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Über dieses Buch:

Vier Freundinnen, ein Buchclub – und ein brutal ermordeter Ehemann: Megs notorisch untreuer Gatte wird tot in der Londoner Wohnung seines besten Freundes aufgefunden. Trotzdem ist Meg, die für ihre Eifersucht bekannt ist, schnell die Hauptverdächtige der Polizei. Zunächst stehen die Freundinnen ihr bei. Doch als plötzlich auch Jos Exmann ums Leben kommt, schlägt die Stimmung um: Hat es jemand auf die Frauen des Buchclubs und ihre Lieben abgesehen? Ist Meg wirklich unschuldig … oder versteckt sich ein moderner Jack the Ripper mitten unter ihnen?

»Paul Bryers ist ein begnadeter Geschichtenerzähler.« Time Out

»Geistreich, spannend, herausragend: ein literarischer Thriller der Extraklasse.« Literary Review

Über den Autor:

Paul Bryers wurde 1955 in Liverpool geboren. Nach einem Studium der Modernen Geschichte, Politik und Wirtschaft arbeitete er als Journalist und Reporter, bevor er als Produzent und Regisseur fürs Fernsehen tätig wurde. Heute ist er bekannt als Filmemacher von Dokumentationen und Schriftsteller.

Von Paul Bryers erscheint bei dotbooks ebenfalls:

»Tödliche Kälte«

Die Website des Autors: www.paulbryers.com

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eBook-Neuausgabe August 2018, 2021

Dieses Buch erschien bereits 2018 unter dem Titel »Tödlicher Reigen« bei dotbooks.

Die englische Originalausgabe erschien erstmals 2003 unter dem Titel »The Used Women's Book Club« bei Bloomsbury Publishing, London. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Tödlicher Reigen« bei Goldmann.

Copyright © der englischen Originalausgabe 2003 by Paul Bryers

Copyright © der deutschen Ausgabe 2003 by Wilhelm Goldmann Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2018, 2021 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Ron Ellis, ahupepo

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (aks)

ISBN 978-3-96148-224-5

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Paul Bryers

Book Club
Tödliches Vertrauen

Roman

Aus dem Englischen von Leon Mengden

dotbooks.

KAPITEL 1
Angekündigte Niederschläge

Die Polizei beseitigt die Schweinereien, die die Toten hinterlassen, nicht, aber man kennt dort eine Frau, die das übernimmt. Einer der Beamten hatte Larry ihre Karte gegeben. »Falls Sie keine Lust haben, das selber zu erledigen«, hatte er gesagt.

Die Karte steckte in der Innentasche der wetterfesten schwarzen Jacke, die Larry nicht gerne als Anorak bezeichnete, obwohl frühere Arbeitskollegen – Menschen, die er nicht gerade zu seinen Freunden zählte – sie so genannt hatten. Er hatte die Nummer bereits zweimal gewählt, aber beide Male nur den Anrufbeantworter dranbekommen. Er hatte seine Nummer hinterlassen, aber bisher noch keinen Rückruf erhalten. Seit zwei Tagen hatte überhaupt niemand ihn angerufen oder ihm etwas auf Band gesprochen, was ihm langsam zu denken gab. Ihn beschlich das Gefühl, unsichtbar zu werden. Als wäre er dadurch, dass er sämtliche Verbindungen zu seinem Zuhause, seinem Job – auch seiner Familie? – abgebrochen hatte, durch die Risse in den Pflastersteinen in ein Schattenreich zwischen den Lebenden und den Toten geschlüpft.

Ja, er kam sich jetzt wirklich unsichtbar vor, und das trotz der grellen rot-gelben Tafel, die er vor seiner Brust trug. Auf jeden Fall hatte er während der zehn Minuten, die er bereits hier stand, keinerlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen können.

»An einem guten Abend kannst du bis zu siebzig Kunden angeln«, hatte lud ihm versichert. »Das bedeutet zweihundert Mäuse für zwei Stunden Arbeit, und alles bar auf die Kralle und ohne nennenswerte Auslagen.«

Aber dies war kein guter Abend. Was schon daran lag, dass man kaum etwas sehen konnte. Während des Tages hatten sich düstere Wolken gebildet, die nun, nach Einbruch der Dunkelheit, einen lästigen Sprühregen auf die Straßen von London herabrieseln ließen.

Larry hatte auch nichts anderes erwartet.

Seit dem Mord war er ein eifriger Hörer der Wettervorhersage auf Radio Four geworden. Es hätte ihm zwar – so glaubte er wenigstens – nicht viel genützt, wenn er bereits zum Zeitpunkt des Mordes gewusst hätte, wie das Wetter werden würde. Weder hätte dies die Tat verhindert, noch wäre sie weniger grausam. Doch er empfand eine Art Befriedigung angesichts der Gewissheit, dass manche Dinge – etwa die Windstärke vor Land's End – einigermaßen präzise vorhergesagt werden konnten. Auch die Stimme des Sprechers empfand er als angenehm, als wären dessen Worte irgendwie unmittelbar an ihn gerichtet – wie die verschlüsselten Nachrichten, die die BBC während des Zweiten Weltkrieges an die Spione und Widerstandskämpfer im besetzten Europa ausgestrahlt hatte.

Um fünf Minuten vor sieben Uhr fanden sich zwei Interessenten ein, ein Mann und eine Frau von Mitte zwanzig in eleganten Regenmänteln und mit Schirmen bewehrt. Schon bevor er den Akzent des Mannes hörte, wusste Larry, dass die beiden ausländische Touristen waren. Das schloss er einerseits aus den Regenmänteln, andererseits aber auch aus der Aura der fröhlichen Unbekümmertheit, die die beiden umgab und die man auch an Menschen, denen das Wasser buchstäblich bis zum Halse steht, oder Menschen im Zustand geistiger Umnachtung beobachten konnte. Er dachte, dass die beiden Dänen sein könnten. Nachdem sie ihre Tickets gekauft hatten, stellten sie sich im Eingang der U-Bahn-Station vor dem Regen unter. Larry vermied es, zu ihnen hinüberzublicken, aber er spürte ihre Unsicherheit – als hätten die beiden ein ansonsten menschenleeres Restaurant betreten und es wäre ihnen nun peinlich, auf der Stelle wieder kehrtzumachen. Um Punkt sieben Uhr erschien noch eine Gruppe von sechs Personen, alles Frauen mittleren Alters und sämtlich mit Anoraks bekleidet. (Anoraks, die man, im Gegensatz zu dem seinen, wirklich als Anoraks bezeichnen konnte.) Auch die Neuankömmlinge waren Ausländer und strahlten Unternehmungslust aus. Die Frau, die die Tickets bezahlte, erzählte Larry, dass sie aus Island kämen.

Larry wartete noch bis ein paar Minuten nach sieben und entschied dann, dass es heute wohl nicht mehr werden würden. Er klappte seine Tafel zusammen und stellte sie mit der Schrift zur Wand gleich neben den Eingang der U-Bahn-Station. Falls die Tafel geklaut werden sollte, würden ihm die Kosten für die Beschaffung einer neuen von seinem Verdienst abgezogen, wodurch er mit fast leeren Taschen dastünde. Dann baute er sich in der Mitte des Gehsteigs auf und trommelte seine kümmerliche Gefolgschaft zusammen.

»So, wenn Sie jetzt bitte näher treten würden.«

Der Regen war ein wenig dichter geworden. Das sah Larry in dem Licht der Straßenlaternen. Er überlegte, ob er eine Anspielung darauf machen, eine der landläufigen humorigen Bemerkungen über das englische Wetter von sich geben sollte, die seine Zuhörer über den Regen hinwegtrösten oder ihn wenigstens als nicht mehr ganz so lästig erscheinen lassen würde, aber ihm fiel nichts Passendes ein.

Er erkundigte sich, ob denn auch alle Englisch verstünden. Ein Nicken in der Runde, recht selbstbewusst auf Seiten der isländischen Fraktion, ein wenig zurückhaltender bei den Dänen. Larry fragte sich, ob das etwas mit der Volksmentalität zu tun hatte.

»Gut«, sagte er. »Ich kann nämlich kein Isländisch.«

Sein erster Witz an diesem Abend.

Die Isländerinnen grinsten. Die Dänen wussten mit der Bemerkung zunächst nichts anzufangen, aber als sie sahen, dass alle anderen lächelten, taten sie es ihnen gleich.

Larry führte sie hinaus in den Regen.

Ihr erstes Ziel befand sich nur ein kurzes Stück die Whitechapel High Street hinunter. Es handelte sich um einen in eine Hauswand eingelassenen steinernen Wasserspeier. Larry erklärte, dies sei die Mündung einer Quelle aus uralten Zeiten, die aber längst versiegt oder umgeleitet worden wäre. Er malte seinen Zuhörern aus, wie das kalte, klare Wasser einst zwischen den Felsen hervorströmte und dann durch eine mit Blättern bedeckte Waldschneise hindurch zum Themsestrom eine halbe Meile weiter südlich plätscherte. Druiden mögen an dieser Stelle bereits ihre Messen abgehalten haben, fuhr er fort, und bei Ausgrabungen war man auf die Überreste eines römischen Tempels gestoßen. In späteren Jahren hatten Christen dann hier eine Kirche erbaut, die ursprüngliche Weiße Kapelle, von der der Name dieses Bezirks, Whitechapel, abgeleitet wurde. Doch bald hatte der Moloch Stadt sich über seine Mauern hinweg ausgedehnt, sich in die umliegenden Weiden und Wälder gefressen und sie in die berüchtigten viktorianischen Slums verwandelt, die schließlich das Jagdgebiet von Jack the Ripper geworden waren.

Er wies auf die Inschrift.

Einem Unbekannten und doch bekannten.

Manche, erklärte er, glauben, dies beziehe sich auf den Ripper, obwohl der Brunnen und seine Inschrift schon viele Jahre vor ihm existiert hatten. Als hätte der anonyme Steinmetz eine Vorahnung gehabt von den Gräueltaten, die sich hier einmal abspielen sollten, und dem Unbekannten, dessen Werk sie waren. Zwei der Zuhörer begannen wissend mit dem Kopf zu nicken. Die Übrigen starrten verständnislos die Inschrift an und schließlich Larry – in der Hoffnung, von ihm Aufklärung zu erlangen. Sie begannen ihm ein wenig Leid zu tun, allerdings nicht so sehr, wie er sich selbst bemitleidete.

In Wahrheit sei diese Inschrift ein Zitat aus dem zweiten Brief der Korinther im Neuen Testament, dozierte er, und auch gar nicht weiter ungewöhnlich, da die meisten Trinkwasserbrunnen in den Straßen Londons von religiösen oder wohltätigen Vereinigungen gestiftet wurden. Er hielt einen Augenblick inne und überlegte, ob er dieses Thema weiter vertiefen sollte. Auf seinen früheren Rundgängen hatte er die Meinung zum Ausdruck gebracht, dieser Brunnen sei ein heidnischen Gottheiten geweihter Altar, den Göttern der Druiden möglicherweise. Göttern, die menschliches Blut als Opfergabe einforderten und auch erhielten. Wenn das Stadtviertel Whitechapel eine Seele besäße, hatte er dann geschlossen, wäre sie hier zu finden.

Das war eine kleine theatralische Einlage gewesen, von der Jud allerdings behauptete, sie würde niemandem etwas sagen außer Larry selbst. Mach's nicht zu kompliziert, hatte er ihn ermahnt, verzichte auf deine albernen Ausschweifungen.

Heute Abend wollte Larry also den Druiden eine Pause gönnen. Doch an die Opfer wollte er seine Zuhörer schon erinnern. Und an das Blut. Deswegen waren sie ja schließlich hergekommen.

Im Umkreis von einer halben Meile in nördlicher, südlicher, östlicher und westlicher Richtung um diese altehrwürdige Gedenkstätte – Larry lässt seinen Schirm wie einen Zirkel kreisen, und sie folgen ihm mit den Augen und blinzeln in den Regenschleier – hatten im Spätsommer und Herbst des Jahres 1888 sechs Frauen auf eine Weise ihr Leben gelassen, die ihnen Unsterblichkeit verlieh. Die Kehlen durchtrennt, die Körper vom Unterleib bis zu den Brüsten aufgeschlitzt und ihrer Weiblichkeit beraubt, die wie bei einem Ritual öffentlich zur Schau gestellt wurde. Die vollendete Versinnbildlichung vom Mann als Jäger und dem Weib als Opfer. Und er kommt damit durch. Das ist die allergrößte Obszönität daran. Er wird nie gefasst. Seine Identität wird niemals endgültig geklärt. Es gibt keine Vergeltung, keinen Racheengel.

Bis jetzt.

Einigen seiner Zuhörer war nun anzusehen, dass sie gerne weiter wollten. Eine der Isländerinnen flüsterte ihrer Freundin etwas ins Ohr, was hoffentlich eine Übersetzung war und keine despektierliche Bemerkung. Sei es drum – am Gesichtsausdruck der Angesprochenen konnte man jedenfalls ablesen, dass sie nichts begriffen hatte. Also dozierte Larry weiter. Dies war seine Wiedergutmachung, sein persönliches Gebet um Vergebung an die geschändeten Toten.

Es muss doch einen Sinn geben.

Aber es ergibt keinen Sinn. Man soll sich nichts vormachen. Wir tun nichts Gutes, wir treffen nur Feststellungen. Wenn man etwas Gutes tun will, schließt man sich einer karitativen Vereinigung oder einer Hilfsorganisation an. Und bis dahin macht man verdammt noch mal einfach so weiter wie bisher.

Larry schüttelte die Erinnerungen von sich und marschierte weiter.

Jede Gräueltat braucht ihren Nährboden, und in diesem Falle war das die Armut. Stellen Sie sich vor, das alles hat sich vor kaum mehr als einhundert Jahren zugetragen ... Mitten im Herzen des größten Weltreiches seit Menschengedenken. Im Westen – er macht mit seinem Schirm eine ausladende Geste in Richtung der Londoner City – befand sich die wohl vermögendste Quadratmeile der ganzen Welt. Und hier, eine einzige Omnibushaltestelle davon entfernt, der tiefste Morast der Armut. Neunzigtausend Menschen ohne Hoffnung zusammengepfercht in diesem Labyrinth aus verseuchten und von Ratten heimgesuchten Bruchbuden, siebzigtausend davon Frauen und Kinder ... Zwölfhundert Straßenhuren, polizeibekannte zumindest, und mindestens ebenso viele, von denen die Polizei nichts wusste. Fahle Motten, die im Licht der Gaslaternen flattern. Müde Schmetterlinge im verblassten Sonntagskleid aus besseren Tagen, die man von einem Obstkarren in der Petticoat Lane abpflücken kann; die schlaffen Federn und der verblichene Pelz, der abgewetzte Samt, die befleckten Spitzen ... Ein makabres Schauspiel auf der düstersten, verkommensten Bühne, die Sie sich nur vorstellen können. Versuchen Sie's ruhig. An einem Abend wie diesem kann das doch nicht so schwierig sein. Stellen Sie sich eine typische Londoner Dunstglocke der Achtzigerjahre des vorletzten Jahrhunderts vor. Löschen Sie alle Lichter, lassen Sie den Vorhang aus Nebelschwaden fallen, verleihen Sie dem Bühnenbild Farbe: ein Teil Nebel auf zwei Teile Rauch, gesprenkelt mit Ruß aus einer Million Schornsteinen, lassen Sie es auch noch Nacht werden ... Und dann einen einzigen Stern erscheinen.

Kein Beifall.

»Wir gehen jetzt auf die andere Straßenseite«, sagte Larry. »Achten Sie auf den Verkehr.«

Zwanzig Minuten – und drei Morde – später standen sie an der Ecke, wo die Straße abzweigte, in der Larry wohnte. Aber das verriet er seinen Zuhörern nicht, obwohl es sie höchstwahrscheinlich interessiert hätte. Das gäbe doch einen Extra-Kick.

Es war eine schmale Straße – eigentlich kaum mehr als eine Gasse – mit Kopfsteinpflaster und für Fahrzeuge gesperrt. Das Fehlen der Straßengeräusche, die altertümlichen Laternen und dazu noch der Regen – alles zusammen verlieh diesem Ort den eigentümlichen Charme eines Schauplatzes aus den Romanen von Charles Dickens. So jedenfalls hatte Larry jemanden sagen hören. Für ihn hatte die Straße immer etwas von Jekyll und Hyde gehabt, und das auch schon vor dem Mord. Die meiste Zeit des Jahres kamen tagsüber Touristen auf ihrem Weg von der Liverpool Street Station zu den Läden und Ständen des Spitalfields Market hierher. Um die Mittagszeit füllten sich die Weinlokale und die Restaurants für gewöhnlich mit Angestellten aus der City. Aber am späten Abend, wenn die Geschäfte geschlossen hatten und die Ratten hervorgekrochen kamen, um die Abfallberge zu plündern, die sich für die wöchentliche Runde der Müllabfuhr türmten, verwandelte sich die Atmosphäre vollends ins Düstere. Diese Straße war wie ein Greis, der zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her schwankt, als wüsste sie nicht immer so genau, wo oder was sie war.

Larrys Haus war das dritte am Ende der Gasse. Alle Vorhänge waren zugezogen, und in seinem Schlafzimmer brannte Licht. Einen Augenblick lang stutzte er. War jemand dort? Aber dann sagte er sich, dass die Polizei das Licht wahrscheinlich hatte brennen lassen, entweder aus Versehen oder um Eindringlinge abzuschrecken.

Es war sowieso das einzige reine Wohnhaus in der gesamten Gasse – alle anderen waren Ladengeschäfte mit Wohnungen in den oberen Etagen. Und es war ein sehr kleines Haus. Zwei Stockwerke und ein ausgebauter Dachboden. Das Maklerbüro hatte es als »Hugenottisches Seidenweberhaus« angeboten, gebaut für die Protestanten, die im 17. Jahrhundert von Ludwig XIV. aus Frankreich vertrieben worden waren – doch Larry wusste, dass das wohl kaum der Wahrheit entsprach. Ein paar Straßen weiter gab es nämlich richtige Hugenottische Seidenweberhäuser, und die waren zwei- oder dreimal so groß und kosteten das Vierfache. Rob hatte gescherzt, dass Larrys Haus früher vermutlich die Seidenraupen beherbergt hatte, aber Larry zog es vor, sich das Haus als ehemaliges Cottage aus der Zeit vorzustellen, als Spitalfields noch offenes Weideland war. Während des 16. Jahrhunderts hatte Heinrich VIII. der Honourable Artillery Company gestattet, hier draußen vor den Mauern der Stadt ihre Kanonen auszuprobieren. Diese Geschichtsträchtigkeit war einer der Gründe, die Larry so für das Viertel eingenommen hatte. Nun war noch ein weiteres Stück Geschichte hinzugekommen.

Er wandte dem Haus den Rücken zu und lenkte die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf das wesentlich noblere Gebäude an der Ecke, das gerade zu einem »Bürokomplex im Atriumstil« umgebaut wurde.

Dies sei in viktorianischen Tagen ein Armenhaus gewesen, erklärte er. Zu Zeiten Jack the Rippers hätten hier die Ausgestoßenen und Obdachlosen Unterschlupf gefunden – oder auch die Prostituierten, die nicht die erforderlichen vier Pence für ein Bett in einer billigen Absteige hatten zusammenkratzen können. Manche von Jacks Opfern, fügte er hinzu, dürften hier wohl genächtigt haben. Wenn man sich kein Bett leisten konnte, bezahlte man einen Halfpenny für einen Platz auf einem zwischen zwei Haken in den Wänden gespannten Seil. Man legte seine Arme über das Seil und ließ sich einfach schlaff herunterhängen. Er machte es ihnen vor. Einige seiner inzwischen triefnassen Schäfchen blickten drein, als wären sie froh und dankbar, würden sie jetzt eine solche Unterkunft angeboten bekommen.

Mit einem Male kam Larry ein ganz und gar bizarrer Gedanke – er hatte plötzlich das Bedürfnis, seine Gruppe auf die andere Seite der Gasse und in sein Haus zu führen. In der Jackentasche trug er den Schlüssel zur Eingangstür bei sich – die Haut an seiner Daumenspitze war schon wund gescheuert, weil er vor lauter Nervosität ständig auf dem gezackten Bart herumrieb. Nur ein Blick in den Flur, oder noch ein Stückchen weiter in die Schreckenskammer seiner Küche, und sie würden diesen Abend so schnell nicht wieder vergessen. Da hätte er ihnen wirklich etwas für ihr Geld geboten.

Aber das tat er natürlich nicht. Stattdessen führte er sie in ein Pub.

KAPITEL 2
Ein Probelauf

Jo hatte nicht vorgehabt, eine Viertelstunde in einer Weinbar zu verbringen und von Männern in Anzügen begafft zu werden. Sie war, wie sie ohne Umschweife vor sich selbst zugab, in Panik geraten. Das Licht hatte sie umgehauen. Sie hatte nicht geglaubt, dass jemand dort sein würde. Vielleicht war auch niemand dort gewesen – vielleicht war das Licht bloß nicht ausgeschaltet worden –, aber nachdem sie sich ertappt, entdeckt, von unsichtbaren Augen beobachtet gefühlt hatte, war ihr einziger Gedanke gewesen, schleunigst die Flucht zu ergreifen. Irgendwie insektisch. Gab es so ein Wort überhaupt? Selbst jetzt, in einer solchen Situation und bei ihrer derzeitigen Gemütsverfassung, wollte ihr diese Frage nicht aus dem Kopf gehen. Nein, sagte sie sich, so ein Wort existierte nicht. Also dann insektenmäßig. Sie war klammheimlich davongekrabbelt und unter dem nächstbesten Stein verschwunden.

In einer Weinbar.

Und nun saß sie hier mit einem Glas Wein fest, das sie nicht hatte trinken wollen, und erregte unerwünschtes Aufsehen. Und genau das wollte sie vermeiden.

Sie saß an einem Tisch beim Fenster. Sie beugte sich zur Fensterscheibe, presste die Stirn gegen das Glas und hielt sich die Hand über das Gesicht, um mehr erkennen zu können als nur ihr eigenes Spiegelbild. So würden die Männer an der Bar glauben, dass sie nach ihrem Freund Ausschau hielt.

Das Licht brannte immer noch, eine einzelne Glühbirne in einem Fenster im ersten Stock.

Sie lehnte sich zurück und nippte noch einmal an ihrem Glas.

Na und? Selbst wenn sich jemand dort aufhielt, war es eher unwahrscheinlich, dass derjenige ausgerechnet in dem Augenblick aus dem Fenster geschaut hatte, als sie um die Straßenecke kam. Und noch unwahrscheinlicher, dass er sie erkannt hatte. Oder den Schluss zog, dass sie die Mörderin war, die an den Ort ihres Verbrechens zurückkehrte.

Man behauptet, dass es die Täter immer an den Ort ihrer Tat zurückzieht. Die Polizei würde also Ausschau halten.

Sie hätte sich nicht auf dieses Spiel einlassen dürfen. Sie sollte von hier verschwinden. Nach Hause gehen. Alles vergessen.

Es hielt sie nichts davon ab, einfach zu gehen. Außer dass sie dadurch wieder Aufmerksamkeit auf sich zöge. Dass man sich an sie erinnern würde. An die Frau, die in die Bar stolziert war, fünf Minuten alleine an einem Tisch gesessen hatte und dann wieder gegangen war, ohne ihr Glas auszutrinken. Sie warf einen verstohlenen Blick auf die Männer. Konnten das Polizeibeamte sein? Das Revier befand sich immerhin gleich um die Ecke in der Bishopsgate.

Sie würde fünfzehn Minuten lang hier verweilen. Die Rolle der Frau spielen, die auf ihren Freund wartete. Der dann nicht auftauchte. Sie nahm ein Buch aus ihrer Handtasche. Der Liebhaber des Vulkans von Susan Sonntag, die Auswahl ihrer Lesegruppe für diesen Monat. Ihre eigene Wahl, genau genommen. Sie las es jetzt bereits zum dritten Mal – das erste Mal lag schon viele Jahre zurück – und hatte gar nicht die Absicht, sich jetzt darin zu vertiefen, aber auf der Seite, die sie wahllos aufschlug, fiel ihr zufällig ein Satz ins Auge, der sie nicht wieder losließ:

Momente, in denen alles entgleitet, in denen alles möglich scheint und nichts wirklich einen Sinn hat.

Sie las weiter, tat nicht mehr länger nur so, als würde sie das Buch interessieren. Dies war der Abschnitt des Romans, in dem die Frau des Cavaliere gestorben war und er um sie trauerte. Er teilt sein Haus mit einem Maler, der kleine Leinwände mit Studien der Leere zu füllen scheint. Alles befand sich im Einklang mit der Stimmung des Cavaliere, las Jo.

Sie war nicht abergläubisch, und sie pflegte kleinen Zufälligkeiten auch keine übergeordnete Bedeutung beizumessen, aber diese Worte schienen auf sonderbare Weise genau zu ihrer Stimmung zu passen.

Ja, sie befand sich in einer besonderen Stimmung, daran konnte es keinen Zweifel geben, und Paranoia war ein Teil davon. Und Verlogenheit. Oder war das ein Symptom?

Jo erzählte nicht gerne Lügen, aber bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen sie das doch tat, versuchte sie stets, die Lüge auch wirklich wasserdicht zu machen, damit man ihr nicht draufkam.

Als Dozentin für englische Literatur war Josephine O'Connor eine geschulte und unerbittliche Kritikerin. Sie unterzog Plot und Motiv einer haargenauen, rigorosen Analyse, hinterfragte, was ihren weniger strengen Kollegen nie aufgefallen wäre, sezierte den Handlungsverlauf, bis er gelegentlich unter ihren Händen in sich zusammenbrach. Unseligerweise tendierten ihre raren Versuche, die Unwahrheit zu sagen, dazu, mindestens ebenso fragil und oft viel elaborierter zu geraten als jeder Plot, den sich ein Autor nur einfallen lassen konnte. Mach's nicht so kompliziert, hatte ihre Freundin Meg ihr bereits mehr als einmal geraten, verrenne dich nicht in so viele Einzelheiten. Niemand erwartet langatmige Erklärungen von dir.

Was ja auch alles schön und gut war, doch Meg legte leider von Zeit zu Zeit eine hoffnungslose Naivität an den Tag. Falls Jo gesehen worden war, falls sie jetzt gerade von jemandem an der Bar beobachtet würde, war es unumgänglich, eine Erklärung für ihre Anwesenheit hier, in dieser Straße und zu genau dieser Zeit, parat zu haben.

Den Kopf über das Buch gesenkt, ging sie die möglichen Erklärungen durch. Den Text nahm sie schon gar nicht mehr wahr. Morbide Neugier erschien ihr am plausibelsten. Sie wollte einfach das Haus sehen, in dem es sich zugetragen hatte. Das klang schlicht und überzeugend. Und wenn sie sich nicht in ausschweifenden Erläuterungen erging, würde sie damit durchkommen, außer ... Unvermeidlicherweise stieß sie bei diesen Erwägungen auf eine mögliche Reihe von Fragen, die sie sehr in Verlegenheit bringen konnten.

Eine Bewegung an der Bar riss sie aus ihren Gedanken. Einer der Männer hatte sich hingekniet, als wolle er sich den Schnürsenkel zubinden, und versuchte ganz eindeutig, ihr unter den Rock zu gucken. Seine Kumpel an der Bar amüsierten sich köstlich. Jo gab sich alle Mühe, sie zu ignorieren, und konzentrierte sich auf ihr Buch. Wenn sie nicht demnächst von hier verschwand, würden sie bald an ihren Tisch kommen und sie voll quatschen.

Ihr fiel auf, dass die Situation sie sehr an eine sexuelle Fantasie ihres Mannes Michael aus der Zeit, als sie noch zusammen lebten, erinnerte. Vielleicht hing er dieser Fantasie auch heute noch nach. Er stellte sich gerne vor, wie sie alleine in einer Bar saß, einen Mantel über einem kurzen schwarzen Kleid trug und dazu Strümpfe und hochhackige Pumps. Wenn sie dann die Beine übereinander schlug, offenbarte sie ein kleines Dreieck nackter Haut an der Innenseite ihres Oberschenkels, zwischen Strumpfband und Rock. Und natürlich trug sie keine Unterwäsche.

Er erfand jedes Mal eine komplizierte Geschichte – so kompliziert wie Jos Lügengebäude –, um zu erklären, was sie in der Bar zu suchen hatte. In der fantasievollsten Version hatte er ihr gerade eine Affäre gestanden, die in ebenjener Bar ihren Anfang genommen hatte; also war sie selber in die bewusste Bar gegangen, um ihm einen Denkzettel zu verpassen – auf sein Geheiß hin.

»Ich möchte nicht, dass du mich verlässt«, pflegte er zu erklären. »Also lässt du dich von mir zu einem Drink einladen, und damit sind wir wieder quitt.«

Der Ort, an dem diese Geschichten sich abspielten, war für seine Fantasien ebenso wichtig wie die Kleider, die Jo trug, oder vielmehr nicht trug. Er malte sie ihr mit solcher Liebe zum Detail aus, als handele es sich um das Bühnenbild für eines seiner Stücke. Er hatte eine Schwäche für englischen Kitsch. Manchmal wählte er ein Flughafenhotel mit leiser Hintergrundmusik vom Tonband, greller Beleuchtung und dunkelroten Lederpolstern, an denen ihr nackter Hintern kleben blieb. Aber noch beliebter war ein Weinlokal in der City. Dieses hier wäre genau das Richtige für ihn gewesen: traditionell mit Eichenholz getäfelte Wände, Bodendielen aus Eiche, Eichenfässer hinter der Bar und darüber das unvermeidliche Zitat von Dr. Johnson. Selbst der Weihnachtsmann mit der blinkenden Lichterkette hätte ein Requisit aus seinem Repertoire sein können. Auch die Gäste hätten ihm gefallen. Dickliche Männer in Anzügen von Ende zwanzig bis Anfang dreißig.

Am liebsten aber setzte er Fußballmannschaften ein, besonders wenn es sich um ein Hotel in der Nähe eines Flughafens handelte. Französische Teams, deren Anschlussflug Verspätung hatte. Aber für die Weinlokale in der City bevorzugte er Typen mit einem Collegeabschluss – die Art Männer, die er im wirklichen Leben verabscheute.

Jo wurde nie gefragt, wenn es um den Entwurf oder die Besetzung eines solchen Szenarios ging, obwohl er angeblich alles so einrichtete, dass auch sie ihren Spaß hatte, wenn sie mit diesen Männern ins Bett stieg. In Wirklichkeit aber war es Michael, der sich daran aufgeilte. Immer wieder brachte er auch sich selbst in das Skript ein – etwa als Jos Chauffeur oder in der Rolle des Ehemanns, der sich alles aus diskreter Entfernung mit ansehen muss, während sie sich an der Bar bezirzen oder zu einer Runde Billard überreden ließ, damit die Männer zuschauen konnten, wie sie sich weit über den Tisch beugte, um die Kugel besser ins Visier zu nehmen. Seine Fantasien endeten immer damit, dass er sie zu einer anderen Bar oder in ein anderes Hotel fuhr und sie sich auf dem Rücksitz zwischen zwei Männern eingekeilt fläzte, die sie abknutschten und begrabbelten, während sie ihr nach und nach die Kleider vom Leibe zogen. Seinen Orgasmus bekam er oft, wenn er beschrieb, wie er ihr die Autotür öffnete, damit sie aussteigen konnte – nackt bis auf ihre hochhackigen Schuhe und die Strümpfe.

Seine eigene Präsenz in diesen Fantasien, die er allerdings als ihre Wunschvorstellungen ausgab, schien ihm sehr wichtig zu sein – sei es nun als Autor, Regisseur, Bühnendekorateur oder sonst wer. Einmal, kurz vor ihrer endgültigen Trennung, hatte sie versucht, ihn über den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen sexuellen Fantasien aufzuklären, ein Gebiet, auf dem sie längst nicht so bewandert war, wie es sich zu jener Zeit angehört haben mochte. Aber es war ihr dennoch gelungen, ihn zu überzeugen. Er hatte tagelang geschmollt.

Noch einmal warf sie einen Blick auf die Uhr. Kurz nach sieben. Zeit zum Aufbruch. Sie schlug den Mantelkragen hoch, bevor sie auf die schmale Straße hinaustrat, der Versuchung widerstehend, noch einmal einen Blick auf das Haus zu werfen. Dann ging sie raschen Schrittes auf die Bishopsgate zu. Es nieselte leicht, aber sie verzichtete darauf, ihren Taschenschirm aufzuspannen. Sie trug eine schwarze Baskenmütze, die ihr Haar weitgehend vor dem Regen schützte.

Was ging am schnellsten? Sollte sie ein Taxi nehmen oder mit der U-Bahn fahren und ein kurzes Stück den Fluss entlang zu Fuß zurücklegen? Höchstwahrscheinlich das Taxi. Aber es kam nicht nur darauf an, zügig von hier fortzukommen. Der Fahrer könnte sich daran erinnern, eine unbegleitete Frau aufgelesen zu haben. Die Untergrundbahn war wesentlich anonymer.

Um genau achtzehn Minuten nach sieben verließ sie die U-Bahn-Station Tower Hill und ging in südlicher Richtung auf den Fluss zu. Es schien kälter geworden zu sein, der Regen hatte zugenommen und drohte in Schnee oder Schneeregen überzugehen. Die Hände in den Taschen ihres Ledermantels vergraben und den Oberkörper leicht vorgebeugt trotzte sie dem Regen. Als sie die Brücke erreichte, blieb sie stehen und sah noch einmal auf die Uhr. Fünf vor halb acht.

Sie wusste, wie lange sie von hier bis zur Wohnung brauchen würde. Zehn Minuten. Allerhöchstens zwölf.

Also war es möglich.

Plötzlich hatte sie ein Bild im Kopf. Das Zifferblatt einer Uhr, aber nicht das ihrer eigenen. Das Glas war zersplittert und der Minutenzeiger abgebrochen.

Sie drehte sich um und stützte sich mit beiden Händen auf die Brüstung. Ihr war hundeelend.

Der Wein auf leeren Magen? Oder die Panik?

Sie wartete darauf, dass das Übelkeitsgefühl nachließ. Einen Augenblick später spürte sie kalten Schweiß auf der Stirn. Sonderbarerweise tat ihr das gut. Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und schaute sich um, ob jemand sie beobachtete.

Die Reifen der Autos machten zischende Geräusche auf der nassen Straße, während sie an ihr vorbeisausten. Die Scheinwerfer durchschnitten den Regenschleier. Sie schien wirklich die Einzige zu sein, die zu Fuß die Brücke überquerte. Weit und breit war kein Mensch unterwegs.

Sie holte ein Papiertaschentuch aus ihrer Handtasche und schnäuzte sich. Sie fühlte sich jetzt wohler; wenigstens war ihr nicht mehr übel. Sie marschierte weiter, bedächtiger nun, und genoss das Gefühl des Regens auf ihrem Gesicht. Sie schien wieder normale Temperatur zu haben, aber der Schweiß klebte immer noch an ihrem Körper. Sie nahm die Treppe, die zu der Promenade entlang dem südlichen Flussufer führte, und blieb bei Butler's Wharf noch einmal stehen, um aufs Wasser hinauszuschauen.

Es war Flut. Jo sah zu, wie der Fluss an ihr vorbeizog wie der schwarze Rücken eines riesigen Tieres, auf dem die Lichter von beiden Seiten des Ufers Streifen bildeten. Auf der Nordseite standen hell erleuchtete Kräne, an deren Armen Weihnachtsbäume hingen. Wieder ein neues Bauprojekt am Fluss. Sie kannte die Nordseite nicht allzu gut. Sie kam ihr jetzt vor wie Feindesland.

Diese Seite war ihr Gebiet. Das südliche Themseufer von der Tower Bridge bis zu Jacob's Island. Ein Stück Flusspromenade. Sie kam sich vor wie eine streunende Katze, die hier untergeschlüpft war. Und eine Weile lang hatte sie sich hier auch sicher fühlen können.

Nun jedoch nicht mehr.

KAPITEL 3
Die Schnellen und die Toten

Larry führte seine Gruppe in das Ten Bells, eines der Ripper-Pubs in Spitalfields. Hier hatten sie eine halbe Stunde Zeit, an der Bar etwas zu trinken und Souvenirs zu kaufen – ein Ripper-T-Shirt oder ein Geschirrtuch, einen Becher oder einen Bierkrug mit seiner angeblichen Unterschrift, in roter Farbe ...

An einem Ecktisch saß Jud mit einigen der anderen Fremdenführer. Larry holte sich ein Pint dunkles Bier und gesellte sich zu ihnen.

»Wieder so'n Scheißabend«, sagte Jud, ohne Larry dabei direkt anzusehen. Ihm dürfte kaum entgangen sein, mit wie wenigen Kunden Larry das Pub betreten hatte.

»Ich dachte, du hättest einen Job«, versetzte Larry vorwurfsvoll.

Wie die meisten anderen Führer war auch Jud eigentlich Schauspieler. Er machte diesen Job nur, wenn er gerade mal wieder kein Engagement hatte. Im Augenblick aber sollte er eigentlich für ein Krippenspiel proben, und Larry war einer der Auserwählten, die sich mit dem Versprechen ungeahnter Reichtümer von ihm hatten ködern lassen, für ihn einzuspringen.

»Abgesetzt«, erklärte Jud. »Zu wenig Kartenvorbestellungen.« Aus der Art, wie er das sagte, klang weder Empörung noch Enttäuschung, als hätte er bereits geahnt, dass dieses Schicksal jedes Krippenspiel ereilen würde, in dem er eine Rolle hatte – wie überhaupt jede Art von öffentlicher Aufführung.

»Super«, sagte Larry. »Dann kannst du ja die Tour übernehmen.«

Jud sah ihn nachdenklich an, erwiderte aber nichts. Larry hatte das Gefühl, dass Jud ihn als vollwertigen Ersatz schon längst abgeschrieben hatte. Wenn Jud auch als Schauspieler bisweilen ohne Fortüne sein mochte – seine Leistungen als Fremdenführer galten als tadellos. Das behaupteten jedenfalls diejenigen seiner Kollegen, die Larry bereits kennen gelernt hatte. Aber Jud saß ja auch in dem Komitee, das für die Einsatzpläne und die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich war, und kassierte zehn Prozent der Einnahmen.

Jud war für Larry eher ein Bekannter als ein Freund. Er war der Bruder einer Frau, mit der Larry ein- oder zweimal ausgegangen war. Als Larry seinen Job als Kameramann beim Fernsehen aufgegeben und den Kurs an der Kunsthochschule belegt hatte, war sie es gewesen, die vorschlug, er könne sich mit den geführten Rundgängen doch ein wenig Taschengeld hinzuverdienen.

»Den Leuten einen Bären aufzubinden liegt dir doch«, hatte sie Larry versichert.

Larry merkte, dass die beiden Dänen von der Bar zu ihm herübersahen. Der Mann sagte etwas zu der Frau und kam dann an den Tisch. Es täte ihm sehr Leid, sagte er, aber sie würden den Rundgang nicht bis zum Ende mitmachen können. Seiner Frau gefiel der Regen nicht. »Wir sind aus Luxemburg«, fügte der Mann, den Larry für einen Dänen gehalten hatte, noch hinzu, als würde das alles erklären.

Als ob es in Luxemburg niemals regnete.

Larry sagte, das wäre ihm recht.

Er dachte daran, ihm sein Geld zurückzugeben, doch die Anwesenheit von Jud und den anderen Fremdenführern hielt ihn davon ab.

Als die beiden gegangen waren, schüttelte Jud kummervoll den Kopf. »Du stopfst sie zu sehr mit deinem pseudosozialistischen, pseudofeministischen Mist voll«, sagte er zu Larry. »Die wollen Blut und Eingeweide, Mann.«

Wenn Jud seine Rundgänge machte, trug er stets ein Buch mit Fotografien bei sich, auf denen die Opfer des Rippers abgebildet waren, nachdem er sie aufgeschlitzt hatte. Diese Fotos hielt er dann ins Licht einer Taschenlampe, damit jeder sie deutlich sehen konnte. Und am Schluss einer jeden Tour trug er seine Lieblingstheorie über die Identität des Rippers vor.

»Ich bin im Moment nicht so wild auf Blut und Eingeweide«, entschuldigte sich Larry. »Tut mir Leid.«

Er sah, wie die beiden anderen Blicke miteinander austauschten. Er fragte sich, ob einer von ihnen von dem Mord wusste.

»Was ist dein Problem?«, fragte Jud.

Möglicherweise wussten sie wirklich noch nichts. Sein Name war in keinem einzigen Pressebericht genannt worden – zumindest hatte er ihn nirgendwo entdecken können –, obwohl Bilder von seinem Haus abgedruckt worden waren. Aber er hatte keine Lust, ihnen jetzt davon zu erzählen.

»Ich pack's einfach nicht«, sagte er. »Gibt's nicht etwas weniger Schauriges?«

Das war unter den gegebenen Umständen vielleicht nicht ganz der angebrachte Ausdruck gewesen. Seine beiden Kollegen blickten ziemlich missmutig drein. Sie sagten nichts, schwiegen indigniert und tranken einen Schluck Bier.

»An was dachtest du denn?«, wollte Jud wissen.

»Ach, ich weiß nicht. Der Brand von London, Guy Fawkes, das London zur Zeit Dr. Johnsons, irgend so was.«

»Weißt du denn was darüber?«

»Bis eine Woche vor Beginn meiner Tätigkeit als Touristenführer habe ich auch über Jack the Ripper nicht allzu viel gewusst.«

»Ja, und vielleicht ist genau das dein Problem.«

Aber Jud versprach, sich umzuhören und Larry anzurufen, sobald er etwas für ihn hatte.

Um neun lieferte Larry seine Gruppe wieder an der U-Bahn-Station ab und brachte seine Reklametafel ins Pub, wo er sie hinter dem Tresen verstaute.

Nicht so leicht war es dagegen, die Leichen loszuwerden. Sie spukten in seinem Kopf und zwischen seinen Füßen herum. Sie würden ihm bis in seine Wohnung folgen und sich in seinen Schlaf stehlen, so dass er aus einem schrecklichen Albtraum erwachen würde, in dem eine von ihnen neben ihm lag. Das war ihre Art, es ihm heimzuzahlen.

Er nahm seinen üblichen Schleichweg durch die Seitenstraßen zum Fluss hinunter, überquerte Tower Hill mit dem Denkmal für die im Krieg gefallenen Männer der Handelsmarine – eine große schwarze Mauer voller Namen –, ging an der Stelle vorbei, wo das Podest gestanden hatte, auf dem die zum Tode Verurteilten aus dem Tower of London aufgehängt, zu Tode gestreckt und gevierteilt, oder, wenn sie Glück hatten, lediglich geköpft worden waren. Und unten am Fluss, am Fuße der Tower Bridge, erwartete ihn bereits das Dead Man's Hole, wo die Selbstmörder von der Flut angespült wurden. Er wusste um all die bekannten Stellen, die Richtblöcke, die Galgen und die Massengräber, in denen die Pestopfer lagen. Als er noch ein Kind war, hatte der Arzt über ihn gesagt, er hätte eine morbide Vorliebe für den Tod. Doch Larry kam es eher so vor, als hätte der Tod eine morbide Vorliebe für ihn. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sich der Tod ihn als Zeugen ausgesucht, und wenn er nicht mehr hinsah, wenn er aufhörte, die Toten zu filmen, wenn er sich einfach abwandte, sandte der Tod sie doch wieder zu ihm zurück, häufte sie in einem finsteren Winkel seines Gehirns auf. Nachts war er wie der alte Captain Cat in Dylan Thomas' Unter dem Milchwald und hörte sie über das Geräusch der Wellen hinweg nach ihm rufen.

»Erinnerst du dich noch an mich, Captain? Ich habe in Nantucket einen falschen Schritt getan ...«

Aber Larry vernimmt eine andere Stimme.

»Erinnerst du dich noch an die Erste, die wir entdeckt haben, unten in Rotherhithe, beim alten Dog and Duck?«

Die Erste von vielen. Wenn sie doch damals nur gewusst hätten, wie viele es werden würden. Stattdessen hatten sie in all ihrer Ahnungslosigkeit auf dem Bermondsey Wall gesessen und zugesehen, wie die Wasserschutzpolizei die Leiche auf das Deck der Barkasse zerrte, und er, Larry, hatte eine Bemerkung gemacht, dass da wohl etwas faul wäre – die Art Kommentar, hinter dem ein Zwölfjähriger seinen Schrecken und sein Entsetzen versteckt. War nicht so gemeint, Kamerad, hatte er damals gedacht. Und sich vorgestellt, eine versöhnliche Antwort zu bekommen: Hat mich auch nicht weiter getroffen, Boss.

Aber gelegentlich fragte er sich, ob der empörte Geist sich möglicherweise doch getroffen gefühlt haben mochte – und vielleicht eine geheime Glocke geläutet hatte, um all die anderen Leichen herbeizurufen, denen Larry im Laufe der Jahre begegnet war ...

Wenn du mich zum Lachen findest, dann guck dir mal das hier an.

Und da war es wieder – das Bild von Robs Leiche hinter der halb geöffneten Küchentür –, und er wäre beinahe auf der Stelle stehen geblieben und hätte laut aufgeschrien. Aber dann hatte er sie dorthin zurückgeschoben, wo sie gut aufgehoben sein würde – in den hintersten Winkel zu all den anderen Leichen.

Der Schleppkahn seines Vaters, die Lady Jane, lag etwa zwanzig Meter vom Ufer entfernt an einer schwimmenden Mole festgetäut. Um zu dem Schiff zu gelangen, musste man drei mit Müll beladene Schuten überwinden, die eine Art Ponton bildeten. Herrschte gerade Flut – so wie jetzt –, befand sich das Deck der ersten Schute beinahe auf gleicher Ebene mit der Uferbefestigung, und Larry konnte mit einem Schritt vom Ufer auf den Kahn treten. Die Deckränder waren glitschig vom Regen, doch Larry kletterte unbeirrt von einem Kahn zum nächsten, bis er beinahe die Mole erreicht hatte. Hier klaffte eine Lücke von knapp anderthalb Metern – sein Vater hatte das absichtlich so eingerichtet, um Vandalen abzuschrecken –, aber unter dem Dollbord lag eine Holzplanke, die man als Gangway benutzen konnte.

Das Brett war nass und schmierig, eine aufgestörte Ratte, die sich daran zu schaffen gemacht hatte, verschwand in der Dunkelheit. Als Larry endlich auf dem Schiff stand, angelte er mühsam mit der feuchten Hand nach den Schlüsseln, die in der Hosentasche seiner Jeans steckten. Und dann glitten sie ihm auch noch aus den Fingern. Er stieß einen lauten Fluch aus, den die Wasservögel zeternd erwiderten wie pöbelnde Nachbarn in einem Vorstadtslum, die von einem Trunkenbold aus dem Schlaf gerissen wurden.

Es gab angenehmere Arten, nach Hause zu kommen.

Als er endlich im Ruderhaus stand, schaltete er den elektrischen Heizlüfter ein und trocknete sich ein paar Minuten lang in dem heißen Luftstrom. Dann ging er unter Deck, um den Ofen zu befeuern. Er war rußgeschwärzt, alt und hässlich wie der ganze Schleppkahn und hatte seinen eigenen Willen. Er funktionierte nur, wenn ihm danach war. Larry füllte ihn mit Anzündholz und Kohle, so wie sein Dad es ihm vor langer Zeit gezeigt hatte, und brachte den Ofen mit viel gutem Zureden schließlich zum Brennen.

Während das Feuer im Ofen anzog, machte er sich einen Tee, den er mit ins Ruderhaus nahm, wo er dann, den Becher mit beiden Händen haltend, im Dunkeln über den Kartentisch gebeugt hockte und sich in Einsamkeit und Selbstmitleid erging.

Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der er all dies als eine Art Abenteuer betrachtet hätte – wenn auch nicht unbedingt im Winter. Kurz nachdem sein Vater die Lady Jane gekauft hatte – das war Ende der Siebzigerjahre gewesen –, hatte er ihn und Rob hin und wieder darauf übernachten lassen, vorgeblich, um Anstreicharbeiten zu erledigen. Einmal hatten die beiden zwei Mädchen auf das Schiff mitgenommen, Schwesternschülerinnen von Saint Thomas, die ein oder zwei Jahre älter waren als sie selber, und das war zu jener Zeit eine enorme Mutprobe gewesen. Larry hatte das Gefühl, dass es für Rob das erste Mal war. Für ihn selbst wäre es das erste Mal gewesen, nur hatte sein Mädchen nicht so recht mitspielen wollen, und so hatte er den überwiegenden Teil der Nacht mit dem Versuch verbracht, an sie heranzukommen.

In jenen Tagen war die ganze Gegend auf der nördlichen Flussseite eine einzige Trümmerwüste gewesen, bis auf ein paar unter Zollverschluss stehende Schuppen, in denen immer noch Wein und Schnaps gelagert wurde. In den Dreißigerjahren hatte ein Großbrand den überwiegenden Teil der Hafenanlagen vernichtet, und den Rest hatte dann der Bornbenhagel des Zweiten Weltkrieges besorgt. Larry war diese Gegend stets wie eine Art düsteres, verschwiegenes Totenreich inmitten der übrigen Docklands vorgekommen, in denen längst wieder eifrige Geschäftigkeit herrschte. Und nun war auch dieses Refugium zu einer riesigen Baustelle geworden. Drei neue Apartmentanlagen mit halbrunden Balkons, die auf den Fluss hinausgingen, und holzgetäfelten Wänden, die an die Kabinen eines Luxusliners erinnern sollten, näherten sich ihrer Vollendung. Die Bauherren hatten dieses Projekt Hermitage Wharf getauft – nach einer mittelalterlichen Klause, die sich einmal an dieser Stelle befunden hatte – und sich bereit erklärt, auch eine Gartenanlage zum Gedenken an die Londoner Bürger, die während der Luftangriffe ums Leben gekommen waren, anzulegen. Larry hegte seine Zweifel, ob diese heruntergekommene Steganlage mit ihrer kleinen, verwahrlosten Flottille aus Schuttkähnen und dem alten Schlepper so recht in die Pläne der Investoren passte. Er ahnte, dass man sie schon bald auffordern würde, sich einen neuen Platz zu suchen, und dann hätte sein Vater wieder etwas, worüber er jammern könnte – Old Scrooge, der alte Geizkragen, wie Larrys Tante Ethel ihn nannte, obwohl sie ihm das nie offen ins Gesicht sagte.

Mit Old Scrooge – nicht seinem Vater, sondern dem echten, dem Geizhals aus dem Weihnachtsmärchen – hatte Larry sich in jüngster Zeit in Gedanken oft beschäftigt. Zum einen, weil es die entsprechende Zeit des Jahres war, hauptsächlich aber, weil er, wann immer er nach Einbruch der Dunkelheit zum Fluss zurückkehrte, an den alten Knauser denken musste, der am Heiligen Abend von seiner Kanzlei zu seiner freudlosen Heimstatt zurücktrottet, in der nur dünner Haferbrei und der Geist seines Kompagnons Jacob Marley auf ihn warten.

Larry wischte an der beschlagenen Scheibe des Ruderhauses ein Guckloch frei und presste sein Gesicht gegen das Glas, damit er das südliche Ufer auf der anderen Seite sehen konnte. Genau gegenüber waren die Lichter des Conran-Komplexes auf Butler's Wharf, aber drüben in Bermondsey war alles mehr oder weniger in Dunkel gehüllt, was ihn an das Flussufer erinnerte, das er aus seiner Kindheit kannte – nur, dass hier keine Schiffe mehr lagen. Er musste an seinen Vater und seine Tante Ethel denken, die jetzt nur ein kurzes Stück vom Fluss entfernt in ihrer Wohnung vor dem Fernseher saßen. Aber vielleicht war Tante Ethel auch gerade mit dem Hund draußen und spähte zur anderen Seite hinüber, um zu schauen, ob auf dem Schlepper ein Licht brannte. Sie mochte es nicht, wenn Larry dort ganz alleine herumsaß. Sie hatte ihm angeboten, auf dem Sofabett in ihrem Wohnzimmer zu übernachten, aber er hatte abgelehnt und ihr gesagt, er wäre allergisch gegen Hundehaare. Und das stimmte sogar. Aber es war nicht der einzige Grund.

Er wusste, dass sie sich Sorgen um ihn machte, weil er immer alleine war, weil er keine Freunde hatte, bei denen er unterkommen konnte.

»Ich habe jede Menge Freunde«, hatte er ihr versichert. »Ich möchte ihnen im Augenblick nur einfach nicht zur Last fallen.«

Das hatte er in ziemlich scharfem Ton gesagt, weswegen sie ihn wohl schon seit ein paar Tagen nicht mehr angerufen hatte. Daran dachte er gerade, als das Telefon läutete.

Aber es war nicht Tante Ethel. Es war die Frau, die ihm von der Polizei empfohlen worden war und die er um Rückruf gebeten hatte.

Welcher Natur denn genau sein Problem sei, wollte sie wissen.