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  Inken Weiand– Maja und Bella | Pferdeträume werden wahr– SCM Kläxbox

„SCM | Stiftung Christliche Medien“

SCM ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-417-22913-4 (E-Book)

© 2018 SCM Verlag in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Gesamtgestaltung: Christoph Möller, Hattingen

Inhalt

Pferdeträume werden wahr

1. Reitstunde auf dem Sonnenhof

2. Immer dasselbe Thema!

3. So eine gemeine Zicke!

4. Da hilft nur Beten

5. Eine riesengroße Überraschung

6. Zum ersten Mal am Grabenhof

7. Typisch Eltern!

8. Ein wunderbares Pony

9. Ob Bella wohl mitmacht?

10. Der erste Ausritt ganz allein

11. Meerschweinchen und Zickenterror

12. Nichts als Unsinn im Kopf

13. Eine seltsame Begegnung

14. Ein Unfall mit Folgen

15. Ein gefährlicher Streich!

16. (K)ein guter Rat?

17. Das beste Pferd

18. „Warum sollte ich enttäuscht sein?“

19. Maja wird richtig sauer!

20. Ärger bei der Reitstunde

21. „Muss ich mir das gefallen lassen?“

22. Probleme mit dem Halfter

23. Auf gute Freundschaft

24. Ausritt mit Hindernissen

25. Bella ist die Beste

26. Ausflug mit den Schwestern

27. Endlich wieder Reitstunde!

28. Ein Ausritt im Regen

29. Laura-Sophie legt wieder los

30. Nerviger Dauerregen

31. Ein Geschenk für Simone

32. Wer reitet beim Turnier?

33. Arme Bella! Arme Maja!

34. So eine Gemeinheit!

35. Vielleicht könnte das klappen

36. Schwerstarbeit auf dem Hof

37. Ein perfekter Tölt!

38. Das große Fest

39. Was Jesus wohl getan hätte …

40. Ein unerwarteter Sieg

41. Was für ein Tag!

42. Eine schreckliche Entdeckung

43. Gott, mach das Feuer aus!

44. In letzter Sekunde

45. Alle staunen über Maja

46. Die größte Überraschung

Zum Nachschlagen

Vielleicht fallen dir beim Lesen Wörter auf, die du nicht kennst. Wenn du wissen möchtest, was sie bedeuten, lege dein Lesezeichen an die Stelle im Buch, wo du gerade eine Pause machst. Dann schlage Seite 184 auf. Dort findest du eine Liste mit Erklärungen zu vielen Begriffen. Weil die Wörter nach dem Alphabet sortiert sind, findest du sicher schnell, was du suchst!

Ponys in Gefahr

1. Eine aufregende Reitstunde

2. Kann Bella etwa zählen?

3. Sarah will auch reiten

4. Ein toller Ausflug

5. Motte zickt herum

6. Große Brüder sind ein Rätsel

7. Soso

8. Putzen in bester Gesellschaft

9. Das Mädchen in Rosa

10. Zusammenprall mit Folgen

11. Zickenkrieg in der Reitstunde

12. Eine schlimme Entdeckung

13. Kann Herr Biehlmann helfen?

14. Sarah macht Blödsinn

15. Motte reißt aus

16. Von Schädlingen befallen

17. Ärger mit Rosa!

18. Drei süße Ponys

19. Mit Soso in der Kirche

20. Wird sich Laura-Sophie nie ändern?

21. Jo hat Rosa im Griff

22. Lieblingstiere

23. Die Ponys sind verschwunden!

24. Vergebliche Suche

25. Auch Pferde können launisch sein

26. Werden wir sie wiederfinden?

27. Der Vortrag

28. Pferde können sich nicht in Luft auflösen

29. Ein Samstag voller Arbeit

30. Gott wird schon aufpassen

31. Mit Rita stimmt etwas nicht

32. Die Suche geht weiter

33. Ein gewagter Besuch

34. Handschuhe vergessen …

35. Ben ist verknallt!

36. Das Kätzchen ist weg

37. Maja zerbricht sich den Kopf …

38. Jetzt ist Gott gefragt

39. Vorbereitungen für den Flohmarkt

40. Spuren

41. Wir brauchen einen Plan

42. Mit vereinten Kräften

43. Herr Rosenberg kennt sich aus

44. Da sind sie!

45. Anette bekommt ein Geschenk

46. Maja, die Detektivin

Zum Nachschlagen

Vielleicht fallen dir beim Lesen Wörter auf, die du nicht kennst. Wenn du wissen möchtest, was sie bedeuten, lege dein Lesezeichen an die Stelle im Buch, wo du gerade eine Pause machst. Dann schlage Seite 180 auf. Dort findest du eine Liste mit Erklärungen zu vielen Begriffen. Weil die Wörter nach dem Alphabet sortiert sind, findest du sicher schnell, was du suchst!

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1. Reitstunde auf dem Sonnenhof

„Und Maja reitet eine Volte!“ Klar und energisch hallt Svenjas Stimme über den Zirkel.

Maja strafft sich, gibt Motte eine Schenkelhilfe und lenkt ihren Kopf leicht nach rechts.

Motte ist lieb und geht ihre Volte einwandfrei. Maja atmet auf.

„Gut!“, ruft Svenja. „Nur dabei die Haltung nicht vergessen, Maja! Aufrecht sitzen, die Ferse nach unten! – Und Petra reitet eine Volte!“

Maja pustet ihre dunkelblonden Wuschelhaare aus der Stirn. Sie korrigiert ihre Haltung. Es ist nicht immer einfach, auf alles gleichzeitig zu achten: Richtig auf dem Pferd sitzen und ihm dabei die richtigen Signale geben. Dazu noch auf Svenjas Anweisungen achten und auf die anderen Pferde – schließlich soll es keine Zusammenstöße geben. Wenn man wie Maja nur eine Reitstunde pro Woche hat, dann übt sich das alles nicht so leicht.

Und Motte ist zwar ein nettes Pferd, aber Maja reitet sie nicht ganz so gerne. Sie ist manchmal ziemlich stur, und es ist anstrengend, sie anzutreiben. Vielleicht liegt es daran, dass Motte ein bisschen zu dick ist. Aber dafür kann Maja doch nichts. Motte ist ja hier ein Schulpferd und anscheinend auch ein bisschen verfressen. Außerdem hat sie viele Fans, gerade unter den jüngeren Reitschülerinnen. Die geben ihr alle gerne mal ein Leckerchen, weil sich Motte so sehr darüber freut.

Ja, wenn Maja bloß ein eigenes Pferd hätte! Das würde bestimmt nicht zu dick werden. Natürlich bekäme es Pferde-Leckerchen oder Möhrenstücke, aber es würde auf jeden Fall genug bewegt. Maja beginnt wieder zu träumen. Ein eigenes Pferd, das wäre natürlich das Größte!

Ein eigenes Pferd könnte sie jeden Tag reiten. Sie könnte sogar doppelt so oft Reitstunden nehmen, weil Reitstunden auf dem eigenen Pferd billiger sind. Das Pferd würde nur Maja mögen und sonst niemanden. Wenn Maja an die Weide oder zum Stall käme, würde es vor Freude leise wiehern. Ach ja, ein eigenes Pferd …

„Marianne!“ Scharf hallt Svenjas Stimme über den Zirkel.

Maja schreckt auf. Eigentlich heißt sie Marianne, aber sie wird fast nie so genannt. Meistens nur dann, wenn sie gerade ermahnt wird.

„Wenn alle traben, solltest du das auch tun. Sonst hältst du den ganzen Laden auf!“

Maja reißt sich zusammen. Sie sieht Laura-Sophies hämisches Grinsen. Laura-Sophie ist auf ihrem Araber „Wüstenprinzessin“ eine elegante Erscheinung. Sie trägt eine funkelnagelneue weiße Reithose, Lederstiefel und eine schicke Jacke. Und sie reitet auch noch gut. Sie hat schon das ‚Große Hufeisen’ und tritt mit Wüstenprinzessin auf Springturnieren an. Davon kann Maja natürlich nur träumen.

Sie treibt Motte an, bis das Pferd in einen angenehmen, gleichmäßigen Trab fällt. Vor ihr kämpft Anette mit dem Scheckenwallach Felix.

Anette ist Majas Freundin. Sie gehen zusammen in die Mädchengruppe und auch in dieselbe Klasse. Aber Anette ist Einzelkind, ihre Mutter berufstätig. Anette kann viel häufiger Reitstunden nehmen als Maja. Darum reitet sie natürlich um einiges besser. Aber sie gibt damit nicht so an wie Laura-Sophie. Maja mag Anette sehr gern.

„Haltung, Marianne!“, hört sie Svenja sagen.

Maja nimmt die Schultern zurück und zieht die Füße so weit aus den Steigbügeln, dass nur noch die Fußspitzen darin stecken.

„Setz dich durch, Anette! Felix muss merken, wer hier das Sagen hat!“

Als Maja zu Laura-Sophie hinüberschaut, sieht sie schon wieder ihr spöttisches Gesicht. Am liebsten hätte sie ihr mal tüchtig die Meinung gesagt. Felix ist halt manchmal ganz schön zickig. Doch schon wieder wird Maja von Svenja herangenommen. „Maja reitet einen Zirkel!“

Da muss sich Maja wieder konzentrieren. Und sie beschließt, einfach nicht mehr auf Laura-Sophie zu achten, sondern die Reitstunde zu genießen. Es ist so ein tolles Gefühl, sich dem Rhythmus des Pferdes anzupassen, es unter sich zu spüren, ja, einfach zu reiten! Das will sie sich nicht durch Laura-Sophie verderben lassen.

Dabei ist es manchmal gar nicht so einfach, diese eingebildete Person nicht zu beachten.

Nach der Reitstunde sitzen die Mädchen ab und führen die Pferde durch das Gattertor in Richtung Absattelplatz. Da zieht Laura-Sophie ihre Wüstenprinzessin einfach seitlich in Motte hinein. „Ach, Entschuldigung“, sagt sie spöttisch. „Ich hatte dich übersehen!“

Was für eine Unverschämtheit! Motte ist zwar ein Pony, aber so klein, dass man sie einfach übersehen könnte, ist sie nun auch wieder nicht.

Aber Maja hat keine Lust auf Streit. Sie beißt sich auf die Lippen, geht zum Absattelplatz hinüber und bindet Motte an. Dann gibt sie ihr erst einmal ein Möhrenstück. Das hat sie ihrer Mutter extra zu diesem Zweck abgeluchst. Knirschend zermalmt Motte die Möhre. Dabei sieht sie Maja aufmerksam an. Vielleicht hat sie ja noch mehr Leckereien dabei …

„Kannst du mir mal helfen?“

Maja dreht sich um. Da steht Anette und versucht gerade Felix anzubinden, der seinen Kopf wild hin- und herwirft.

Maja nickt. „Klar doch.“ Sie fasst Felix’ Kopf von unten und hält ihn fest.

Nun kann Anette dem Schecken die Trense abnehmen, ihm das Halfter umlegen und ihn festbinden.

„Wie gut, dass Motte nicht so wild ist“, denkt Maja. Sie wendet sich wieder Motte zu und klopft ihr die Flanke. „Fein hast du das gemacht, meine Süße!“

Da hört sie eine gehässige Stimme: „Na, habt ihr Probleme? Oder versuchst du gerade, das Minipferd zu beruhigen nach deiner miserablen Leistung eben? Dann solltest du ihm aber lieber Beruhigungstabletten geben. Die wirken vielleicht!“ Es ist schon wieder diese Laura-Sophie, die da lästern muss. Diesmal aber steht sie mit ihren Freundinnen Bettine und Carola zusammen. Die beiden lachen über Laura-Sophies tollen Scherz.

„Nein, wir haben keine Probleme. Du vielleicht?“, fragt Maja patzig zurück.

Laura-Sophie öffnet den Mund um zu antworten. Doch dann schließt sie ihn direkt wieder und beginnt wild an Wüstenprinzessin herumzustriegeln. Dabei wirft sie immer wieder einen Blick zur Seite.

Maja sieht sich um. Was ist es nur, das die Aufmerksamkeit der Zicke so fesselt? So sehr, dass sie nicht weiterlästern kann?

Ach, es sind Marvin und Kai, die auch hier auf dem Sonnenhof reiten. Maja kann die beiden Jungen gut leiden, besonders Kai. Er reitet den Haflinger Anton, der ihm selbst gehört. Anton kann ziemlich stur sein, aber Kai reitet gut und hat ihn hervorragend im Griff. Maja mag Kai schon ziemlich gern.

Nur scheint Kai das nicht zu bemerken. Das ist eigentlich kein Wunder, denn beinahe jedes Mädchen vom Reiterhof himmelt einen der beiden Jungen an. Entweder eben Kai mit seinen wuscheligen braunen Haaren oder Marvin mit der dunklen Lockenfrisur. Marvin hat kein eigenes Pferd, wie Maja. Er geht jetzt in den Stall, um eines der Schulpferde zu satteln.

Laura-Sophie wirft beim Striegeln lässig ihre langen, blonden Haare nach hinten und sieht aus den Augenwinkeln zu den Jungen hinüber.

Kai grüßt mit einem Grinsen zurück und bindet seinen Anton fest. Direkt neben Wüstenprinzessin.

Maja schluckt. Neben ihr hat Kai Anton noch nie angebunden. Sie dreht sich schnell weg und läuft zu Svenja hinüber. „Svenja, wird Motte noch geritten?“

Svenja sieht in ihrem Unterrichtsplan nach. Sie nickt. „Ja, sie ist gleich nochmal dran. Du kannst sie so stehen lassen.“

2. Immer dasselbe Thema!

Als Maja nach Hause kommt, herrscht wie immer ein ziemliches Durcheinander. Ihre vierjährige Schwester Anna fährt mit ihrem Rutscheauto in vollem Tempo durch den Flur, die sechs Jahre alte Sarah läuft hinter ihr her und kreischt so laut sie kann.

Mama ist gerade dabei, Jonatan zu füttern, als Maja heimkommt. Sie öffnet die Tür in einem Kittel, der mit Möhrenbrei bekleckert ist. „Und? Wie war es beim Reiten, mein Schatz?“

„Schön“, brummt Maja.

Aber die Mutter wartet die Antwort gar nicht ab, sondern saust schon wieder in die Küche. Dort sitzt der Kleine auf seinem Kinderstuhl und wartet auf den nächsten Löffel Brei.

Maja streift die Reitstiefel von den Füßen und lässt sie einfach am Eingang stehen. Dann geht sie hinüber in die Küche. Sie muss jetzt erst einmal etwas trinken, und Hunger hat sie auch. Reiten macht wirklich hungrig.

Maja gießt sich ein Glas Wasser ein. Mama sitzt schon wieder da und schiebt Jonatan einen Löffel in den Mund. Jonatan spuckt.

„Mach nicht so eine Schweinerei, Jonatan“, sagt Maja gespielt streng.

Ihre Mutter muss lachen. „Als du klein warst, hast du auch immer gespuckt. Was meinst du, wie ich da immer ausgesehen habe!“

Sie wischt Jonatan das Gesicht ab und bietet ihm geduldig den nächsten Löffel Möhren an. Dann wendet sie sich wieder ihrer Tochter zu. „War es schön?“

Maja nickt. „Motte war lieb, aber sie hatte keine Lust zum Traben“, berichtet sie. „Und Felix hat furchtbar gezickt. Die arme Anette hat ganz schön mit ihm gekämpft. Laura-Sophie musste natürlich schon wieder lästern.“ Sie schweigt plötzlich. Wenn sie über das Reiten schimpft, erinnert die Mutter sie immer daran, wie teuer es ist. Maja seufzt. „Ach, Mama! Wenn ich nur ein eigenes Pferd hätte …“

Ihre Mutter schiebt dem Kleinen den nächsten Löffel Möhrenbrei in das weit aufgesperrte Mündchen. „Marianne“, sagt sie bestimmt. „Du weißt, dass das nicht geht. Der Reitunterricht ist teuer genug. Dein Vater und ich, wir können nicht dir ein Pferd kaufen und den anderen gar kein teures Hobby mehr erlauben.“

„Aber Ben hat einen Computer bekommen …“ Maja weiß genau, dass ihr älterer Bruder den Computer für die Schule braucht – aber ein wenig neidisch ist sie schon.

„Schluss jetzt!“ Mama wird richtig energisch. „Du ziehst dich jetzt um. Und räum deine Reitstiefel bitte noch weg, bevor jemand darüber stolpert.“

Maja seufzt. Mütter können echt lästig sein. Warum nur soll man immerzu aufräumen? Und warum hat es solche Ewigkeiten gedauert, bis sie ein Handy bekam? Ihre Eltern hatten es ihr schließlich doch erlaubt, nachdem ein Freund von Ben einen Fahrradunfall hatte.

Aber ein Pferd? Da kann man bei ihrer Mutter ohnehin nichts erreichen, das weiß Maja. Darum zieht sie sich doch um und räumt ihre Reitsachen ordentlich fort. Dann kehrt sie in die Küche zurück.

Mama drückt ihr Jonatan in den Arm. „Kannst du ihn mal schnell nehmen, während ich hier aufräume?“

Maja schaukelt den Kleinen auf ihrem Schoß. Er quiekt und lacht begeistert. „Du bist mein Schatz!“, singt Maja. „Du bist mein Schatz, Schatz, Schatz!“, und sie lässt ihn auf ihren Beinen hüpfen. Jonatan lacht. Er ist so niedlich!

Schnell räumt die Mutter noch die Spülmaschine ein.

„Anette und ich haben verabredet, dass ich morgen auch auf den Sonnenhof komme“, berichtet Maja. „Sie hat Reitstunde und ich möchte gern zugucken.“

Ihre Mutter nickt. „Nach den Hausaufgaben natürlich. Und denk daran, dass du morgen Abend auf die Kleinen aufpassen wolltest.“ Sie sieht sich um. „So, fertig. Dann gib mir unseren kleinen Schatz mal, damit ich ihn wickeln kann.“

Maja steht auf.

Morgen Abend ist Hauskreis im Wohnzimmer, da kann Mama keine quengelnden Kinder gebrauchen. Und Maja hat versprochen, an diesen Abenden auf ihre kleinen Geschwister zu achten.

Im Hauskreis sprechen die Erwachsenen immer über die Bibel. Sie beten zusammen und singen auch manchmal. Maja weiß, dass das ihrer Mutter wichtig ist. Beten ist Sprechen mit Gott. Und um was man Gott bittet …

Maja dreht sich in der Küchentür um. „Ich werde um ein eigenes Pferd beten!“, erklärt sie bestimmt. „Wenn Gott mir ein Pferd schenkt, kannst du gar nichts dagegen machen!“

Ihre Mutter öffnet den Mund und schließt ihn direkt wieder. Schließlich meint sie seufzend: „Du weißt, dass Gott nicht immer alle Gebete erhört. Er hört sie wohl. Aber manchmal bitten wir um etwas, das gar nicht gut für uns ist.“

„Ein Pferd ist gut für mich!“, erklärt Maja bestimmt. Und dann zieht sie ab ins Mädchenzimmer. Sie wird ab jetzt ganz oft um ein Pferd beten. Mal sehen! Sie wird gleich jetzt anfangen.

3. So eine gemeine Zicke!

„Na seht euch mal die Marianne an!“, flötet Laura-Sophie. „Was die für schicke Reithosen anhat! Hast du die aus der Mülltonne gegraben?“

Maja wird rot. Ihre Reithose ist eine gute Vollbesatzreithose, aber sie ist geflickt, weil Maja letztens damit hingefallen ist. Reithosen sind sehr teuer. Und außerdem muss man nicht alles neu haben, sagt Mama. Maja bekommt erst eine neue Reithose, wenn Anette aus ihrer herausgewachsen ist und sie an Maja weitergibt. Zum Glück ist Anette größer als sie.

Laura-Sophie setzt noch nach: „Ach, vielleicht sollten wir einmal sammeln gehen. Unsere liebe Marianne ist doch so ein Talent – und dann kann sie sich noch nicht einmal Reithosen leisten – geschweige denn ausreichend Reitstunden! Vielleicht sollten wir einen Wohltätigkeitsbasar machen? Ich könnte ein paar Reitstulpen stiften, die meine Oma gehäkelt hat!“

Bettine und Carola kichern. Die beiden finden immer alles lustig, was Laura-Sophie sagt.

Maja will fragen, warum Laura-Sophies Oma ihr Reitstulpen gehäkelt hat, aber sie traut sich nicht. Gehäkelte Reitstulpen sehen bestimmt komisch aus.

Maja hat keine Lust auf Streit, und sie hat erst recht keine Lust dazu, sich von Laura-Sophie auslachen zu lassen. Deshalb dreht sie sich um und geht weg. Heute hat sie selbst ja keinen Reitunterricht, also kann sie ruhig ein wenig in den Stall gehen. Dort stehen heute keine Pferde – die scheinen alle draußen zu sein. Aber Milly, die Katze, schaut Maja aufmerksam an. Als sich das Mädchen hinhockt, schleicht sie herbei und reibt sich an Majas Knie. Vorsichtig streicht Marianne ihr über das weiche Fell. „Du bist nicht so eine Ziege, Milly“, murmelt Maja. Eine ganze Weile hockt sie mit der Katze im Stall, bis sie hört, dass die anderen ihre Pferde Richtung Reitplatz bringen.

Maja steht auf und verlässt den Stall. Sie hat ja Anette versprochen, mit ihr zu kommen. Anette führt gerade Baldemar auf den Platz, wo schon Svenja und die anderen warten. Baldemar ist ein Großpferd, ein Friesenmix, unheimlich lieb und freundlich. Anette hat Glück, dass sie ihn heute nehmen darf. Er ist das Lieblingspferd vieler Kinder.

Maja setzt sich auf einen der dicken Baumstämme, die als Bänke neben dem Platz liegen. Die Sonne scheint heute schön warm, da kann sie gut zusehen, wie Anette reitet.

Schon bald hallt Svenjas Stimme über den Platz. „Und wir reiten im Schritt.“ Heute will Svenja den Mädchen den leichten Sitz zeigen, da möchte Maja besonders gut aufpassen. Schließlich kann man auch beim Zusehen etwas lernen! Und Maja möchte eine ganze Menge lernen. Wenn sie doch nur so gut reiten könnte wie Laura-Sophie!

„Majanne!“, hört Maja da hinter sich jemanden rufen.

Schnell dreht sie sich um. Das kann nur Jo, der Stallbursche, sein. Jo ist schon erwachsen, aber er kann nicht richtig sprechen. Deshalb ärgern ihn manche Kinder. Dann wird Svenja aber jedes Mal richtig wütend. Sie sagt, Jo sei der beste Stallbursche, den sie jemals gehabt hätte. Er bleibt immer ruhig, und er kann unheimlich gut mit den Pferden umgehen. Und stark ist er auch.

Maja mag Jo gut leiden.

Jo grinst sie breit an. „Haste den Reithelm dabei?“

Maja nickt.

„Ich hole Motte und Rosa von der Weide hinter der Straße“, erklärt Jo. „Wenn du willst, kannst du Motte herreiten.“

„Oh ja, gerne!“ Da macht Maja, dass sie mit Jo zur Weide kommt. Eine Weile laufen sie schweigend nebeneinander her.

„Wie geht es dir, Jo?“, fragt Maja schließlich.

Jo wiegt den Kopf. „Gut und schlecht, Majanne. Gut, weil es mir gut geht. Und schlecht, weil Laura-Fie gesagt hat, dass ich dumm bin.“

„Du bist nicht dumm, Jo!“, erklärt Maja bestimmt. „Du bist voll in Ordnung! Und Laura-Sophie hat nicht halb so viel Ahnung von Pferden wie du!“ Aber da sind sie auch schon an der Weide angekommen. Jo öffnet das Gatter und pfeift leise.

Ein paar der Pferde heben sofort die Köpfe. Motte setzt sich in Trab und kommt herbei. Jo kramt ein paar Möhrenstücke aus seiner Jackentasche. „Hier, Majanne!“

Maja hält Motte das Möhrenstück auf der flachen Hand vor das weiche Maul. Motte nimmt mit den Lippen die Möhre auf und kaut genüsslich. Dann stupst sie Maja an.

Maja lacht. „Du bist verfressen!“ Aber dann gibt sie Motte das andere Stück auch noch.

Jo hilft ihr beim Aufsteigen, dann geht es zurück zur Reithalle. Dort ist die Reitstunde mittlerweile beendet. Maja lässt sich von Mottes Rücken gleiten und bindet das Pony am Sattelplatz an. Sofort kommt ein kleines Mädchen mit seiner Mutter angelaufen. „Ist das Motte?“

Maja nickt.

„Dann darf ich die jetzt reiten.“

„Schön“, sagt Maja. „Hol dir da hinten Putzzeug und striegele sie erst einmal. Aber pass auf! Motte ist manchmal frech!“

Gehorsam nimmt das kleine Mädchen einen Gummistriegel und beginnt, das Pony damit zu bürsten.

Maja dreht sich um. Gespannt sieht sie Anette entgegen. „Wie war die Stunde? Darf ich dir Baldemar striegeln helfen?“

Anette nickt lachend und sattelt Baldemar ab. Währenddessen beginnt Marianne schon, das Pferd zu pflegen.

Jo kommt pfeifend mit zwei Eimern Kraftfutter vorbei. Er lächelt Maja zu. Da hört Maja eine giftige Stimme hinter sich: „Ach, da haben wir ja wieder genau die richtige Versammlung. Die Behinderten und die Bedürftigen. Nun ja. Man soll ja wohltätig sein.“

Es ist natürlich Laura-Sophie, die da so gehässig spricht.

Maja ärgert sich. Darüber, dass Laura-Sophie über sie lästert. Aber noch viel mehr darüber, dass sie so über Jo herzieht. Jo ist nett – und er kann ja nichts dafür, dass er behindert ist, oder? Wie kann dieses Mädchen nur so gemein zu ihm sein?

Maja dreht sich zu Laura-Sophie um. Aber als sie ihren spöttischen Blick fühlt, wagt sie nicht mehr etwas zu sagen. Stattdessen beißt sie sich auf die Lippen und striegelt Baldemar. Dabei kann man auch gut seinen Frust loswerden.

4. Da hilft nur Beten

„Ach, Marianne, da bist du ja! Zieh schnell die Reitsachen aus! Ich muss noch kurz weg, Sarah von ihrer Freundin abholen!“

Maja beeilt sich. Ganz schnell schon steht sie in Jeans und Pulli da. „Da bin ich.“

„Wunderbar, mein Schatz. Ich flitze gleich los. Hast du währenddessen ein Auge auf Jonatan und Anna?“

„Klar.“ Maja nickt. Dann seufzt sie: „Ach, Mama …“

„Was ist denn?“

„Wenn ich doch ein Pferd hätte …“

„Marianne! Wir haben schon so oft darüber gesprochen. Ich will das Gejammer jetzt nicht mehr hören!“

„Aber Mama! Ich jammere überhaupt nicht. Ich bete ganz viel dafür. Das ist erlaubt. Das tut auch die Witwe. Davon habe ich im Kindergottesdienst gehört, und dann stimmt das auch.“

„Kind!“ Die Mutter seufzt. „Es werden nicht immer alle Gebete erhört.“

„Dieses schon!“

„Hast du deine Hausaufgaben gemacht?“ Mama lenkt schon wieder ab. Eltern sind so leicht zu durchschauen! Immer, wenn ihnen ein Thema nicht passt, lenken sie ab.

„Ja.“

Maja verzieht sich zu Jonatan und Anna in deren Zimmer. Dort hat sie wenigstens Ruhe vor nervigen Aufträgen und Belehrungen. Sie legt sich auf den Boden und baut Bauklotztürme für Jonatan. Und Jonatan krabbelt herum und stößt sie quietschend um. So etwas macht dem Kleinen Spaß. Anna zieht derweil alle ihre Puppen aus.

„Was machst du da?“, erkundigt sich Maja misstrauisch.

„Die wollen alle schwimmen gehen“, klärt Anna sie auf.

Schwimmen, naja, das ist natürlich nicht so toll wie reiten. Aber erlaubt ist es. Also spielt Maja weiter mit Jonatan und lässt Anna mit ihren Puppen „Schwimmen“ spielen. Erst zum Abendessen geht sie wieder hinunter.

Mama hat einen leckeren Auflauf mit viel Käse gemacht, den liebt Maja. Sie langt kräftig zu. Nach dem Essen aber muss schnell aufgeräumt werden, weil ja die ganzen Menschen vom Hauskreis kommen. Herr Rosenberg und Frau Maier, das Ehepaar Susa, der alte Herr Biehlmann, und dann noch Sylvia und Marco.

Maja räumt mit ihrem großen Bruder Ben zusammen die Spülmaschine ein. Währenddessen gruppiert Mama die Sessel und Stühle im Wohnzimmer für den Hauskreis um. Und gleichzeitig brüht sie verschiedene Tees auf.

5. Eine riesengroße Überraschung

„Maja! Spielen!“

Maja seufzt. Eigentlich soll sie nur auf Sarah und Anna aufpassen. Aber so, wie die Sache läuft, muss sie die ganze Zeit über mit ihnen spielen, damit sie keinen Unfug machen. Zum Glück liegt wenigstens Jonatan schon friedlich in seinem Bettchen! „Was wollt ihr denn spielen?“

„Pferdchen!“

Nun hat Maja wirklich nichts gegen Pferde. Aber mit den Schwestern „Pferdchen“ zu spielen, ist mehr als anstrengend. Entweder muss sie selbst das Pferd sein und wird am Gürtel durch die Wohnung gescheucht. Oder die Kleinen sind die Ponys, und die lassen sich bestimmt nicht scheuchen. Sie wollen ununterbrochen gefüttert und gestriegelt werden.

„Wir wollen Pferdchen spielen!“

„Marianne, sorge bitte dafür, dass die Kleinen brav sind.“

„Okay.“

Es klingelt. Sylvia und Marco kommen gerade. Die Mutter sieht Maja streng an. Die seufzt. „Ist ja gut, wo soll der Stall sein?“

„Wir wollen nicht in den Stall!“

„Na, von mir aus. Dann seid ihr Isländer. Die stehen das ganze Jahr über auf der Weide.“

„Warum? Frieren die nicht?“

„Nein. Sie kommen ursprünglich aus Island, wo sie das ganze Jahr über draußen sind. Und in Island ist es viel kälter als hier.“

„Wo ist die Weide?“

Es klingelt noch einmal. Herr Biehlmann kommt. Er lacht, als er die Kinder sieht. „Was macht ihr denn hier?“

„Wir suchen eine Weide.“

„Immer noch die alte Pferdenärrin, wie?“ Herr Biehlmann lächelt Maja zu.

Mama seufzt. „Ja. Es ist aus ihrem Kopf einfach nicht hinauszubekommen. Und jetzt betet sie auch noch andauernd um ein eigenes Pferd.“

„Beten darf man. Das erklärst du uns sonst auch immer. Und außerdem hat die hartnäckige Witwe auch so lange den Richter angebettelt, bis er ihr schließlich recht gegeben hat. Deshalb dürfen wir das auch.“ Maja sieht Herrn Biehlmann an.

„Wo du recht hast, hast du recht“, erklärt Herr Biehlmann grinsend. „Und ich werde mir jetzt den Sessel sichern, solange er noch frei ist.“

Es klingelt schon wieder. Und jetzt steht der ganze Schwung an Gästen vor der Tür, der noch fehlt. „Hüa, meine Pferde. Ab auf die Weide!“, sagt Maja und bringt die beiden Kleinen in das Zimmer von Sarah und ihr.

„Und wo ist jetzt unsere Weide?“

„Hier drin. Da vorne habt ihr ein paar Heuballen und dort ist die Tränke. Ansonsten habt ihr einfach viel Platz. Ihr könnt jetzt herumlaufen und euch austoben!“

Die Kleinen beginnen sofort im Kreis herumzulaufen.

Maja grinst. „Wenn Pferde auf die Weide kommen, dann legen sie sich manchmal vor Freude auf den Rücken. Habt ihr das schon mal gesehen?“ Und dann macht sie ihren Geschwistern vor, wie Pferde sich manchmal vor Glück und Übermut auf der Wiese wälzen. Das gefällt Sarah und Anna. Sofort machen sie nach, was Maja ihnen gezeigt hat. Dabei wiehern sie und lachen laut.

„Pst!“, macht Maja besorgt. Wenn die beiden zu laut sind, bekommt sie den Ärger, so viel ist klar. Es bekommen immer die Älteren den Ärger. Aber Anna und Sarah sind jetzt aufgedreht, da hilft nichts. Nach einer Weile hat Maja eine Idee: „Seid mal bitte ruhig. Dann hole ich euch etwas zu trinken!“, flüstert sie den beiden zu.

Und tatsächlich sind die beiden sofort still. Vielleicht haben sie wirklich Durst.

Maja läuft die Treppe hinunter in die Küche. Die Tür zum Wohnzimmer steht offen. Die Erwachsenen unterhalten sich gerade leise. Über das Beten, wie es scheint.

„So viel Vertrauen kann ich einfach nicht haben“, sagt Mama gerade leise.

„Das heißt aber nicht, dass es falsch ist. Sicher beten wir manchmal um Dinge, die nicht gut für uns sind. Oder die noch nicht gut für uns sind. Dennoch dürfen wir ruhig kindliches Vertrauen haben. Wir dürfen davon ausgehen, dass Gott uns das gibt, worum wir ihn bitten“, erklärt Herr Biehlmann. „Im Übrigen lernt man durch ein Pferd Verantwortung zu tragen und einander zu helfen.“

„Da ist die Reiterin übrigens gerade“, bemerkt Sylvia lachend.

Herr Biehlmann nickt. „Komm doch mal herein, Marianne!“, fordert er sie auf.

Zögernd betritt Maja das Wohnzimmer. Wenn Erwachsene einen hereinrufen, gibt es meistens Ärger.

„Du betest also um ein eigenes Pferd?“, fragt Herr Biehlmann und sieht sie forschend an. Maja nickt. Das ist ja wohl nicht schlimm, oder?

„Muss es denn ein ganz eigenes Pferd sein? Oder geht es dir vor allem darum, ein Pferd zu haben, das du versorgen und reiten darfst?“

Maja zögert ein wenig. Vielleicht ist es total falsch, was sie jetzt sagt. „Am allerliebsten hätte ich ein ganz eigenes Pferd“, meint sie schließlich ehrlich. „Aber ich wäre schon total glücklich, wenn ich ein Pferd zum Versorgen und Reiten hätte. Eines, das mich mag, mit dem ich auch mal ausreiten kann, und bei dem ich nicht immer Reitstunden bezahlen muss.“

Herr Biehlmann lacht leise. „Manchmal werden Gebete schneller erhört, als die eigene Mutter es für möglich hält. Du kannst ein solches Pferd haben.“

Maja glaubt, nicht richtig zu hören. Macht Herr Biehlmann etwa gerade einen Scherz? Misstrauisch sieht sie ihn an.

„Meine Tochter Simone reitet, wie du weißt. Und sie hat früher ihr Pony Bella geritten. Bella ist ein Isi-Mix. Irgendwann wollte sie auch Turniere reiten. Dafür ist Bella jedoch nicht geeignet. Und so bekam sie Sturmwind, ihren Holsteinerwallach. Beide stehen zusammen auf der Weide. Aber Simone studiert mittlerweile und hat nicht mehr so viel Zeit. Sie hat schon letztens gesagt, dass sie sehr froh wäre, wenn ich ein verantwortungsvolles Mädchen finden würde, das sich um Bella kümmert und sie reitet.“

Herr Biehlmann schweigt kurz. „Du würdest das doch tun, oder? Sie jeden Tag reiten, nach ihr sehen, den Zaun nachgucken, das Pferd striegeln und alles, was dazugehört?“

Da endlich begreift Maja, dass Herr Biehlmann sein Angebot ernst meint. Ihre Knie beginnen zu zittern. „Oh, das würde ich … wahnsinnig gerne … aber ich weiß nicht, ob Mama es erlaubt …“ Maja ärgert sich, dass sie stottert, aber sie bekommt einfach keinen vernünftigen Satz heraus.

„Mit welchen Kosten ist das für uns verbunden?“, hört sie die Stimme ihrer Mutter.

„Ach, lass mal!“, wendet sich Herr Biehlmann an Majas Eltern. „Mit der Lösung ist uns allen geholfen. Wir brauchen Bella nicht zu verkaufen und wissen, dass das Kind sich gut um sie kümmert. Das reicht. Ihr braucht nicht dafür zu zahlen.“

In genau diesem Moment begreift Maja, dass sie nicht träumt. Dass es ganz ernst ist. Sie bekommt ein Pflegepferd. Ganz für sich!

6. Zum ersten Mal am Grabenhof

Nach dem Mittagessen fährt Maja mit dem Fahrrad in den „Alten Graben“. Hier gibt es noch ein paar Bauernhöfe. Auf einem davon wohnt Herr Biehlmann. Er hat nur noch einen Nebenerwerbsbetrieb – er arbeitet in einem Büro. Nur wenn er frei hat, kann er sich um den Bauernhof kümmern. Daher steht ein guter Teil seiner Gebäude leer. Der Schweinestall ist zur Garage umgebaut, der Hühnerstall steht voller Gerümpel, aber es gibt noch ein paar Rinder und zusätzlich die Pferde.

Herr Biehlmann führt Maja zur Weide. Mama steht mit dem Kinderwagen weiter hinten und sieht zu.

Ein wunderschöner, dunkler Holsteiner hebt lebhaft seinen schlanken Kopf. „Das ist Sturmwind“, erklärt Herr Biehlmann. „Den reitet Simone jetzt.“

Etwas weiter hinten auf der Weide stehen ein Falbe und ein geschecktes Pony mit dunkler Mähne. Herr Biehlmann schnalzt mit der Zunge. Da hebt der Falbe den Kopf und wiehert.

„Das ist Lady“, erklärt Herr Biehlmann. „Lady ist ein Fjordpferd. Siehst du den Aalstrich? Lady ist mein Pferd. Und das Pony ist Bella.“

„Bella!“, ruft Maja leise und kramt in ihrer Jackentasche nach den Möhren, die ihre Mutter ihr mitgegeben hat. „Bella!“

Das Pony hebt den Kopf, spielt mit den Ohren.

„Bella!“

Da beschließt das Pony, dass es sich bestimmt lohnt herzukommen. Es setzt sich in einen schönen Trab und läuft mit wehender Mähne herbei.

„Was für eine schöne Mähne!“, entfährt es Maja.

Herr Biehlmann lacht. „Die hat sie von ihrer Mutter geerbt. Sie ist eine Isländerstute. Aber es ist eine Menge Arbeit, sie zu bürsten.“

Mit einem kraftvollen Lauf erreicht Bella den Zaun. Sie stupst Maja mit der Schnauze an. Maja hält ihr ein Möhrenstück hin, das Bella mit ihren weichen Lippen sofort aufnimmt. Erwartungsvoll sieht sie das Mädchen an, während sie die Karotte zermalmt.

„Sie mag mich“, stellt Maja glücklich fest.

Dann füttert sie Bella mit den anderen Möhrenstücken. „Du bist ja verfressen“, meint sie kichernd, als das Pferd sie immer weiter stupst.

„Ich zeige dir mal den Stall und die Gerätekammer“, schlägt Herr Biehlmann vor.

Sie gehen zu einem kleinen Offenstall hinüber, in dem die Pferde den Sommer über stehen. Eine abschließbare Kammer daneben beherbergt die Sättel, das Zaumzeug, das Putzzeug und einiges mehr. Es gibt einen Wasserhahn, einen Besen, eine Harke, eine Schubkarre. „Die Wiese muss natürlich abgeäpfelt werden“, erklärt Herr Biehlmann. „Aber das musst du nicht alleine machen. Da räumt jeder weg, was er gerade sieht.“

Maja nickt. Solche Arbeiten kennt sie schon vom Reiterhof.

Herr Biehlmann dreht sich um. „Siehst du das große Gebäude da hinten?“

Maja folgt seinem Finger und nickt.

„Das ist der Kuhstall. Darin verbringen die Kühe die Nacht und die Melkzeiten. Im Winter bleiben sie oft auch ganz darin. Und dort links habe ich noch einen Offenstall mit einem Paddock davor. Dort stehen die Pferde, wenn es gar zu kalt wird. Oder manchmal auch für eine Nacht, wenn sie die Weide wechseln. Aber das zeige ich dir ein andermal.“

Maja nickt wieder.

Herr Biehlmann fährt fort: „Das hier ist Bellas Sattel. Möchtest du sie gleich reiten?“

„Aber ja, sehr gerne!“ Maja ist ganz außer sich vor Freude.

„Dann hol sie mal her. Hier hängen die Halfter. Dieses rote gehört zu Bella.“

Maja nimmt das Halfter. Sie öffnet das Törchen zur Weide, schließt es sorgfältig wieder und geht auf Bella zu. Das Pony kommt auch schon direkt auf sie zu gelaufen. Wahrscheinlich hofft es auf weitere Möhrenstücke. Richtig niedlich sieht Bella aus, findet Maja. Sie kann gerade über Bellas Rücken hinwegsehen. Diese Größe ist wirklich praktisch.

Maja dreht sich zu Herrn Biehlmann um. Der steht am Zaun und beobachtet sie.

Ach du Schreck, natürlich! Er beobachtet, wie Maja mit Bella zurechtkommt! Womöglich auch, ob sie alles richtig macht! Ob sie überhaupt dazu geeignet ist, für sein Pferd zu sorgen! Jetzt bloß nicht nervös werden, sagt sich Maja. Und: „Bitte, Gott, lass alles gut gehen! Bitte!“, betet sie.

Maja klopft Bella die Flanke. Dann zieht sie ihr das Halfter über den Kopf, bis über die Ohren. Dabei wirft Bella ein bisschen den Kopf hin und her, aber sie ist nicht halb so zickig wie Felix. Im Gegensatz zu diesem kann Maja sie ganz leicht nehmen. Sie fasst Bella einfach unter dem Kopf hindurch.

„So, jetzt bist du fertig“, sagt Maja ruhig. „Jetzt wollen wir mal sehen.“

Sie führt Bella zu Herrn Biehlmann hinüber. Der hat inzwischen den Sattel und die Trense geholt und über den Zaun gehängt. „Schau mal“, sagt er. „Hier vorne ist ein Balken, da kannst du Bella auch gerne festbinden, wenn du magst.“

Maja nickt wieder. Immer noch wird sie von Herrn Biehlmann beobachtet. Das macht sie etwas nervös. Ihre Finger zittern, als sie das Halfter mit dem Anbindeknoten befestigt. Aber es klappt alles auf Anhieb. Nun hebt Maja den schweren Sattel vom Zaun und legt ihn Bella auf den Rücken.

Bella hält ganz still. Bestimmt weiß sie, dass sie gleich geritten wird. Maja zieht die Sattelgurte unter ihrem Bauch durch und zurrt sie fest. Sie sind schwer anzuziehen, bestimmt muss sie gleich nachgurten. Nun verstellt sie noch die Steigbügel so, dass sie ungefähr stimmen könnten. Dann ist die Trense an der Reihe. Während Bella beim Sattelauflegen noch sehr lieb war, wirft sie jetzt doch wieder den Kopf hin und her. Aber Maja kennt solche Tricks schon von Felix. Sie nimmt Bella wieder unter dem Kopf, bis sie ruhig ist, und legt ihr dann die Trense um. Ehe das Pony sich versieht, hat es das Gebiss im Maul und den Riemen hinter den Ohren.

Maja sieht kurz zu Herrn Biehlmann hinüber. Der nickt ihr ermutigend zu. „Dann sitz mal auf.“

Das Mädchen stellt den Fuß in den Steigbügel und sitzt auf. Bella stellt die Ohren auf und dreht den Kopf etwas nach hinten. Anscheinend ist sie neugierig und möchte wissen, was da passiert.

„Soll ich noch nachgurten?“, fragt Herr Biehlmann freundlich. Nachgurten mag Bella anscheinend nicht. Sobald sich Herr Biehlmann ihr nähert, geht sie ein paar Schritte zur Seite.

„Hey“, lacht er. „Sorg mal dafür, dass sie stehen bleibt! Schließlich bist du die Reiterin!“

Er hat natürlich recht. Maja hält Bella an, und endlich kann Herr Biehlmann in Ruhe die Gurte nachziehen.

„So, jetzt kann es losgehen! Dann zeig mal, was du kannst!“

Maja versucht ganz ruhig zu bleiben. Wenn sie aufgeregt ist, spürt das Pferd das sofort. Ruhig muss sie bleiben, ganz ruhig. Sie treibt Bella ein wenig an, und das Pony beginnt sofort zu gehen, einen sanften, weichen Schritt. Maja treibt noch ein wenig mehr und Bella fällt in einen schaukelnden Trab. Oder ist es gar kein Trab?

„Sie geht Schweinepass!“, hört Maja Herrn Biehlmann vom Zaun rufen.

Schweinepass, das hört sich nicht gut an. Bestimmt heißt es, dass das Pferd unsauber geht. Maja treibt Bella noch etwas weiter an, da fällt sie in einen unruhigen Trab. Anscheinend hat sie das Pferd noch nicht so richtig im Griff, denn Bella wird noch ein wenig schneller. Und nun zieht sie die Beine weit zu sich heran, während sie einen traumhaft weichen Gang einlegt. Aber Trab, nein, Trab ist das immer noch nicht.

7. Typisch Eltern!

„Marianne, sitz bitte endlich still!“ Mama wird langsam ungeduldig, das hört man an ihrer Stimme. Also reißt Maja sich zusammen. Es ist aber wirklich schwierig still zu sitzen, wenn man so aufgeregt ist wie sie gerade. „Bella ist soooo süß!“, schwärmt sie. „Und sie hat einen Tölt-Gang! Stellt euch das mal vor!“

„Was ist denn das jetzt schon wieder?“ Papa zieht die Augenbrauen hoch.

„Na, so etwas wie ein Rückwärtsgang oder so“, scherzt Ben.

Maja sieht ihn missbilligend an. „So ein Quatsch! Die meisten Pferde können nur drei Gangarten: Schritt, Trab und Galopp. Aber die Isländer, die können noch tölten. Und Passgang. Und Bella, die ist ein Isi-Mix, die kann auch tölten. Das ist doch klasse, oder?“

Ihr Vater sieht sie ernst an. „Ich freue mich für dich, dass dein Wunsch so schnell erfüllt worden ist. Aber ich möchte dich darauf aufmerksam machen, dass ich von dir erwarte, dass du die Schule und auch die Familie jetzt nicht vernachlässigst.“

Das ist mal wieder so ein typischer Erwachsenenspruch. Aber wer kann schon etwas dagegen ausrichten? Maja nickt ergeben. Dann erinnert sie sich an das, was Herr Biehlmann gesagt hat. „Mit einem Pferd lernt man aber auch, Verantwortung zu tragen“, ergänzt sie voller Stolz.

„Na, hoffentlich“, brummt Papa.

„Verdirb der Kleinen doch jetzt nicht direkt alles“, kommentiert Ben. Große Brüder sind manchmal nicht nur nervig, sondern auch mal richtig nett.

Der Vater blickt ihn verwundert an. „Warum verderbe ich ihr denn alles? Ich rufe ihr nur ein paar altbekannte Wahrheiten ins Gedächtnis. Schließlich soll sie später keine bittere Enttäuschung erleben.“

Ben verdreht die Augen. Anscheinend sind ältere Geschwister von den Eltern und ihren Sprüchen manchmal genauso genervt wie man selbst. Eigentlich ist das seltsam! Maja hatte sonst immer das Gefühl, ihr großer Bruder dürfe alles.

„Und außerdem“, fügt Ben jetzt noch hinzu, „dürft ihr Maja den Gaul sowieso nicht wieder wegnehmen. Das darf höchstens Herr Biehlmann. Er gehört schließlich nicht euch, sondern ihm oder Simone.“

„Wer spricht denn hier von wegnehmen?“, meint der Vater ärgerlich.

„Und dann ist das Vieh auch noch Majas Gebetserhörung“, bemerkt Ben und blinzelt Maja zu. „Da gehört es sich nicht, wenn man sein Erziehungsrecht missbraucht.“

Maja lacht. „Ja, genau! Bella ist ja meine Gebetserhörung.“ Obwohl … Maja wird auf einmal ganz still. Es ist doch komisch. Sie hatte um ein eigenes Pferd gebetet. Wenn Gott so einfach Pferde vergeben kann – warum hat er dann ihren Wunsch nur halb erfüllt?

8. Ein wunderbares Pony

Maja ist auf dem Weg zur Weide. Heute wird sie Bella wieder reiten, ganz allein. Es ist unglaublich schön, nach den Hausaufgaben einfach reiten zu können! Und zugleich ist die Sache auch noch ein bisschen spannend. Wird Bella wohl auf sie hören, auch wenn Herr Biehlmann nicht dabei ist? Wird sie sich von ihr einfangen lassen?

Maja tastet nach den Möhrenstücken in ihrer Tasche. Mit ein paar Leckerchen scheint bei Bella ja vieles zu laufen. Da vorne ist schon die Weide. Und da hinten stehen Bella und Lady, Sturmwind etwas abseits. Lady ist eindeutig die Chefin, das hat Herr Biehlmann Maja erklärt.

Sie tritt vorsichtig an den Zaun und pfeift leise. Bella hebt den Kopf.

„Bella!“

Langsam kommt das Pony herbei. „Sie kennt mich schon!“, freut sich Maja.

Jetzt geht sie erst einmal das Putzzeug und ein Halfter holen. Nachdem sie Bella am Zaun festgebunden hat, striegelt sie das Pony ausgiebig. Das scheint Bella sehr zu genießen. Sie hält ganz still.

Doch als Maja mit dem Sattel kommt, will sie ausweichen und beginnt ein wenig herumzuzicken. Bestimmt mag sie das Nachgurten nicht. Aber zum Glück kennt Maja sich mit so etwas aus. Sie legt Bella den Sattel auf und gurtet einfach nach, während sie noch angebunden ist. Schlimmer als Felix ist Bella mit ihrer Zickerei jedenfalls nicht.

Jetzt wird es spannend. Maja legt Bella die Trense an und steigt auf. Das Pferd steht ganz still, so als freue es sich, wieder geritten zu werden. Aber leider steht es auch noch still, als Maja es antreibt. Anscheinend hat sie heute nicht viel Lust. Deshalb muss Maja dem Pony jetzt zeigen, wer das Sagen hat, das weiß sie. Sie treibt also konsequent weiter, auch mit der Stimme, bis Bella sich endlich entschließt loszuspazieren.

Sofort lobt Maja das Pferd, treibt es aber weiter an. Schließlich soll die kleine Zicke nicht direkt wieder stehen bleiben. Bella wird etwas schneller, bis sie schließlich in einen unregelmäßigen Gang fällt. Ob das wieder dieser berühmte Schweinepass ist? Maja wird sich wohl noch mal erkundigen müssen.

Sie treibt noch ein wenig weiter an. Nun fällt Bella in einen weichen Gang, bei dem sie die Beine weit hochzieht. Der Tölt. Ganz weich sitzt Maja im Sattel, während Bella ihre Runden über die Weide dreht. Es macht richtig Spaß zu tölten, stellt Maja fest, sogar riesigen Spaß. Einfach herrlich, dass sie ein Pony reiten darf, das tölten kann …

Nun wird aber noch ein wenig gearbeitet. In letzter Zeit ist Maja meistens in der Abteilung geritten, auf dem Sonnenhof. Aber früher, als Herr Blume noch hier in der Nähe wohnte, hat er ihr das Reiten beigebracht, und zwar auf seinem Pony Sternchen. Und da ist sie immer viel auf der Wiese geritten.

Maja pariert Bella halb durch und gibt ihr dann Schenkelhilfen für einen Zirkel. Aber Bella läuft einfach weiter geradeaus. Daher wird Maja etwas energischer und ruft Bella zur Ordnung. Darauf wird Bella schneller und fällt in einen holprigen Trab.

So war das nun aber nicht gedacht. Maja sitzt den Trab aus und überlegt krampfhaft, was sie jetzt bloß machen soll. Sie muss sich schließlich bei ihrem Pflegepony durchsetzen!

Im Schritt, fällt es ihr plötzlich ein. Im Schritt wird es besser gehen. Sie pariert das Pony zum Schritt durch, und als es prompt gehorcht, wird es erst einmal kräftig gelobt. Bella schnaubt leise. Maja lässt sie eine Weile im Schritt am Zaun entlanglaufen, dann probiert sie erneut einen Zirkel. Und siehe da, es funktioniert!

Maja atmet auf. Es ist anstrengend, ein Pflegepferd zu haben – aber zugleich auch wunderbar!

9. Ob Bella wohl mitmacht?

Heute wird es ernst. Herr Biehlmann hat Svenja die Gesundheitsbescheinigung für Bella vorgelegt. Und Svenja hat darin eingewilligt, sich Bella einmal anzuschauen. „Wenn sie sich gut einfügt“, hat sie zu Maja gesagt, „kannst du zweimal in der Woche mit ihr an den Reitstunden teilnehmen.“

Und heute ist es so weit. Maja striegelt Bella mit besonderer Sorgfalt