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Nr. 64

 

Die Stimmen der Qual

 

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

Nachdem die Menschheit die Schwarm-Krise erfolgreich bestanden hat, wenngleich unter großen Schäden, wird die Erde von politischen Konflikten erschüttert. Vor allem Perry Rhodan steht in der Kritik. Zu dieser Zeit erreicht ein terranisches Raumschiff die Erde: An Bord ist ein Wesen vom Planeten Asporc, und es bringt das Grauen mit sich.

 

Es sind die »Stimmen der Qual«, die der Asporco zur Erde gebracht hat, eine unheimliche Macht, die sogar die fähigsten Mutanten der Menschheit zu einem Spielball macht. Vor allem der Supermutant Ribald Corello und Alaska Saedelaere, der Mann mit der Maske, werden von den seltsamen Kräften aus dem Raumschiff beherrscht.

 

Perry Rhodan will die Hintergründe für das Geschehen ergründen. Ohne sich um die politische Diskussion zu kümmern, reist der Terraner mit dem Raumschiff TIMOR nach Asporc. Doch die fremde Macht, die sich dort austobt, kennt kein Erbarmen mit jenen, die sie herausfordern ...

Vorwort

 

 

Mit diesem Buch beginnt ein neuer (Kurz-) Zyklus, der in insgesamt vier Bänden abgehandelt werden wird. Dieser »Altmutanten-Zyklus« war nach seinem ersten Erscheinen nicht unumstritten. Er wird es auch in der Buchausgabe nicht sein, aber wir haben uns aufgrund der wichtigen Entwicklungen und serienwichtigen Elemente (Altmutanten, Asporcos, Paramags, Lemuria) dazu entschlossen, ihn in dieser Ausführlichkeit zu bringen – auch wenn die Widersprüche in der Handlung nicht alle ausgemerzt werden konnten.

Dafür können guten Gewissens spannende Romane, teilweise hochdramatisch, versprochen werden. Ein Glanzlicht setzt wiederum William Voltz mit dem Saedelaere/Kytoma-Strang, der das Geheimnis um das seltsame Mädchen noch vertieft. Aber das soll die Leistungen der anderen Autoren keineswegs schmälern. Ernst Vlcek (unser Chef-Ezialist) legt mit seinem Doppelband einen furiosen Zyklusauftakt hin, der garantiert nicht einfach zu schreiben war.

Die oben angesprochenen Widersprüche sind nicht den Autoren anzulasten. Sie gehen vielmehr eindeutig auf das Konto der seinerzeit sehr mangelhaften Koordination der Serienmitarbeiter.

Die in diesem Buch enthaltenen Originalromane sind (ungeachtet nötiger Kürzungen): Die Stimmen der Qual (570) und Raumschiff der Besessenen (571) von Ernst Vlcek; Das Himmelsmetall (574) von Clark Darlton; Stadt im Lavameer (575) von H. G. Francis, Ein Mutant verschwindet (576) und Ein Mutant wird gejagt (577) von William Voltz.

 

Bedanken möchte ich mich wieder bei allen, die durch ihre konstruktive Kritik und Vorschläge zum Zustandekommen dieses 64. Bandes der PERRY RHODAN-Bibliothek beigetragen haben.

 

Horst Hoffmann

Zeittafel

 

 

1971/84 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest. Mit Hilfe der arkonidischen Technik gelingen die Einigung der Menschheit und der Aufbruch in die Galaxis. Das Geistwesen ES gewährt Rhodan und seinen engsten Wegbegleitern die relative Unsterblichkeit. (HC 1–7)

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden und stellt einen galaktischen Wirtschafts- und Machtfaktor ersten Ranges dar. In den folgenden Jahrhunderten Bedrohung durch die Posbi-Roboter und galaktische Großmächte wie Akonen und Blues. (HC 7–20)

2400/06 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda; Abwehr von Invasionsversuchen von dort und Befreiung der Völker vom Terrorregime der Meister der Insel. (HC 21–32)

2435/37 – Der Riesenroboter OLD MAN und die Zweitkonditionierten bedrohen die Galaxis. Nach Rhodans Odyssee durch M 87 Sieg über die Erste Schwingungsmacht. (HC 33–44)

2909 – Während der Second-Genesis-Krise kommen fast alle Mutanten ums Leben. (HC 45)

3430/38 – Das Solare Imperium droht in einem Bruderkrieg vernichtet zu werden. Bei Zeitreisen lernt Perry Rhodan die Cappins kennen. Expedition zur Galaxis Gruelfin, um dem Ganjo Ovaron zu seinem Recht als Herrscher der Ganjasen zu verhelfen und eine Pedo-Invasion der Milchstraße zu verhindern. (HC 45–54)

3441/43 – Die MARCO POLO kehrt nach zeitlicher Verzögerung in die Milchstraße zurück und findet die Intelligenzen der Galaxis verdummt vor. Der Schwarm dringt in die Galaxis ein. Gleichzeitig wird das heimliche Imperium der Cynos aktiv, die am Ende den Schwarm wieder übernehmen und mit ihm die Milchstraße verlassen. (HC 55–63)

Prolog

 

 

Seit dem 8. Juni des Jahres 3443 ist die Schwarm-Krise beendet. Mit dem Cyno Nostradamus an der Spitze hat das riesige Sternengebilde die Milchstraße verlassen, um wieder seiner ursprünglichen Aufgabe gerecht zu werden und Intelligenz im Kosmos zu verbreiten. Die Verdummungswelle existiert nicht mehr. Überall in der Galaxis erholen sich die betroffenen Völker und gehen an den Neuaufbau. Allerdings wird es viele Jahre dauern, bis der frühere Zustand wiederhergestellt ist. Die Verdummung hat besonders kleinere Sternenreiche und Kolonien in den wirtschaftlichen Ruin getrieben. Zahlreiche Fragen sind offengeblieben, zum Beispiel die nach den geheimnisvollen Erbauern des Schwarms.

Perry Rhodan hat kaum Gelegenheit, sich diese Fragen zu stellen. Es gibt nicht nur die Probleme mit dem Wiederaufbau und der Betreuung besonders schlimm von der Verdummung Betroffener, sondern unerwartete innenpolitische Schwierigkeiten. Bestimmte Gruppen werfen ihm vor, während der Krise eine falsche Politik betrieben zu haben. Angesichts bald anstehender Neuwahlen ist er gefordert, sich zu behaupten und die Vorwürfe zu entkräften.

Noch ahnt niemand auf Terra, was auf einem entfernten Planeten in einem unerforschten Gebiet der Galaxis bereits seinen Anfang genommen hat und sich bald zu einer ernsten, neuen Bedrohung der Menschheit entwickeln kann. Die Asporcos, die Bewohner jenes Planeten, haben einen Namen für diese Gefahr. Sie nennen sie die Stimmen der Qual ...

 

 

Alantor Myns Zwiesprache:

Horche in dich, Alantor Myn, dann vernimmst du die Stimmen der Qual. Selbst wenn du meinst, sie seien verstummt, brauchst du nur zu lauschen, und schon hörst du sie.

Sie flüstern und raunen, sie säuseln wie der Wind und hallen dem Echo gleich. Du nimmst sie schon nicht mehr bewusst wahr, denn: Wie dein Ohr die Geräusche des Lebens, die um dich sind, überhört, so überhört dein Geist das stete Murmeln der Stimmen der Qual.

Oh, sie sind schon lange, seit vielen Planetenumläufen, in dir und deinen Artgenossen, die Stimmen der Qual. Sie waren schon vor dem Erwachen deines Geistes in euch.

Wenn die Stimmen fordernd werden, dann musst du ihnen gehorchen, egal, was sie verlangen, Alantor Myn. Du und alle anderen, ihr könnt ihnen nicht widerstehen!

Was nützt es, dass euer Geist vor kurzem auf wundersame Weise erwachte? Was nützt es, wenn ihr plötzlich klarer denken könnt als früher, wenn ihr mit einemmal besser und schneller begreift, wenn ihr euer Wissen von Tag zu Tag fast sprunghaft vergrößert? Gegen die Stimmen der Qual bleibt euer Geist machtlos!

Das stete Raunen zermürbt euch. Das despotische Fordern erschüttert euch. An dem lautlosen Schreien werdet ihr schließlich zerbrechen.

 

die stimmen der qual

sind stimmen in dir, alantor myn,

sind stimmen des inneren chaos;

höre nicht hin, alantor myn.

 

Nehmt die Niederlagen, wie das Schicksal sie euch beschert. Durftet ihr noch hoffen, die Stimmen der Qual besiegen zu können, als euer Geist plötzlich erwachte, so müsst ihr nun erkennen, dass alle Wege in die bedingungslose Entsagung münden.

Alantor Myn, was hat das Schicksal mit euch vor? Zuerst die Stimmen der Qual! Dann das jähe Erwachen des Geistes. Und nun die Kugel!

Frage das Schicksal, und es wird dir antworten: Alantor Myn, die Kugel ist ein Raumschiff, das aus der Tiefe der Unendlichkeit kam, aus Fernen, die für euch unerreichbar sind. Aber das Schicksal kann euch nicht sagen, ob das Raumschiff Fluch oder Segen in sich birgt. Das müsst ihr selbst herausfinden.

Alantor Myn, gehorche den Stimmen der Qual, die sagen, was zu tun ist. Sie verlangen, dass ihr das Innere der Kugel betretet, dass ihr das Raumschiff untersucht. Es muss nicht unbedingt ein böses Vorzeichen sein, dass es bei der Landung weite Landstriche verwüstete.

Seht euch vor, aber seht euch auch um!

Daher wirst du, Alantor Myn, zusammen mit vielen anderen von hohem Wissen das Raumschiff aufsuchen und sein Geheimnis ergründen. So wird es geschehen.

Die Stimmen der Qual verlangen es.

1.

 

Anfang 3444

Asporc

 

 

Das Raumschiff bestand aus toter Materie, aber auf eine eigene Art war es voll von Leben. Es war eine präzise funktionierende Maschine, das Produkt einer hochtechnisierten Zivilisation. In den riesigen Konvertern im Zentrum des fünfhundert Meter durchmessenden Schiffsleibes ballten sich ungeheure Mengen von Energie. Einige wenige Handgriffe hätten genügt, um die Energien freiwerden zu lassen, dann wäre das Schiff augenblicklich zu selbständigem robotischem Leben erwacht.

Doch niemand war da, um das auslösende Moment zu geben.

Früher war das anders gewesen. Noch bei der Landung des Schiffes vor drei Jahren hatte es eine fünfzehnköpfige Besatzung gegeben, die sich mit der Bedienung ausgekannt hatte. Doch nun wehte der Wind einer fremden Welt über ihre Gebeine.

Mit ihnen war eine seltsame Wandlung geschehen. Irgend etwas war in sie gefahren, was sie veranlasste, übereinander herzufallen und sich gegenseitig zu töten.

Nun war das Raumschiff ohne Meister.

Jene, die erschienen und staunend und forschend durch die endlosen Korridore des Schiffes wanderten, waren nicht in der Lage zu begreifen, was sie sahen. Es waren keine Meister, nur Lehrlinge. Vierhundert Lehrlinge mit einem unstillbaren Forscherdrang, der jedoch nicht das fehlende Wissen ersetzen konnte, das zum Begreifen der fremdartigen und komplizierten Maschinerie erforderlich war.

Die Erforscher des Schiffes kannten ihre Grenzen und hüteten sich, irgendwelche Schaltungen vorzunehmen, die die im Schiff schlummernden Kräfte wecken konnten. Sie begnügten sich damit, die sekundären Schiffseinrichtungen zu untersuchen.

Das Raumschiff ließ es mit sich geschehen. Das Raumschiff war ein Roboter. Und Roboter waren geduldig wie das Material, aus dem sie bestanden. Sie konnten warten, bis jemand kam, der sie aus ihrem Schlaf erweckte.

Doch die fremden Forscher waren froh, wenn sie die kleinen Rätsel, die ihnen das Schiff aufgab, lösen konnten. Sie fügten unermüdlich ein Detail an das andere und stützten auf die Bruchstücke des Mosaiks ihre verwegenen Theorien. Die gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis anzuwenden, wagten sie nicht.

So ruhte das Schiff weiterhin. Tag um Tag, Jahr um Jahr.

Es hätte sich bis in alle Ewigkeit nicht gerührt, wenn nicht unerwartet der entscheidende Funke übergesprungen wäre. Der Impuls kam aus dem Nichts, aus einer übergeordneten Dimension und schlug wie ein Blitz in die Vollautomatik ein.

Was kümmerte es das Raumschiff, woher der Impuls kam und wer ihn geschickt hatte. Es war ein Roboter und nicht in der Lage, Fragen zu stellen. Es musste auf bestimmte Impulse reagieren. Es musste den empfangenen Hyperimpulsen gehorchen.

Das Raumschiff erhielt den zwingenden Befehl: Start!

Der fünfhundert Meter durchmessende Körper erwachte zu robotischem Leben. Überall in den Korridoren, den Räumen und Hallen wurden die Beleuchtungskörper eingeschaltet, auf den Kontrollwänden begann der Reigen der blinkenden Lichter, die Maschinen liefen an.

Das Herz des Schiffes schlug so heftig, dass die Wände vibrierten. Es war, als atmete es. Die drei Jahre währende Stille wurde auf einmal von vielfältigen Geräuschen durchbrochen. Es ging wie ein Seufzen durch das Schiff.

Die freiwerdenden Kräfte wurden genau dosiert durch die weitverzweigten Kanäle geleitet, die die Adern des Schiffes waren. Und wie belebendes Blut durchflossen die Energien den mächtigen Körper und drangen bis in die entlegensten Winkel vor. Antennen reckten sich wie Fühler aus der Hülle – und orteten. Die Linsensysteme – Schiffsaugen – nahmen die Bilder auf und bannten sie auf die Bildschirme.

Der mächtige Kugelkörper bäumte sich auf, kämpfte gegen die Schwerkraft an und hob langsam ab.

Start. Fort von hier – hinauf ins All.

 

Heydrac Koat erstarrte, als die Alarmsirene durch das Schiff heulte. Er hatte das Rumoren gehört, das tief aus dem Schiffsinnern zu kommen schien, dem vorerst jedoch keine besondere Bedeutung beigemessen. Verschiedene Wissenschaftlergruppen stellten dauernd irgendwelche Versuche an, bei denen sie sich eigens herangeschaffter Maschinen bedienten. Er hatte das Rumoren für das Arbeitsgeräusch dieser Maschinen gehalten.

Doch die Alarmsirene ernüchterte ihn.

Die Geräusche stammten nicht von irgendwelchen Maschinen, sondern kamen vom Schiff selbst. Hoffentlich hatte nicht einer der Wissenschaftler einen der Hebel gedrückt, deren Funktion sie noch nicht kannten.

»Alle Teams sofort in die Zentrale!« Das war die Stimme Alantor Myns, die aus dem Funksprechgerät ertönte.

Heydrac Koat überlegte nicht lange. Er ließ alles stehen und liegen und rannte auf den nächsten Aufstiegsschacht zu. Er kannte sich im Schiff genau aus und wusste, wo der Raum lag, den die Techniker als »Zentrale« bezeichneten.

Als er den Aufstiegsschacht erreichte, erblickte er Arnani Cuor, die Xenologin, die seit der Landung des Schiffes das Geheimnis seiner Erbauer zu lüften versuchte. Noch bevor sie ihn erreicht hatte, rief sie aufgeregt: »Wir fliegen!«

Heydrac Koat konnte den Sinn ihrer Worte im ersten Augenblick nicht erfassen. »Wir fliegen?«, wiederholte er. »Aber das ist unmöglich. Wir müssten zumindest den Andruck zu spüren bekommen, der bei der Startbeschleunigung entsteht.«

Arnani Cuor schüttelte den Kopf und verschwand im Schacht. Heydrac Koat folgte ihr. Er konnte es immer noch nicht glauben, dass das Schiff gestartet sein sollte. Selbst wenn jemand trotz der Warnungen und Verbote eine Funktion ausgelöst hatte, so war es unwahrscheinlich, dass er ausgerechnet den »Starthebel« erwischte. Abgesehen davon war es unmöglich, dieses riesige Schiff mit einem einzigen Hebeldruck in Bewegung zu setzen. Wenn man bedachte, wieviel Vorbereitungsarbeiten und komplizierte Vorgänge notwendig waren, um eines der viel kleineren heimischen Raumschiffe zu starten, dann konnte man sich vorstellen, welcher Aufwand notwendig war, um diesen Koloss zu bewegen.

Heydrac Koat hätte früher nicht in seinen kühnsten Träumen anzunehmen gewagt, dass so ein riesiges Raumschiff überhaupt die Anziehungskraft eines Planeten überwinden könnte. Mit dieser Meinung stand er nicht allein, sondern alle Raumfahrtspezialisten teilten sie mit ihm. Erst die Landung dieses Raumgiganten hatte alle Theorien seines Volkes zerstört.

Als er zusammen mit der Xenologin in der Zentrale ankam, herrschte dort ein grenzenloses Durcheinander. Die Wissenschaftler überschrien sich gegenseitig, sie gestikulierten aufgeregt und liefen ziel- und planlos durch die Halle.

Aber Heydrac Koat nahm das alles nur unterbewusst wahr. Er hatte nur Augen für den riesigen Bildschirm. Seit sie das fremde Schiff betreten hatten, bemühten sich die Techniker, ihn in Betrieb zu nehmen – ohne Erfolg. Doch jetzt war er erhellt und zeigte ein naturgetreues, dreidimensionales Bild der Außenwelt!

Diese Tatsache allein verblüffte Heydrac Koat. Noch viel aufgeregter war jedoch die Szenerie, die auf dem Bildschirm zu sehen war: Über die ganze Breite spannte sich das tiefschwarze All mit den funkelnden Lichtpunkten darin – die Sterne. In der Bildmitte war für einige Augenblicke ein faustgroßer Himmelskörper zu sehen, der schnell zusammenschrumpfte und schließlich vom uferlosen Sternenmeer verschluckt wurde – Asporc.

»Bei meiner Kammspange – wir fliegen«, sagte Heydrac Koat fassungslos.

Er spürte, wie sich Arnani Cuor an ihn presste. Ein Blick in ihr Gesicht zeigte ihm, dass es sich vor Angst grau verfärbt hatte. Und er spürte selbst, dass Panik sich seiner zu bemächtigen drohte. Wohin er auch blickte, überall sah er verstörte, ratlose Gesichter, von überall her drangen ängstlich vibrierende Stimmen auf ihn ein.

Nur Alantor Myn, der wissenschaftliche Leiter des Forschungsteams, behielt die Fassung und versuchte, die aufgeregten Kollegen zu beruhigen.

»Wir wissen zwar nicht, was die Maschinerie des Schiffes aktivierte und was den Startvorgang ausgelöst hat«, rief er. »Im ersten Augenblick muss es so scheinen, als seien wir Gefangene und dazu verdammt, den Flug ins Unbekannte mitzumachen. Wir können nicht erwarten, von einem unserer eigenen Raumschiffe gerettet zu werden, denn keines von ihnen ist nur annähernd so schnell wie dieses hier. Von außen können wir nicht auf Hilfe rechnen. Trotzdem schätze ich unsere Chancen als ziemlich gut ein. Ich glaube nämlich, dass wir uns selbst helfen können.«

Ein Stimmengemurmel folgte seinen Worten, das aber sofort wieder verstummte, als er fortfuhr:

»Wir alle hätten unsere Kammspangen dafür gegeben, wenn es uns gelungen wäre, das fremde Raumschiff in Betrieb zu nehmen. Keiner von uns hätte sich um die Konsequenzen gekümmert. Aber jetzt, da das Schiff von selbst gestartet ist, befällt euch Panik. Überlegen wir unsere Lage doch einmal nüchtern! Bisher scheiterten wir in unserem Bemühen, das Schiff zu ergründen, hauptsächlich daran, dass sämtliche Funktionen stillgelegt waren. Jetzt, da die gesamte Maschinerie in Betrieb ist, können wir unsere Messgeräte viel wirkungsvoller einsetzen. Dadurch wird unsere Arbeit wesentlich erleichtert, und ich bin überzeugt, dass wir nach und nach herausfinden werden, welchen Sinn und Zweck jede einzelne Armatur in dieser Halle hat. Wenn uns das gelingt, können wir das Schiff steuern und zu unserem Planeten zurückfliegen.«

»Hast du nicht bemerkt, wie rasend schnell Asporc hinter uns zusammengeschrumpft ist, Alantor Myn?«, rief jemand aus der Menge. »Wir entfernen uns mit unheimlicher Geschwindigkeit von unserer Welt.«

»Das ist mir nicht entgangen«, antwortete der wissenschaftliche Leiter. »Ich kann dir sogar sagen, dass wir uns mit etwas mehr als halber Lichtgeschwindigkeit fortbewegen. Das ist ein phantastischer Wert. Aber selbst wenn wir so schnell wie das Licht flögen, könnte uns das nichts anhaben. Ich bin sicher, dass wir früher oder später dieses Raumschiff zu handhaben lernen. Wann das sein wird, ist nicht ausschlaggebend – denn uns steht alle Zeit des Universums zur Verfügung. Vielleicht trägt uns dieses Raumschiff Lichtjahre von unserer Heimat fort, bis wir es beherrschen. Na und? Es ist nicht viel, wenn wir einige Jahre opfern und damit einige Jahrhunderte unserer Entwicklung überspringen. Üben wir uns in Geduld, dann können wir in naher Zukunft zu unserem Volk zurückkehren und ihm dieses einmalige technische Wunderwerk zum Geschenk machen. Wollt ihr auf diese Chance verzichten, Asporcos?«

Die Wissenschaftler antworteten auf eindrucksvolle Weise – sie verfielen in einen Begeisterungstaumel. Vergessen war die Angst, überwunden der Schock, entfacht die Begeisterung. Aber sie währte nicht lange. Plötzlich fuhr ihnen der Schreck wieder in die Glieder, das Entsetzen lähmte sie.

Heydrac Koat starrte auf den Bildschirm und konnte nicht fassen, was er dort sah: Die Sterne verschwanden.

Neben ihm sagte Arnani Cuor mit tonloser Stimme: »Es gibt den überlichtschnellen Sternenflug also doch!«

 

Die Raumschiffzentrale glich in den Augenblicken nach dem Verschwinden der Sterne einem Hexenkessel. Die Wissenschaftler, die eben noch Alantor Myn ihr Vertrauen geschenkt hatten, wandten sich nun gegen ihn.

Sie beschuldigten ihn, zu lange gezögert zu haben. Schon vorher hatten einige Wissenschaftler darauf bestanden, das Steuer des Schiffes in die Hand zu nehmen. Doch sie waren von den Besonnenen überstimmt worden. Niemand wollte das Risiko eingehen, durch unsachgemäßes Hantieren Fehlschaltungen zu verursachen und dadurch das Schiff zu beschädigen oder die an Bord befindlichen Wissenschaftler zu gefährden.

Jetzt sah die Lage allerdings anders aus. Die Wissenschaftler wischten die Bedenken beiseite, vergaßen alle Vorsicht, denn es galt, rasch zu handeln. Wenn es ihnen nicht gelang, den Überlichtantrieb auszuschalten und das Raumschiff zu stoppen, dann würden sie sich irgendwann in einem fremden Weltall wiederfinden, ohne die Aussicht, jemals nach Asporc zurückkehren zu können.

Alantor Myn versuchte noch einmal, seine Kollegen umzustimmen.

»Wer sagt, dass das Schiff sich im Überlichtflug befindet!«, rief er. »Das ist eine reine Vermutung, die sich auf nichts stützt. Die Möglichkeit, dass das Bildschirmsystem ausgefallen ist, liegt viel näher.«

Die Wissenschaftler lachten ihn aus. Einer von ihnen trat vor und sagte:

»Wir haben von Anfang an herausgefunden, dass es auf diesem Schiff Geräte gibt, die mit Energieformen arbeiten, die uns unbekannt sind. Alle Spezialisten sind sich darin einig, dass es sich um Energien aus einem übergeordneten Kontinuum handelt. Wozu benötigt man diese Überenergie, wenn nicht, um das Schiff entweder in das andere Kontinuum zu schleudern oder es überhaupt in jene Energieform umzustrukturieren? Durch dieses Ausweichen in ein anderes Kontinuum, das ganz anderen Gesetzen unterliegen muss als unser Universum, könnten Entfernungen in kürzester Zeit übersprungen werden, für die man im konventionellen Raumflug Jahre oder Jahrzehnte benötigt. Das ist nicht graue Theorie, sondern wir erleben das in diesem Augenblick.«

Alantor Myn dachte noch nicht daran, dem Drängen seiner Kollegen einfach nachzugeben.

»Selbst wenn ihr recht habt und wir mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit durch ein übergeordnetes Kontinuum fliegen, ist das noch lange kein Grund den Kopf zu verlieren. Wir müssen jede unserer Handlungen gut überlegen.«

»Und mit jedem Gedanken, den wir an Überlegungen verschwenden, vergrößert sich die Kluft zwischen uns und Asporc!«, rief jemand.

»Wir dürfen nicht länger warten!«

»Wir müssen sofort Maßnahmen ergreifen!«

»Und welche Maßnahmen sollen das sein?«, fragte Alantor Myn.

»Wir haben bei der langwährenden Erforschung des Schiffes nicht nur Misserfolge zu verzeichnen gehabt«, wurde ihm von einem Gegenspieler geantwortet. »Unsere Erfolgsliste ist recht beachtlich. So kennen wir von vielen Geräten Sinn und Zweck und verstehen uns auf ihre Handhabung. Über andere Geräte, die wir nur teilweise beherrschen, haben wir aufschlussreiche Daten erarbeitet. Aufgrund dieser gesammelten Forschungsunterlagen haben wir Berechnungen angestellt, deren Ergebnisse einen hohen Wahrscheinlichkeitswert besitzen. Daraus geht hervor, welche Bedeutung den einzelnen Bedienungselementen vermutlich zukommt.«

»Und anhand dieser sehr fraglichen Berechnungen wollt ihr ein Schiff eines von uns völlig fremden Volkes manövrieren?«, erkundigte sich Alantor Myn ungläubig.

»Wir sind fest entschlossen, das Risiko einzugehen. Denn wir haben keine andere Wahl!«

»Ich werde mich dem Wunsch der Mehrheit beugen«, meinte Alantor Myn. »Die Zentrale steht euch für das Experiment zur Verfügung.«

Er zog sich zurück. Die Wissenschaftler machten sich sofort daran, die nach ihren Berechnungen erforderlichen Schaltungen vorzunehmen.

Heydrac Koat starrte erwartungsvoll auf den großen Bildschirm und er bemerkte nicht, dass Alantor Myn neben ihn trat. »Wie stellst du dich zu diesem Experiment, Heydrac Koat?«

Der Wissenschaftler zuckte zusammen. »Ich begrüße es und lehne es zugleich ab«, sagte er unsicher. Dann klärte er den scheinbaren Widerspruch seiner Worte auf. »Ich möchte nicht in ein fremdes Weltall verschlagen werden, deshalb befürworte ich, dass alles für unsere Rückkehr getan wird. Andererseits habe ich Angst, dass durch Fehlschaltungen Kräfte wachgerufen werden, die uns alle verschlingen.«

»Mir geht es ebenso«, gestand Alantor Myn. »Aber ich hätte mich eher für die Forschung des grenzenlosen Alls entschieden.«

Heydrac Koat spürte einen Druck an seinem Arm und hörte Arnani Cuor rufen: »Die Sterne!«

Tatsächlich, da waren sie wieder. Sie füllten den ganzen Bildschirm aus. Es machte keinem der Wissenschaftler in diesem Augenblick etwas aus, dass sie unbekannte Konstellationen bildeten.

»Wir haben es geschafft«, sagte Heydrac Koat erleichtert.

Plötzlich ertönte ein markerschütternder Schrei aus einem Lautsprecher der schiffseigenen Sprechanlage. »Wer hat die Ungeheuer geweckt«, schrie jemand in höchsten Tönen der Angst. »Diese metallenen Monstren werden uns alle töten ...«

Die Stimme erstarb. Aus dem Lautsprecher war ein Poltern zu hören, das von einem unheimlichen zischenden Laut überlagert wurde.

Einige Wissenschaftler liefen, von Neugier getrieben, auf die Korridore hinaus. Dort kamen ihnen bereits die Maschinenwesen entgegen. Sie besaßen annähernd die Gestalt von Asporcos, hatten zwei Beine und zwei Arme, waren jedoch viel größer.

Und ihre Arme endeten nicht in Händen, sondern in Waffenmündungen, aus denen Blitze zuckten.

 

Heydrac Koat versuchte später, diese schrecklichen Augenblicke zu rekonstruieren, doch seine Erinnerung an das fürchterliche Massaker war nur lückenhaft.

Er wusste nur, dass er beim Anblick der Maschinengeschöpfe Arnani Cuor am Arm packte und mit ihr tiefer in die Halle hineinrannte. Rund um sie waren Flammen.

In der Luft lag das Zischen der gespenstischen Strahlschüsse, das Schreien der Getroffenen und das Poltern schwerer Metallbeine auf dem kunststoffbeschichteten Boden. Ein beißender Geruch legte sich auf Heydrac Koats Atemwege.

Er musste geblendet die Augen schließen, als vier Schritte vor ihm eine Gruppe von drei Wissenschaftlern verglühte. Instinktiv warf er sich zu Boden und zog Arnani Cuor mit sich. Sie klammerte sich an seinen Beinen fest.

»Wir müssen weiter!«, schrie er ihr zu und zog sie hoch.

Wohin sollte er sich wenden? Alle Ausgänge waren besetzt. Die gleißenden Blitze zischten aus allen Richtungen heran. Eine Gruppe von zehn Asporcos warf sich verzweifelt einem einzelnen Maschinenungeheuer entgegen. Nur drei von ihnen erreichten den Ausgang und verschwanden im Korridor. Sie kamen nicht weit. Ihr Schicksal erfüllte sich, als sie der Nachhut der metallenen Wächter vor die Waffenarme kamen ...

Alantor Myn hatte sich mit zwei anderen Wissenschaftlern zu der Säule in der Mitte der Zentrale zurückgezogen. Heydrac Koat sah sie in dem Schacht verschwinden, der senkrecht durch das gesamte Schiff verlief. Es musste sich um eine Art Aufzug- oder Luftschacht handeln – jedenfalls gab es darin keine Steigleiter und außer einigen Vorsprüngen nichts, woran man sich festhalten konnte. Gleich nachdem Heydrac Koat die drei Wissenschaftler in dem Schacht verschwinden sah, hörte er ihre in der Tiefe verhallenden Todesschreie.

Heydrac Koat erreichte eine Treppe, die zu einer Balustrade führte und in halber Höhe rund um die Zentrale verlief. Er musste über die verkohlten Überreste seiner Artgenossen klettern, bevor er den Steg erreichte.

Er erinnerte sich später daran, wie Arnani Cuor schlecht geworden war. Er sah immer wieder ihr Gesicht vor sich, das vor Angst und Übelkeit verzerrt war. Er hatte in diesem Moment das Gefühl, als würden die Stimmen der Qual von ihr Besitz ergreifen.

Die Umgebung versank um ihn, die Todesschreie seiner Artgenossen verhallten ungehört. Er sah nur Arnani Cuor, die ihm wie schwebend folgte – und den rettenden Ausgang, nicht weit vor ihm.

Irgendwie schaffte er es, ihn zu erreichen. Er öffnete das Schott. Vor ihm lag eine in Dunkelheit gehüllte Kammer. Er verschwand darin und zog Arnani Cuor mit sich. Dann brach er erschöpft zusammen. Er atmete kühle Luft, die nur schwach vom Geruch nach Verbranntem durchsetzt war, und schloss erlöst die Augen.

Aber nicht für lange. Arnani Cuors Schrei riss ihn aus der Lethargie. Eine Explosion, so heiß und grell wie ein komprimierter Sonnenstrahl, ließ ihn die Augen öffnen und sofort wieder schließen. Dahinter erblickte er den Schemen eines Maschinenungeheuers und rollte sich zusammen. Arnani Cuors Körper, der sich wie ein Schild vor ihm befand, zuckte noch einige Male, dann erschlaffte er.

Heydrac Koat wagte nicht, sich zu bewegen. Noch lange, nachdem sich wieder die Stille über das Raumschiff gesenkt hatte, lag er regungslos da, den Körper der toten Frau auf sich. Erst als seine Glieder zu erstarren drohten, sich Hunger und Durst bemerkbar machten und ihn Atemnot quälte, wagte er, sein Versteck zu verlassen.

Die Maschinenwächter hatten sich zurückgezogen. Die Zentrale glich einem Schlachtfeld. Ein Blick auf den großen Bildschirm über dem gekrümmten Kontrollpult zeigte ihm, dass die Sterne wieder verschwunden waren.

Er schob die sterblichen Überreste Arnani Cuors auf den Steg hinaus und zog sich wieder in sein Versteck zurück.

 

Er wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, als von draußen Geräusche zu ihm drangen. Er lehnte sich zitternd gegen die Wand, jeden Augenblick darauf gefasst, dass sich das Schott öffnete, sich ihm ein Waffenarm entgegenstreckte und ein zischender Blitz seinem Leben ein Ende machte. Es hätte ihm in diesem Augenblick nichts ausgemacht zu sterben.

Da öffnete sich das Schott.

Aber keine Mordmaschine erschien in der Öffnung. Das erkannte Heydrac Koat auf den ersten Blick. Trotzdem lähmte ihn das Entsetzen beim Anblick der Maschine, die über den Steg rollte.

Die Maschine schluckte alles, was ihr im Weg lag. Auch die sterbliche Hülle von Arnani Cuor. Als die Maschine Heydrac Koats Versteck erreichte, streckte sie einen sich windenden Schlauch in die Öffnung und saugte den Boden damit ab. Um Heydrac Koat machte der Schlauch einen Bogen.

Obwohl diese seltsame Reinigungsmaschine offensichtlich nicht feindlich gegen ihn eingestellt war, atmete er erst auf, als das Schott wieder zufiel. Viel später, als wieder Stille über der Zentrale lastete, wagte er sich wieder aus seinem Versteck.

Alle Spuren des Kampfes waren beseitigt. Nichts erinnerte mehr an das Massaker.

 

Heydrac Koat hatte viel Zeit zum Nachdenken.

Die Mordmaschinen waren nicht wieder aufgetaucht. Er glaubte, auch eine Antwort auf die Frage gefunden zu haben, wodurch sie geweckt worden waren. Es konnte nur so gewesen sein, dass die Wissenschaftler Fehlschaltungen begangen hatten, die die metallenen Wächter auf den Plan riefen. Das war die einzige Erklärung, die er fand.

Vorher war es noch nie zu einem ähnlichen Zwischenfall gekommen. In all den Jahren, die sich das Forschungsteam an Bord des Schiffes befand, waren die Verteidigungsanlagen nie aktiviert worden.

Heydrac Koat glaubte nicht daran, dass es außer ihm noch einen Überlebenden gab. Er verließ die Zentrale und durchstreifte die angrenzenden Korridore. Er traute sich allerdings nie zu weit von seinem Versteck fort, weil er fürchtete, in den tieferen Schiffsregionen einem Maschinenwächter zu begegnen. Das war auch der Grund, dass er lieber Hunger und Durst litt, als nach Nahrung zu suchen.

Er wusste, wo die Depots lagen, in denen die Schiffserbauer die konservierten Nahrungsmittel speicherten. Doch erstens fürchtete er die Maschinenwächter, und zweitens kannte er die Analyseergebnisse, aus denen hervorging, dass die Nahrung des unbekannten Volkes nur bedingt für Asporcos geeignet war. Heydrac Koat wollte auf keinen Fall eine Vergiftung riskieren.

Warum eigentlich nicht? Warum kämpfte er gegen den Tod an? Was erwartete er sich von einer Verlängerung seines Lebens? Es war doch nur eine Verlängerung seiner Leiden.

Wenn er wenigstens einige Hilfsgeräte besessen hätte. Aber die Reinigungsmaschinen hatten ganze Arbeit geleistet. Sie hatten alle Spuren beseitigt, die seine Artgenossen hinterlassen hatten. Nichts deutete mehr darauf hin, dass sich hier einmal Asporcos aufgehalten hatten. Heydrac Koat war der einzige – lebende – Beweis dafür.

Aber wie lange noch? Es würde nicht mehr lange dauern, bis er an Schwäche starb und ein Opfer der Reinigungsmaschine wurde.

Wo flog dieses Gespensterschiff mit ihm hin? Wie lange dauerte der Flug ins Ungewisse noch?

Insgesamt hatte er neun Flugetappen gezählt. Neunmal waren die Sterne auf dem Bildschirm erschienen und wieder erloschen.

Gerade in diesem Augenblick wiederholte sich dieser Vorgang zum zehnten Mal. Aus der düsteren Eintönigkeit des Bildschirms kristallisierten sich funkelnde Lichtpunkte heraus – und gleich darauf erstrahlte das Sternenmeer in majestätischem Glanz.

Doch diesmal war es etwas anderes als bei den vorangegangenen Flugetappen. In der Mitte des Bildschirms erstrahlte, tausendmal heller als alle anderen Sterne, eine blassgelbe Sonne.

2.

 

Februar 3444

Terra

 

 

Am 8. Juni 3443 um 16.24 Uhr Norm-Zeit war die Verdummungsstrahlung innerhalb der Galaxis erloschen. Die Menschheit konnte aufatmen. Jetzt, knapp acht Monate später, steuerte das Solare Imperium einer neuen Krise entgegen.

Die Ursache dafür war jedoch nicht eine ernsthafte Bedrohung durch fremde Mächte, sondern vielmehr auf die innenpolitischen Verhältnisse zurückzuführen.

Infolge der verheerenden Auswirkungen der Verdummung war eine außerordentliche Regierungsneuwahl auf allen Imperiumsplaneten beschlossen worden. Damit hatten sich sowohl sämtliche politischen Parteien wie auch die Regierung unter Perry Rhodans Führung einverstanden erklärt. Es war allen klar, dass nach all den Wirren der letzten Jahre eine Neuwahl stattfinden musste. Ebenso einig waren sich allerdings auch die Kenner der Materie, dass die neue Regierung mit der alten identisch sein würde. Zumindest war das am Anfang so. Es herrschte die allgemeine Meinung, dass die Neuwahl nur eine Formsache war.

Doch schon die Wahlen der planetarischen Administratoren, die auf allen fünfzehnhundert Planeten des Imperiums im Januar 3444 stattfanden, zeigten, dass es zu gewaltigen politischen Umschichtungen gekommen war.

Die Anhänger Rhodans, die Rhodanisten, die nicht in einer eigenen Partei vereinigt waren, sondern den verschiedensten politischen Strömungen angehörten, erlitten eine arge Schlappe. Dreizehn Prozent der Rhodan nahestehenden Administratoren verloren ihre Sitze im terranischen Parlament zugunsten der anderen drei großen politischen Fraktionen.

Diese Entwicklung kam für Rhodan selbst nicht überraschend. Meinungsforscher hatten ihm Stimmverluste für die Neuwahlen vorausgesagt – allerdings nicht in dieser Höhe.

Der Gesinnungswandel der Menschheit war auf die Nachwirkung der Verdummungsstrahlung zurückzuführen. Zwar hatte sich schon drei Monate nach dem Abklingen der Verdummungsstrahlung die volle geistige Leistungsfähigkeit der Menschen eingestellt, doch war bei fast allen eine seelische Unausgeglichenheit und verstärkte Labilität zurückgeblieben, die sie gegen alle äußeren Einflüsse stark anfällig machte. Das hatten Rhodans Gegner ausgenutzt.

Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Schwarm waren allen noch all zu deutlich in Erinnerung. Hier boten sich genügend Ansatzpunkte, wo man einhaken konnte. Oft bis zum Extrem verzerrt, wurde Rhodans Verhaltensweise während der Schwarm-Krise verurteilt, seine Person an den Pranger der öffentlichen Meinung gestellt.

Die Menschheit, die durch die über zweieinhalb Jahre andauernde geistige Verstümmelung noch nicht zu sich selbst zurückgefunden hatte, wurde von den Slogans der politischen Propaganda hin- und hergerissen. Aber selbst jene, die sich ein eigenes Urteil bilden konnten, fanden nicht selten, dass etwas an den gegen Rhodan vorgebrachten Beschuldigungen sein musste.

Nun glaubte niemand mehr, dass sich auch diese Wahl zu einem triumphalen Sieg für Perry Rhodan gestalten würde. Die psychologische Auswertung ergab, dass er am 1. Februar immer noch die Sympathie einer Dreiviertelmehrheit besaß. Doch seine politischen Gegner arbeiteten unermüdlich gegen ihn, brachten immer neue Beschuldigungen vor – und das, obwohl Rhodan überhaupt nicht bekanntgegeben hatte, ob er noch einmal für das Amt des Großadministrators kandidieren wollte.

Von Rhodans Popularitätsverlust profitierten hauptsächlich die drei Kandidaten der galaktischen Großparteien:

Marschall Bount Terhera von der Solargalaktischen Interessen-Liga, Oberkommandierender der 43. Strategischen Innensektorflotte.

Merytot Bowarote von der Galaktischen Toleranz-Union, der im Januar dieses Jahres neugewählte Administrator von Terra.

Munisho Aerce von der Sozialgalaktischen Bürgerrechts-Föderation, neuer regierender Obmann von Plophos; sie war eine der vier Frauen, die für das Amt des Großadministrators kandidierten.

Die anderen drei Dutzend Kandidaten der in die Tausende gehenden galaktopolitischen Interessengruppen gingen praktisch chancenlos ins Rennen.

Aber immerhin hatte Perry Rhodan drei ernstzunehmende Gegenkandidaten. Noch nie seit dem Bestehen des Solaren Imperiums war die Wahl des Großadministrators so offen gewesen wie diesmal. Milliarden Menschen erwarteten mit Spannung den 1. August.

 

»Ist das ein Empfang!«

Oberst Carlyon, Marschall Bount Terheras Propagandachef für das Solsystem, sagte es mit vor Erregung vibrierender Stimme. Die anderen Offiziere, die die Kommandozentrale der VICTORY bevölkerten, sparten nicht mit zustimmenden Kommentaren. Nur der Mann, dem die Worte gegolten hatten, schwieg.

Marschall Bount Terhera starrte auf den Panoramaschirm, auf dem der Raumhafen von Terrania zu sehen war. Hunderttausende hatten sich rund um das Landequadrat versammelt, auf dem die VICTORY niedergehen sollte. Drei Dutzend Kamerawagen von Terra-Television und anderen Fernsehstationen standen am Rand der Absperrung; fliegende Kameras zogen ihre Schleifen und begleiteten das achthundert Meter durchmessende Flaggschiff der 43. Strategischen Innensektorflotte. Hunderte von Reportern drängten sich am Rand des Landequadrats und konnten von robotischen Ordnungshütern und leichten Prallschirmen nur mühsam zurückgedrängt werden.

Als die VICTORY auf ihren Teleskopstützen aufsetzte, übertrugen die Außenmikrophone den vielhunderttausendfachen Jubelschrei der Menge.

»Das ist der Empfang für den zukünftigen Großadministrator!«, rief Oberst Carlyon voller Überzeugung. Ein Seitenblick zu Bount Terhera zeigte ihm, dass das Gesicht des Marschalls immer noch ausdruckslos blieb.

Der große, schlanke Mann, der die Autorität und die Selbstsicherheit eines sieggewohnten Herrschers ausstrahlte, wandte sich vom Panoramaschirm ab. Ohne jemand Bestimmten anzusehen, sagte er: »Ich glaube, es ist Zeit!«

Mit diesen Worten marschierte er festen Schrittes auf den Schacht des Antigravlifts zu. Oberst Carlyon blieb an seiner Seite. Sie fuhren gemeinsam zur unteren Polschleuse hinunter. Erst als sie allein waren, lockerte sich Marschall Terheras starrer Gesichtsausdruck etwas.

»Wie ist die Stimmung im System?«, erkundigte er sich bei seinem Propagandachef.

»Sie könnte nicht besser sein«, erklärte Oberst Carlyon. »Wir gewinnen mit jedem Tag neue Stimmen. Die Überläufer stammen alle aus dem Lager der Rhodanisten.«

»Wie konnte es passieren, dass der Kandidat unserer Partei bei der Administratorenwahl gegen Merytot Bowarote so jämmerlich abschnitt?«, erkundigte sich Terhera scharf.

»Mit 23 Prozent aller Stimmen war unser Mann besser bedient als erwartet«, hielt Oberst Carlyon dagegen. Er warf Terhera einen verstehenden Blick zu. »Das bedrückt Sie also, Marschall? Nun, ich kann Sie beruhigen. Dass Professor Merytot Bowarote zum Administrator gewählt wurde, war ein Verdienst seiner Partei, der Galaktischen Toleranz-Union. Die Wahl des Großadministrators wird aber eine reine Persönlichkeitswahl sein.«

Marschall Terhera verzog spöttisch den Mund. »Sie tun gerade so, als genieße Bowarote auf Terra weniger Popularität als ich.«

»Die Wahl des Großadministrators wird nicht im Solsystem entschieden, sondern auf den Kolonialplaneten«, entgegnete Oberst Carlyon.

»Auch dort kennt man Bowarote.«

Oberst Carlyon machte eine wegwerfende Handbewegung. »Machen Sie sich darum keine Gedanken. Vergessen Sie Bowarote und diese Munisho Aerce, die die Tränendrüsen der Menschheit strapaziert. Sie haben nur einen einzigen Gegner – Perry Rhodan!«

Marschall Terhera nickte. Dabei straffte er sich unwillkürlich. »Ja, wenn ich Rhodan aussteche, habe ich die Wahl so gut wie gewonnen.«

Oberst Carlyon warf ihm einen schnellen Blick zu.

»War die Kampagne bei den Kolonialplaneten erfolgreich?«, fragte er. »Was ich hier erfahren habe, war zwar recht eindrucksvoll, aber im Endeffekt nichtssagend.«

Marschall Terhera schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Wir könnten belauscht werden. Wir sprechen im Hauptquartier weiter.«

Sie erreichten Deck 1. Dort warteten sie, bis die anderen Offiziere eintrafen. Erst als sie alle im Laderaum versammelt waren, gab Oberst Carlyon das Zeichen für das Öffnen der Bodenschleuse.

Ein wahrer Begeisterungssturm brandete gegen die VICTORY, als der Oberkommandierende der 43. Strategischen Innensektorflotte auf der Rampe der Bodenschleuse erschien.

Marschall Terhera lebte beim Anblick der jubelnden Menge sichtlich auf. Um seine Lippen spielte ein befreites Lächeln. Er hob die Hände über den Kopf und winkte der Menge zu.

Oberst Carlyon, der diesen Empfang organisiert hatte, vermerkte zufrieden, dass Terhera beeindruckt war. »Habe ich Ihnen zuviel versprochen!«, rief er.

Terhera legte ihm impulsiv die Hand um die Schulter und drückte ihn kurz an sich. Die Reporter hielten diese Szene mit ihren Kameras fest. Als Marschall Terhera mit seinen Leuten das Ende der Rampe erreichte, durchbrachen die Hunderte von Berichterstattern die Absperrung der robotischen Ordnungshüter. Terheras private Leibgarde war sofort zur Stelle und schirmte ihn nach allen Seiten gegen den Druck der Menschenmasse ab.

Kaum waren die Reporter heran, feuerten sie stakkatoartig ihre Fragen auf den Kandidaten der Solargalaktischen Interessen-Liga ab. Terhera antwortete so gut es ging, beschränkte sich aber zumeist auf ein »kein Kommentar«.

»Was sagen Sie dazu, dass die SGIL auf Terra die Wahl des Administrators verloren hat?«

»Wir haben bei der außerordentlichen Wahl im vergangenen Monat Stimmen gewonnen. Das werte ich als Sieg der SGIL!«

»Es heißt, Sie hätten die Propagandareise zu den Pionierwelten nur gestartet, um mit anderen Parteien, die der SGIL nahestehen, eine Koalition einzugehen. Stimmt das?«

»Kein Kommentar.«

»In Ihren Wahlkundgebungen haben Sie immer wieder die Unfähigkeit des amtierenden Großadministrators Perry Rhodan bei der Bekämpfung des Schwarms herausgestrichen. Werden Sie diese Linie bis zum ersten August beibehalten und weiterhin versuchen, Ihren Gegenspieler bei den Wählern in Missgunst zu bringen?«

»Es ist nicht meine Absicht, irgend jemanden in Misskredit zu bringen. Ich decke nur Tatsachen auf.«

»Stimmt es, dass Sie beim Parlament Misstrauensanträge gegen Perry Rhodan einbringen werden?«

»Kein Kommentar.«

»Wurde der Klub der Dreihundert von Ihnen persönlich oder von Ihrer Partei gegründet?«

»Klub der Dreihundert? Kenne ich nicht!«

»Bisher wurde der Wahlkampf noch nicht offen geführt. Wann werden Sie das Startzeichen für die Großoffensive geben?«

»Merken Sie folgendes Datum vor: 1. Februar 3444.«

»Aber das ist heute!«

»Danke, dass Sie es mir sagen.«

»Das heißt also, dass Sie noch heute eine großangelegte Kampagne starten werden?«

»Kein Kommentar.«

»Werden Sie bei Ihrer heutigen TV-Kundgebung die Katze aus dem Sack lassen?«

»Wenn Sie es wissen wollen, dann sehen Sie sich die Sendung doch einfach an.«

Es dauerte eine ganze Stunde, bis Marschall Terhera den für ihn bereitgestellten Luxusschweber erreichte. Weitere zehn Minuten dauerte es, den Wall von Menschenleibern so weit zurückzudrängen, dass der Schweber starten konnte. Der Flug zur Parteizentrale in der Amalthea Avenue dauerte dagegen kaum eine halbe Stunde. Schon zwei Stunden nach der Landung saß Marschall Terhera mit seinen engsten Vertrauten in einem abhörsicheren Raum des achtzig Stockwerke hohen Wolkenkratzers beisammen.

 

Von der Geheimkonferenz wurde kein Protokoll angefertigt. Die Teilnehmer durften sich nicht einmal Notizen machen, sondern mussten alle zur Sprache kommenden Punkte im Kopf behalten.

Auf die Vorwürfe, dass Marschall Terhera die Geheimhaltung maßlos übertreibe, reagierte der Kandidat für das Amt des Großadministrators ziemlich heftig.

»Unsere Taktik bestand von Anfang an darin, die Vorbereitungen bis zum letzten Augenblick geheim zu halten. Das hat seit dem Tag, als die außerordentlichen Neuwahlen vom Parlament einstimmig beschlossen wurden, tadellos funktioniert. Und jetzt, kurz vor der Stunde Null, beklagen sich einige Herren darüber. Wollen Sie etwa, dass unsere Gegner vorzeitig Informationen erhalten und sich in ihrer Gegenpropaganda darauf einstellen können?« Als niemand antwortete, fügte er abschließend hinzu: »Heute Abend um 20 Uhr werden wir die Bombe platzen lassen. Können wir jetzt zur Tagesordnung übergehen?«

Der Parteiobmann des Bezirks Mars hatte noch einen Einwand vorzubringen.

»Sie stellen die Geheimhaltung als unsere stärkste Waffe hin, Marschall. Aber ist es nicht so, dass die Galaktische Toleranz-Union und die Sozialgalaktische Bürgerrechts-Föderation ebenfalls größtes Stillschweigen über ihr Wahlprogramm bewahrten, wir aber dennoch ihre Pläne in groben Umrissen kennen? Es wäre anmaßend anzunehmen, dass nicht auch aus unserer Partei etwas nach außen durchgesickert ist.«

»Wir haben sogar bewusst einiges durchsickern lassen«, antwortete Oberst Carlyon lächelnd. »Die anderen Parteien können jedoch keinen Nutzen daraus ziehen, die Wähler wurden dagegen neugierig gemacht. Sagen wir so: Man meint, unsere Pläne zu durchschauen, kennt aber nicht die von uns geplanten Aktivitäten. Damit wären wir auch schon beim Thema angelangt.«

Oberst Carlyon wartete noch auf eventuell geäußerte Einwände. Als sie ausblieben, fuhr er fort:

»Wir erinnern uns alle noch mit Schaudern der zweieinhalb Jahre dauernden Schrecken, die das Erscheinen des Schwarms ausgelöst hat. Die Menschheit hat dieses Ereignis noch nicht vergessen, denn auf die eine oder andere Art leidet jeder noch unter der Nachwirkung der Verdummungsstrahlung. Viele haben ihr Leben verloren, ein Großteil der Überlebenden büßte Besitztümer ein, alle stehen noch unter seelischem Druck. Die gesamte Menschheit ist betroffen. Acht Monate sind seit dem Erlöschen der Verdummungsstrahlung vergangen, aber noch immer sind ihre Spuren überall zu sehen. Hier haken wir nicht ein, das können wir getrost den beiden anderen Großparteien überlassen. Wir werden aufzeigen, warum es überhaupt erst soweit kommen konnte. Wir werden der Menschheit die Augen darüber öffnen, dass die zögernde Haltung eines unfähigen Großadministrators die Ursache für die Katastrophe war!«

Einige der Konferenzteilnehmer quittierten Oberst Carlyons Ansprache mit gedämpftem Gelächter. Einer sagte:

»Wir sind keine Wähler, Oberst, uns brauchen Sie nicht davon zu überzeugen, dass Rhodan nicht der richtige Mann für den Posten des Großadministrators ist. Sagen Sie lieber, wie der Menschheit die Augen geöffnet werden sollen.«

»Ganz einfach«, sagte Marschall Terhera. »Ich werde alle Fehler aufzeigen, die Rhodan während der Schwarmbedrohung gemacht hat. Wir haben Berge von Beweismaterial gesammelt, dass Rhodan die Mittel gehabt hat, eine Katastrophe diesen Ausmaßes zu verhindern. Aber das wissen Sie selbst, denn Sie haben das Beweismaterial zusammengetragen. Was Sie nicht wissen können, ist, dass ich während meiner Propagandareise die Administratoren von dreihundert Planeten für unsere Sache gewinnen konnte. Sie stehen bedingungslos hinter mir – und damit auch praktisch die Bevölkerung dieser Welten. Außerdem habe ich aus sicherer Quelle erfahren, dass fünfhundert andere Planeten ebenfalls die Absicht haben, Misstrauensanträge gegen Rhodan einzubringen. Details darüber werden nach der Stunde Null bekannt werden. Sie sehen, das halbe solare Imperium steht gegen Rhodan – und selbst die Rhodanisten haben zu ihrem Idol eine gewisse Distanz gewonnen. Mich würde nun interessieren, wie die Dinge während meiner Abwesenheit auf Terra gelaufen sind.«

»Zu unserer vollsten Zufriedenheit«, berichtete Oberst Carlyon. »Grundsätzlich sind all jene unsere Helfer, die vom Schwarm geschädigt wurden. Besonders starke Verbündete sind für uns die Wirtschaftsbosse. Sie erlitten während der zweieinhalb Jahre nicht nur Billionenverluste durch Geschäftsentgang, sondern auch durch die Zerstörung von Fabrikationsanlagen. Allein durch die Transition des Sonnensystems entstanden an empfindlichen Geräten und Produktionsmaschinen Schäden, die einige hundert Firmen an den Rand des Ruins brachten. Ich will mich hier nicht in Einzelheiten verlieren, jedenfalls stehen die geschädigten Firmen und Großkonzerne ziemlich geschlossen hinter uns. Sie werden zum gegebenen Zeitpunkt gegen die Regierung – und vor allem gegen Perry Rhodan – rigoros vorgehen.«

»Das ist erfreulich«, sagte Marschall Terhera. »Mir macht nur eines Sorge: Wenn Rhodan erkannt hat, worauf wir zusteuern, wird er zweifellos versuchen, die Wirtschaftsbosse mit Wiedergutmachungsversprechungen und Sanierungsangeboten zu ködern. Hoffentlich widerstehen sie diesen Verlockungen.«

Oberst Carlyon lächelte. »Rhodan kann keine Versprechungen machen, weil ihm die Mittel fehlen. In der Propaganda der Rhodanisten wird hauptsächlich auf die früheren Erfolge Perry Rhodans hingewiesen – Erfolge, die unbestreitbar sind, die aber schon zu lange zurückliegen, als dass sie die jetzige Generation berühren. Und damit kommen uns Rhodans Berater sehr entgegen. Indem sie auf Rhodans fast eintausendfünfhundert Jahre währende Amtszeit hinweisen, vergrößern sie die Kluft zwischen ihm und der Bevölkerung. Sie streichen seine Unsterblichkeit heraus, um damit die Assoziation von Unfehlbarkeit zu erwecken, erreichen dadurch aber nur, dass der Menschheit ihre Sterblichkeit offenbar wird.«