WIRKUNG FÜR KREATIVE

Aus diesem Grund sind die besten Unternehmen nicht profit- oder gar produktgesteuert. Sie sind zweckgesteuert. Sie streben nach der Lösung wichtiger Probleme, sie erfüllen einen dringenden Bedarf und sie ändern die Welt im Großen wie im Kleinen. Sie verpflichten sich dem dauerhaften Lernen, Wiederholen und Weiterentwickeln, um ihre Mission besser zu erfüllen. Sie konzentrieren sich auf den Wert ihrer Arbeit. Alles andere folgt dieser Prämisse.

So beginnen wir dieses Buch also mit einer tiefgründigen Suche, wie du dein Ziel findest. Durch Erkenntnisse, Ideen und Fragen wird ersichtlich, wie du diesem Ziel während der gesamten Lebensdauer deines Unternehmens treu bleibst. Vergiss die simplen Start-up-Geschichten vom schnellen Reichtum. Wir richten den Blick darauf, wie du etwas Bedeutsames für dich und deine Kunden erschaffst.

Denn am Ende des Tages geht es nicht darum, dein Ego aufzubauen oder den nächsten großen Börsengang unter Dach und Fach zu bringen. Es geht darum, etwas Wichtiges zu tun.

DEIN ZIEL FINDEN UND ES LEBEN

Keith Yamashita

MANCHE LEUTE STRAHLEN EINE DERMASSEN STARKE PRÄSENZ AUS, DASS SIE EINEN AB DEM ERSTEN MOMENT DES ZUSAMMENTREFFENS ABSOLUT FESSELN KÖNNEN. DIESE ART VON FASZINATION ERFUHR ICH, ALS ICH AUF EINER KONFERENZ BILL THOMAS VORGESTELLT WURDE. ER WAR EIN IN HARVARD AUSGEBILDETER DOKTOR IN SEINEN VIERZIGERN. ZWANGLOS IN JEANS UND BIRKENSTOCKS GEKLEIDET, ERKLOMM ER DIE BÜHNE UND SPRACH LEIDENSCHAFTLICH UND MIT DER ELOQUENZ EINES SCHAUSPIELERS ÜBER DAS ALTERN.

Er skizzierte einen umfangreichen und ehrgeizigen Plan, wie in den USA das Älterwerden positiver erfahren werden könnte. Auch sprach er über die Bedeutung von Gesundheit und davon, wie wir für Leute über siebzig Jahren besser sorgen können. Er legte dar, dass sich das Medizinwesen, die Altenpflege und die häusliche Pflege weiterentwickeln müssten. „Das Altern muss als eine Phase des kontinuierlichen Wachstums und der Erneuerung verstanden werden, nicht als eine Zeit des Verfalls“, sagte er. Jede seiner Behauptungen war von einer absolut klaren Vorstellung untermauert und seine Energie war ansteckend und motivierend zugleich.

Als ich nach der Veranstaltung mit ihm sprach, fragte ich ihn: „Bill, welches Ziel verfolgst du im Leben?“ Spontan und ohne große Mühe sagte er: „Den Älteren in Amerika wieder Respekt zu verschaffen.“ Er fasste sein gesamtes Lebenswerk in acht Worten zusammen. Bill erinnerte mich daran, wie man sein Ziel lebt. Der erste Schritt besteht darin, dieses Ziel zu definieren. Dieser Akt legt die Richtung fest, akkurat wie eine Kompassnadel. Er ist die Basis für deine Entscheidungen. Er sagt dir, was wichtig ist, und hilft dir das lediglich Interessante vom wirklich Wesentlichen zu trennen.

WIE DU DAS ZIEL DEINES UNTERNEHMENS FINDEST

Wie kannst DU dein Ziel auf so fesselnde Art finden? Wie richtest du den Kompass so aus, dass er den richtigen Weg für dich selbst oder dein Unternehmen weist? Du magst vielleicht manchmal vom Weg abweichen, aber der Kompass sollte dich immer wieder zurück auf die Zielgerade führen.

Im Laufe der Jahre habe ich mit Führungspersönlichkeiten von Apple, IBM, Nike, Facebook und zahlreichen anderen Unternehmen daran gearbeitet, diesen Weg erfolgreich zu verfolgen. Wenn wir anfangen, uns das Ziel des Unternehmens vorzustellen (oder es zu überdenken), beginnt der Prozess normalerweise an der Schnittstelle mehrerer zentraler Erkenntnisse:

> Wonach sehnt sich die Welt? Was begehrt sie?

Was braucht sie oder was fehlt ihr?

> Was sind die einzigartigen Fähigkeiten des Unternehmens?

> Was sind beständige Unternehmensmerkmale?

> Für was muss es in Zukunft stehen?

Das Ziel eines Unternehmens liegt im Zentrum dieser vier Kräfte. Um es zu entdecken, raten wir zu Diskussionen, Erzählungen, Selbstbetrachtungen, Nachforschungen in historischen Archiven und zum Sinnieren über die Zukunft. Wir helfen dem Führungspersonal in Unternehmen dabei herauszufinden, was ihnen wirklich wichtig ist. Diese Aufgabe der Selbstbefragung und des Sich-Klarwerdens ist nicht einfach. Doch es ist fast immer lohnend. Wenn das Ziel erst einmal festgelegt ist, inspiriert es jeden einzelnen Schritt des Unternehmens. Es verleiht dem Alltagsgeschäft Bedeutung und eine klare Funktion. Darüber hinaus schafft es Motivation, die weit über das Bewusstsein hinausgeht.

WIE DU DEIN PERSÖNLICHES ZIEL FINDEST

Interessanterweise funktioniert die Methode, einen Wegweiser für ein Unternehmen zu finden, auch für Einzelpersonen. Um dein persönliches Ziel festzulegen, beginne mit diesen Fragen:

> Was kannst du bewirken, um die Welt besser zu machen?

> Was sind deine einzigartigen Talente und Gaben?

> Wer warst du, als du in Bestform warst?

> Wer musst du werden, um in Zukunft Spitzenleistungen zu erbringen?

Am Schnittpunkt dieser vier Fragen liegt dein persönliches Ziel.

Die Fragen sind vermeintlich einfach und du könntest in Versuchung geraten, sie hastig zu beantworten. Um dieser Aufgabe – und dir selbst – aber wirklich gerecht zu werden, musst du die Auffassung deines Selbst genau untersuchen. Du musst hinter die Fassade deines Selbstbilds gehen, die du dir aufgebaut hast und die du vehement verteidigen willst. Finde heraus, was von der Fassade tatsächlich deinem Selbst entspricht. Die Abweichungen deiner Antworten sagen genauso viel aus wie die Übereinstimmungen. Bemühe dich. Dieser Prozess kann Tage dauern. Er kann dich über Wochen verfolgen. Manchmal braucht es Jahre für diese Offenlegung. Es gibt keinen magischen Zeitplan. Gehe in deinem eigenen Tempo vor.

Dieser Prozess gilt gleichermaßen, ob man nun ein Unternehmensziel formulieren muss oder den Weg zu einem zielgerichteteren Leben finden möchte. Dabei ist nicht ausschlaggebend, ob du eine Führungskraft oder eine Einzelperson bist.

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Doch kehren wir zu meiner Geschichte von Bill Thomas zurück. Am Ende unseres Gesprächs sagte er zu mir: „Was glaubst du, ist dein Ziel, Keith?“ Ich dachte kurz nach und sagte dann: „Ich arbeite mit Unternehmen, wenn sie enorme und nachhaltig prägende Veränderungen durchlaufen. Ich arbeite mit CEOs, um ihnen zu helfen, ihre Leute in diesen Zeiten des Wandels zu mobilisieren. Währenddessen unterstütze ich sie dabei, Dinge aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und sich den Herausforderungen zu stellen …“ Ich war noch mitten im Satz, als mich Bill höflich unterbrach. „Keith, das ist viel zu viel! Es klingt nicht so, als seiest du dir so richtig im Klaren über dein persönliches Ziel.“

Ich war verblüfft. Seine Reaktion brachte mich zum Nachdenken.

Ich sah mich stets als selbstkritische und aufmerksame Person. Ich denke, so sehen wir uns alle. Ich dachte immer, ich wüsste ganz genau, was der Sinn meiner Anwesenheit auf dieser Erde wäre.

Doch Bill Thomas hat mir etwas Grundlegendes bewusst gemacht. Die Beschäftigung mit der Selbstbeobachtung kann erst dann stattfinden, wenn du dein Ziel in prägnante Worte gefasst hast.

Nach der Konferenz verbrachte ich ein paar Wochen damit herauszuarbeiten, was mein Ziel ist. „Leuten zu helfen, Großartiges anzustreben und dann großartig zu sein.“ Und genau da bat mich 99U, diesen Essay zu schreiben.

DAS ZIEL UMSETZEN

Wenn du dein eigenes Ziel erst einmal formuliert hast, wie geht es dann genau weiter? Wie setzt du es um?

Mir gefällt, wie Richard Leider, einer der weltweit führenden Experten zum Thema Ziele, die Herangehensweise an den nächsten Schritt beschreibt. Er definiert das Ziel so, dass man mit den Leuten am richtigen Ort ist und seine Lebensaufgabe erfüllt. In Leiders Worten wird es also zu deiner Aufgabe, das Leben neu zu „verpacken“. Wenn nötig, musst du Ideen, Gedanken, Pflichten und Beziehungsaltlasten entsorgen, um die Dinge einzupacken, die du wirklich brauchst. Nur so kannst du in deinem Leben zur Höchstform auflaufen.

Ich bewundere immer wieder, wie Leute und Firmen von ihrem Ziel angetrieben werden.

Casey Sheahan war zehn Jahre lang CEO bei Patagonia, dem Trendsetter für Outdoorbekleidung. In seiner Position war er nicht nur für das finanzielle Wohlergehen des Unternehmens verantwortlich, sondern auch dafür, die Marke stets in einem positiven Licht erscheinen zu lassen. Sein persönliches Ziel ist es, Leuten bei der Führung eines achtsamen Lebens zu helfen. Ihre Arbeit und ihre Taten sollen einen Sinn haben und Tiefgründigkeit besitzen. Patagonias Ziel lautet inzwischen, „das beste Produkt herzustellen, keine unnötigen Schäden zu verursachen und das Geschäft dazu zu nutzen, Lösungen für Umweltprobleme anzuregen und umzusetzen“. Durch die Verbindung von Sheahans persönlichem Ziel mit dem Firmenziel erschuf er eine neue Firmenkultur. Patagonia ist heute noch das beste Beispiel eines Konzepts der anderen Art. Nämlich einfühlsamen Wirtschaftens.

Frag dich: Wie kann sich dein persönliches Ziel mit dem Ziel deiner Firma verbinden, um in der Welt Gutes zu tun?

Bill McDonough prägte den Begriff der Ökoeffektivität und setzt sich dafür ein, Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft zu stärken. Sein Engagement für die Erreichung seines persönlichen Ziels zeigt sich dadurch, wie fieberhaft er es auslebt. Er reist kreuz und quer über den Globus. An einem Tag ist er in China, um bei der Errichtung nachhaltiger Städte zu helfen, am nächsten irgendwo anders und erklärt jungen Architekten, wie man neu über Energieeffizienz nachdenkt. An einem Tag erörtert er mit dem CEO von Ford verschiedene Transportarten, am nächsten erforscht er die chemische Zusammensetzung von Baustoffen. Und wiederum am nächsten Tag hat er herausgefunden, welche Materialien in ihrer Herstellung am gesündesten für den Planeten sind.

Frag dich: Kannst du dein Ziel auf allumfassendere Weise leben?

Das Ziel der Künstlerin, Architektin und Aktivistin Maya Lin zeigt sich nicht nur darin, was sie tut, sondern auch darin, was sie bewusst unterlässt. Sie verwendet ihre Zeit ausschließlich auf Projekte, an denen sie wachsen und durch die sie etwas bewirken kann. Andere Projekte lehnt sie ab. Beschränkung und Disziplin sind denen gegeben, denen das Ziel ihres Lebens bewusst ist.

Frag dich: Was sagt dir dein Ziel darüber, was du künftig nicht mehr tun solltest?

Im Start-up-Paradies Silicon Valley entscheidet über den Erfolg einer Firma, wie schnell sie sich anpassen und handeln kann. Doch für Dave Morin ist eine kluge Entscheidung wichtiger als eine schnelle. Morin war einer der maßgeblichen Mitarbeiter von Facebook in den frühen Jahren und ist heute Gründer von Path, des sozialen Netzwerks für Mobilgeräte. Sein Unternehmenszweck war, Technologien zu erschaffen, die uns näher mit den Leuten zusammenbringen, die wir lieben. Um seiner Firma das Erreichen seines Ziels zu ermöglichen, begann er mit einer „langsamen Produktentwicklung“. Dies ist eine überlegte Vorgehensweise, bei der es nicht um die Geschwindigkeit der Produktentwicklung geht, sondern um die Qualität der Dinge, die entwickelt werden.

Frag dich: Was beinhaltet dein Ziel, mit dem du Geduld haben musst?