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Inhalt

Großes Rätselraten in Gersthof

Überraschungsbesuch

Ein Traum von einer Party

Karla beißt an

Eine ganz besondere Aufgabe

Die Baumhöhle

Ein Gast auf drei Pfoten

Geheime Pläne

Auf den Köder kommt es an

Warum hört mir keiner zu?!

Willkommen in der Wildnis

Das große Donnerwetter

Zuflucht im Versteck

Ein nächtlicher Zusammenstoß

Eene meene Schattenspiel …

Ein letzter Besuch

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Großes Rätselraten in Gersthof

In dem kleinen Neustädter Vorort Gersthof waren die Häuser hübsch anzuschauen. Die liebevoll gepflegten Gärten wurden von nicht allzu hohen Zäunen eingerahmt. So konnten die Gersthofer stets auch einen wohlwollenden Blick in den Nachbargarten werfen.

Nur ein einziges Haus in Gersthof verdiente diesen wohlwollenden Blick nicht und sorgte immer wieder für Empörung. Das Haus im Lindenweg Nummer vier. Seit einigen Jahren stand es leer und sah inzwischen ziemlich heruntergekommen aus. Der Putz bröckelte von der Fassade und die heftigen Stürme des letzten Herbstes hatten einige Dachziegel abgedeckt. Diese lagen nun versteckt im kniehohen Gras, das rings um das Haus wucherte.

Doch eines Tages begann im Lindenweg Nummer vier eine aufregende Veränderung. Ein ganzer Trupp Bauarbeiter rollte mit einem Laster heran, und bald war das Haus vollständig eingerüstet. Es wurden neue Türen und Fenster eingesetzt, an die Südseite wurde ein Wintergarten angebaut, die Fassade bekam einen frischen Anstrich in warmem Gelb und das Dach leuchtend rote Ziegel, auf denen sich die Sommersonne glänzend spiegelte.

Als das Haus frisch herausgeputzt dastand, mähte ein Gärtner den Rasen streichholzkurz und legte einen kleinen Teich mit Seerosen an. Mittendrin sprudelte eine hübsche Fontäne. Damit hatte sich Lindenweg vier in kürzester Zeit von einem Schandfleck zum schönsten Grundstück von ganz Gersthof verwandelt!

Nur von den neuen Besitzern fehlte noch jede Spur. Die Gersthofer fingen an zu tuscheln und zu rätseln – wer würde hier wohl einziehen?

Die kleine Hexe Bibi Blocksberg flog an einem warmen Julitag durch den Lindenweg. Sie war auf dem Rückweg von einem Einkauf, für den ihre Mutter sie nach Neustadt geschickt hatte. Am Stiel ihres Besens Kartoffelbrei baumelten zwei prall gefüllte Tüten.

Bibi flog viel langsamer als sonst, in einem richtigen Bummelflug. Dabei ließ sie Kartoffelbrei lustlos von einer Straßenseite zur anderen pendeln. Als sie am Lindenweg vier vorbeikam, schenkte Bibi dem schick renovierten Haus keinen Blick. In Gedanken war sie ganz woanders.

Bibi fragte sich, was ihre Freundin Marita wohl gerade machte. Marita war gestern nach Spanien geflogen. Ob sie wohl schon im warmen Mittelmeer schwamm? Und Moni, die mit ihren Eltern in den Alpen wanderte … Ob sie in diesem Augen­blick vielleicht vor einer Berghütte stand und über grüne Täler und zackige Bergketten schaute? Bibi seufzte. Sie träumte vor sich hin, wie sie auf Kartoffelbrei über einen weichen Sandstrand hinwegflog … Eigentlich hätte sie das jetzt gera­de wirklich machen sollen, denn die Blocksbergs hatten für diesen Sommer einen Badeurlaub in Italien gebucht. Bibi hatte sich seit Wochen darauf gefreut. Aber genau zu Ferienbeginn war ein Kollege von Bibis Vater krank geworden. Bernhard hatte einspringen müssen. Und die Italienreise war ins Wasser gefallen.

„Richtig ungerecht ist das. Warum passiert das ausgerechnet mir?“, dachte Bibi voller Selbst­mitleid – als sie plötzlich spürte, wie sie etwas streifte. Bibi stoppte überrascht und drehte den Kopf: Oh, das war kein Etwas, sondern ein Jemand! Sie hatte einen dicken Mann in einem grauen Arbeitsanzug angerempelt, der auf seinen Armen drei große gestapelte Kartons Richtung Lindenweg Nummer vier balancierte. Bibi konnte gerade noch sehen, wie der oberste Karton auf der Straße landete.

„He du“, rief der Mann ärgerlich Richtung Bibi hinter den verbliebenen zwei Kartons hervor, „kannst du nicht aufpassen, wo du mit deinem Besen hinläufst!“

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Bibi spielte kurz mit dem Gedanken, dem Mann mitzuteilen, dass sie keineswegs gelaufen, sondern geflogen war … aber dann wurde ihr klar, dass sie gerade wirklich keine Lust hatte auf dieses hundertmal gehörte „Oh, du bist wirklich eine kleine Hexe? Und du kannst richtig auf deinem Besen fliegen?“ Daher nuschelte sie nur mit einer lässigen Handbewegung: „Eene meene ungestört, alles, wo es hingehört! Hex-hex!“

Schon flog der Karton wie von Geisterhand zurück auf die anderen beiden in den Armen des Mannes. Der Mann war so erstaunt, dass er die Kartons kurz absetzte und sich selbst kniff – vermutlich glaubte er, zu träumen. Bibi nutzte den Moment, um sich unbemerkt aus dem Staub zu machen.

Den Rest des Weges wollte sie sicherheitshalber zu Fuß zurückzulegen. Daher nahm sie die Einkaufstüten von Kartoffelbreis Stiel. Bibi warf einen prüfenden Blick hinein. Die eine war randvoll mit allerlei Salaten und Gemüse, und in der anderen lagen leckere Steaks und Bibis Lieblings­würstchen. Die Sachen waren für einen Grillabend, den Bibi und ihre Mutter heute früh geplant hatten. Gleich wenn Bibis Vater Bernhard von der Arbeit zurückkam, sollte es losgehen. Bibi und ihre Mutter wollten am Nachmittag bunte Salate zubereiten, hausgemachte Kräuterbutter anrühren und das Fleisch marinieren. Außerdem hatte Bibis Mutter versprochen, ihr endlich einmal zu zeigen, wie sie diese ganz besondere süß-saure Soße machte, nach der Bibi und Bernhard sich immer so die Finger leckten!

Vielleicht könnte man sogar noch ein paar Lampions in den Garten hexen, überlegte Bibi. Bei dem Gedanken huschte ein kleines Lächeln über ihr Gesicht. Sie liebte Grillabende! „Ist zwar kein Urlaub, aber trotzdem schön“, dachte Bibi, als sie auch schon vor ihrem Gartentor stand. Auf jeden Fall würde es heute Abend sehr gemütlich werden!

Bibi konnte nicht ahnen, dass all diese Pläne nur Sekunden später komplett durchkreuzt werden würden. Sie lief nichts ahnend über den Kiesweg Richtung Haustür – als ganz plötzlich ein lautes Poff! ertönte! Bibi zuckte erschrocken zusammen. Ein beißender Geruch stieg ihr in die Nase, und dicke grüne Schwaden hüllten Bibis Gesicht ein. Sie wich hastig zurück und rubbelte sich die Augen, die von den Schwaden tränten. Was war das denn?