Dramatische Drinks
Cocktails & Kurzgeschichten und Gedichte
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Erste Auflage 2017
© Coverbild: Detlef Klewer
Covergestaltung, Layout & Lektorat: net-Verlag
© Illustrationen:
Martina Otto (S. 9)
Charlotte Grafenstein (S. 18)
Detlef Klewer (S. 32)
Sveta Simonis (S. 47)
Ursula Hickmann (S. 57)
Patrick Leite da Silva (S. 62)
alle anderen: Jenny Schneider
© net-Verlag, 39517 Tangerhütte
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
ISBN 978-3-95720-191-1
Cover
Titel
Impressum
Rezept |
Text |
Autor |
Hot Glacier |
Familienbande – heiß & kalt |
Iris Otto |
Schwarzer Salamander |
Schwarzer Salamander |
Sophia Verena |
Nussdrink |
Nussallergie |
Dörte Müller |
Blutige Susann |
Ein Sommernachtsmord |
Wolfgang Rödig |
Oswins rosa Elefant |
Der Tod ist grün mit rosarot |
Alexandra Leicht |
Killing me softly |
Killing me softly |
Vera C. Koin |
Summer Death |
Sandy White |
Mary Sue |
Pink Heaven |
Lippenstift |
Tony Sebastian |
Old Fashioned |
Außerhalb der Routine |
Michael Mauch |
Absinth Kamikaze |
Weil ich es kann |
Angie Pfeiffer |
Holunderblüten-Sirup |
Kir Fatal |
Boris Schneider |
Equalizer Wodka |
Mörderische Gemeinsamkeiten |
Kenneth Simon |
Green Devil |
Bartholomeus de Groot und der grüne Teufel |
Detlef Klewer |
The last word |
The last word |
Kim Förder |
Maple Leaf Cocktail |
Ihr letzter Cocktail |
Andreas Haider |
Enrico’s Cocktail |
Enrico’s Spezial-Cocktail |
Anna Remmert |
White Lady |
Verbrechen aus Leidenschaft |
Lisbeth Duller |
Bora Bora |
Urlaubsnachklang |
Kerstin Brichzin |
Der Phönix |
Flammende Jagd |
Marie-Luise Klanner |
Amazonen-Blut |
Das Feuer der Amazonen |
Brigitte Brune-Jüttner |
Liebestrank nach Hippokrates |
TRISTAN & ISOLDE oder Trisolde-Stenogramm |
Henning Brunke |
Schmierøl |
Light my fire |
Roland Ruether |
Marillentraum |
Eine Frage der Zeit |
Anita Hetzenauer |
Mojito |
Vorsicht vor Moskitos! |
Christina Wuttke |
Blue light |
Blue light |
Ursula Hickmann |
Boulevardier |
Gestern war alles besser |
Caroline Daniel |
Swimming Pool-Cocktail |
LG aus Salou |
Claudia Lambert |
Negroni |
Zur Cocktailstunde, wie vor einem Jahr |
Johannes Struck |
Bloody Mary |
Wie die Bloody Mary zu ihrem Namen kam |
Dr. Silke Vogt |
Abendsonne-Cocktail |
Abendsonne |
Gaby Grausgruber |
Scheupi |
Für immer dein |
Lisann Fuchs |
Berührt und verbrannt, darauf einen Martini |
Darauf einen Martini |
Ulrike Schmidt |
Sir Charles |
Der Strand |
Barbara Kobus-Ihmig |
Grüne Witwe |
Wenn die Grüne auf die Schwarze trifft |
Mary Ratha |
Autorenbiografien
Illustratorenbiografien
Buchempfehlungen
Zutaten:
Blue Curaçao
Wasser
Zitrone
Sahne
Bitter Lemon
Würfelzucker
Hochprozentiger Rum
Zubereitung:
Blue Curaçao und Wasser im Verhältnis 1:1 mischen und als Eiswürfel gefrieren lassen.
Im Cocktail-Shaker mischen:
1 Messbecher Blue Curaçao
1 Messbecher Sahne
½ Messbecher Zitrone
100 ml Bitter Lemon
Blaue Eiswürfel in ein Glas füllen, Cocktail darübergießen. Würfelzucker in Rum tränken, auf einen Löffel oder eine Gabel legen und über dem Cocktail flambieren. Langsam in das Glas träufeln und umrühren. Mit einem blauen Strohhalm servieren.
Iris Otto
Ich liebe Enrico. Ich genieße es, wenn seine zarten Hände mich im Takt der Musik durch die Luft wirbeln. Geschickt wirft er mich über seinen Kopf, lässt mich Saltos drehen, dass die Lichter der Bar sich im Glanz meiner chromfarbenen Außenhülle spiegeln und der Hot Glacier in mir tanzt. Dreißig, vierzig Mal an einem guten Abend.
Aber heute ist kein guter Abend. Ich merke es am Zittern seiner Hand, als er mich auf die Theke stellt. Ruppig schaufelt er Eiswürfel in meinen schlanken Bauch, kippt Whisky hinterher und schwenkt mich zweimal im Kreis. Dafür hätte ein schnödes Glas gereicht! Im nächsten Moment berühren mich seine warmen Lippen. Der Whisky wechselt von einem Bauch in den anderen.
Die Tür geht auf. Die Frau kommt die Treppe herunter, obwohl unsere Kellerbar noch geschlossen hat. Ihr blaues Paillettenkleid funkelt mit mir um die Wette. Gertenschlank, wir beide. Mir fehlen nur ihre langen dunklen Haare und natürlich ihre Beine, die kein Ende nehmen zwischen High Heels und Beckenkamm. Lässig gleitet sie auf den Barhocker vor uns. Enrico greift wortlos nach der Flasche und kippt Blue Curaçao, Bitter Lemon und Sahne in mich hinein.
»Du hast meine Nachricht erhalten?«, fragt die Schöne.
Enrico nickt, während er mich zuschraubt. Ich wirbele zwei Runden durch die Luft, aber ohne Musik und Publikum ist der Spaß nur halb so groß. Mein Inhalt fließt in ein Glas. Während Enrico den Cocktail flambiert, legt sie einen Umschlag und ein Fläschchen auf den Tresen. Ich hasse dieses Zeug! Es ist bitter und eklig. Wer es in seinem Cocktail hatte, kommt kein zweites Mal zu uns. Einmal erschien sogar die Polizei und hat Enrico befragt. Ich habe Todesängste ausgestanden. Nicht auszudenken, wenn sie ihn mitgenommen hätten! Enrico ist meine Familie, und ich bin seine. So hat er es der langbeinigen Schönheit erklärt, als sie das erste Mal ihr Fläschchen brachte.
Rauchig klang ihr Lachen, als sie sagte: »Deine Familie kommt aus Sizilien und agiert weltweit. Vergiss das nie!«
Still hatte er das Fläschchen in seine Westentasche gesteckt.
Am selben Abend verstarb ein ranghoher Politiker der örtlichen Baubehörde. Gegen Morgen verließ Enrico mit der Schönen unsere Bar.
Als wir heute Nacht offiziell öffnen, kommt sie wieder. Diesmal begleitet sie ein dickbäuchiger Herr. Den Glanz seiner Glatze sehe ich im fahlen Licht, als Enrico mich samt einem Hot Glacier in die Höhe wirft, kurz fängt und zu einem weiteren Looping nach oben schleudert. Die Flüssigkeiten toben in mir, als die beiden die Treppe herunterkommen. Stufe für Stufe. Den Dicken hat sie fest untergehakt, als könne er verlorengehen.
Jetzt hat auch Enrico die beiden entdeckt. Ich spüre es an der Art, wie er mich nach oben wirft. Die Flugbahn ist anders. Höher. Steiler. Mit voller Fahrt donnere ich an eine Deckenlampe. Glas splittert. Jemand schreit. Der Stoß ist heftig und wird Spuren hinterlassen. Aber es ist meine Chance! Ich pralle ab und sause in einem neuen Winkel Richtung Erdboden. Meinen Deckel verliere ich bei dem waghalsigen Manöver. Ein Gast duscht unfreiwillig mit blauen Eiswürfeln. Ich lande auf der vorletzten Treppenstufe, gerade als die Schöne ihren Fuß daraufsetzt. Ihr Pfennigabsatz bohrt sich in meine Flanke. Klappernd rolle ich zur Seite. Die Frau taumelt. Als ihr Kopf auf die Treppenstufe schlägt, höre ich ihre Knochen brechen. Ihr Begleiter strauchelt und begräbt sie unter sich. Ein tödlicher Unfall, nicht mehr und nicht weniger. Familie hält eben zusammen.
Zutaten:
2 cl Johannisbeersaft
2 cl Heidelbeersaft
2 Tropfen Zitronensaft
2 cl weißer Rum
schwarze Schokoladensplitter, sehr fein
weißer Zucker zum Verzieren
Zubereitung:
Cocktailglas nehmen. Äußeren Rand mit Zucker und Johannisbeersaft einen Zuckerrand bilden. Die übrigen Zutaten in einen mit Eis gefüllten Mixbecher füllen und gut schütteln. Das vermischte Konzentrat in das Cocktailglas füllen. Schokoladensplitter leicht darauf verteilen.
Eine Johannisbeere leicht anschneiden und dekorativ an den Rand setzen.
Sophia Verena
Sie war tatsächlich gekommen. So richtig hatte ich nicht damit gerechnet. Gehofft ja, aber wirklich erwartet, nein. Aber nun saß sie da. Auf dem Sofa, das Jack und ich uns zum dritten Hochzeitstag gekauft hatten. Ihr Kleid war eng und ziemlich kurz. So wie alle ihre Kleider. Vermutlich hatte sie keine anderen. Zumindest hatte ich sie noch nie anders gesehen. Aber vermutlich entsprach diese Kleidung ihrem Naturell. Ebenso wie die langen Blümchenkleider meinem entsprachen. Wie unterschiedlich wir doch waren. Aber genau das war es, was Jack so gefallen hatte. Weswegen er immer wieder hinübergelaufen war. Hinüber zu ihr.
Mechanisch öffne ich die Flaschen. Bereite die Cocktails vor. Die Cocktails, die wir gleich trinken werden, nachdem wir uns alle zusammen auf das Sofa gesetzt haben. Oder besser gesagt, wenn sich Jack neben sie auf das Sofa gesetzt hat und ich mich wie eine Aussätzige in meinen roten Ohrensessel zurückgezogen habe. Ich beobachte. Ich beobachte immer.
Jack denkt noch immer, ich wüsste von nichts. Männer sind zuweilen äußerst dumm. Oder ist es nur meiner?