Nachwort

Nachdem ich wieder in Berlin gelandet bin, rufe ich Ebru an. Ich gestehe ihr, dass ich sie bei unserem Sonnenuntergangsabend angelogen habe.

Sie: »Du bist verheiratet?«

Ich: »Nein!«

Sie: »Du hast Kinder.«

Ich: »Nein, ich …«

Sie: »Du bist schwul.«

Wir lachen.

Ich: »Nein, ich habe mich nie mit türkischen Journalisten getroffen.«

Sie: »Nein? Was hast du dann gemacht?«

Ich: »Ich schreibe ein Buch über Tinder.«

Sie: »Wie? Ich komme in deinem Buch vor? Das ist ja toll!«

Ich: »Ernsthaft?«

Sie: »Wenn ich gut wegkomme?«

Ich: »Wir hatten einen tollen Abend, auch wenn wir den ganzen Abend nur an der Bar saßen. Darüber musst du dir überhaupt keine Gedanken machen.«

Sie: »Deinetwegen war ich betrunken.«

Ich: »Du hast die zwei Mai Tai bestellt.«

Sie: »Aber du die Runde danach. Du kannst übrigens echt von Glück sagen, dass du mich jetzt anrufst. In zwei Tagen treffe ich deine angeblichen Zeitungsfreunde. Das hätte mich schon ganz schön dumm aussehen lassen, wenn ich von dir erzählt hätte.«

Ich: »Vergibst du mir?«

Sie: »Ich vergebe dir. Du kannst das in Istanbul mit einem Abendessen wiedergutmachen.«

Ich: »Bist du Mitte Mai da?«

Sie: »Definitiv.«

Nachdem wir aufgelegt haben, führe ich noch zwei Telefonate. Eines mit meinem Reisebüro und eines mit Bahar, auch einer neuen Freundin von mir. Sie besitzt ein Hotel nahe der Blauen Moschee. Ich habe bei ihr noch ein Versprechen einzulösen …

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Am Samstag wird geknutscht, am Montag wird geschafft

Kaum bin ich in Stuttgart angekommen, merke ich, Montag ist kein guter Tinder-Tag. Der Schwabe muss erst einmal vom Wochenende langsam wieder zurück in den Alltag finden. Geknutscht wird am Samstag, geschafft am Montag. Mist.

Bisher habe ich noch kein Hotel gebucht und setze mich deshalb in verschiedene Cafés in der Innenstadt und beginne mit der »Arbeit«. Kurz vorher habe ich noch was verrückt Analoges erledigt und mir ein halbes Dutzend Kugelschreiber und ein stabiles DIN-A4-Heft gekauft. Ich will erst mal per Strichliste Statistik führen und die regionalen Besonderheiten erkunden.

Den ganzen Vor- und Nachmittag verbringe ich in Stuttgart mit Katalogisieren. Mein iPhone ist heiß gelaufen, da ich zeitgleich den Akku lade und wild durch die Gegend tindere …

Alter, Haarfarbe, Bilder mit Alkohol, Bilder mit Zigarette, Hund, Katze, Pferd. Bilder im Strandkorb, Fotos vom Surfen, Fischen, Skifahren, Fallschirmspringen. Alles wird in meinen Block eingetragen.

Ich stelle den Radius von Tinder auf 50 Kilometer ein. Rund um Stuttgart will ich mir jede einzelne angemeldete Frau ansehen. Wie viele Frauen im Alter von 18 bis unendlich gefallen mir, wie vielen ich? Wie verläuft die Kommunikation? Eine statistische Mammutaufgabe, denn egal, was ich mache, Tinder zeigt mir konsequent den maximalen Radius von 159 Kilometern an, ich komme bis an die Tore von Frankfurt. Ich erreiche die Schweiz und Frankreich. Es tummeln sich Tausende im Netz, Tausende. Trotz Neustarts der App, des Handys.

Nach den ersten acht Stunden harter Arbeit habe ich sechs Matches, also sechs Frauen, die mich auch interessant finden. Kein besonders guter Schnitt, wie ich finde, aber gut, BaWü an einem Montag halt. Nur eine einzige Frau kommt aus der Landeshauptstadt. Bitter! Mit ihr habe ich dann mein erstes vom Reisekostenverantwortlichen abgenicktes Date in einer süßen kleinen Bar in Stuttgart.

Pünktlich erscheint die 24-Jährige und lächelt schüchtern. Lili hat ein verschmitztes Lächeln und wache Augen. Viele Sommersprossen, rot schimmerndes Haar. Sie erzählt, dass sie gerade von einem Empfang kommt, wo es schon lecker Champagner gab. Ich freue mich. Sie ist genauso hübsch wie auf ihren Fotos. Dann bestellt sie einen Wodka Soda. Lecker, lecker Bumerang! Willkommen in Baden-Württemberg.

Einige Drinks später: Leichenblass kommt Lili von der Toilette zurück. Geschlagene zwanzig Minuten war sie dort verschwunden. Ich dachte schon, sie wäre abgehauen, um unserem Blind-Tinder-Date irgendwie zu entkommen. Doch nicht ich bin ihr Problem, sondern der Alkohol. Muss sie sich denn auch binnen dreißig Minuten drei Wodka-Soda reindonnern? In der gleichen Zeit habe ich gerade mal zwei Weinschorlen geschafft. So viel Longdrink kann eine Frau von geschätzten 45 Kilo innerhalb kürzester Zeit aus den Latschen hauen und ist keinesfalls zu entschuldigen mit dem Hinweis: »Ich musste mir dich einfach schön trinken.« Dabei hatte alles so schön angefangen.

Eigentlich ist Alkohol eine »vernünftige« Sache beim ersten Date. Er entkrampft, und die Gesprächspartner öffnen sich schneller. Man sollte nur darauf achten, dass man am Ende nicht besoffener ist als sein Gegenüber. Vielleicht sollte man gar regulierend eingreifen, wenn einem Date die Zügel entgleiten. Doch bei Lili kommt alles so überraschend und geht so schnell …

»Tut mir leid«, sagt sie eingeschüchtert mit gesenktem Blick im Lady-Diana-Style, als ich sie vor ihrer Haustür absetze. Torkelnd entschwindet sie in der Dunkelheit des Hausflurs. Wie sie sich wohl nach dem Erwachen fühlt? Am nächsten Tag schickt mir Lili eine reumütige Nachricht, aber da habe ich die Stadt bereits verlassen …

Nach einer Stunde war der Spaß also vorbei, als ich die betrunkene 24-Jährige nach Hause bringe, ist es 20 Uhr … Verzweiflung macht sich breit und auch in meinen Mails an die restlichen fünf Damen bemerkbar. »Wieso denn so hektisch?«, möchte eine wissen. Recht hat sie, aber ich habe einen Redaktionsauftrag. Zwei überrede ich trotzdem, sich doch mit mir noch spontan zu treffen. Die eine in Ulm, 90 Kilometer entfernt, die andere in Karlsruhe. Entgegengesetzte Richtung, 80 Kilometer. Die 22-Jährige aus Ulm macht einen entspannteren Eindruck und ist im Gegensatz zu Karlsruhe auch kinderlos. Da spiele ich erst einmal auf Zeit. Also, ab ins Auto. Nach 30 Kilometern piept mein Handy. Sie scheint ein schlechtes Bauchgefühl zu haben. Ich halte an. Der schriftliche Dialog:

Sie: Ich denke, dass du Sex willst, oder?

Ich: Ich bin in einem Alter, wo ich nicht mehr Sklave meiner Hormone bin.

Sie: Ich hab halt keine eigene Wohnung momentan.

Ich: Klingt ja so, als wolltest du Sex!?

Sie: Heute schlecht.

Ich: Lol

ENDE.

Gut, also Mail an Karlsruhe. Es ist 21 Uhr.

Auch Karlsruhe macht in letzter Sekunde ’nen Rückzieher. Ich komme nicht aus ihrer Gegend, da mache das ja keinen Sinn, sie suche was Festes, einen neuen Papa für die Tochter. Ich schätze unser Nichttreffen nach ebendieser Argumentation als Win-win-Situation ein. Gut für uns beide. Dennoch: Ich bin gescheitert und erwäge, in einem Autobahnmotel zu übernachten.

Dann meldet sich mein Handy: »Congratulation, you have a new Match.« Eine Frau, die ich irgendwann nachmittags auf dem Radar hatte. Ich bekomme ein LIKE von Penusch aus Sinsheim. Der Name klingt persisch. Es ist 21:30 Uhr. Sie liegt auf dem Sofa, hat aber morgen frei. Nachdem ich wirklich alles an Humor in die Waagschale geworfen habe, schreibt sie: »O.k., auf einen Drink.« Mein Navi zeigt mir 80 Kilometer an …

Wer behauptet heutzutage eigentlich noch, er sei Pick-up-Artist? In meinen Augen Trottel, die mit vorgefertigten Sprüchen plump auf Frauenjagd gehen. »’tschuldigung, weißt du, wo der Bahnhof ist? Hab noch zwei Stunden Zeit, wollen wir was trinken?«

Auch wenn ich diese Mischpoke für Deppen halte, sie haben einen Vorteil mir gegenüber: Sie trauen sich, Frauen einfach so anzusprechen. Kann ich nicht, konnte ich nie. Deshalb sind Flirt-Apps für mich optimal. Auf Distanz, unverbindlich und man weiß nicht einmal, ob man einen Korb bekommt. Womöglich hat sie mein Bild ja auch noch gar nicht wahrgenommen. Vielleicht hab ich sie auch im nächsten Moment bereits vergessen. Schöne, schnelle neue Welt.

Die Mehrzahl der Tinder-Mitglieder in Deutschland ist zwischen 28 und 38 Jahre alt. Einige Menschen sind in den 50ern dort anzutreffen, einige wenige sind unter zwanzig. 60-Jährige habe ich keine gesehen, die sind ja auch gerade beim Tanztee.

»Ahmadinedschad ist ein guter Mensch«, flötet die Halbperserin an der Bar, während sie den Cuba Libre in sich hineinpumpt. Der Expräsident des Iran habe den Armen geholfen. Dass der neue Mann an der Spitze der Mullahrepublik Rohani heißt, weiß sie nicht. Das letzte Mal war sie vor 23 Jahren in ihrer Heimat Teheran und jetzt erzählt mir die Dreißigjährige, dass wir Medien nur am Manipulieren seien. Alles sei ganz anders, die Leute seien zufrieden, sonst gäbe es ja eine andere Regierung, findet die persische Patriotin. Sie ist laut, lebendig und lustig, während sie da allerlei Nahostpolitik durcheinanderbringt. Wir streiten mit Spaß an der Sache, derweil ich sie schulmeisterlich über die iranische Nomenklatura aufkläre. Wächterrat, Pasdaran, Ajatollah Chamene’i usw. Doch das interessiert die Hotelfachfrau nicht, sie interessiert die Weltverschwörung gegen ihr Heimatland …

Wieso beschwert sich die Welt überhaupt, dass der Iran Atombomben will? Die habe doch mittlerweile jedes Land, argumentiert Penusch. Ich bemerke grinsend, dass sie sogar zwei davon hat, in Naturkörbchengröße E. Bei einer Körpergröße von 1,65 Meter sind die schon beeindruckend und kaum zu übersehen, nicht einmal für einen Gentleman.

Sie lacht. Permanent zupft sie an ihrem BH herum, weil ihr Atomwaffenkontrollsystem nicht so richtig funktioniert.

Sie hat ihr schwarzes Haar straff zurückgebunden, trägt eine schwarze Bluse und eine schwarze Hornbrille. »Ich wollte mich extra so streng zeigen, weil ich nicht wusste, was genau für einen Kerl ich treffe, also hatte ich vor, ihn nicht noch extra geil zu machen, indem ich mich aufbretzel.« Sie öffnet ihr Haar und lächelt: »Wusste ja nicht, dass du kommst.«

Iranische Propaganda mit allen Mitteln in einem kleinen Kaff bei Heilbronn. Es ist 23:30 Uhr und der Barkeeper bringt die Rechnung. Der einzige Laden weit und breit macht vor Mitternacht dicht. Was für ein Nest. Jetzt gibt es nur noch zu ihr oder zu mir in meine Schrumpelabsteige, wenn wir weiter streiten wollen. Sie entscheidet sich für mein Billo-Hotel. Wir halten an einer Tanke und sie besorgt vier Dosen Rum-Cola. Sie kennt den Tankwart und kriegt Prozente. Punkige Perserin! »Aber kein Sex«, sagt sie und ich sehe ihr an, dass sie genau das will. »Pass auf«, sage ich, »wenn es zum Sex kommt, der eindeutig von dir ausgeht, dann zahlst du mein Hotelzimmer; wenn ich den ersten Schritt mache, bekommst du von mir die gleiche Summe! Deal?« Deal! Kurz danach wird der Atomwaffensperrvertrag von der Achse des Bösen gebrochen. Auf meine Kohle warte ich bis heute …

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Die große Blonde mit den schwarzen Schuhen

Mehr Klischee geht einfach nicht. Franziska wirbelt vollgepackt mit Einkaufstaschen (Gucci) durch die Lobby und sucht mich. Ein lauter Jauchzer, ein auffälliges hektisches Winken, ein Heranstolzieren auf 12-Zentimeter-High-Heels (Louboutins), als sie mich erkennt. Fehlt nur noch der süße, weiße Pudel mit Schleifchen (by Glööckler) auf dem Kopf. Ich schäme mich jetzt schon und versinke in meinem Ledersessel an der Hotelbar (Courvoisier)! Die 29-Jährige sieht für ihr Benehmen dennoch ganz schön gut aus. Blonde Haare – Natur – zum Zopf gebunden, blaue, wache Augen, gebleichte Zähne, Lippenstift knallrot. Natürlich! Auf ihren Tinder-Bildern hat man ihr Gesicht kaum erkannt, lediglich am Schal (Burberry) ist sie als mein Date zu identifizieren, den trägt sie auch auf ihrem Profilfoto. So hatte ich sie auch ziemlich dreist angeschrieben:

Ich: Dein Schal passt zu meinem Hotel!

Sie: Wo wohnst du denn?

Ich: Aus Versehen im besten Hotel der Stadt. Tolle Bar!

Sie: Kenn ich.

Sie hält mich nunmehr für einen reichen Sack, was sich ausnahmsweise als Vorteil erweist, denn schon einen Tag später ist es so weit. Wir treffen uns!

Franziska gibt mir ein stark parfümiertes (Prada-)Küsschen links und rechts, dabei drückt sie leicht ihre Brust (Dr. Werner Mang?) an meinen Oberarm und fängt augenblicklich an zu plappern. Sie bestellt ein Glas Champagner. Na, das kann ja heiter werden …

Es gibt für mich eine einzige eiserne Regel beim ersten Date: Ich zahle. Keine Widerrede. Mag sie mich, freut sie sich, Geld gespart zu haben; mag sie mich nicht, hat sie vielleicht ein schlechtes Gewissen und freut sich trotzdem, dass der Flirtfehlgriff nicht allzu sehr aufs Portemonnaie drückt. Aber egal, was passiert: Beim ersten Mal zahl immer ich. Wobei es auf meiner kleinen Tinder-Tour durch Deutschland nur in seltenen Fällen ein zweites Mal gibt. Sollte der Abend länger dauern und der Laden häufiger gewechselt werden, freue ich mich über eine Geste ihrerseits. Dabei reicht auch vollkommen, wenn es nur eine Kleinigkeit ist. Ein Eis, das letzte Bier oder ein frisch gepresster Straßenorangensaft auf dem Markt. Das »So, jetzt zahl ich mal« verhindert das Gefühl, dass ich mir vorkomme wie eine Weihnachtsgans, die genüsslich ausgeweidet wird.

Doof an meiner Einstellung ist aber, dass die Ausgaben für Essen und Trinken summiert richtig hoch werden können, wenn der Anspruch besteht, jeden Tag mindestens eine Frau zu treffen.

Frankfurt am Main, mal wieder Messe. Alle Hotels voll. Die letzten Zimmer werden zu Wucherpreisen vergeben. Ich bekomme mit Ach und Krach ein Zimmer ausgerechnet in einem der besten Hotels vor Ort und werde dann sogar upgegraded, weil mein Zimmer schon belegt ist. Junior Suite. Ich fühle mich wie Thomas Middelhoff in seinen besten Tagen, doch ich denke mit Grausen an meinen Dispo, besonders als die Dame vor mir ein Glas Dom Pérignon bestellt. Oh mein Gott, hoffentlich trinkt sie nur eines …

Die Tinder-Mädels in Hessen sind in der Regel bodenständig. Sie zeigen sich gerne im Dirndl oder in einer lokalen Tracht, gerne mit Hund oder im Skiurlaub. Dass es hier etwas vermufft zugeht, bemerke ich dadurch, dass unglaublich viele Frauen das ausgelutschteste Statement aller Zeiten auf ihr Profil geschrieben haben: »Carpe diem!« Hallo? Wenn schon, dann »Carpe noctem« oder auch ganz populär »Carpe fucking diem«, aber »Carpe diem« ist einfach so out wie Achselhaare, Fototapeten oder »Wetten, dass …?«

Nach dem Einstiegshallo ist meistens die nächste Frage, wo ich denn wohne. Ich entscheide mich für die Wahrheit. Nicht in Hessen. Und damit ist das Gespräch schon vorbei. »Du, ich such was Festes, du weißt ja, wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben …« Tinder ist pickepacke voll mit Frauen, die einen Winterkuschelkater suchen. Es ist Winter.

»Ich suche nach demjenigen, der mein Leben verändert und nicht meinen Beziehungsstatus.« – Mimi, 34

Eine weitere beliebte Einstiegsfrage ist: Was suchst du? Ja, äh, was suche ich eigentlich?

Meinen Autoschlüssel, ist nur eine meiner Antworten. Inspiration, Blick über den Tellerrand, wenn das Gespräch ernste Bahnen annimmt. Frauen antworten meistens mit »Mr Right«. Ich bin ja mittlerweile der Meinung, den gibt es nicht auf Portalen wie diesen. Vielleicht nicht einmal im Leben.

Geschlagene zwei Tage brauche ich, um die Hessinnen »abzuarbeiten«. Meine Methode der Statistik verlangsamt das Verfahren ungemein. Pro Single brauche ich ungefähr 30 Sekunden bis eine Minute. Mit der fixen Ja/Nein-Strategie wäre innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde die Entscheidung gefallen. In diesem Zeitraum gibt einem das Gehirn schon zu verstehen: attraktiv/nicht attraktiv. Aber ich lese mir die Texte unter dem Profilfoto genau durch. Schaue mir wirklich alle, aber auch alle Fotos an. Manchmal ist das wirklich traurig …

»Ich liebe Tiere von Herzen, doch meine Wohnung ist so klein. Doch wünschte ich mir, ich hätte ganz viele Tiere.« – Carola, 52

Ich weiß auch nicht genau, wie ich es finde, dass sich wirklich viele Frauen mit ihrem Kind oder gar ihren Kindern in den Singleportalen zeigen. Nicht nur, weil das elterlich unverantwortlich ist, sondern auch, weil dies durchaus abschreckende Wirkung hat. Suche Ernährer!

Möchte Mann sich wirklich eine alleinerziehende Mutter mit zwei Buben auf dem Arm und traurigem Blick ans Bein binden? Die Antwort lautet: Nein!!! Und deshalb: Frauen, haltet eure Kinder aus den Bildern raus. Über sie zu schreiben, finde ich in Ordnung. Tipp: Guckt euch den Kerl erst einmal an, und wenn ihr euch toll findet, könnt ihr immer noch damit rausrücken. Ihr werdet mir entgegnen, das mit den Kindern sei schon okay, denn so könnt ihr die Spreu vom Weizen trennen. Aber: So verhungert ihr – ohne Winterweizen.

»Jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Sünder hat eine Zukunft.« – Jo, 37

Übrigens, ein absoluter Killer ist auch, wenn Frau gleich auf ihrem Startfoto ihren Hund küsst! »Mann, Mann, Mann! Denk doch mal nach!«, möchte ich solche Frauen auf dem Handy anschreien! Ich habe viele dieser Momente auf meiner Tinder-Tingeltour durch Deutschland.

Das ist nun schon das zweite Glas Champagner, das Miss Markenklamotten bestellt. Während sie von ihrem letzten Urlaub auf den Seychellen erzählt, denke ich an Gespräche mit meinem Bankberater. Oder kann ich das etwa als Spesen abrechnen? SMS an meinen Chef. Antwort: »Ja, du kannst. Aber nicht überstrapazieren!« Chefs halt! Ich bestelle dann mal wagemutig eine ganze Flasche! Mal gucken, was das Controlling dazu sagt!

Bei ihr versuche ich es neben dem Alkohol auch mit Komplimenten. Aber Vorsicht, niemals das Offensichtliche nehmen! Statt der Augen lobe ich die Ohrläppchen, statt der Lippen die schön gezupften Augenbrauen. Die Reaktion »Das hat mir noch kein Mann gesagt« ist tausendmal besser als »Das sagen viele«. Denn damit ist man einer unter allen und somit Mittelmaß. Lieber zum Nachdenken anregen als Standardantworten bekommen.

Zuerst wirkt sie – nach einer ganzen Batterie von Lobpreisungen ihres Aussehens – verlegen, dann geht sie in die Gegenoffensive. Sie springt auf und sagt: »Komm, ich zeig dir mal meine neuen Kleider.« Fahrstuhl, den Champagner nehmen wir mit in die Suite. Franziska ist beeindruckt und sieht mich an, als wäre ich Thomas Middelhoff in besseren Zeiten!

Zum Umziehen verschwindet sie im Bad. Als sie wieder herauskommt, bemerke ich, dass sie sich auch neue schwarze Schuhe gekauft hat. Das ist das Einzige, was sie noch trägt, neben ihrer Victoria’s-Secret-Unterwäsche … Mama!

Eigentlich wohne ich in einem Nichtraucherzimmer, aber ich stecke mir eine an, als der Spuk vorbei ist. Die Suite sieht aus, als hätten ein paar Gangster-Rapper eine After-Show-Party gefeiert. Und jetzt kommt der Knaller: Während sie sich die Designerware am Körper zurechtzupft, erzählt sie mir, dass sie nächsten Monat heiratet. Sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sagt, dass sie mich gerne wiedersehen möchte. Auch nach der Hochzeit …

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Damage à trois

Es ist Samstagabend, 18 Uhr, und ich bestelle mir einen Gin Tonic. Den brauch ich jetzt auf dem Weg ins Paradies. Mir gegenüber sitzt Nesrin. Die 25-jährige Türkin arbeitet als Model und verdient hauptsächlich mit Modefotos ihr Geld. Sie sieht auch genauso aus wie ein Model. Schwarze Haare, eine Kaffee-mit-viel-Milch-Haut, die Zähne weiß und sehr gerade. Sie bestellt auch einen Gin Tonic. Und es wird noch einer geordert. Wir sind nämlich zu dritt. Nesrin hat eine Aufpasserin mit zu unserem ersten Date gebracht. Sabine, 23, lange blonde, in mühseliger Arbeit geglättete Haare. Ihr Beruf: Model! Ach was!? Manchmal auch Akt. Uups!

Moment mal, hier stimmt doch was nicht. Normalerweise bringen Frauen – wenn überhaupt – ihre hässlichste Freundin mit, damit die als Konkurrentin gar nicht erst infrage kommt. Aber Nesrin präsentiert mir diese Göttin bei unserem Treffen. Ich trinke den Gin Tonic innerhalb von zwei Minuten aus und ordere noch einen. Der Ritt auf der Rasierklinge beginnt …

Kennengelernt haben sich Nesrin und ich auf Tinder. Dort gab sie unter Interessen an: »Game of Thrones«. Auch ich bin Fan dieses gigantischen Fantasy-Epos.

Ich: Valar Morghulis,1 Nesrin! Waldo Frey schmeißt heute ’ne Bluthochzeit! Bist du dabei? Robb Stark kommt auch!

Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten:

Sie: Valar Dohaeris!2 Bin leider bei Tyrion in King’s Landing und werde es nicht rechtzeitig schaffen! Morgen könnte ich zu des Raben Leichenschmaus kommen!

Hamburg, du teutonischer Tinder-Himmel, Mädchenmekka und Gral der Singlesehnsüchte. In keiner Stadt Deutschlands macht Tinder so viel Spaß wie in Hamburg. Nicht nur, dass sich hier Hunderte Mädchen wirklich hübsch präsentieren, sie sind auch ungleich kontaktfreudiger als an allen anderen Orten, an denen ich mich bisher aufgehalten habe.

Blond ist die dominante Haarfarbe in der Tinder-Hansestadt. Die Hamburgerin zeigt sich gerne mit Sonnenbrille, Hund, einer Flasche Beck’s und Zigarette in der Hand auf den Tinder-Fotos. Im Hintergrund ist dabei der Hamburger Hafen zu sehen oder wahlweise – mit einem Haufen Freunde – der Timmendorfer Strand. Bemerkenswert: sehr wenige Katzenfotos! Vielleicht wissen die Frauen in Hamburg, dass kaum ein Heteromann die Viecher ausstehen kann.

Innerhalb von zwei Tagen habe ich 40 Matches, also 40 Frauen, die mich auch ganz interessant finden. 40! Das sind doppelt so viele wie in Frankfurt und Stuttgart zusammen. Mein Herz hüpft, die Arbeit ruft, jetzt geht es ans geschickte Flirten.

Wir mögen uns, Nesrin, Sabine und ich. Ich biete den beiden an, für sie zu kochen. Nesrin wohnt um die Ecke, ein Supermarkt ist auch nicht weit. »Natürlich ohne Kohlenhydrate, ist schon klar! Gebratenes Hühnchen? Mit Gemüse und ’ne kleine Vorspeise? Ja, auch die ohne Kohlenhydrate! Wein? O. k., super!«

Ich kaufe alleine ein, damit die beiden sich erst einmal über mich austauschen können, dann hole ich sie ab und wir gehen in Nesrins Wohnung. Nicht schlecht, 80 Quadratmeter in Winterhude. Der Job scheint gut zu laufen. Kochen, Essen, Wein. Der Abend beginnt super, die beiden versorgen mich mit Modelanekdoten, lästern über notgeile Fotografen, berichten von ihren schlimmsten Stürzen auf dem Catwalk und von schrecklich entwürdigenden Castings. In meinem Hirn manifestiert sich ein absoluter Männertraum. Zwei wirklich toll aussehende Frauen und ich alleine in einer Wohnung. Das Kopfkino läuft auf Hochtouren. Wenn es mir gelingt, mit den beiden eine Nacht zu verbringen, dann muss ich nichts anderes mehr im Leben erreichen. Aber es ist auch ein Austarieren. Ich achte haarscharf darauf, beiden gleich viel Aufmerksamkeit zu schenken, denn Nesrin ist die leichte Eifersucht anzumerken, mit der sie ihre Freundin bedenkt. Doch es läuft alles nach Plan. Nach anderthalb Flaschen Rotwein fangen die beiden an, sich vor mir zu küssen, nachdem ich übermütig das Ganze weinselig provoziert habe. Ja, auch mit Zunge. Ruhig bleiben, Kumpel. Deine Zeit wird schon noch kommen …

Sabine trägt ein enges, schwarzes Stretchshirt, das fast durchsichtig ist, wie ich bemerke, nachdem sie nach circa drei Stunden endlich mal ihre dünne Lederjacke ausgezogen hat. Das ist wirklich ungeheuerlich! Eine Provokation. Manchmal muss ich einfach hingucken, ich kann doch gar nicht anders, ich bin ein Mann! Doch jeder noch so klitzekleine Blick wird von Nesrin aufmerksam registriert. Die Stimmung gerät ins Ungleichgewicht und ich versuche, mich wieder mehr der Dunkelhaarigen zu widmen. Doch irgendwann verlässt sie das Wohnzimmer, wir denken, weil sie im Nachbarraum mit ihrer Mutter in der Türkei chattet, aber sie kehrt nicht mehr wieder. Sabine findet Nesrin schließlich im Schlafzimmer. Als sie zurückkommt, sagt Sabine: »Sie liegt im Bett und schläft, aber irgendwie hat sie es geschafft zu sagen: ›Verpiss dich und nimm den blöden Penner gleich mit.‹«

All meine Wünsche, Hoffnungen, Sehnsüchte zerfallen in Millisekunden zu Staub. Es wäre auch zu perfekt gewesen. Sabine zieht ihre Jacke an. »Tja, dann geh ich mal nach Hause.« Tja, dann muss ich wohl auch. Wir umarmen uns bedrückt zum Abschied vor der Tür. Na, dann. Hotel. Alleine. Ungerecht!

Ich steh mit beiden Damen seit diesem traurigen Ereignis noch über Facebook in Kontakt. Sie lästern übereinander, wann immer sie können, und sind nicht mehr wirklich eng befreundet. Im Gegenteil, sie haben sich sogar auf allen Kanälen blockiert. Gab da wohl noch ein paar andere Sachen zwischen ihnen. Eifersucht ist halt der größte Feind der Freundschaft. Und meiner Träume.

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Ein Zwergerl für Schneewittchen

»Wie? Du hattest heute schon Sex? Was? Bevor du hierhergekommen bist? Das ist ja unglaublich. Dass du mir das erzählst!«

Ich bin wirklich baff. Vor mir sitzt Schneewitchen. Makellose perfekte Blässe und dazu langes tiefschwarzes Haar. Sie trägt einen schwarzen langen Rock und eine weiße Seidenbluse unter dem Wintermantel und läuft auf Zwölf-Zentimeter-Absätzen. Sie ist damit fast einen Kopf größer als ich. Die Wirtschaftsprofessorin hat blaue Augen, kleine Grübchen umkräuseln ihre Lippen, wenn sie lächelt. Das tut sie häufig. Ich hab bis eben auch noch gelacht. Aber jetzt bin ich schockiert.

»Wieso?«, fragt sie, sie könne doch machen, was sie wolle, sie sei Single, ein freier Mensch. In einer Beziehung würde sie das niemals tun, aber so … Ist doch egal. Außerdem: Hätte sie gewusst, dass sie mich noch kennenlernen würde, wäre es natürlich nie dazu gekommen, flunkert sie. War angeblich auch schnell vorbei und nicht besonders gut, beschwert sie sich.

Ich fühle mich beleidigt. Aber tatsächlich, wer gibt mir eigentlich eine Art Recht auf Exklusivität? Schließlich kennen wir uns doch noch gar nicht richtig. Wir mögen uns zwar vom ersten Augenblick an, aber so was behält man doch für sich, wenn überhaupt. Also ehrlich! Andererseits muss ich mir mal selber an meine Machonase fassen. Ich flirte mich immerhin gerade durch Deutschland. Das behalte ich aber ungerechterweise für mich.

Unser Treffen erfolgte recht fix. Als wir uns matchten, lief das so:

Ich: Ich freu mich! Hallo Stefanie.

Sie: Hallo! Woher aus Köln kommst du denn?

Ich: Altstadt

(verschweige erst einmal, dass ich im Hotel wohne)

Sie: Ich wohn am Friesenplatz! Wie groß bist du, wenn ich fragen darf?

Ich lüge: Größer als du!

(Sie hat in ihrem Profil angegeben, dass sie gute 183 Zentimeter misst.)

Sie: Zum Glück. Lust, dich mit mir auf einen Drink zu treffen?

Ich: Jetzt?

Sie: Morgen Abend?

Das ging ja schnell. Vielleicht zu schnell …

Das beste Beispiel dafür, dass es beim Online-Dating nicht zwangsläufig oberflächlich zugeht, ist meine Begegnung mit meiner Ärztin. Mit Diana wohne ich immer noch in WG-ähnlichen Zuständen rein unsexuell zusammen. Ich betone noch einmal, es ist immer gut, eine Ärztin im Haus zu haben. Leider benimmt sie sich ganz und gar nicht standesgemäß.

Als ich letztens von einer Reise wiederkomme, öffnet sie mir die Tür nur mit einem Slip bekleidet, sie umarmt mich, sagt: »Hiiiiiiii, du, ich hab grad Besuch.« Im Wohnzimmer liegt eine Polizeiuniform. Den Hauptwachtmeister hatte sie allerdings total analog bei einem Auffahrunfall kennengelernt. In die Wohnung wurde er gelockt mit den Worten: »Mein Mitbewohner schafft es nicht, den Fernseher zu reparieren.« Herr Schutzpolizist kann das aber. Danke noch mal.

Derzeit datet Diana zwei Italiener, die sie im Urlaub auf Zypern gematcht hat. Nur welchen soll sie nehmen? Den aus Pisa oder den aus Venedig? Dann doch vorsichtshalber beide. Zehn Jahre lang war sie verheiratet und jetzt haut die 40-Jährige so richtig auf die Pauke. Oh, du neue polyamouröse Welt.

Die Gesellschaft steht moralisch tatsächlich vor einer Zerreißprobe. Auf der einen Seite traditionelle Werte wie Ehe und Familie, auf der anderen Seite eine Generation, die Sex als Konsumware ansieht und vor lauter Auswahlmöglichkeiten völlig die Orientierung verliert. Wir können uns einfach nicht mehr entscheiden. Und wir können diese Entwicklung wahrscheinlich auch nicht mehr ändern!

Andererseits: »Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob er nicht was Bessres findet« ist nun mal eine über Generationen übermittelte Redensart. Nur können wir heute aus dem Vollen schöpfen. Mittlerweile hab ich nach zehn Tagen Tinder-Tour 150 Matches quer durch die Republik. So viele Frauen hat der Bauer im Mittelalter in seinem ganzen Leben nicht gesehen. Deshalb musste er auch wohl oder übel die Nachbarstochter heiraten.

Und was ist eigentlich falsch daran, sich auszutoben, bis man wieder in festen Händen ist? Das ist heutzutage überhaupt keine moralische Frage mehr. Der Mensch ist von seiner Veranlagung her nun einmal nicht monogam. War er nie. Die Wissenschaft spricht heutzutage gerne von der seriellen Monogamie, heißt: Ich hab einen Partner, ich bin ihm treu, bis der nächste Partner kommt. Dazwischen darf ich es krachen lassen. Moralisch schwer zu beanstanden, es sei denn, man ist Arzt an einem streng katholischen Krankenhaus. Auch notorische Fremdgeher wird es immer geben, das lässt sich nicht ändern, weder in den Ländern, wo man im schlimmsten Fall mit Steinigung rechnen muss, noch bei uns, wo bis auf eine teure Scheidung keine Konsequenzen blühen. Es ist die Sehnsucht nach Abwechslung und Abenteuer, die da in uns schlummert und die jederzeit ausbrechen kann, besonders, wenn die Versuchung allgegenwärtig ist.

Am Morgen nach dem Match mit Stefanie schicke ich ihr voller Reue eine Botschaft:

Ich: Es war einem gewissen Übermut geschuldet, dass ich wahrheitswidrig erwähnte, ich wäre größer als du. Ich bin 5 Zentimeter kleiner. Sollte somit für dich unser Treffen obsolet geworden sein, habe ich dafür vollstes Verständnis.

Sie: Guten Morgen, Zwergerl! Ich hoffe einfach, dass du die Größe woanders gutmachst – geistige Größe. Bis heute Abend.

Was für eine coole Antwort. Hätte ich nicht gedacht; jedoch, meine Lüge bleibt nicht ungesühnt. Später wird sie mich noch »Mini-Me« nennen! Wobei, »Zwergerl« mag ich.

Köln ist eine wunderbare Stadt. Vom Hotel aus blicke ich auf den Dom. Die Sonne scheint, und ich sitze im Zimmer und führe meine Liste. Radius 50 Kilometer. Ich erreiche also auch beispielsweise Düsseldorf. Im Rheinland braucht man eigentlich kein Tinder. Wie oft ist es mir in Düsseldorf oder Köln passiert, dass ich in Gedanken versunken alleine am Tresen stand und mir plötzlich zwei Menschen auf die Schulter klopften und sangen: »Trink noch eene mit, stell dich nicht so an.« Das ist kein Klischee, das ist die Wahrheit. Mal gucken, ob die Rheinländerin überhaupt Tinder nutzt …

Auf Tinder ist sie im Schnitt 32,6 Jahre alt, Blond und Braun halten sich weitgehend die Waage. Bei den Fotos wird die Präferenz auf Verkleidungen gelegt. Clowns, Vampire, Funkenmariechen, gerne mit einem Glas Kölsch in der Hand, singend in einer Gruppe. Die Kölnerin zeigt sich besonders gern mit allerlei Getier. Mit Elefanten, Kamelen, Geparden, eine hat ein Foto mit einer Vogelspinne in der Hand gepostet, eine reitet auf einer großen Landschildkröte, eine auf einem Schwein. Fünf Mädchen küssen Delfine, was ich moralisch verwerflich finde. Hab ich zwar selber schon mal machen müssen, würde so ein Foto aber niemals veröffentlichen.

Drei Mädels haben Fotos von sich mit Lukas Podolski im Arm eingestellt, keine mit Wolfgang Niedecken. 1258 Singles sichte ich innerhalb von drei Tagen, knapp ein Zehntel gefällt mir, davon gibt mir ein Fünftel das Go. Auf geht’s.

Das Zwergerl wird gerade noch kleiner, denn Stefanie zieht richtig vom Leder. Ich wüsste ja gar nicht, wie viele Prominente auf Tinder, Lovoo und Co. unterwegs seien. Letztens habe sie so einen sehr bekannten Schauspieler getroffen. Spontan sei sie zu ihm und seinem Kumpel für ’nen Dreier aufs Hotelzimmer. Ich weiß nicht, ob es meiner brillanten Fragetechnik oder dem Alkohol geschuldet ist, aber Stefanie erzählt einfach mal alles. Auch dass sie dem SM nicht abgeneigt ist, dass sie im Besitz diverser Sexspielzeuge ist und was sie sonst alles so gern hat. Wir beschließen, Facebook-Freunde zu werden, schließlich könne man ja keinesfalls unter diesen Umständen … und Sex. Nein, niemals, nicht nach dieser Vorgeschichte. Wir trinken noch eine Flasche Wein, während sie mir von ihren sexuellen Ausschweifungen und Interessen ausführlich berichtet. Ob sie denn eigentlich geduscht habe, bevor wir uns getroffen haben, will ich ernsthaft wissen. Sie nimmt meine Hand und schaut mir tief und eindringlich in die Augen: »Glaubst du denn, ich bin eine Schlampe?«

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Des Teufels Stewardess

Vor dieser Stewardess muss man sich als Flugpassagier wirklich fürchten. Laut und bösartig ist Katharina. Wir haben uns auf einem Weihnachtsmarkt getroffen, eigentlich romantisch, aber sie führt sich auf wie der Grinch, wahlweise die Gremlins. Sie hasst ihre Fluggäste, besonders, wenn sie noch einen zweiten Kaffee bestellen. »Den mach ich dann so stark, dass die nie wieder fragen.« Ein anderer bat um ein Aspirin für seinen Sohn. Sie erteilte ihm eine Abfuhr mit den harschen Worten: »Sowatt sollte man als Reisender im Gepäck haben! Hamse selber schuld!«

Ihre Lieblingssätze sind: »Mir doch scheißejal« und »Da hab ick keen Bock druff«. Ich stelle mir vor, wie sie durch den Gang stolziert und mit angriffslustigen Augen die Economy-Passagiere einschüchtert, wahlweise könnte sie als Domina arbeiten …

Sie hasst ihren Job. »Früher war alles besser« ist ihr Credo. Ich überlege, ob ich zur Notlandung ansetze wie einst Chesley Burnett Sullenberger auf dem Hudson River und einfach davonschwimme. Janz Berlin is eene Jewitterwolke.