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Copyright © Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-89845-427-8 (Print)

ISBN: 978-3-89845-923-5 (E-Book)

1. Auflage 2018

Gestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive von

www.fotolia.de: © Alexander Raths, © Carmen Steiner, © silvae

Verlag »Die Silberschnur« GmbH

Steinstraße 1 • D-56593 Güllesheim

www.silberschnur.de E-Mail: info@silberschnur.de

Inhalt

Vorwort

1. Teil:
Von Wurzelschnitten und Weltanschauungen – Gärten, Pflanzen und Planeten

Kunst- und Kräutergärten

Wie die Kräuter zu den Menschen kamen: Ein Märchen

Pflanzen und Planeten

Von Wurzelschnitten und Weltanschauungen

Goethes “Urpflanze” und Rudolf Steiners darwinistische Revolution

Von Glykosiden, Alkaloiden und anderem seltsamen Gebräu. Oder: Was macht eine Pflanze eigentlich zur Heilpflanze in unserer heutigen Zeit?

Spagirik – alles Zauber oder was?

Das Licht des Lebens

Das Gelbe des Löwenzahns – Forschung und Erkenntnis

2. Teil:
Ein Salbei auf der Fensterbank: Die Praxis für Garten, Balkon, Küche und Gesundheit

Die grünen Plaudertaschen

Magische Kräuter und die Magie der weisen Frauen

Der Salbei auf der Fensterbank

Wilde Kräuter und ihre Kochrezepte

Wildkräutertelegramm

Kräuter als Medizin

Ein Wort zum Schluss

Anmerkungen

Bildnachweise

Literaturangaben

Über die Autorin

Hinweis

Die Ratschläge und Empfehlungen in diesem Buch wurden von der Autorin nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und sorgfältig geprüft. Dennoch kann keine Garantie übernommen werden. Eine Haftung der Autorin, des Verlages oder seiner Beauftragten für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden kann daher nicht übernommen werden. Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass alle in diesem Buch beschriebenen Verfahren eine Behandlung durch Ärzte und Heilpraktiker nicht ersetzen.

»Wir müssen uns daran erinnern, dass das, was wir beobachten, nicht die Natur selbst ist, sondern die Natur, die unserer Art der Fragestellung ausgesetzt ist.«

Werner Heisenberg1

Rudolf Steiner wiederholte in seinen Vorträgen oft folgende Worte:

»In der Zukunft wird die Erde sich wiederum vergeistigen. Die ganze Erde wird zersplittern, wie heute schon das Radium zeigt. Der Auflösungsprozess der Erde wird eintreten, eine Vergeistigung, eine Vergöttlichung (…).«

Rudolf Steiner2

Vorwort

Beim kleinsten Sonnenstrahl setze ich mich in meinen Garten und beobachte. Den Löwenzahn zum Beispiel. Haben Sie schon einmal gesehen, wie er seine wunderschöne gelbe Blüte im Sonnenlicht öffnet? Und wenn bei mir am Nachmittag die Sonne hinter der dicken Eiche verschwindet, schließen sich die Blüte sofort wieder. Schauen Sie einmal den Bienen zu, wie sie sich bemühen, den süßen Nektar der Blüten einer Taubnessel zu sammeln! Probieren Sie ihre weißen Blüten, sie schmecken wunderbar süß. Jetzt kann man die akrobatischen Kunststückchen dieser Insekten verstehen, wenn sie versuchen, an den süßen Saft zu kommen.

Viele Pflanzen, die in unseren Gärten und in der freien Natur blühen, sind nicht nur essbar, nebenbei tun sie uns viel Gutes. Pflanzen und Kräuter gehören zum ältesten Bestand des Arzneischatzes der Menschheit. Natürlich war ihr Ansehen nicht immer das Gleiche, doch das Volk hat zu allen Zeiten an ihnen festgehalten. Heute ist ihr Ruf wieder besser geworden, und das Interesse für ihre Heilkräfte, aber auch für ihre Geschichte nimmt zu. Wer sich näher mitder Geschichte der Pflanzen beschäftigt, wird erstaunt sein über ihre große Wanderlust und ihren Einfluss auf die Erdgeschichte. Es waren die Pflanzen, die uns Menschen das Leben auf der Erde erst ermöglichten und immer noch ermöglichen.

Heute sind eine Million Pflanzenarten bekannt, wobei der größte Teil zu den Algen gehört und nur ein geringer Prozentsatz die Grünen Landpflanzen ausmacht. Es ist davon auszugehen, dass bis jetzt nur etwa zehn Prozent aller Pflanzen auf diesem Planeten bekannt sind. Ein riesiges Potenzial schlummert weiterhin da draußen und wartet darauf, entdeckt zu werden. Jede Pflanze an sich enthält zudem mehr als 10.000 verschiedene Substanzen und demnach eine Unmenge an noch nicht erforschten Stoffen. Doch die Wälder der Erde sind nicht nur eine riesige Apotheke unter freiem Himmel, in der wir uns bedienen können. Sie sind auch überaus faszinierend in den Möglichkeiten, die sie uns bieten, um unser menschliches Leben zu verändern und zu begreifen.

Nehmen wir einmal den Gemüsegarten. Er ist eine schöne Veranschaulichung der Lebensvorgänge in der Natur: Welche Pflanze braucht wie viel Licht, wer mag sich und wer nicht? Und was krabbelt und kriecht dort so herum? Aus welchen Früchten kann ich Marmelade machen, und wie bekomme ich neue Samen für das nächste Jahr? Wie ziehe ich Pflanzen, auf was muss ich achten? Ich verstehe, dass ich mich auf Basilikum und Co. einlassen muss, um zu verstehen, was sie brauchen, sonst wird das nichts mit der Ernte. Durch die Beschäftigung mit den Pflanzen verstehen wir den kleinen Kreislauf und bekommen Respekt vor dem großen.

Ich schaue aus meinem Fenster in meinen Garten, mein Auge ruht auf den bunten Blüten der Kapuzinerkresse, auf den (noch) grünen Tomaten, auf dem saftigen Grün der Baumwipfel. Dann passiert es. Mein Herz öffnet sich und lässt langsam alle Sorgen los. Es entsteht eine wunderbare Leere im Kopf, und ich spüre eine Freiheit, die all meine Fantasien auf Reisen gehen lässt. Die Natur – ein Garant zum Erleben der Leichtigkeit des Seins.

Wie entstand die Idee zu diesem Buch? Meine Großmutter nahm mich als Kind mit auf ihre Waldspaziergänge. Dabei erklärte sie mir die Heilkraft der einen oder anderen Pflanze. Mein Großvater eilte uns beiden immer voraus. Ihm war die Bewegung im Wald schon genug, von den Geschichten einer alten Frau wollte er nichts wissen. Ich muss zugeben, auch bei mir war es eher der Respekt, den ich meiner Großmutter entgegenbrachte, der bewirkte, dass ich ihr zuhörte. Ich war ein Kind der Stadt und hatte mit der Natur nicht viel am Hut. Trotzdem kann ich mich jetzt noch teilweise an die Worte meiner Oma erinnern und an die Geschichten über Kräuter, die sie mir erzählte.

Viele Jahre später, nachdem meine Großmutter gestorben war, wurde ich Heilpraktikerin, und daran schloss sich ein Studium der chinesischen Medizin/Akupunktur an. Da die Behandlung der Patienten in der chinesischen Medizin zum größten Teil über die Behandlung mit Kräutern erfolgt, lag es nicht fern, nun endlich in die Fußstapfen meiner Großmutter zu treten. Nach einigen Jahren Studium wusste ich viel, aber längst nicht genug. Die Frage, die mich am meisten interessierte, war, wie die Menschen in der Vergangenheit eine Heilpflanze ohne Mikroskop, ohne das Wissen über die Existenz der chemischen Elemente und fast ohne Kommunikation untereinander erkannt haben.

Bei der Beschäftigung mit dieser Frage streifte ich fast unfreiwillig andere naturwissenschaftliche Bereiche, zum Beispiel die Physik, die Biologie, die Chemie, aber auch die Philosophie. Dabei wurde mir klar, dass wir versuchen, die Natur und ihre Phänomene nur so weit zu verstehen, wie sie in unsere persönliche Weltordnung passen. Das schließt mich ein. Nichts macht mir und wahrscheinlich den meisten Menschen mehr Angst, als dem Unbekannten ausgeliefert zu sein. Wir wollen Kontrolle und Sicherheit, und das bezieht sich auf alle Facetten unseres Lebens. Doch mich fasziniert immer wieder, wie zum Beispiel die Physik seit Demokrit und Aristoteles versucht, Naturgesetze zu erkennen, um den Menschen auf ihrer Suche nach Kontrolle über die Natur und den Kosmos zu helfen. Doch mit Max Plancks Quantentheorie Anfang des 20. Jahrhunderts stieß sie an ihre Grenzen.

Es scheint mir also, als müsste ich mich daran gewöhnen, dass ich in einer Welt lebe, die zunächst ungewiss bleiben wird. Alles ist möglich, aber nicht alles lässt sich mit naturwissenschaftlichen Gesetzen festhalten. 1000 Mal ist ein Experiment gelungen, doch beim 1001. Mal misslingt der Versuch – und die bis dahin gemessene “Wahrheit” wird hinfällig. Jetzt muss der Mensch sich wieder neu einlassen, die Wahrheit zu entdecken. Naturgesetze sollen der Orientierung dienen, sie sollen aber nicht dazu führen, die Augen vor anderen Möglichkeiten zu verschließen.

Dies sollte ein Buch über Pflanzen werden und ist ein Buch über Pflanzen mit quantenphysikalischen Denkansätzen geworden. Ich habe an der Oberfläche gekratzt, und jedes Mal, wenn ich dachte, ich habe die Formel für den Stein der Weisen gefunden, war es nicht das Gold, das in der Tiefe hervorschimmerte, sondern die nächste Schicht zum Weitergraben. Ich war noch weit vom Kern entfernt, da tauchten plötzlich noch ganz andere Fragen auf: Was haben Lichtteilchen (Photone) mit Pflanzen zu tun? Was fange ich mit der Entdeckung der Quantenverschränkung bei Pflanzen an? Und was bedeutet es für uns persönlich, wenn wir Pflanzen nicht mehr nur auf ihre Heilwirkung hin abklopfen, sondern eine wissenschaftliche Erklärung für ihre Wirksamkeit finden – oder sagen wir besser: eine Vermutung, eine Idee, die unsere ganze Sicht auf Pflanzen und die Welt um uns herum grundsätzlich verändert, die unsere bisherige Weltordnung ins Wanken bringt. Denn während meiner Recherchen zu diesem Buch wuchsen in mir revolutionäre Gedanken: nämlich dass wir Menschen uns mit der fortschreitenden Digitalisierung der Welt, der Zerlegung von allem in Binärcodes, in Bits und Bytes, dorthin bewegen, wo wir herkommen. Der Mensch, die belebte und die unbelebte Materie ist nichts als eine Verdichtung von Informationen, das Universum ist nichts als eine unerschöpfliche Informations- und Energiequelle, ein gigantischer Quantencomputer. Wenn man das im Kopf hat, dann erklärt sich die Wirkung von Homöopathie, Akupunktur, Bioresonanz, Phytotherapie und von anderen alternativen Therapieformen, da es bei allen darum geht, gestörte Energien zu harmonisieren. Und plötzlich scheint alles klarer und ergibt einen Sinn.

Alles ist mit allem verbunden – und ich habe mir einen kleinen Teil der Welt herauspickt, die Welt der Pflanzen und Heilkräuter. Dennoch muss man die Geschichte, die Entwicklung, in unserem Fall die der Pflanzen, begreifen, um die Chancen der Gegenwart zu verstehen. Darum geht es zunächst um antike Gärten, weise Gelehrte, Alchemisten, Kräutergärten und die Suche nach einer Antwort auf die Frage, was eine Pflanze zur Heilpflanze macht.

1. Teil:

Von Wurzelschnitten und Weltanschauungen – Gärten, Pflanzen und Planeten

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Kunst- und Kräutergärten

»Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut.«

Finnisches Sprichwort

Die ersten uns heute bekannten Gärten lagen zwischen der heutigen nordafrikanischen Wüste und dem Tal des Euphrats – und seit damals hat sich einiges getan, wobei Gärten in unserer Zeit ganz unterschiedlich genutzt werden. Der eine hat einen Garten, in dem fast nur Rasen wächst. Er möchte sich die viele Arbeit sparen und sich einfach nur auf dem saftigen Grün ausruhen. Ein anderer braucht die Arbeit im Garten als Ausgleich für seinen Alltag und hat deshalb viele Gemüsepflanzen und Obstbäume. Oder man hat beides: Zum Teil ist der Garten Nutzgarten, und zum Teil ist er ein Ziergarten. Jeder Gartenbesitzer hat seine Vorlieben, aber bei fast allen Menschen werden bei dem Wort “Garten” Emotionen wie Sehnsucht, Hoffnung, Geborgenheit ausgelöst. Oder Träume des Glücks. Oder Bilder aus der Kindheit. Der Garten ist ein besonderer Ort, und diese Orte können ganz verschieden sein.

Der Garten meiner Oma war so ein besonderer Ort. Auf den ersten Blick sah er sehr wild aus, alles schien durcheinander zu wachsen. Aber in dieser ungezähmten Wildnis gab es doch eine Ordnung. Die Beete am rechten und linken Rand waren der Versuch, den Garten zu kultivieren. Hier wuchsen Ringelblumen, Lauchzwiebeln, Möhren und Salbei. Die Tomatenpflanzen, die dicht an dicht mit anderen Wildkräutern standen, schienen schneller wachsen zu wollen als ihre Brüder weiter hinten, die ganz allein standen und kürzer und etwas gedrungener aussahen. Es schien, als ob die Tomatenpflanzen in Konkurrenz mit ihren Nachbarpflanzen standen: Wenn sie sich bedroht fühlten, überragt zu werden, wuchsen sie schneller, um genügend von dem so wertvollen Sonnenlicht für sich in Anspruch nehmen zu können. Den Abschluss bildeten mehrere Sträucher Rosen, deren Namen ich damals nicht kannte, die aber wunderbar dufteten. Und mittendrin kleine Büschel von Walderdbeeren, die am Tag scheinbar verzweifelt versuchten, ein, zwei Sonnenstrahlen zu erhaschen. Der Rest war einfach nur wilde Ungezähmtheit: Johanniskraut neben Mariendisteln, dazwischen Borretsch, Sauerampfer, Feldstiefmütterchen, Beinwell, Schafgarbe, Senf und Spitzwegerich. Dort, wo der Garten aufhörte und in einen Bach mündete, hatte sich in einer halbschattigen kleinen Mulde eine Engelwurz breitgemacht. An der sonnigsten Stelle im Garten hatte meine Großmutter Lavendel und Rosmarin gepflanzt, der nicht nur der kräftigen südlichen Sonne standhielt, nein, er hatte sich sogar zu einem prächtigen Busch entwickelt. Genau wie diese herrlich dicken, duftenden Lavendelblüten.

Ich liebte diesen Garten. Wahrscheinlich auch deshalb, weil er so ungezähmt vor meinen Füßen lag. Ich mochte es, durch ihn zu spazieren, hier und da stehen zu bleiben, um die Blätter und Blüten mit meinen Händen zu zerreiben und die verschiedenen Düfte einzuatmen – oder sie einfach nur zu probieren, um herauszufinden, was diese kleinen Köstlichkeiten wohl für einen Geschmack haben. Auch die Bienen summten um die Blüten und gaben sich redlich Mühe, von dem köstlichen Nektar zu naschen. Dieser Garten war für mich ein Ort der Vollkommenheit und des Glücks, hier schienen die Uhren stillzustehen, und ich fühlte mich der Natur tief verbunden und sehr nah. Bevor man Gärten anlegte, in denen auch Heilpflanzen wuchsen, zogen arme Bauern Pflanzen ausschließlich als Nahrungsquelle. Im Laufe der Zeit – man geht von einem Zeitraum aus, der etwa 10.000 Jahre umfasst – wurde den Pflanzen in den angelegten Gärten und Hainen auch eine religiöse und symbolische Bedeutung zugesprochen. Kräuter, Bäume und Sträucher galten als Wohnstätten von Göttern und Geistern – germanischen Gottheiten wurde beispielsweise immer ein Baum oder eine Pflanze gewidmet. Bei den alten Germanen saß der Donnergott Thor in der Krone der mächtigen Eiche. Freya wohnte in der Linde, und da sie die Gottheit der Liebe, der Ehe, der Fruchtbarkeit, aber auch der Gerechtigkeit ist, wurde unter der Linde oft Gericht abgehalten. Außerdem war Freya die Schutzgöttin der Frauen, besonders bei der Geburt. So sind viele Pflanzen Freya heilig, zum Beispiel der Frauenmantel.

Der Fuchs, der Wolf und der Bär galten wiederum als Seelentiere. Man war davon überzeugt, dass sich ihre Tierseelen in bestimmten Pflanzen wiederfanden, und durch deren Verzehr konnte man sich ihre Kraft einverleiben. So stand der Bär symbolisch für ein kraftvolles Urwesen, das mit seiner Stärke die Macht des Winters brechen und neue Fruchtbarkeit bringen konnte. (Der Bär als Fruchtbarkeitstier ist übrigens auch heute noch in dem Wort “gebären” enthalten.) Die Pflanze, die diese “Bärenkraft” als Heilpflanze entwickeln konnte und danach benannt ist, ist der Bärlauch.

Andere alte Pflanzennamen entstanden, weil weise Frauen, Heilerinnen und Heiler den Gewächsen ihren Namen gaben. Dabei sollte der Name sich nicht nur auf die Wurzel der Pflanze, sondern auf ihr ganzes Wesen beziehen. Da diese Frauen aber in erster Linie Wurzelkundige waren, enthalten viele Pflanzen noch heute den Wortteil “-wurz” in ihrem Namen, beispielsweise der Meisterwurz, der Engelwurz, der Blutwurz, der Pestwurz und der Hauswurz, ebenso bekannt als Jupiterbart, Donnerkraut und Gottesbart. Sehen wir uns den Blutwurz etwas genauer an: Aufgrund seines roten Wurzelinneren wurde bei dieser Pflanze vermutet, dass sie damit alle Krankheiten heilen kann, die mit dem Blut in Zusammenhang stehen. So galt der Blutwurz lange Zeit als Universalheilkraut, wie eine alte Volksweisheit verdeutlicht: “‘S mag mer fehle, was mer will, so trink i halt mei Durmendill.” (Durmendill = Tormentill, neudeutsch = Blutwurz) Tormentill wird auch noch heute traditionell wegen seines hohen Gerbstoffgehaltes bei Erkrankungen der Darmschleimhaut, schlecht heilenden Wunden, Magenschmerzen, Verstopfung, Erbrechen, Frostbeulen, Haut- und Zahnfleischentzündungen und bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut eingesetzt.

Viel später erst erfüllten Kräuter, Sträucher und Bäume eine Doppelfunktion: einerseits als Nahrungs- und Heilpflanzen, andererseits als Dekoration. In unseren Breitengraden waren Gärten dagegen eher ein Luxus. Aufgrund manches fantastischen Werkes, man denke an die vielen noch heute erhaltenen Schlossparks, wurden sie oft in den Rang der formvollendeten Kunst erhoben. Heute sind groß angelegte Gärten eher die Seltenheit. Dennoch, in manchen Ländern, wie England insbesondere, wird ein Garten noch immer mit einem Meisterwerk gleichgesetzt. Richtet man seinen Blick nach Fernost, sind es die japanischen Gärten, die diese Kunstfertigkeit besonders gut versinnbildlichen. Bis heute bilden sie die spezielle Fähigkeit der dortigen Gärtner ab, formvollendete Anlagen zu schaffen, die zeigen, dass weniger oft mehr ist.

In Japan unter dem weiten Begriff des Zen zusammengefasst, besteht ihr Zweck darin, eine ruhige und meditative Atmosphäre zu schaffen. Es ist Tradition, Steine, Moos, Sand, Wasser, Pflanzen und Bäume so anzuordnen, dass eine Gestaltung entsteht, die den Betrachter dazu “zwingt”, innezuhalten und sich von den Spannungen des Alltagslebens zu lösen. Dazu werden Steine so angeordnet, dass sie einen holprigen Weg bilden, der die volle Konzentration des Besuchers erfordert. Am Ende dieses Weges wartet eine kleine Bank, auf die man sich setzen kann, um sich von der gerade unternommenen kleinen Anstrengung zu erholen. Sitzt man dann dort und hebt seinen Blick, fällt dieser auf einen besonders schöngeschnittenen Baum, auf dem das Auge des Besuchers lange verweilen möchte.