Klausurenkurs im Öffentlichen Wirtschaftsrecht

von

Dr. Elke Gurlit
Univ.-Professorin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Dr. Josef Ruthig
Univ.-Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Dr. Stefan Storr
Univ.-Professor an der Karl-Franzens-Universität Graz
sowie apl. Professor an der Technischen Universität Dresden

 

2. neu bearbeitete Auflage

 

kein Alternativtext verfügbar

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Vorwort

Fünf Jahre nach der ersten Auflage unseres erfolgreichen Klausurenkurses im Öffentlichen Wirtschaftsrecht ist es Zeit geworden für eine Neuauflage. Wir haben einige Fälle ausgetauscht, neue Fälle eingefügt und alle Fälle aus der ersten Auflagean die geltende Rechtslage adaptiert.

Dieser Klausurenkurs versteht sich als Ergänzung zu dem in der Reihe Schwerpunkte erschienenen Buch von Josef Ruthig und Stefan Storr zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, das inzwischen in der 4. Aufl. (2015) erschienen ist. Alle Autoren lehren mit großer Begeisterung den vielfältigen Stoff des Öffentlichen Wirtschaftsrechts. Die hier präsentierten 20 Fälle sind durchweg Originalklausuren, die im staatlichen Examen und den universitären Prüfungen gestellt wurden.

Das öffentliche Wirtschaftsrecht wird von einigen Studierenden aufgrund der Vielfalt des Stoffes gefürchtet: Zu den klassischen Materien des Gewerberechts und des kommunalen Wirtschaftsrechts ist in den letzten Jahren etwa das Vergaberecht, das Beihilfenrecht und das Recht der Regulierung der Netzwirtschaften getreten. Insbesondere für diese neueren Materien mangelt es an fallmäßigen Aufbereitungen, die erst anschaulich machen, wie das Recht als Problemlösungsinstrument funktioniert. Unser Klausurenkurs soll diese Lücke schließen und Mut machen, sich mit diesen in wissenschaftlicher wie praktischer Hinsicht höchst zukunftsträchtigen Materien zu beschäftigen. Denn regelmäßig ist nicht technisches Detailwissen entscheidend, sondern ein Verständnis für Regelungsstrukturen und gute Kenntnisse des Europa-, Verfassungs- und allgemeinen Verwaltungsrechts.

Wir haben uns um ein Höchstmaß an Benutzerfreundlichkeit bemüht. Schon das Lehrbuch zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht verweist bei der Erörterung von Rechtsproblemen jeweils auf die hierzu einschlägigen Fälle des Klausurenkurses. Der Klausurenkurs beschränkt sich nicht auf Rückverweise auf das Lehrbuch. Zahlreiche Fälle enthalten darüber hinaus als „Hinweise“ gekennzeichnete fallbezogene Vertiefungen zu dem jeweils erörterten Rechtsproblem und als „Exkurse“ ausgewiesene Anmerkungen, die über den konkreten Fall hinausgehen und eine Problemeinordnung und einen Wissenstransfer ermöglichen sollen. Dass die Fälle in ihrer Präsentation gleichwohl nicht einheitlich sind, lässt sich bei drei Autoren und unterschiedlichen Prüfungskonstellationen, denen die Fälle ihre Entstehung verdanken, weder vermeiden noch ist dies wünschenswert: In aller Regel gibt es eben nicht die einzig richtige Lösung.

Wir schulden zahlreichen Personen Dank, die uns bei dem Buch unterstützt haben. In Mainz halfen die gemeinsame Sekretärin Petra Michaela Kirchmayer, die wissenschaftlichen Mitarbeiter Ali Günes und Erik Sollmann (Lehrstuhl Gurlit) sowie Fabian Dechent, Fabian Handrich, Peter Henningsen, Dr. Christian Klein, Samuel Meyer-Oldenburg sowie stud. iur. Sebastian Endres und Yasmin Treber (Lehrstuhl Ruthig). In Graz geht der Dank an die studentische Mitarbeiterin Emilia Moshammer.

Wir sind gespannt auf Rückmeldungen aus der Leserschaft. Über Lob, Anregungen und Kritik freuen sich Elke Gurlit (gurlit@uni-mainz.de), Josef Ruthig (ruthig@uni-mainz.de) und Stefan Storr (stefan.storr@uni-graz.at).

 

Mainz und Graz, im August 2017

Elke Gurlit

Josef Ruthig

Stefan Storr

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Abkürzungsverzeichnis

 Literaturverzeichnis

 Einführung

Fall 1Süßigkeitenwerbung

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (5 Stunden)– Storr
Erlass einer EU-Verordnung zur Harmonisierung von Binnenmarktvorschriften (Art. 114 AEUV) – Subsidiaritätsprinzip – Flexibilitätsklausel Art. 352 AEUV – Prüfung europäischer Grundrechte – Prüfung der Warenverkehrsfreiheit – Prüfung der Dienstleistungsfreiheit

Fall 2Die Smokers Lounge

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (5 Stunden)– Ruthig
Zulässigkeit und Begründetheit einer Verfassungsbeschwerde – Vereinbarkeit eines gesetzlichen Rauchverbots mit Art. 12 Abs. 1 GG und den Grundfreiheiten – Gesetzlicher Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) und Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV – Willkürrechtsprechung – Die Keck-Rechtsprechung iRd Niederlassungsfreiheit

Fall 3Buy Pälzisch! – Probleme mit der IHK

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (5 Stunden)– Ruthig
Zulässigkeit und Begründetheit einer allgemeinen Leistungsklage – Vereinbarkeit einer Zwangsmitgliedschaft in einer Handwerkskammer mit Grundrechten und Grundfreiheiten – Unterlassungsanspruch eines Vollversammlungsmitglieds gegen die Kammer – Kompetenzen einer Handelskammer – Anspruch auf Auskunft und Akteneinsicht

Fall 4Nahversorgung

  Schwierigkeitsgrad: mittel (3 Stunden)– Ruthig
Grundstrukturen des Gewerberechts – Gewebebegriff und Zuverlässigkeit – Verzahnung von stehendem und Reise- sowie Marktgewerbe – Gewerbeanzeige nach § 14 GewO – Einschreiten gegen erlaubnisfreies Reisegewerbe nach § 59 GewO – Marktfestsetzung und gewerberechtliche Erlaubnisse

Fall 5Maximale Sicherheit

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (3 Stunden)– Gurlit
Zulässigkeit und Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs – Begriff und Genehmigungsbedürftigkeit des Bewachungsgewerbes nach § 34a GewO – Auswirkungen der Niederlassungsfreiheit auf gewerberechtliche Genehmigungserfordernisse – Untersagung der Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 7a GewO – Erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 S. 2 GewO

Fall 6Der Adventsmarkt

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (5 Stunden)– Ruthig
Gewerberecht – Zulässigkeit und Begründetheit eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 VwGO – Tatbestandvoraussetzungen des § 70 GewO – Zulässigkeit einer Standvergabe durch Losverfahren – Vereinbarkeit eines Marktausschlusses mit der Warenverkehrsfreiheit – Unionsrechtliche Anforderungen an das Vergabeverfahren

Fall 7Eine windige Kfz-Werkstatt

  Schwierigkeitsgrad: Abschlussklausur (3 Stunden)– Gurlit
Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs – Untersagung der Handwerksausübung nach § 16 Abs. 3 HwO – zulassungspflichtiges Handwerk nach § 1 Abs. 2 HwO – Neben- und Hilfsbetriebe – Eintragungsvoraussetzungen nach §§ 7, 7b HwO – Zulässigkeit eines Widerspruchsverfahrens – Voraussetzungen einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO – Erstreckung einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 S. 2 GewO

Fall 8Chimney Sweep

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (3 Stunden)– Ruthig
Handwerksrecht – Rechtmäßigkeit einer handwerksrechtlichen Untersagungsverfügung nach § 16 Abs. 2 HwO – Verhältnismäßigkeitsprüfung bei formeller Illegalität – Abgrenzung von HwO und GewO beim Reisehandwerk – Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 GewO – Umgehungsverbot § 4 Abs. 2 S. 1 GewO – Ausnahmebewilligung nach § 1 EU/EWR-HwVO und unselbstständige Tätigkeit

Fall 9NetMayence

  Schwierigkeitsgrad: Abschlussklausur (3 Stunden)– Gurlit
Telekommunikationsrecht – Sachentscheidungsvoraussetzungen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV – Ausschluss isolierten Rechtsschutzes gegen behördeninterne Maßnahmen nach § 13 Abs. 5 TKG – Zulässigkeit und Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO – Anwendung von §§ 45, 46 VwVfG auf Anhörungsmängel – Prüfungsmaßstab bei unionsrechtlich determinierten Behördenentscheidungen – Ermessen und Regulierungsermessen

Fall 10Die Taxi Mainz GmbH

  Schwierigkeitsgrad: Abschlussklausur (3 Stunden)– Ruthig
Telekommunikationsrecht – Meldepflichten nach § 6 Abs. 1 bzw § 55 Abs. 6 S. 2 TKG – Rechtsschutz gegen die Aufforderung zur Anzeige – Rechtmäßigkeit eines Widerrufs einer Frequenzzuteilung – Verstoß gegen Verpflichtungen aus der Frequenzzuteilung gem. § 63 Abs. 2 TKG – Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit – Ermessen – Verhältnismäßigkeit – Anwendung der Grundsätze des abgestuften Verfahrens aus § 126 TKG

Fall 11Agropower

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (3 Stunden)– Ruthig
Energierecht – Zulässigkeit und Begründetheit einer einstweiligen Anordnung nach § 77 Abs. 3 S. 4 EnWG – Anzeigepflicht eines Energieversorgungsunternehmens – Unzuverlässigkeit – wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gem. § 5 S. 3 EnWG – Anspruch auf Einschreiten der Regulierungsbehörde nach § 30 Abs. 2 EnWG – Anspruch auf Netzzugang – Grenzen des Zugangsanspruchs – Drittschutz – Regulierungsermessen

Fall 12Tücken der Privatisierung

  Schwierigkeitsgrad: einfach (3 Stunden)– Storr
Zulässigkeit einer Klage einer Gemeinde gegen einen Landkreis wegen Amtshaftung aus § 839 BGB iVm Art. 34 GG – Amtspflichtverletzung der kommunalen Aufsichtsbehörde durch unzureichende Prüfung eines genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts gegenüber einer Gemeinde – Verstoß gegen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – Mitverschulden des Bürgermeisters

Fall 13Der kommunale Freizeitpark

  Schwierigkeitsgrad: Abschlussklausur (3 Stunden)– Ruthig
Recht der öffentlichen Unternehmen und Beteiligung Privater – Rechtmäßigkeit kommunaler wirtschaftlicher Betätigung und der Beteiligung an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen – Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenklage – Drittschutz – Baukonzession/Abgrenzung zum Bauauftrag – Ausschreibungspflichten aus Vergabe- und Beihilfenrecht

Fall 14Fall „Kein Tröpfchen Wasser ...“

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (5 Stunden)– Storr
Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO durch Verwaltungsgericht – Zulässigkeit eines Widerspruchs – öffentlich-rechtliches Zurückbehaltungsrecht – Anspruch auf Trinkwasserversorgung durch kommunalen Betrieb – Prüfung der Niederlassungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit – Ausübung öffentlicher Gewalt iSv Art. 51 AEUV

Fall 15Sparkasse in Concert

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (3 Stunden)– Gurlit
Begriff des öffentlichen Auftraggebers – Rechtsstellung der Sparkassen – Anwendbarkeit des Lauterkeitsrechts auf die öffentliche Hand – Wettbewerbsverstöße nach §§ 3, 4 UWG – Zulässigkeit eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs – Regelungswirkung einer bankaufsichtlichen Verwarnung nach § 36 Abs. 2 KWG – Anwendungsbereich von § 44a VwGO

Fall 16Fluggutscheine

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (5 Stunden)– Ruthig
Beihilferecht – Prüfung eines zivilrechtlichen Vertrags – Beihilfebegriff – Legal- und Ermessensausnahmen nach Art. 107 Abs. 3 AEUV – Zulässigkeit einer Konkurrentenklage (Nichtigkeitsklage) vor dem EuG – Rechtsschutz gegen eine formlose Mitteilung der Kommission – Rückforderung einer vertraglich gewährten Beihilfe – Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides – Vertrauensschutz – Aufhebungsanspruch im Verwaltungsprozess

Fall 17Staatshilfen für Privatschulen

  Schwierigkeitsgrad: mittel (3 Stunden) – Storr
Zusicherung § 38 VwVfG – Herleitung eines Subventionsanspruchs – einstweiliger Rechtsschutz § 123 VwGO – Widerruf und Rückforderung einer Subvention – Anfechtungsklage

Fall 18„Kein Alkohol ist auch keine Lösung“: Staatlich gesponserter Weinbau

  Schwierigkeitsgrad: Abschlussklausur (3 Stunden) – Gurlit
Klage gegen einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid – Begründung einer zuwendungsrechtlichen Vergaberechtspflicht durch Auflage – Fristlauf für den Widerruf eines Subventionsbescheids – Anforderungen an die Ermessensausübung bei Auflagenverstoß – Beihilfenbegriff – parafiskalische Abgaben als staatliche Mittel

Fall 19Kasernenverkauf

  Schwierigkeitsgrad: mittel (3 Stunden)– Storr
Öffentlicher Auftraggeber – Bauauftrag – Baukonzession – Grundstücksverkauf als Beihilfe – Notifizierung – Inhouse-Vergabe

Fall 20Gemeinsame kommunale Anstalten: Joint Venture und Joint Inhouse

  Schwierigkeitsgrad: Examensklausur (3 Stunden)– Gurlit
Joint Inhouse-Vergabe – Kontroll- und Wesentlichkeitskriterium – Zulässigkeit eines Feststellungsantrags vor der Vergabekammer – Kommunalwirtschaftsrechtliche Zulässigkeit – Gesamtrechtsnachfolge bei der Errichtung kommunaler Unternehmen – Beihilfencharakter der Gewährträgerhaftung für Anstalten

 Sachverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AO

Abgabenordnung

AVBWasserV

Verordnung über die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser

BayVBl

Bayerische Verwaltungsblätter

BeamtenStG

Beamtenstatusgesetz

BerufsanerkennungsRL

Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BO

Berufsordnung

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVVO

Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 88 EG (Beihilfeverfahrensverordnung)

DB

Der Betrieb

DLR

Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie)

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DV

Die Verwaltung

DVBl

Deutsches Verwaltungsblatt

EG

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EigBetrG

Eigenbetriebsgesetz

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EnWG

Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz)

ERP

European Recovery Programme

EU

Europäische Union

EU/EWR HwV

Verordnung über die für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz geltenden Voraussetzungen der Eintragung in die Handwerksrolle

EuG

Gericht (früher Europäisches Gericht erster Instanz)

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Union bzw. Gerichtshof

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EuGVVO

Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

EuR

Europarecht (Zeitschrift)

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

FinDAG

Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz)

GA

Generalanwalt

GastG

Gaststättengesetz

GewArch

Gewerbearchiv

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz

GKG

Gerichtskostengesetz

GO

Gemeindeordnung

GRC

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

GVBl

Gesetz- und Verordnungsblatt

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz)

HGB

Handelsgesetzbuch

HGrG

Haushaltsgrundsätzegesetz

HwO

Handwerksordnung

IFG

Informationsfreiheitsgesetz

IHKG

Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern

JG

Justizgesetz

JZ

Juristenzeitung

KAG

Kommunalabgabengesetz

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KO

Kommunalordnung

KWG

Gesetz über das Kreditwesen

LAbfG

Landesabfallgesetz

LBauO

Landesbauordnung

LHO

Landeshaushaltsordnung

LKrO

Landkreisordnung

LKRZ

Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland

LKV

Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift)

LSchlG

Ladenschlussgesetz

LVerf

Landesverfassung

LVwVfG

Landsverwaltungsverfahrensgesetz

LVwVG

Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz

LWG

Landeswassergesetz

N & R

Netzwirtschaften & Recht

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NordÖR

Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport

NZBau

Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht

OLG

Oberlandesgericht

OVG

Oberverwaltungsgericht

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

RL

Richtlinie

RP

Rheinland-Pfalz, rheinland-pfälzisch

Sä/Sächs

Sächsisch

SächsBHSchulG

Sächsisches Gesetz über Bauhilfen für Schulen in freier Trägerschaft

SächsKommInvestVwV

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich

SächsVBl

Sächsische Verwaltungsblätter

Thür

Thüringisch

TKG

Telekommunikationsgesetz

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VBlBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg

VerfGH

Verfassungsgerichtshof

VerfRP

Verfassung für Rheinland-Pfalz

VergK

Vergabekammer

VergS

Vergabesenat

VerwArch

Verwaltungsarchiv

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

VgV

Vergabeverordnung

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwV

Verwaltungsvorschrift

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WpHG

Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz)

WpÜG

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

WRV

Weimarer Reichsverfassung

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZPO

Zivilprozessordnung

Literaturverzeichnis

Arndt/Fischer/Fetzer

Europarecht, 10. Aufl., 2010

Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG

Telekommunikationsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 2015

Baur/Salje/Schmidt-Preuß

Regulierung in der Energiewirtschaft, 2. Aufl., 2016

Bartosch, EU-BeihilfenR

EU-Beihilfenrecht, 2. Aufl., 2016

Beck/Samm/Kokemoor

KWG (Loseblatt)

BeckTKG

Geppert/Schütz (Hrsg.), Beck'scher Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 4. Aufl., 2013

v. Bogdandy

Europäisches Verfassungsrecht, 2. Aufl., 2008

Britz/Hellermann/Hermes

EnWG (Energiewirtschaftsgesetz), 3. Aufl., 2015

Burgi/Dreher

Beck‘scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., 2017

Calliess/Ruffert

EUV/AEUV, Kommentar, 5. Aufl., 2016

Danner/Theobald

Energierecht (Loseblatt)

Dreier, GG

Grundgesetz, Band I, 3. Aufl., 2013

Ehlers/Pünder, AVerwR

Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl., 2015

Ehlers/Fehling/Pünder

Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl., 2012

Ehlers

Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 4. Aufl., 2015

Ehlers/Schoch

Rechtsschutz im öffentlichen Recht, 2009

Fehling/Ruffert

Regulierungsrecht, 2010

Friauf

Gewerbeordnung, Kommentar (Loseblatt)

Frotscher/Kramer

Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, 6. Aufl., 2015

Hendler/Hufen/Jutzi, Landesrecht RP

Landesrecht Rheinland-Pfalz, 7. Aufl., 2014

Honig/Knörr/Thiel, HwO

Handwerksordnung, Kommentar, 5. Aufl., 2017

Huber, AVerwR

Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 1997

Hufen, VerwaltungsprozessR

Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., 2016

Immenga/Mestmäcker

Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB/Teil 2, 5. Aufl., 2014

Jarass/Pieroth, GG

Grundgesetz, Kommentar, 14. Aufl., 2016

Köhler/Bornkamm

UWG, Kommentar, 35. Aufl., 2017

Kopp/Ramsauer

VwVfG, Kommentar, 17. Aufl., 2016

Kopp/Schenke, VwGO

VwGO, Kommentar, 23. Aufl., 2017

Landmann/Rohmer

Gewerbeordnung, Kommentar (Loseblatt)

Loewenheim/Meessen/Riesenkampff

Kartellrecht, 2. Aufl., 2009

Maurer, AVerwR

Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., 2011

Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, MDHS

Grundgesetz (Loseblatt)

H. v. Mangoldt/F. Klein/C. Starck, MKS

Grundgesetz, Band 1, 6. Aufl., 2010

MünchKomm (BGB)

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl., 2015

Ohly/Sosnitza

UWG, 7. Aufl., 2016

Pielow, GewO

Gewerbeordnung, 2. Aufl., 2016

Pietzner/Ronellenfitsch

Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 13. Aufl., 2014

Rittner/Dreher

Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, 3. Aufl., 2008

Ruthig/Storr

Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl., 2015

Sachs, GG

Grundgesetz, Kommentar, 7. Aufl., 2014

Säcker, EnWG

Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Aufl., 2014

Säcker, TKG

Berliner Kommentar zum TKG, 3. Aufl., 2013

Stelkens/Bonk/Sachs, SBS

VwVfG, 8. Aufl., 2014

Salje, EnWG

Energiewirtschaftsgesetz, 2006

Schenke, VerwaltungsprozessR

Verwaltungsprozessrecht, 15. Aufl., 2017

Schenke

Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl., 2016

Schliesky

Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl., 2014

Schmidt/Wollenschläger

Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl., 2016

Schoch

Besonderes Verwaltungsrecht, 15. Aufl., 2013

Schoch/Schneider/Bier, VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung (Loseblatt)

Schwarze

EU-Kommentar, 3. Aufl., 2012

Sodan/Ziekow, VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl., 2014

Steiner

Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl., 2006

Stober, AT

Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 18. Aufl., 2014

Stober/Eisenmenger, BT

Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 16. Aufl., 2016

Storr/Schröder

Allgemeines Verwaltungsrecht, 2010

Streinz, EuropaR

Europarecht, 10. Aufl., 2016

Streinz

EUV/AEUV, Kommentar, 2. Aufl., 2012

Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO

Gewerbeordnung, Kommentar, 8. Aufl., 2011

Trute/Spoerr/Bosch, TKG

Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001

Ule/Laubinger, VerwVerfR

Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl., 1995

v.d. Groeben/Schwarze/Hatje, EUV

Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl., 2015

Ziekow

Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl., 2016

Ziekow/Völlink

Vergaberecht, 2. Aufl., 2013

Einführung

I. Öffentliches Wirtschaftsrecht in der juristischen Ausbildung

1

Öffentliches Wirtschaftsrecht ist – mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – Gegenstand universitärer Schwerpunktbereiche an allen juristischen Fakultäten. Im Zentrum des Rechtsgebiets steht die staatliche Aufsicht über die Wirtschaft: Traditionell wird hauptsächlich das Gewerberecht (einschließlich des Gaststätten- und Handwerksrechts) behandelt. Es wird aber zunehmend ergänzt durch „moderne“ Formen der Wirtschaftsaufsicht bzw -regulierung, vor allem auf dem Gebiet der Telekommunikation, der Energiewirtschaft sowie der Finanzmärkte. Auch durch Subventionen und Beihilfen oder durch die Vergabe öffentlicher Aufträge kann der Staat lenkend eingreifen oder als Marktteilnehmer auftreten. Die staatliche Marktteilnahme lässt sich längst nicht mehr als „Fiskalhandeln“ begreifen, sondern ist Gegenstand unterschiedlicher Rechtsmaterien (Recht der öffentlichen Unternehmen, Privatisierung, Vergaberecht). Diese Auswahl, die sich als „Kanon“ des öffentlichen Wirtschaftsrechts in der juristischen Ausbildung durchgesetzt hat, liegt dem vorliegenden Klausurenkurs zugrunde. Fälle finden sich zu allen angesprochenen Materien.

Für Klausuren im staatlichen Teil des Examens ist öffentliches Wirtschaftsrecht ebenso beliebt. Sofern nicht Teilbereiche wie das Gewerberecht ausdrücklich zum Pflichtstoff gehören, geht es dort selbstverständlich weniger um wirtschaftsrechtliche Details als um verwaltungs- und vor allem verfassungs- und europarechtliche Grundlagen. Dass sich das öffentliche Wirtschaftsrecht insoweit als zentrales Referenzgebiet des Europa-, Verwaltungs- und Verfassungsrechts etabliert hat, spiegelt sich zunehmend in der Klausurpraxis wider. Im Zentrum steht oft eine Prüfung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG); bei Gewerbetreibenden aus dem EU-Ausland selbstverständlich auch die Vereinbarkeit hoheitlicher Markt- und Tätigkeitsbeschränkungen mit den Grundfreiheiten. Diese Grundlagen prägen immer stärker auch die wirtschaftsrechtliche Detaildiskussion. Wohl kein Rechtsgebiet ist so sehr konkretisiertes Verfassungs- und Europarecht wie das öffentliche Wirtschaftsrecht. Viele der Klausurfälle eignen sich daher auch zur Vorbereitung für öffentlichrechtliche Klausuren im Pflichtfachbereich.

II. Zur Arbeit mit diesem Klausurenkurs

2

Die nachfolgenden Fälle spiegeln die Vielfalt der Materie wider. Sie decken das öffentliche Wirtschaftsrecht weitgehend ab. Dazu gehören selbstverständlich die „klassischen“ Materien des Gewerbe- und Handwerksrechtsbei denen neben der Darlegung der Grundbegriffe die aktuellen Probleme im Mittelpunkt stehen, da die Europäisierung auch in diesem Bereich des öffentlichen Wirtschaftsrechts zu einer markanten Problemverlagerung. Außerdem legt der Klausurenkurs einen besonderen Schwerpunkt auf diejenigen Rechtsgebiete, die sich erst durch die Schwerpunktausbildung als Klausurstoff etabliert haben, so dass die Auswahl an Übungsfällen in der Ausbildungsliteratur noch eher beschränkt ist. Dies gilt nicht nur für das Telekommunikations- und Energierecht (Fälle 9–11), sondern in besonderer Weise für die staatliche Beteiligung am Wirtschaftsleben, das Vergaberecht sowie das Subventions- und Beihilferecht, bei denen ein besonderes Augenmerk auf ihrer Verzahnung liegt (Fälle 13–20).

Der Klausurenkurs richtet sich entsprechend dem Konzept der gesamten Reihe vor allem an Examenskandidaten, die sich auf die öffentlichrechtlichen Pflicht- und vor allem Schwerpunktklausuren vorbereiten wollen, sowie an Referendare, die sich einen kompakten Überblick über examensrelevante Materien verschaffen wollen. Er setzt deswegen solide Grundkenntnisse im Europa-, Verfassungs- und Verwaltungsrecht und besonders im Prozessrecht voraus, hilft selbstverständlich aber auch dabei, diese am Beispiel des Wirtschaftsrechts zu vertiefen. Detailkenntnisse des öffentlichen Wirtschaftsrechts sind demgegenüber nicht erforderlich. Durch die bewusst ausführlichen Vorüberlegungen und deren Verzahnung mit dem Lehrbuch (Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl 2015) werden die Lösungen auch für solche Leser erschlossen, die sich den Stoff erstmalig erarbeiten.

Sehr häufig adaptieren die Klausursachverhalte die aktuelle Rechtsprechung. Damit wird nicht nur die Aktualität der Fälle gewährleistet, sondern vor allem gezeigt, dass selbst die vermeintlich neuen Rechtsprobleme der Praxis mit Grundlagenkenntnissen und einer soliden juristischen Arbeitstechnik zu lösen sind.

III. Grundstrukturen des öffentlichen Wirtschaftsrechts

3

Der besondere Reiz und gleichzeitig die besondere Schwierigkeit des öffentlichen Wirtschaftsrechts liegt darin, dass in allen behandelten Rechtsgebieten immer wieder die gleichen Grundthemen des öffentlichen Rechts auftauchen. Dies folgt nicht nur aus den vom allgemeinen Verwaltungsrecht vorgegebenen öffentlichrechtlichen Handlungsformen und dem daran anknüpfenden Rechtsschutz. Das gesamte abgestufte Eingriffsinstrumentarium und die gewerberechtlichen Grundbegriffe konkretisieren letztlich das Verhältnismäßigkeitsprinzip und dienen damit der Verwirklichung von Grundfreiheiten und Grundrechten. Wichtiger als wirtschaftsverwaltungsrechtliches Detailwissen ist die Kenntnis dieser Grundstrukturen, liefern diese doch regelmäßig auch den „Einstieg“ in die Fallbearbeitung. Die Lösung von Fällen bereitet nicht aufgrund mangelnder Kenntnis von Detailproblemen Schwierigkeiten, sondern weil die einzelnen Ermächtigungsgrundlagen miteinander vermengt, gewerberechtliche Grundbegriffe (insb der Gewerbebegriff und die Unzuverlässigkeit) verkannt oder die Schnittstellen zum allgemeinen Verwaltungs- und -prozessrecht nicht gesehen werden. Hier leistet dieser Klausurenkurs entscheidende Hilfestellung, indem er die gängigen Fragestellungen exemplarisch behandelt.

1. Gewerberechtliche Grundbegriffe

 

Unverzichtbar ist mithin die Kenntnis der „Schlüsselbegriffe“ des öffentlichen Wirtschaftsrechts, die gerade nicht gesetzlich definiert, sondern von der Rechtsprechung entwickelt wurden. Über die Anwendbarkeit der öffentlichrechtlichen Vorschriften entscheidet regelmäßig der Begriff der „Gewerbsmäßigkeit“. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf aber auch die Person des Gewerbetreibenden (Fall 4), vor allem auch bei juristischen Personen in ausländischer Rechtsform (Fälle 3, 5, 8). Ein Einschreiten der Behörde setzt typischerweise den Verstoß gegen konkrete Pflichten des jeweiligen Fachgesetzes voraus, knüpft aber häufig auch an den Begriff der „Unzuverlässigkeit“ an (Fälle 4, 5, 6, 7, 11). Gerade beim genehmigungsbedürftigen Gewerbe stellt sich zudem die Frage nach dem Verhältnis der speziellen Vorschriften– insbesondere über Rücknahme und Widerruf von Genehmigungen – zum allgemeinen Verwaltungsrecht (Fall 9, 10). Das Marktgewerberecht stellt einen Klassiker für staatliche Allokationsentscheidungen dar (Fall 6).

2. Anzeigepflichtiges und genehmigungspflichtiges Gewerbe

 

Die entscheidende Weichenstellung für die Klausur erfolgt bei der Differenzierung nach anzeige- und genehmigungspflichtigen Tätigkeiten. Die Abgrenzung ergibt sich aus dem jeweiligen Gesetz, wobei für die grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung Ausnahmen von der an sich bestehenden Genehmigungspflicht vorgesehen sind (Fall 8).

Nach dem Vorbild von § 14 GewO kennen auch das Telekommunikations- und Energierecht Anzeigepflichten (vgl Fälle 10, 11). Typische Klausurkonstellationen betreffen nicht nur den jeweiligen Anwendungsbereich der Vorschriften, sondern auch die Frage der Durchsetzung von Anzeigepflichten. Da der Verstoß gegen Anzeigepflichten nicht automatisch zur Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden führt, ist in dieser Konstellation ein Einschreiten gegen die Tätigkeit als solche regelmäßig ausgeschlossen (Fäll 4 und 11).

Das genehmigungsbedürftige Gewerbe befindet sich insgesamt vor allem wegen der unionsrechtlichen Liberalisierungsbemühungen eher auf dem Rückzug. Gleichwohl liefert es mit dem Gewerbe- und Handwerksrecht examensrelevante Klausurkonstellationen (Fälle 4, 5, 7, 8). Aber auch die Frequenznutzung durch Einzelzuteilung nach § 55 Abs. 3 TKG (Fall 10) und das Betreiben von Energieversorgungsnetzen (Fall 11) folgen dem Grundmodell des genehmigungsbedürftigen Gewerbes. Die Klausuren betreffen entweder Rücknahme oder Widerruf einer Genehmigung (Fall 10) oder das Einschreiten gegen eine ohne die erforderliche Genehmigung aufgenommene Tätigkeit (Fälle 5, 7, 8). Standardkonstellationen sind Anfechtungsklagen gegen die Untersagung einer nicht erlaubten Tätigkeit, Verpflichtungsklagen auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung bzw der Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen. Drittanfechtungsklagen von Konkurrenten scheitern grundsätzlich an Art. 12 GG, der keinen Schutz vor Konkurrenz bietet. Denkbar ist auch, dass die Behörde die Genehmigungsbedürftigkeit einer Tätigkeit feststellt oder gesetzliche Pflichten in einem VA konkretisiert, wogegen mit der Anfechtungsklage vorgegangen werden kann. Nicht selten stellt sich die Frage, ob die Genehmigungsbedürftigkeit mit unionsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist (Fälle 5, 8), sofern nicht bereits das nationale (und richtliniengeprägte) Recht ausdrücklich Ausnahmen vorsieht (zur Dienstleistungsrichtlinie und § 4 GewO sowie zur Berufsanerkennungsrichtlinie und Handwerksrecht Fall 8).

3. Kontrolle von Organisation und Marktverhalten, Infrastrukturgewährleistung

 

Nicht auf die gewerberechtlichen Grundstrukturen zurückführen lässt sich die Zugangs- und Entgeltregulierung vor allem in den sog. Netzwirtschaften (Fälle 9, 11). In allen Konstellationen bedarf die Frage nach der Rechtsgrundlage besonderer Prüfung. Die am gewerberechtlichen Vorbild orientierten Generalklauseln der jeweiligen Fachgesetze können diese nur bedingt liefern. Zudem weisen diese Materien vielfach prozessuale Besonderheiten auf. Entscheidungen der BNetzA sind hinsichtlich des Telekommunikationsrechts den Verwaltungsgerichten (Fälle 9, 10), hinsichtlich des Energiewirtschaftsrechts den ordentlichen Gerichten zugewiesen (Fall 11).

4. Staatliche Marktteilnahme, Privatisierung und Subventionierung

 

Die Grenzen zwischen staatlicher Aufsicht, Lenkung und Marktteilnahme verlaufen fließend, nutzt doch der Staat die Marktteilnahme bisweilen aktiv zur Steuerung eines Marktes und kann allein die bloße Marktteilnahme eines „marktmächtigen“ Akteurs einen Markt beeinflussen. Sowohl in den Fällen staatlicher Marktbeeinflussung (zu einer Werbekampagne der IHK Fall 3) wie auch der staatlichen Marktteilnahme stellt sich die Frage nach Abwehransprüchen, die entweder als öffentlichrechtlicher Unterlassungsanspruch in den Grundrechten wurzeln oder sich aus einfachgesetzlichen Vorschriften ergeben können (Fälle 3, 13, 15). Vor allem bei Klagen gegen die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand bedarf die Klagebefugnis privater Konkurrenten besonderer Prüfung.

In Fallkonstellationen, denen eine Privatisierung zugrunde liegt, sind nicht selten Grundkenntnisse des Verfassungs- und des allgemeinen Verwaltungsrechts gefragt. Hier ist es wichtig zu erkennen, dass es verschiedene Formen von Privatisierung gibt – überwiegend wird zwischen formeller, materieller und funktioneller Privatisierung unterschieden – und sich die öffentliche Hand durch eine „Flucht ins Privatrecht“ nicht (immer) ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen entledigen kann. Zumeist wird es im Fall darum gehen, die maßgeblichen verwaltungsprivatrechtlichen Vorgaben und das für den Fall besondere Rechtsregime herzuleiten (Fälle 13, 14). Nicht selten sind Privatisierungs-Fallkonstellationen ganz „eigenwillig“, etwa wenn eine Gemeinde für eine fehlgeschlagene Privatisierung Schadensersatz von Land wegen unzureichender Kommunalaufsicht verlangt (Fall 12), weshalb die „Sattelfestigkeit“ in den Grundstrukturen des öffentlichen Rechts hier besonders wichtig ist. Bei Beihilfen ist wegen ihrer wettbewerbsverzerrenden Wirkung regelmäßig die europarechtliche Zulässigkeit nach Art. 107, 108 AEUV zu prüfen (Fälle 16, 18, 20). Im nationalen Kontext ist die Herleitung eines Anspruchs auf eine Förderung eine rechtsdogmatische Herausforderung. Dabei kann, genauso wie bei der Rückforderung, in prozessualer Hinsicht die „Zwei-Stufen-Theorie“ eine zentrale Rolle spielen. Die besondere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die Behörde bei der Subventionsvergabe grds. zwischen Subventionsbescheid, öffentlichrechtlichem und zivilrechtlichem Vertrag wählen kann. Aus der Handlungsformenwahl ergibt sich als „Kehrseite“ daraus auch das Rückforderungsregime. Während sich bei Subventionsbescheiden die Rückforderung – auch im Fall einer europarechtswidrig gewährten Beihilfe – nach §§ 48, 49, 49a VwVfG bestimmt (Fälle 17 und 18), liefert bei zivilrechtlichen Verträgen das Bereicherungsrecht den Ausgangspunkt, wird allerdings tlw von öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzgesichtspunkten überlagert (Fall 16).

Die öffentliche Hand nimmt schließlich durch ihr Nachfrageverhalten am Markt teil. Auch hier geht es nicht darum, die Details der Vergabeverordnung zu kennen, sondern die Grundstrukturen zu beherrschen und sich im undurchsichtigen Normengeflecht des Vergaberechts zurechtzufinden. Regelmäßig werden vor allem drei große Fragenkreise angesprochen sein: die Untersuchung eines Sachverhalts darauf, ob eine vergaberechtsrelevanter Vorgang vorliegt, die Ordnungsgemäßheit der Durchführung eines Vergabeverfahrens und Fragen nach dem vergaberechtlichen Rechtsschutz (Fall 20). Deshalb ist es wichtig, den Grundaufbau zur Prüfung eines vergaberechtlichen Vorgangs zu kennen (Fälle 15, 19). Nicht selten sind vergaberechtliche Fragen in übergreifende Fragenkomplexe eingebettet (zu einer Amtshaftungskonstellation Fall 12; zum Zusammenspiel von Vergabe- und Beihilfenrecht Fälle 13, 18 und 19).

Fall 1 Süßigkeitenwerbung

Inhaltsverzeichnis

 Vorüberlegungen

 Gliederung

 Lösung

4

Der Konsum von Süßigkeiten ist in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Jeder zehnte Europäer soll bereits übergewichtig und deshalb gesundheitlich gefährdet va im Hinblick auf Stoffwechselerkrankungen und Zahnkrankheiten sein. Um dem zu begegnen, haben einige Mitgliedstaaten sehr strenge Werbeverbote für Süßigkeiten (Gummibärchen, Schokoriegel, Bonbons, Lutscher, Speiseeis) erlassen. Andere Mitgliedstaaten wollen hingegen weiterhin eine liberale Gesundheitspolitik betreiben, in wieder anderen wird noch darüber diskutiert, ob Werbeverbote eingeführt werden sollen oder andere Schutzmaßnahmen getroffen werden können. Der Rat hält eine Förderung des Gesundheitsschutzes zwar für geboten, sieht die unterschiedliche Entwicklung in den Mitgliedstaaten aber kritisch.

In der Folge beschließt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission, nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und nach Zustimmung des Parlaments eine „Verordnung zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung zugunsten von Süßigkeiten (‚Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung‘)“. Danach darf für Süßigkeiten künftig generell nicht mehr geworben werden. Das Verbot ist umfassend und bezieht sich auf Anzeigen und Inserate in der Presse (Zeitungen und Zeitschriften), Rundfunkwerbung, Kinowerbung, Plakate, Broschüren und andere Werbeträger, wie zB auf Sonnenschirmen oder Fahnen vor Restaurants und Cafés, sowie auf werbebezogene Informationsveranstaltungen.

In den Erwägungen heißt es, dass diese Regelung dem Gesundheitsschutz diene; vor allem Kinder und Jugendliche seien vor den Gefahren des übermäßigen Süßigkeitenkonsums zu schützen. Außerdem stellten unterschiedliche nationale Regelungen zur Zulässigkeit von Werbung für Süßigkeiten Hemmnisse für den freien Warenverkehr und den Dienstleistungsverkehr dar und könnten zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen. Es bestehe die Gefahr, dass einige Mitgliedstaaten ihre Gesundheitspolitik künftig noch verschärfen, was zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen führen könne.

Daher müsse das Süßigkeitenwerbeverbot umfassend sein. Damit der Absatz von Süßigkeiten reduziert wird, müssten sämtliche Waren und Dienstleistungen untersagt werden, die ausschließlich die Funktion der Werbung für Süßigkeiten haben (Plakate, Kinowerbung) sowie solche, die nicht ausschließlich als Medien für die Werbung zur Absatzsteigerung von Süßigkeiten (zB Zeitungen und Zeitschriften) dienen.

Die Bayerische Industrie- und Handelskammer lehnt die Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung ab. Sie bezweifelt bereits die Kompetenz der EU für den Erlass eines derart umfassenden Süßigkeitenwerbeverbots. Damit würden nicht nur die Produzenten der Süßigkeiten, sondern auch Werbeagenturen und Presseunternehmen, die zB Tageszeitungen mit Werbung für Süßigkeiten vertreiben, erheblich betroffen. Diese Verordnung beseitige keine Hemmnisse des Binnenmarkts, sondern schaffe neue Beschränkungen. Die Union berücksichtige auch nicht, dass die Ein- und Ausfuhr von Presseerzeugnissen, die Werbung für Süßigkeiten enthalten, gegenwärtig auch in solchen Mitgliedstaaten zulässig ist, in denen diese Werbung grundsätzlich untersagt ist. Schließlich stehe einer europarechtlichen Harmonisierung Art. 168 Abs. 5 AEUV sowie das Subsidiaritätsprinzip entgegen. Ferner wären die Hersteller von Süßigkeiten, Presseunternehmen und Werbeagenturen erheblich in ihren Grundrechten betroffen.

Frage 1: Die Bayerische Industrie- und Handelskammer möchte wissen, ob die Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung mit Unionsrecht vereinbar ist.

Frage 2: Unterstellt, die europäische Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung ist nichtig. Wäre ein deutsches Süßigkeitenwerbeverbotsgesetz, das wie die europäische Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung ein absolutes Werbeverbot für Süßigkeiten regelt, unionsrechtskonform?

Bearbeitervermerk:

Alle aufgeworfenen Rechtsfragen sind – gegebenenfalls hilfsweise – rechtsgutachterlich zu erörtern.

Anmerkung:

Auf geltende Richtlinien und Verordnungen der EU ist nicht einzugehen.

Fall 1 Süßigkeitenwerbung › Vorüberlegungen

Vorüberlegungen

5

Der Fall ist (modifiziert) im ersten Staatsexamen gestellt worden. Der erste Fragenkreis betrifft das System der europäischen Rechtsetzungskompetenzen, die der EuGH maßgeblich in zwei Entscheidungen zum Tabakwerbeverbot entwickelt hat. Im Lissabonner Vertrag ist die Abgrenzung der Kompetenzen von Union und Mitgliedstaaten grundlegend geregelt worden. Zu prüfen sind spezifische Rechtssetzungsbefugnisse der Union zum Gesundheitsschutz und zum Binnenmarkt sowie die Flexibilitätsklausel und weitere Anforderungen wie das Subsidiaritätsprinzip. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der europäischen Grundrechtsdogmatik. Der zweite Teil betrifft Standardfragen der Prüfung von Grundfreiheiten.

Fall 1 Süßigkeitenwerbung › Gliederung

Gliederung

6

Frage 1

A.

Zuständigkeit der EU zum Erlass des Süßigkeitenwerbeverbots

 

I.

Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung

 

II.

Zuständigkeit der EU

 

III.

Rechtsgrundlage: Art. 168 Abs. 5 AEUV

 

IV.

Art. 114 AEUV – Harmonisierung im Binnenmarkt

 

 

1.

Reichweite des Art. 114 AEUV

 

 

2.

Abbau von Behinderungen der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts

 

 

3.

Ergebnis

 

V.

Art. 53 Abs. 1 AEUV iVm Art. 62 AEUV

 

VI.

Art. 115 AEUV

 

VII.

Art. 352 AEUV – Flexibilitätsklausel

 

VIII.

Verletzung des Subsidiaritätsprinzips, Art. 5 Abs. 3 EUV

 

 

1.

Ausschließliche Zuständigkeit der Union?

 

 

2.

„Nicht ausreichend“ auf mitgliedstaatlicher Ebene; „besser“ auf Unionsebene

B.

Verstoß gegen die Grundrechte

 

I.

Rechtsgrundlage der europäischen Grundrechte

 

II.

Meinungsfreiheit

 

 

1.

Schutzbereich

 

 

2.

Eingriff

 

 

3.

Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs

 

 

4.

Ergebnis

 

III.

Unternehmerische Freiheit

 

IV.

Eigentumsgarantie

C.

Ergebnis

Frage 2

A.

Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV

 

I.

Schutzbereich

 

II.

Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit

 

III.

Rechtfertigung der Beschränkung

B.

Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV

 

I.

Schutzbereich

 

II.

Beschränkung

 

III.

Rechtfertigung der Beschränkung

C.

Ergebnis

Fall 1 Süßigkeitenwerbung › Lösung