Vorwort

Telekommunikationsnetze sind die Lebensadern der digitalen Gesellschaft. Aufgrund ihrer technischen und wirtschaftlichen Besonderheiten unterliegen sie auch nach Abschaffung der staatlichen Fernmeldemonopole einer besonderen – sektorspezifischen – Regulierung. Deren Änderung kann weitreichende Auswirkungen haben, die wegen der Grundlagenfunktion der Telekommunikationsinfrastruktur weit über den betroffenen Sektor hinauswirken und für die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit insgesamt von wesentlicher Bedeutung sein können. Die Reform des Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation gleicht daher gewissermaßen einer Operation am offenen Herzen der Internetökonomie, bei der insbesondere grundlegende Eingriffe sorgfältig bedacht werden müssen. Konkreter Anlass hierfür bestand, nachdem die Europäische Kommission im Rahmen ihrer „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“ im Mai 2015 u.a. „eine ambitionierte Reform der Telekommunikationsvorschriften“ angekündigt hatte.

Die vorliegende Studie hat vor diesem Hintergrund das Ziel, den tatsächlichen Reformbedarf des europäischen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation zu ermitteln. Dem liegt ein interdisziplinärer Ansatz zugrunde, um den besonderen Anforderungen gerecht zu werden, die sich an der Schnittstelle von Rechtswissenschaft und Ökonomik stellen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf der ökonomisch motivierten Regulierung der Telekommunikationsmärkte und insbesondere auf der wettbewerbsfördernden Marktregulierung, also auf der sog. asymmetrischen, Ex-ante- bzw. SMP-Regulierung. Hierbei wurden aktuell diskutierte Reformansätze und -vorschläge umfassend beleuchtet und auch neue Ansätze entwickelt, insbesondere mit Blick auf die Anforderungen der sog. Gigabit-Gesellschaft, für deren Umsetzung im politischen Raum gerne ambitionierte Netzausbauziele formuliert werden.

Die hier vorgelegte Untersuchung beruht auf einem Auftrag der Bundesnetzagentur, gibt aber ausschließlich die persönliche Auffassung ihrer Verfasser wieder. Sie diente und dient als Diskussionsgrundlage für eine nähere Auseinandersetzung mit den konkreten Reformvorschlägen der Kommission, die diese im Mai 2015 angekündigt und am 14. September 2016 dann auch tatsächlich vorgelegt hat (Vorschlag für eine Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, COM [2016] 590 final; dazu etwa Gerpott, K&R 2016, 801; Neumann, N&R 2016, 262; Scherer, MMR 2016, 713; Ufer, N&R 2017, 64). Die Studie ist deshalb zeitlich vor diesen Legislativvorschlägen abgeschlossen worden und wird an dieser Stelle mit ihrem endgültigen Bearbeitungsstand vom 30. August 2016 ohne weitere inhaltliche Änderungen veröffentlicht. Sie kann damit ausdrücklich als Blaupause für die Bewertung des Kommissionsvorhabens dienen und zugleich Anregungen für deren Änderung bzw. Ergänzung im weiteren Reformprozess geben. Nicht zuletzt enthält sie eine grundlegende Analyse der rechtlichen Mechanismen des bestehenden Rechtsrahmens und eine ökonomische Bewertung seiner Wirksamkeit, die jeweils über den konkreten Reformanlass hinausreichen.

An dieser Stelle sei insbesondere der Bundesnetzagentur für die Unterstützung sowie die Freigabe der Untersuchungsergebnisse zur Veröffentlichung sehr herzlich gedankt. Dieser Dank gilt vor allem auch den Teilnehmern an den verschiedenen Projektbesprechungen für die konstruktive Diskussion und ihre zielführenden Vorschläge. Dank gilt ferner Herrn Sebastian Lißek für die redaktionelle Durchsicht der Studie, die Erstellung des Abkürzungsverzeichnisses und die Unterstützung bei der Fertigstellung der Druckfassung. Verbleibende Fehler liegen ausschließlich in der Verantwortung der Verfasser. Zu guter Letzt sei auch dem Deutschen Fachverlag für die schnelle Realisierung der Buchveröffentlichung gedankt, insbesondere, aber nicht nur, Herrn Torsten Kutschke, Frau Claudia Peschke und Frau Tanja Brücker.

Bonn/Kleve, im Januar 2017

Andreas Neumann, Jörn Sickmann, Hasan Alkas und Alexander Koch

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Marktanteile für kabelgebundene Breitbandanschlüsse in der EU (Januar 2006 – Juli 2015)

Abbildung 2: Nettoneukundenanschlüsse leitungsgebundenes Breitband in der EU (Januar 2006 – Juli 2015)

Abbildung 3: Tägliches Wachstum kabelgebundener Breitbandanschlüsse in der EU (Januar 2006 – Juli 2015)

Abbildung 4: Marktanteil Altsasse differenziert nach Zugangstechnologien (Januar 2015)

Abbildung 5: Anteile der Wettbewerber unterteilt nach Anschlüssen auf Basis eigener oder der Infrastruktur der Altsassen (Januar 2015)

Abbildung 6: Zugangsformen DSL-Anschlüsse der Wettbewerber auf EU-Ebene (ohne VDSL) (2012 – 2015)

Abbildung 7: Durchschnittliche Gesamtkosten der entbündelten Teilnehmeranschlussleitung auf EU-Ebene (2005 – 2014)

Abbildung 8: Übersicht über in der EU aus der Regulierung entlassene Märkte

Abbildung 9: Endkundenpreise Breitband (Euro, Kaufkraftparität) bei „standalone offers“ (2009 – 2015)

Abbildung 10: Endkundenpreise (Euro, Kaufkraftparität) für Bündelangebote aus Breitband, Festnetztelefonie und TV (2009 – 2015)

Abbildung 11: OECD leitungsgebundener Breitbandpreiskorb Med 3: 25 GByte/Monat, 10,240 Mbit/s und mehr (September 2014)

Abbildung 12: OECD leitungsgebundener Breitbandpreiskorb Med 4: 50 GByte/Monat, 25/30 Mbit/s und mehr (September 2014)

Abbildung 13: „Triple-play“-Korb (30 Mbit/s Abrufgeschwindigkeit und 200 GByte, unbegrenzt leitungsgebundene Telefonie, Premium-Pay-TV inkl. Sport und Filme) (US-Dollar, Kaufkraftparität) (April 2014)

Abbildung 14: Gesamtabdeckung unterteilt nach Technologien auf EU-Ebene (2013 – 2014)

Abbildung 15: NGA-Breitbandverfügbarkeit in der EU (2010 – 2014)

Abbildung 16: Breitbandverfügbarkeit nach Abrufgeschwindigkeiten (2013 – 2014)

Abbildung 17: Leitungsgebundene Breitbandverfügbarkeit im ländlichen Raum in der EU (2011 – 2014)

Abbildung 18: Anteil der Haushalte mit Breitbandanschluss in der EU (gesamt, ländlich, städtisch, Zwischengebiete) (2010 – 2014)

Abbildung 19: Leitungsgebundene Breitbandanschlüsse nach Geschwindigkeit auf EU-Ebene (Januar 2008 – Juli 2015)

Abbildung 20: Entwicklung NGA-Breitbandanschlüsse (in Millionen) in der EU (2012 – 2015)

Abbildung 21: EU-weite Nettoneuzugänge leitungsgebundenes Breitband differenziert nach Technologien (Januar 2006 – Juli 2015)

Abbildung 22: Breitbandverfügbarkeit und Breitbandpenetration in der EU (2014)

Abbildung 23: Breitbandanschlüsse je 100 Einwohner OECD und EU, mindestens 25/30 Mbit/s (Juni/Juli 2014)

Abbildung 24: Breitbandanschlüsse je 100 Einwohner OECD und EU, mindestens 100 Mbit/s (Juni/Juli 2014)

Abbildung 25: Breitbandanschlüsse je 100 Einwohner OECD und EU, FTTH/B (Juni/Juli 2015)

Abbildung 26: Anteil glasfaserbasierter Breitbandanschlüsse an allen Breitbandanschlüssen (EU 28, USA, Südkorea, Japan) (Juni 2014)

Abbildung 27: Anteil glasfaserbasierter Breitbandanschlüsse an gesamten Breitbandanschlüssen (OECD) (Juni/Juli 2015)

Abbildung 28: Pro-Kopf-Investitionen im Telekommunikationsbereich in der OECD

Abbildung 29: Prozentuale Investitionsanteile am Telekommunikationsumsatz in der OECD (2011 bis 2013)

Abbildung 30: Ablauf des Konsolidierungsverfahrens bei Marktdefinition und Marktanalyse

Abbildung 31: Ablauf des Konsolidierungsverfahrens bei Abhilfemaßnahmen

Literaturverzeichnis