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Franz Alt

DER APPELL VON JESUS
AN DIE WELT

Liebe und Frieden sind möglich

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Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw.

1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT

ISBN 978-3-7109-0030-3

Inhalt

Vorwort

Vom Töten und von der Versöhnung – Frieden statt Wettrüsten

Gewalt und Ausbeutung sind die Zwillingsschmarotzer unserer Zeit – Gerechtigkeit statt Unterdrückung

Die Sonne des himmlischen Vaters scheint für uns alle – Bewahrung der Schöpfung statt Krieg gegen die Natur

Literatur

»Seht, ich mache alles neu«

Jesus in der Offenbarung des Johannes 21,5

Vorwort

Haben Sie dieses Buch per Zufall in die Hand bekommen? Ist alles reiner Zufall? Hat Ihr Leben einen Sinn und ein Ziel? Gibt es Gott? Welche der vielen Weltreligionen ist die wahre? Warum ist Religion der Hauptkriegsgrund in der gesamten Menschheitsgeschichte? Haben Tiere eine Seele? Gibt es eine Wiedergeburt nach dem Tod? Was sagt Jesus dazu? Hat er uns heute, zweitausend Jahre nach seinem irdischen Leben, überhaupt noch etwas zu sagen?

Die Macht der Gewohnheit ist der größte Feind der Wahrheit – vor allem auf dem Gebiet der Religion. Die Wahrheit aber kann man nicht haben, man kann sie nur suchen und leben. Das Selbst-Erleben der Wahrheit ist wahrscheinlich der Sinn unseres Hierseins. Auch Gott können wir nicht studieren, sondern nur erleben. Dafür ist Jesus das beste Vorbild, nicht die studierten Theologen. Er war nicht Gott, sondern ein großer Gottsucher.

In einem Traum höre ich Jesus sagen: »Die christlichen Kirchen haben mich zu einem Gott gemacht, aber meine Botschaft ignoriert, verfälscht oder falsch übersetzt.« Das ging sogar so weit, dass in seinem Namen Kriege geführt und gerechtfertigt wurden. Getreu dem Spruch »Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.« (Mt 10,34) Natürlich hat Jesus dergleichen nie gesagt. Aber es steht in allen Bibeln der Welt, in über vier Milliarden Exemplaren. Dort ist sogar vom »Heiligen Krieg« die Rede (etwa in Jer 51,28) oder auch vom »Krieg Gottes«. Es lässt sich jedoch leicht nachweisen, dass etwa die Hälfte aller Jesus-Worte in den Bibeln dieser Welt falsch wiedergegeben ist. So lautet das obige Zitat in seiner Muttersprache Aramäisch ganz anders: »Ich bin nicht gekommen um Kompromisse zu schließen, sondern um Streitgespräche zu führen.« Jesus war ein Streiter. Nur deshalb musste er beseitigt werden.

Dazu frage ich ihn in diesem Buch selber. Ein journalistisches Stilmittel, um Jesus besser zu verstehen. Dass dieser Stil provoziert, ist beabsichtigt. Jesus selbst war wohl der größte Provokateur der Geschichte. Mit diesem Buch will ich Jesus heutig machen. Das ist der Auftrag eines jeden Jesus-Schülers.*

Der junge Mann aus Nazareth trat vor zweitausend Jahren – in Zeiten von Krieg, Ausbeutung, Ungerechtigkeit, Diskriminierung von Frauen und Umweltzerstörung – mit einer unerhörten Botschaft an die Öffentlichkeit. Nichts muss bleiben, wie es ist. Ganz im Gegenteil:

Liebe ist möglich

Frieden ist möglich

Gerechtigkeit ist möglich

Die Bewahrung der Schöpfung ist möglich

Jesus hat die Liebenden, die Friedensstifter, die Umweltfreunde und die für Gerechtigkeit Engagierten in seiner Bergpredigt »selig«, »glückselig«, also »selig vor Glück« genannt. Ein Hinweis darauf, dass wahrer Frieden von innen kommt. Eine neue Glücksbotschaft und ein neues Gottesbild in einer zerstrittenen, ungerechten, fried-losen, frauenfeindlichen und von Ausbeutung beherrschten Welt.

Der Mann aus Nazareth hatte mit diesem Programm eine ganz andere Klasse als die vielen selbsternannten »Erlöser«, die damals in Palästina umherliefen. Er war für viele Frauen der Traum von einem Mann. Besonders viel lernte er von seiner reichen und gebildeten Gefährtin und Freundin Maria von Magdala. In ihrer Schule wurde Jesus der erste prominente neue Mann der Weltgeschichte. Politik und Religion waren ihm dabei völlig gleichgültig. Sein großes Thema hieß – und heißt noch immer: Mensch-Sein bedeutet Mensch-Werden.

Jesus war Jude. Das damalige Judentum war eine patriarchalische Gesetzesreligion mit 613 komplizierten Vorschriften – ähnlich dem heutigen christlichen Kirchenrecht. Eine Supermoral, die Jesus ablehnte. Der Nazarener lehrte eine Religion, die ungleich einfacher war: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, »Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst«. Oder: »Das Wichtigste ist die Liebe«. Für Jesus war Gott ein anderes Wort für Liebe – ein mütterlicher Vater, der alle seine Kinder liebt und für den alle Menschen als Kinder Gottes Schwestern und Brüder sind. Die Goldene Regel seiner Bergpredigt lautet daher: »Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen.« (Mt 7,12) Die zentrale Botschaft des jungen Mannes aus Nazareth: »Gott will alle retten« – Weltgeschichte ist Heilsgeschichte.

Die Theologen seiner Zeit, Vertreter der Supermoral, nannten das Programm »Volksverdummung«. Eine solch einfache Lehre stellte ja ihre ganze Macht und Herrlichkeit und auch ihre hoch komplizierte Theologie infrage. Das konnten und wollten sie sich nicht bieten lassen. Jesus brachte eine Glücksbotschaft von Vertrauen und Liebe, das Evangelium. Theologen jedoch haben daraus im Lauf von zweitausend Jahren eine Drohbotschaft von Angst und Misstrauen gemacht – eine Konstruktion von Geboten und Verboten, von Gesetzen und Vorschriften. Doch mit »du sollst«, »du musst« oder »du darfst nicht« lassen sich keine Probleme lösen. Damals nicht und heute nicht. Jesus war ein Meister der Freiheit und der heilenden Liebe, kein Meister des Zwangs oder einer unheilvollen Moral. Er hatte keine Angst vor Autoritäten. Für ihn gab es nur eine Sünde, die radikal tödlich ist: die Sünde gegen den Geist der Menschlichkeit.

Jesus hat nie moralisiert oder verurteilt, er wollte verstehen. Damit hat der junge Mann aus Nazareth die Religion ent-theologisiert. Viele Theologen wollen das bis heute nicht wahrhaben. In Jesus wurde offenbar, was Göttliches im Menschen steckt und wie menschlich Gott ist. Wir sollen zulassen, dass sich Gott in uns verwirklicht. Er hat nur unsere Hände. Das ist die ganze Botschaft Jesu.

Diese Botschaft war den damals Mächtigen in Politik und Religion suspekt. Sie mussten Jesus töten, um sich vor ihm zu schützen. Sein Evangelium war ein klarer Angriff auf ihre Macht und auf ihren Reichtum. Vor allem deshalb musste der junge Mann aus Nazareth beseitigt werden. Er hatte es gewagt, den ausbeuterischen Zuständen seiner Welt eine einfache und glaubwürdige Vision vom gerechten »Reich Gottes« entgegenzusetzen. Er hatte einen Traum von einer besseren Welt – so wie ihn Millionen Menschen auch heute träumen, unabhängig von Religion, Konfession oder Nation. Als angstfreier Mensch wurde er das Vorbild vieler und der Archetyp, das Urbild aller.

Jesus war ausgezeichnet mit schöpferischer Phantasie, großer Originalität und außergewöhnlicher Empathie. Er war und ist der außergewöhnlichste Mensch aller Zeiten, der für die Glaubwürdigkeit seiner Botschaft bewusst in den Tod ging. Martin Luther King war mit seinem Traum von der Gleichheit aller Menschen auf dem Weg Jesu. Auch Mahatma Gandhi, Nelson Mandela, Bertha von Suttner oder Albert Schweitzer waren mit ihrer Lehre von der Gewaltfreiheit Schüler Jesu. Er war das Vorbild dieser Vorbilder.

Weshalb können wir den jungen Mann aus Nazareth auch nach zweitausend Jahren nicht vergessen? Warum nicht seine Bergpredigt, die wirkmächtigste und kraftvollste Rede aller Zeiten? Was ist das Außergewöhnliche seiner Botschaft? Und vor allem: Was würde Jesus heute sagen, in einer Zeit, die wieder voller Gewalt und Krieg, voller Ungerechtigkeit und voller Umweltzerstörung ist?

Keine Frage hat mich in den letzten Jahrzehnten, in der Arbeit an meinen sechs bisher erschienenen Büchern über Jesus, mehr beschäftigt. Deshalb ging ich noch einmal an den See Genezareth, um ihn am Ort seines aufsehenerregenden Wirkens um ein Gespräch zu bitten. Ich wollte mich in ihn hineinversetzen und ihn fragen, was er uns heute sagen würde. Seine Zuhörer damals waren, so berichtet der Evangelist Matthäus, »verrückt« nach seiner Botschaft und zugleich »entsetzt« darüber. So hatte noch nie jemand zu ihnen gesprochen.

Und wir Heutigen?

Franz Alt

Baden-Baden, Februar 2018

*Jesu Muttersprache war Aramäisch, aber die Geschichten von Jesus in den vier Evangelien sind uns nur auf Griechisch überliefert. Alles, was wir über Jesus wissen, wurde erst zwei bis drei Generationen nach ihm mündlich überliefert, aufgeschrieben und danach in alle Sprachen der Welt übersetzt. Auch die Worte der Bergpredigt, so wie Sie sie in Ihrer Bibel zu Hause finden, sind erst zweihundertfünfzig Jahre nach Christus auf Griechisch zu Papier gebracht worden. Bedenkt man diese Entstehungsgeschichte, kann man sich gut vorstellen, was dabei herauskommen muss: Stimmen die Worte nicht, dann ist die ganze Botschaft falsch. Wenn Sie mehr über diese Übertragungsproblematik erfahren möchten, dann lesen Sie die Bücher des Theologen und exzellenten Aramäisch-Experten Günther Schwarz oder die von mir verfassten Bücher Was Jesus wirklich gesagt hat und Die 100 wichtigsten Worte Jesu.

Vom Töten und von der Versöhnung
Frieden statt Wettrüsten

Franz Alt: Jesus, wir sitzen hier am Nordufer des Sees Genezareth, am Berg der Seligpreisungen, wo du vor zweitausend Jahren vor Tausenden Menschen deine Bergpredigt vorgetragen hast. Deine Botschaft ist Weltliteratur geworden. Es gibt heute weltweit über vier Milliarden Bibeln. Und jeden Tag erscheinen drei weitere Bücher über dich und deine Lehre. Das ist einmalig. Theoretisch bist du also angekommen in der Welt. Aber es sieht nicht so aus, als ob du erreicht hast, was du wirklich wolltest. Auch heute ist die Welt voller Krieg, Umweltzerstörung und Ungerechtigkeit. Wie erklärst du dir das?

Jesus: Mein Wunsch war eine bessere Welt. Ich träumte von einem »Reich Gottes«, aber Wirklichkeit wurden die real existierende Kirche mit ihren Dogmen und Verboten und die real existierende Welt voller Gewalt, Unfreiheit und Ungerechtigkeit. Vom »Reich Gottes« sind wir also noch weit entfernt. Was jedoch nicht heißt, dass alles beim Alten geblieben ist. Es gibt heute weit weniger Mord und Totschlag. Zu meiner Zeit star-ben pro Jahr etwa fünfzig von hunderttausend Menschen durch Gewalt, heute sind es – trotz der aktuellen Kriege – noch etwa zwei oder drei von hunderttausend im Jahr. Es gibt eine wirkmächtigere Justiz, auch mehr Gerechtigkeit und mehr Freiheit. Vor hundertfünfzig Jahren lebte ein Großteil aller Menschen im Elend, heute ist es nur noch ein geringer Teil der Weltbevölkerung. Es stimmt also nicht, dass früher alles besser war. In vielen Fällen ist das Gegenteil der Fall. Als Realist habe ich nie geglaubt, dass meine Vorstellung vom Reich Gottes sich sofort durchsetzen werde. Diese Erwartung haben mir Theologen oft unterstellt.

Aber viele Menschen haben den Eindruck, dass die Geschichte der Menschheit eine Geschichte von Krieg und Gewalt ist?

In den vergangenen zweitausend Jahren ging die Gewalt weltweit stark zurück. Es gab immer weniger Kriege, Mord und Totschlag, Sklaverei und auf der anderen Seite immer mehr Frieden, Wohlstand, Demokratie, Empathie und Gerechtigkeit. Die schlimmsten Epochen der Gewalt gegen Frauen, Kinder und Tiere liegen hinter euch. In den letzten zweihundert Jahren erlebte die Welt eine Revolution der Rechte: Kinderrechte, Frauenrechte, Rechte für die gleichgeschlechtliche Liebe, Arbeiterrechte, Bürgerrechte, Tierrechte. Ein unübersehbarer Schritt zu mehr Frieden, gestärkt und gefördert durch den zunehmenden Informationsfluss der Massenmedien. Und wo Frieden, Freiheit, Gewaltlosigkeit und Gerechtigkeit wachsen, da wirkt Gott. Meine Bergpredigt, aber auch die Lehren von Buddha, Immanuel Kant, Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Albert Schweitzer, kurzum: die Kräfte der Aufklärung und Zivilisation waren also nicht umsonst. Sie sind meine glaubwürdigsten Kronzeugen.

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