf in den westlichen schottischen Highlands. Was sie an Bildern gefunden hatte und was der Firmenbeschreibung an Fotos beigefügt war, ließ darauf schließen, dass dort nicht gerade Überbevölkerung herrschte. Vermutlich gab es außer den anderen Wissenschaftlern – ihr Kopfkino zeigte ihr blasse, bebrillte Männer jenseits der Fünfzig – nur einige ältere Einheimische, die ihren Lebensabend in der idyllischen Ruhe verbrachten. Und Schafherden! Senioren und Schafe – aber zumindest entspannend.

»Was?«, polterte Stefan ganz unentspannt los.

Die schönen Bilder von blökenden Schafherden und grün bewachsenen Hügeln lösten sich in Luft auf. »Es ist doch nur für sechs Monate. Und für mich eine riesige Chance.«

»Du weißt genau, dass ich mir kein halbes Jahr frei nehmen kann! Und selbst wenn, denkst du ernsthaft, ich würde in solch einem Kaff versauern wollen, nur weil du Chemikerin spielen willst.«

Der Zorn in ihr erreichte das Level von glühender Lava. »Ich habe kein Wort davon gesagt, dass du mich begleiten sollst.«

»Und wie stellst du dir das sonst vor? Meinst du ich habe Lust ein halbes Jahr allein zu sein? Ohne Sex?«

»Ich reise nach Schottland, ja. Nicht nach Afrika oder Australien. Mit dem Flugzeug ist man in wenigen Stunden dort. Du könntest mich besuchen, immer mal wieder für ein Wochenende. Und ich werde sicherlich auch nicht die ganzen sechs Monate am Stück nur dort bleiben.«

»Ich soll wegen dir auch noch laufend fliegen? Was denkst du denn, was das kostet?!«

»Kannst du dir doch locker leisten«, konterte sie. Er gab doch sonst so an mit seinen Reisen, seinem Maybach, und an seinem linken Handgelenk funkelte eine echte Rolex. Zumindest glaubte er, dass sie echt wahr, Julie hatte da ihre Zweifel. Da war so ein Funkeln in den Augen des jungen Verkäufers gewesen, der ihm den Zeitmesser als Schnäppchen angedreht hatte. Nur läppische 3500 Euro hatte er dafür haben wollen.

»Darum geht es doch nicht. Sind dir denn meine Gefühle ganz egal?«

Seine Gefühle? Fragte er denn mal nach dem, was sie wollte, was sie sich wünschte? Wie oft schon hatte sie seinem Willen nachgegeben, wenn es um die Wahl von Restaurants, Kinobesuchen oder sogar Urlaubsplätzen ging.

»Ich sage dir, ich lasse mir das nicht gefallen!« Wie eine Waffe richtete Stefan den ausgestreckten Zeigefinger auf sie.

Langsam lief die Lava aus ihrem Körper, durch ihre Adern und übernahm die Kontrolle. Eine Drohung ging gar nicht!

»Mein Entschluss steht fest!«

»Wenn du nach Schottland gehst, ist es aus zwischen uns!« Stefans Gesicht lief rot an. Er sprang vom Bett und begann im Zimmer herumzutigern.

»Dann weiß ich ja Bescheid«, sagte Julie. Sie wunderte sich selbst über ihre Ruhe und ihren Tonfall. Sie hatte ganz normal gesprochen.

Abrupt blieb Stefan stehen und starrte sie an. »Wie meinst du das?«

»Ich meine, dass ich nun weiß, dass du nicht der richtige Mann für mich bist«, erklärte sie. Ohne auf ihn zu achten ging sie an die Kommode, holte einen knöchellangen Rock und einen Pullover heraus. Beides streifte sie sich über. Schließlich bestand kein Anlass mehr dazu, in Dessous herumzulaufen.

»Weil ich deine spinnerten Ideen nicht bejubel?« Stefan keuchte. Inzwischen war sein Hals rot, und Julie dachte daran, dass er vor Kurzem etwas von Bluthochdruck erzählt hatte und Aufregung Gift für ihn sei.

»Ich erwarte lediglich Toleranz von dir und Respekt vor meiner Arbeit.«

»Arbeit!« Abfällig stieß er den Atem durch die Nase aus. »Das ist doch nur Beschäftigung gegen die Langeweile.«

Julie blieb sachlich. Sie würde mit ihm nicht über ihre Arbeit diskutieren. »Gib mir meine Schlüssel und dann verschwinde. Ich will dich nie wieder sehen.«

Seine blassblauen Augen weiteten sich. »Du setzt mich vor die Tür?«

»Wenn du nicht verstanden hast, was ich gerade gesagt habe, lass mal deine Ohren untersuchen. Den Termin wirst du dann allerdings selbst machen müssen. Ich mache ihn jedenfalls nicht mehr.« Diese Zeiten waren endgültig vorbei. Und auf gar keinen Fall würde sie für ihn ihre Karriere opfern.

»Wirst ja sehen, was du davon hast.« Stefan wühlte in seinen Hosentaschen, schleuderte den Schlüssel auf den Boden, griff im Hinausstürmen nach seinem Mantel und knallte die Wohnungstür, als sei er weiblich und vierzehn.

Kapitel 2

Julie fuhr sich durch die langen blonden Haare und überlegte, ob sie es vor der Abreise noch schaffen würde, zum Friseur zu gehen.

Sie kritzelte eine entsprechende Notiz ganz unten auf ihre To-Do-Liste und machte sich dann daran, ihre Schubladen zu durchsuchen. Der Winter stand bevor, außerdem war Schottland für klirrende Kälte bekannt.

Mit skeptischem Blick betrachtete sie einen weinroten BH. Ein sündiges Teil und zusammen mit dem passenden, knappen Slip ihr Lieblings-Dessous. Aber in Schottland waren wohl eher lange Unterhosen aus Baumwolle angeraten.

Julie schauderte. Solche Liebestöter hatte vermutlich nicht einmal ihre Großmutter getragen! Und wenn höchstens in den Zeiten, in denen alle Männer im Krieg waren. Andererseits würde sie nach Dornie reisen, um dort zu arbeiten. Nicht, weil sie sexy Highlander in ihr Bett locken wollte. Wenngleich sie auch nichts dagegen hätte. Nach einigem Nachdenken wanderte das weinrote Ensemble letztlich doch in den Koffer. Zusammen mit einigen anderen Dessous. Man konnte ja schließlich nie wissen, was sich so ergab …

Männer im Kilt hatten etwas ungemein Erotisches an sich. Und Julies Bild von Highlandern war durch entsprechende Filme, Serien und Bücher geprägt. Diese Helden zeichneten sich alle durch gutes Aussehen, Stärke und eine unglaubliche Potenz aus.

Sie seufzte leise. So ein echter Highlander wäre toll! Der würde auch nicht bei einem Schnupfen den sterbenden Schwan geben, wie Stefan es immer getan hatte. Und sie war so dumm gewesen, ihn auch noch zu pflegen.

Sie schüttelte den Kopf. Es brachte nichts, sich deshalb jetzt selbst zu verurteilen. Passiert war passiert, und sie würde schon dafür sorgen, dass es keine Wiederholung gab.

Einen Mann brauchte sie nun wirklich nicht. Sie freute sich auf die neue Stelle und sollte sich etwas ergeben, schön, aber sie kam auch ohne männliche Begleitung prima zurecht.

Wobei so ein echter Highlander … Ein harter Kerl, Krieger durch und durch, fantastisch im Bett …

Sie seufzte leise und gönnte sich einen Moment erotischer Fantasien.

Vielleicht gab es in den Hügeln ja irgendwo doch noch einen unentdeckten Clan mit sexy Männern. Unwahrscheinlich, zugegeben. Aber die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.

Sie griff in die andere Schublade und holte ihren Vibrator heraus. Den würde sie auf jeden Fall mitnehmen, Monate ohne Sex würden ihr nur schlechte Laune bereiten. Und dieses Spielzeug war einfach wunderbar praktisch; jederzeit bereit und dank der extrastarken Batterien enorm ausdauernd; es schnarchte nicht und nervte auch nie.

Ihre schlanken langen Finger strichen über den künstlichen Phallus. Er war sehr naturgetreu gestaltet, mit einer ausgeprägten Eichel. In ihrem Körper fühlte er sich fantastisch an. Allein ihn anzusehen und zu berühren weckte ihre Lust. Sie spürte ein vertrautes Prickeln in ihrem Schoß. Unwillkürlich spannte sie ihre inneren Muskeln an. Die Erregung verstärkte sich.

Aber das wollte sie doch gar nicht! Julie zwang sich, den Vibrator einzupacken und zwar so, dass sie ihn nicht direkt sah, wenn sie das nächste Stück in den Koffer legte. Sein Einsatz musste noch etwas warten und ihn ständig vor Augen zu haben, würde sie ablenken. Nicht, dass sie sich ansonsten nicht gerne eine kurze Befriedigung zwischendurch gönnte. Aber im Moment war es ihr wichtig, alles zu erledigen. Doch nachher würde sie sich eine Belohnung gönnen. Vielleicht hätte sie ihren momentan liebsten Freudenspender doch noch nicht einpacken sollen …

Nein, Schluss damit!, befahl sie sich und wandte sich wieder ihrer Liste zu. Wenn sie nur an Sex dachte und ihn dann auch noch praktizierte, wurde sie ja nie fertig.

Zwei Stunden später hatte sie einen Großteil der Punkte abgearbeitet und sogar für den nächsten Nachmittag einen Friseurtermin bekommen. Nun knurrte ihr Magen vor Hunger.

Im Kühlschrank fand sie einen großen Fruchtquark und löffelte den Becher während der Abendnachrichten leer. Ihre Gedanken flogen voraus zu den Highlands. Schon auf den Internetfotos sah die Landschaft traumhaft aus.

Keine überfüllten Straße mit vielen Ampeln, kein Stau auf der Autobahn. Dazu die herrliche Luft … Einfach malerisch!

Einziger Wermutstropfen war die Entfernung zu ihrer Familie und ihren Freundinnen. Auch gab es dort vermutlich keinerlei Nachtleben und sonstige Zerstreuungsmöglichkeiten. Doch das würde sie schon überleben.

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Die Tränen in den Augen ihrer Schwester ließen Julie schwer schlucken. »Ich bin doch nicht auf dem Mond, Süße. Ganz bestimmt gibt es dort einen Internetanschluss. Wir können uns ganz viele Mails schreiben und telefonieren.«

Laura schluckte ebenfalls und legte schützend die Hände auf ihren gewölbten Bauch. »Ich hatte so gehofft, dass du bei mir sein würdest.«

»Vielleicht klappt das ja auch. Dein Zwerg soll doch noch einige Monate da drin bleiben. Hast du gehört?« Für die letzten Worte hatte sie sich gebückt und genau an Lauras Babybauch gesprochen.

»Ja, aber im Januar wirst du doch auch noch in Schottland sein.«

»Ich bekomme einige Tage Urlaub.«

»Und ich bin ja auch da!« Ihre Mutter legte den Arm um Laura. »Wir halten zusammen, so wie immer. Euch beide hab ich schließlich auch alleine groß gekriegt.«

Das hatte sie und dafür bewunderte Julie ihre Mutter. Sie war einige Jahre jünger als Julie gewesen, als sie von einem Tag auf den anderen alleine mit zwei kleinen Mädchen dastand, da ihr Mann bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen war. Nie hatte sie zugelassen, dass sich eine trübsinnige Stimmung sich ausbreitete. Und sie war immer für ihre Töchter da gewesen. Julie würde ihre tröstenden Umarmungen und den selbst gekochten Vanillepudding vermissen. Ebenso wie sie bedauerte, sich nicht um ihre anderthalb Jahre jüngere Schwester kümmern zu können. Laura war von ihrem Freund sitzen gelassen worden, kaum dass er von dem Baby erfahren hatte. Julie hoffte, dass sie ihr auch von Schottland aus ein wenig Beistand geben konnte.

»Los, ins Auto, sonst hebt der Flieger ohne dich ab.« Ihre Mutter versetzte Julie einen sanften Stoß.

Auch Laura fuhr mit. Sie war in einen dicken Mantel gehüllt, obwohl für Ende September noch recht milde Temperaturen herrschten.

»Hast du wirklich alles?«, fragte ihre Mutter, als sie die Koffer aufgegeben hatten.

»Ich hoffe es jedenfalls.« Julie drückte sie und schluckte, um nicht zu weinen. Sie war fast dreißig Jahre alt, da sollten solche Abschiedsszenen eigentlich längst hinter ihr liegen.

»Wenn nicht, sag was fehlt und wir schicken es dir nach«, versprach Laura.

»Ich gehe doch davon aus, dass du dort auch Geschäfte haben wirst. Denk bitte dran, ausreichend und gesund zu essen«, mahnte ihre Mutter.

Die Bemerkung brachte Julie zum Lachen. Das war so typisch. Es fehlte nur noch …

»… und dass du immer darauf achtest, dich warm genug anzuziehen. Denk dran, die schottischen Winter sind viel kälter als unsere. Da verkühlt man sich schnell mal die Blase, wenn man nicht aufpasst.«

Laura kicherte.

»Das ist nicht zum Lachen, mein Kind. Seit froh, dass ich immer so gut auf euch aufpasse. Also denk an meine Worte, Julie, immer auf wärmende Unterwäsche achten.«

Lauras Kichern wurde lauter, und ein vorbeigehender Mann warf ihnen einen Blick zu, um gleich darauf Julies Hüftgegend zu mustern, als frage er sich, was sie aktuell drunter trug.

»Ja, Mama, versprochen.« Julie schnappte sich ihr Handgepäck und ging zum Gate. Es war nicht besonders voll. Die meisten Passagiere waren Geschäftsleute, immer leicht an ihren Anzügen, Kostümen und den Laptops zu erkennen.

Der Flug verlief reibungslos. Julie hatte sich etwas zum Lesen mitgenommen, legte das Buch allerdings zur Seite, als die Maschine zur Landung ansetzte. Edinburgh von oben bot einen herrlichen Anblick. Besonders die Altstadt zeigte sich mit aus vergangenen Jahrhunderten erhaltenen oder restaurierten Bauten.

Von der Sonne angestrahlt, erhob sich das Edinburgh Castle majestätisch über der Stadt. Es stand auf dem Castle Rock, einem schon vor langer Zeit erloschenen Vulkan. Aufgrund seiner guten strategischen Lage war er schon lange vor Christus besiedelt worden. Bei drohender Gefahr war der hohe, an drei Seiten fast senkrecht abfallende Hügel ein idealer Rückzugsort und Verteidigungsplatz. Heute diente er natürlich nur noch als Sehenswürdigkeit. Er lockte Touristen an, die wild darauf waren, die alten Mauern zu besichtigen und zu hören, welche Geschichten sich dahinter verbargen.

Julie checkte aus und machte sich dann auf zum Bahnhof. Ein freundlicher Bahnhofsvorsteher half ihr mit ihrem Gepäck. Mit dem Zug ging es weiter, vorbei am Loch Lomond und dem Glen Falloch.

Tee und Shortbread wurden serviert und erinnerten Julie daran, dass es bereits Nachmittag war. Da sie so viel zu sehen bekam, verging die Zeit wie im Flug.

Kurz darauf hielt der Zug. Julie stieg aus und sah sich um. Man hatte ihr zugesichert, dass sie vom Bahnhof abgeholt werden würde.

Die anderen Reisenden strömten um sie herum, verteilten sich auf andere Bahnsteige oder wurden lautstark von ihren Angehörigen begrüßt. Es hupte, als der Zug sich wieder in Bewegung setzte.

Julie reckte sich, um besser sehen zu können. Mit ihren 1,72m war sie zwar nicht klein, aber nirgends ließ sich jemand ausmachen, der wirkte, als wolle er sie abholen. Ein kalter Wind wehte und zog an ihrem geflochtenen Haaren.

Nun ja, würde sie eben ein Taxi nehmen!

Doch gerade, als sie auf eines der schwarzen Autos zusteuerte, kam ein junger Mann auf sie zu. »Entschuldigen Sie, sind Sie Miss Juliane Singer?«

»Ja, aber nennen Sie mich einfach Julie, bitte. Sind Sie von Sherwood Enterprises?«

»Bin ich! Ich hatte schon befürchtet, Sie verpasst zu haben.« Er griff nach ihren Koffern. Ohne jede Mühe hob er sie in den Kofferraum einer dunkelgrünen Limousine. Dann wandte er sich ihr zu und reichte ihr die Hand. »Ich bin Ethan Waters, Hausmeister bei Sherwood Enterprises. Einen eigenen Chauffeur haben wir bedauerlicherweise nicht. Aber ich denke, auch ich werde Sie heil zur Firma bringen.«

Er besaß einen festen Händedruck, der ausgezeichnet zu seinen kantigen Zügen passte. Julie schätzte Ethan auf allerhöchstens Dreißig. Sein Gesicht war von der Sonne gegerbt und die Wettereinflüsse hatten ihm einiges an vorzeitigen Falten beschert. Er sprach ein sehr klares Englisch, was ihr verriet, dass er ebenso wie sie ein Zugereister war. »Freut mich.«

»Kommen Sie.« Ethan hielt ihr die Beifahrertür auf, und wartete, bis sie eingestiegen war, ehe er um den Wagen herum ging und sich hinters Steuer setzte. »Hatten Sie eine angenehme Anreise?«

»Ja, der Flug war sehr ruhig und die Zugfahrt schön. Es gab eine Menge zu sehen. Wie jetzt!« Ethan fuhr eine schmale Straße entlang. Sie führte einen Hügel hinauf und nur ein Stück wieder herunter. In der Abenddämmerung waren keine Konturen mehr erkennbar und so gingen Gräser und Sträucher ineinander über und flossen zu einer dunkelgrünen Decke zusammen. Zur linken Seite der Straße erstreckte sich eine große Wasserfläche. Eine Burg ragte am Ufer auf.

»Das ist Eilean Donan Castle«, erklärte Ethan und nickte in Richtung der grauen Mauern. »Wurde im 13. Jahrhundert erbaut.«

»So sieht die Burg auch aus«, bemerkte Julie. In ihrem Kopf spielten sich Bilder von wilden Schlachten ab. Highlander liefen mit gezogenen Schwertern gegen ihre Feinde an, kämpften für die Freiheit ihres Landes und kehrten abends zu ihren Frauen ins Lager zurück. Am Feuer sitzend würden sie von ihren Taten erzählen und ihre Liebste in ihre muskulösen Arme nehmen.

»Man kann sie übrigens besuchen.«

Julie schrak aus ihren Gedanken. Vor ihrem geistigen Auge verblasste das Bild des muskulösen Highlanders mit der von Schweiß glänzenden Brust. »Wie?«

»Die Burg. Ist ein Museum drin. Bei Touristen ausgesprochen beliebt. Und nicht nur bei denen, die Burg diente schon oft als Kulisse für Hollywood-Filme. Die »Highlander-Filme« wurden dort gedreht, ebenso »Rob Roy« und »Braveheart«.«

Das hörte sich wunderbar abenteuerlich an. Zumal sie diese Filme kannte und liebte. Julie gefiel ihre neue Umgebung schon jetzt. Auch wenn es wirklich reichlich einsam schien. Seit sie den Bahnhof und die in der Nähe stehenden Häuser verlassen hatten, waren sie an keinen anderen Gebäuden vorbeigekommen. Keine Wohnhäuser, keine Restaurants, kein Kino, kein Einkaufszentrum.

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Erst eine halbe Stunde später kam ein größerer Gebäudekomplex in Sicht.

»Da sind wir!«

Ethan parkte den Wagen auf dem beleuchteten Parkplatz und holte Julies Gepäck.

Sie folgte ihm in einen Seitenflügel und dort die Treppe hinauf. Alles war so ruhig, als wohne niemand sonst hier. Fast ein bisschen unheimlich.

»Das hier ist Ihre Wohnung!«

Ethan stellte die Koffer vor der Tür ab und förderte einen Schlüssel zutage. Nachdem er aufgeschlossen hatte, reichte er ihn ihr.

»Die Mitarbeiter wohnen alle hier. Ich auch, gleich in der Ersten. Ich kann so ziemlich alles besorgen und reparieren.«

»Gut zu wissen.« Sie tastete nach dem Lichtschalter und ließ Ethan mit ihren Koffern vorangehen.

Er stellte das Gepäck im Wohnzimmer ab.

»So, ich lasse Sie alleine, damit Sie in Ruhe auspacken können. Die Heizung habe ich schon angestellt und den Kühlschrank aufgefüllt … Ist hoffentlich auch einiges drin, was Sie mögen.«

»So verwöhnt bin ich gar nicht. Wenn Sie nicht nur Kapern, Sardellen oder Spinat hineingetan haben, werde ich sicherlich etwas finden.«

Er lachte. »Keine Sorge, es sind ganz normale Sachen. Machen Sie einfach eine Liste, dann kümmere ich mich gleich morgen um den Einkauf.«

»Danke, das ist lieb.«

»Immer zu Ihren Diensten!« Er deutete eine Verbeugung an. »Alle zwei Tage kommt eine Putzfrau aus dem Dorf und sorgt für Ordnung. Sie müssen sich also nicht um den Haushalt kümmern.« Er lächelte ihr noch kurz zu, dann ging er.

Eigene Putzfrau, Hausmeister, Einkaufsservice – solch einen Luxus war sie von ihren anderen Arbeitsstellen nicht gewohnt. Zwar gab es meist ein Appartement, aber um die Instandhaltung hatte man sich selbst zu kümmern.

Langsam schritt Julie durch die Wohnung. Neben dem Wohnzimmer lag das Schlafzimmer – mit Doppelbett. Außerdem gab es eine kleine Küche und ein Bad mit Dusche und großer Badewanne. Julie suchte ihre zwei aktuellen Lieblingsbilder aus dem Rucksack und platzierte sie auf der Kommode im Flur. Laura hatte gejammert, dass ihr Babybauch geradezu riesig wirkte. Erst ein Wettbewerb im Grimassenschneiden hatte sie aufheitern können. Daher lachte sie auf dem zweiten Bild. Bei dem ersten hatte ihre Mutter die Arme um ihre Töchter gelegt, sie lehnten sich an sie, vertraut und liebevoll. Es tat gut, diese Fotografie zu betrachten, während sie die zweitwichtigsten Sachen aus dem Rucksack kramte

Als sie sie gefunden hatte, brachte Julie das erste Nachtlicht im Flur an, ein hell strahlender Halbmond mit lächelnden Mund. Zufrieden lächelte auch Julie als sie den zweiten Halbmond in der Steckdose neben ihrem Bett platzierte. So wirkte es gleich viel heimeliger!

Danach machte sie sich eine Kleinigkeit zum Abendessen, ließ sich ein Schaumbad ein und ging früh zu Bett.

Kapitel 3

Sie wollte gerade das Licht ausschalten, da klopfte es. Einen Moment war Julie versucht, das Geräusch zu ignorieren. Schließlich begann ihre Arbeit offiziell erst morgen. Außerdem lag sie lediglich in T-Shirt und Slip im Bett.

Aber sie war neugierig!

»Einen Moment bitte!«, rief sie und suchte hastig nach ihrem seidenen Morgenmantel. Er steckte ganz unten im Koffer. Ein herzhafter Ruck an ihm beförderte zusätzlich auch mehrere Jeans, Pullover und Shirts auf den Boden. Egal, darum konnte sie sich später kümmern!

Julie schlüpfte in den nachtblauen Seidenstoff, schlang den passenden Gürtel um ihre Taille und öffnete die Tür.

Braune Augen blickten ihr aus einem markanten Gesicht entgegen. Der Blick nahm jede Kleinigkeit an ihr wahr, ohne dabei abschätzig zu wirken. »Habe ich Sie etwa geweckt?« Seine samtige Stimme klang besorgt und der Blick wurde noch prüfender.

Jeder Mann der so aussah, hätte sie liebend gern jederzeit wecken können. »Nein, ich hab noch gelesen. Mach ich am liebsten im Bett.«

»Ah ja …«

Hitze durchflutete sie. Na toll! Nun dachte er wahrscheinlich, dass sie zu den Frauen gehörte, deren einzige Tätigkeiten im Bett lesen und schlafen waren.

»Ich bin James Sherwood.« Er lehnte sich entspannt an den Türrahmen, ein Bild männlicher Selbstsicherheit.

Und der Leiter dieses Filiale von Sherwood Enterprises hatte wahrlich keinen Grund, sich zu verstecken. Bislang hatte Julie nur per Email und postalisch mit ihm kommuniziert. Und sich dabei einen nicht besonders großen, schon älteren Mann mit schütterem Haar, blasser Haut und Bauchansatz vorgestellt.

Der wahre James Sherwood war ganz sicher noch keine Vierzig, über 1,85 m groß, mit vollen dunklen Haaren, gebräunter Haut und einem Körper, der so durch trainiert aussah, dass Julie am liebsten die Hand ausgestreckt und über seine Brust und den flachen Bauch gestrichen hätte. Mit Abstand war er der bestaussehende Wissenschaftler, der ihr je begegnet war. Solche Männer kannte sie nur aus Filmen!

»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie rasch und zwang sich, ihn nicht anzustarren. Doch allein seine Gegenwart bewirkte, dass sich ihre Brustwarzen zusammenzogen. Und sie trug keinen BH … Das dünne T-Shirt unter dem Morgenmantel nützte da auch nichts. Ein rascher Blick abwärts zeigte ihr, dass sich die Spitzen ihrer Brüste frech unter dem Seidenstoff abzeichneten.