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© Klaus-Peter Wolf

Bettina Göschl

ist Kinderliedermacherin mit Leib und Seele. Mit ihren Liedern ist sie regelmäßig zu Gast in der KiKA-Sendung »SingAlarm« und in der Radiosendung »Bärenbude« auf dem WDR. Mit »Ostfriesenblues« und »Ostfriesentango« begleitet sie Klaus-Peter Wolfs Krimiwelt auch für Erwachsene musikalisch. Gemeinsam mit ihm hat die »Piratensängerin« zahlreiche Kinderbücher veröffentlicht. Ihre Drehbücher für das Kinderfernsehen sind preisgekrönt. Bei JUMBO sind zuletzt die Bilderbücher »Die Träne des Einhorns« und »Paffi – Ein kleiner Drache bringt Glück« erschienen.

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© Monika Schillinger

Klaus–Peter Wolf

ist ein leidenschaftlicher Geschichtenerzähler. Mit nur acht Jahren schrieb er seinen ersten Roman – auf einer Tapetenrolle – und verkaufte ihn für zehn Pfennig. Heute zählt er zu den erfolgreichsten deutschen Autoren. Seine Ostfriesenkrimis und fast 50 Kinderbücher wurden in 24 Sprachen übersetzt und über 11 Millionen Mal verkauft. Seine Drehbücher, u. a. für »Tatort«, sorgen für beste Einschaltquoten. Klaus-Peter Wolf erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Erich-Kästner-Preis und den Anne-Frank-Preis.

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© Franziska Harvey

Franziska Harvey

studierte Grafik-Design mit den Schwerpunkten Illustration und Kalligraphie an der Fachhochschule Wiesbaden. Heute arbeitet sie als freie Illustratorin und hat bereits weit über 100 Bücher für viele bekannte Autoren und Verlage bebildert. Im JUMBO Verlag sind unter anderem »Romeo und Julia« und »Die wunderbare Reise nach Farbula« mit ihren Illustrationen erschienen. Franziska Harvey lebt in Frankfurt am Main.

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© 2018 JUMBO Neue Medien & Verlag GmbH, Hamburg

Die deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

www.jumboverlag.de

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Inhalt

Familie Janssen

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

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Die beiden Gangster Lang und Finger hatten wegen guter Führung ein paar Tage Hafturlaub bekommen. Doch anschließend waren die beiden nicht – wie versprochen – ins Gefängnis zurückgekehrt. Lang und Finger hatten Unterschlupf in dem Ferienhaus der Familie Huber in der Nähe des Norddeicher Hafens gefunden. Die Familie Huber aus München machte hier jedes Jahr nur ein paar Wochen Urlaub. Den Rest der Zeit stand das Haus leer. Im Wohnzimmer hing ein Bild von Frau und Herrn Huber.

Sie wirkten sehr sympathisch. Herr Huber war klein, pummelig, hatte einen Rauschebart und ein freundliches Gesicht. Frau Huber dagegen war schlank und blond und sah in ihrem Dirndl wunderschön aus. Um nicht sofort wieder erkannt und verhaftet zu werden, versuchten Lang und Finger, ihr Aussehen zu verändern.

Lang fand im Schrank drei Dirndl und eine blonde Langhaarperücke.

Er wollte sich als eine schöne, junge Frau im Dirndl verkleiden und am liebsten so aussehen wie Frau Huber.

Aber die Verwandlung klappte nicht so richtig. Die Kopfhaut unter der Perücke juckte entsetzlich, sodass er sich immer wieder kratzen musste. Der ausgestopfte BH verrutschte ständig. Frau Hubers Pumps sahen zwar schön aus, aber sie waren viel zu klein und drückten.

Lang hatte Mühe, nicht umzuknicken.

Er stellte sich vor den Spiegel und betrachtete sich. „Wie sehe ich aus, Finger? Glaubst du, ein Polizist würde mich so erkennen?“

Finger grinste. „Du siehst aus wie ein entflohener Sträfling in Frauenklamotten.“ „Ja, willst du etwa als Frau Huber gehen, oder was?“, schimpfte Lang. „Meinst du, dir steht das Dirndl besser?“

Finger winkte ab und zog sich Herrn Hubers silbergrauen Trachtenanzug an. Er passte ihm wie angegossen. Fast jedenfalls. Also, der Anzug war ihm mindestens eine Nummer zu klein. Dann setzte sich Finger den bayerischen Hut mit Gamsbart auf.

Lang lachte. „Na, so fällst du in Ostfriesland garantiert nicht auf.“

„Weißt du was, Lang? Wir müssen nicht nur unser Aussehen verändern, sondern auch unsere Namen“, schlug Finger vor. „Wieso?“, fragte Lang. „Ich finde meinen Namen schön.“

„Aber wenn wir uns als Lang und Finger vorstellen, weiß jeder gleich, dass wir Gangster sind. Unter diesen Namen kennt uns hier jeder“, entgegnete Finger. „Na und! Wir sind doch auch Gangster“, sagte Lang nicht ohne Stolz.

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„O Mann!“, stöhnte Finger. „Das soll doch keiner wissen, du Pappnase. Oder willst du gleich wieder ins Gefängnis wandern?“

Lang kämmte sich die Perückenhaare und sagte: „Und wie sollen wir uns nennen, hä? Klaps und Mühle vielleicht?“ „Quatsch!“, sagte Finger. „Ich dachte eher an Tiger und Kralle.“

Lang verdrehte die Augen. „Da können wir uns ja gleich Koch und Topf nennen.“ Finger strich mit seiner Hand über den weichen Gamsbart und schlug vor:

„Also ich könnte mich Herr Spitz nennen und du dich Frau Bube. Das sind doch schöne Namen.“

Lang tippte sich an die Stirn. „Da gefällt mir Herr Ein und Frau Brecher schon besser.“

„Ha, ha, sehr witzig!“, maulte Finger.

„Dann doch lieber Herr Beutel und Frau Schneider.“

Lang strich sich den Rock des Dirndls glatt. „Ich hab’s. Du heißt jetzt Knall und ich Frosch!“

Aber das fand Finger doof. Kaum hatten sie sich auf die Namen Taube und Nuss geeinigt, klingelte es an der Tür. Durch den Spion sah Lang den Polizisten Stone. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder.

„Mist!“, zischte er. „Der Spaß hat ja nicht lange gedauert. Sie kommen uns schon holen.“

„Blödsinn!“, flüsterte Finger. „Du bist jetzt Frau Taube und ich Herr Nuss!“

Vorsichtig öffnete Lang in seinem Dirndl die Tür einen Spalt. Mit hoher Stimme sagte er: „Oh, Herr Wachtmeister. Was kann ich für Sie tun?“

Der Kommissar stellte sich freundlich vor. „Entschuldigen Sie die Störung.

Stone mein Name. Sind Sie hier Feriengäste?“

Lang, der sich jetzt Taube nannte, antwortete: „Aber ja, Herr Stone. Wir wollten schon immer mal in ihrem wunderschönen Städtchen Urlaub machen. Mein Mann und ich lieben die Küste.“

„Ich bin nur gekommen, um Sie zu warnen“, erklärte der Kommissar.

„In Norden und Norddeich sind ausgebrochene Sträflinge gesichtet worden. Schließen Sie abends gut ab und lassen Sie keine Wertgegenstände herumliegen. Wenn Sie etwas Verdächtiges bemerken, können Sie sich jederzeit an unsere Polizeidienststelle wenden.“

Lang räusperte sich und flötete: „Oh, das ist aber aufmerksam von Ihnen.“

Stone rieb sich die Augen. Gestern Abend hatte er sich auf seine Brille gesetzt und war heute Morgen ohne sie aus dem Haus gegangen. Er konnte zwar von hier aus jede Möwe am Deich erkennen, aber einen halben Meter vor seinen Augen verschwammen die Dinge. Vielleicht fand er Frau Taube deshalb so schön. Die Dame erinnerte ihn sehr an seine alte Jugendliebe.

Kommissar Stone gab Frau Taube seine Visitenkarte und verabschiedete sich mit den Worten: „Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich gern.“

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Lang trat von einem Fuß auf den anderen, so unbequem waren die Pumps. Aber er riss sich zusammen und sagte: „Schön, dass es in Ostfriesland noch Gentlemen gibt!“ Lang schloss erleichtert die Tür. „Die blöden Schuhe bringen mich um. Sie sind mir mindestens eine Nummer zu klein.“ Er zog die Pumps aus und rieb sich die Füße. Finger kicherte. „Ich glaube, der Stone hat sich ein bisschen in dich verliebt“, stichelte er. „Du bist ja auch wirklich eine höchst attraktive Frau …“

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An der Hauswand der Villa Janssen in der Tunnelstraße hatte Mick Janssen für Emma und Lukas einen Basketballkorb angebracht. Hier spielten die Kinder fast täglich.

Heute lag Emma mit ihren Korbbällen gar nicht so weit hinter Lukas. Sie hatte schon sechs Würfe in Treffer verwandelt, Lukas sieben. Aber wer in Ostfriesland Ball spielt, hat meist einen starken Gegner: den Wind. Schon zweimal hatte eine starke Windböe den Basketball in Kunschewskis Garten getrieben. Hasso, der Wachhund des miesepetrigen Nachbarn, sah zwar gefährlich aus, hatte aber vielmehr das Gemüt eines Kaninchens.

Der Hund freute sich jedes Mal, wenn der Ball auf das Grundstück fiel, das er bewachen sollte. Hasso dachte, dass die Kinder mit ihm spielen wollten. Aber in seinem Übereifer hatte der Hund beide Male den Ball zerbissen. Das wiederum fand Herr Kunschewski gut, der Kinder grundsätzlich nicht leiden konnte. Und Emma und Lukas waren besonders schreckliche Kinder, fand er. Vor allem Lukas’ Lachen konnte der Nachbar nicht ertragen. Er hielt es einfach nicht aus, wenn die Kinder fröhlich waren und ihren Spaß hatten. So hatte Kunschewski sich gefreut, als sein Wachhund den Ball der Kinder zerbissen hatte und ihn dafür mit einem Leckerchen belohnt.

„Mein Hasso ist ein ausgebildeter Wachhund und zerfetzt alles, was sich unerlaubt meinem Haus nähert. Dies ist mein Grundstück!“, hatte er gedroht.

Aber zum Glück hatten Emma und Lukas einen neuen Ball von ihren Eltern bekommen. Die beiden mussten allerdings versprechen, gut darauf aufzupassen. Geschickt warf Emma den nächsten Ball in den Korb. „Gleichstand!“, jubelte sie.

Sieben Korbbälle für Emma, sieben für ihren Bruder. Zwei Dohlen saßen auf der Dachrinne und sahen gespannt zu.