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Abspeck-Expertin.
Frankfurter Pflanze.
Sprachathletin.

 

Susanne Fröhlich

von Daniela Egert

 

 

 

 

 

 

kurz & bündig Verlag | Frankfurt a. M. | Basel

1.

Auf dem Weg zu Susanne Fröhlich verwandelt sich der Taunus in eine gigantische Tiefkühltruhe. Flocken tanzen an diesem Märzmorgen über die Kühlerhaube, der Winter gibt noch einmal Gas, ein letztes Mal, bevor es zu grünen beginnt. Man möchte Frostschutzmittel trinken, so kalt ist es. Vermutlich würden sogar einem Eisbären die Zehen abfrieren. Aha, da ist ihre Türklingel. Endlich warm, endlich raus aus dieser eisigen Hölle. Hinein in ein sichtlich gepflegtes Zuhause, einen Steinwurf hoch über Königstein, eine halbe Fahrstunde von Frankfurt entfernt.

Susanne Fröhlich läuft barfuß über den beheizten Fußboden. Ihre Füße mit den rot lackierten Nägeln stecken in Birkenstock-Sandalen, die sie nun abstreift. Sie hat es gern leger. Sie bittet den Besuch darum, die vereisten Winterstiefel gleich hinter der Haustür abzustellen. Hier hat alles seine Ordnung: Die Bilder an der Wand hängen korrekt, eine gute Fee – sie selbst, wie sich später herausstellt – hat geputzt. Auf dem Tisch stehen Vasen, hauptsächlich mit gelben Tulpen. Fröhlich liebt riesige, bunte Sträuße, die sie überall hinstellt, wo gerade Platz ist.

»Kaffee oder Tee?«, fragt sie freundlich. Tee bitte, so heiß wie nur möglich. Die 55-Jährige führt durch einen schmalen Durchgang ins Allerheiligste, ihre Wohnküche. Die bisher noch kein Journalist betreten durfte, sagt sie. Bisher ist auch noch kein Buch über Susanne Fröhlich erschienen, nur das längere Porträt einer Redakteurin der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Keine Homestorys, nichts. Premiere also, Vorhang auf. Wir starten an ihrem Küchentisch über den schwarz-weißen Schachbrettmusterfliesen zu einem Marathon von Interview. Frage : Antwort, Frage : Antwort. Wie Pingpongbälle schießen wir uns fast vier Stunden lang – so schnell läuft sie auch Marathon – unsere Sätze zu. »Hic Rhodus, hic salta«, wie ihr lateinverliebter Vater sagen würde. Zum Glück plaudert sie gerne.

»Frau Fröhlich, Sie feiern ein Jubiläum. Seit zwanzig Jahren veröffentlichen Sie Bücher, zehn Bände Ihrer »Andrea-Schnidt«-Reihe liegen jetzt vor. Ihre Heldin lebt im Reihenhaus. Das wär Ihnen selbst wohl zu spießig?« – »Nö, das fänd’ ich völlig o.k. Ich leb ja selbst in einem Reihenmittelhaus. Und das seit zwei Jahrzehnten«, kommt die Antwort. Offenbar hat der Schnee die angrenzenden Gebäude unter sich begraben, man bemerkt die drangeklebten Nachbarn kaum. Dann kommt raus: Susanne Fröhlich hat heute noch nicht geschippt. Dabei hat es die ganze Nacht rekordverdächtig geschneit. Sie deutet auf zwei Meisen vor dem Fenster und sagt, dass ihr die armen Tiere leidtun würden. Diese erbärmliche Kälte, einfach schrecklich! Sie zieht die Teetasse mit dem Rosenmuster näher zu sich heran.

Eigentlich sollte die Autorin die minus zehn Grad vor ihrem Eigenheim derzeit gut wegstecken. Oder sie sogar als fast so angenehm wie ihre Fußbodenheizung empfinden. Schließlich hat Fröhlich die beiden letzten Wochen im Himalaya verbracht. Der Rucksack, den sie für ihre Touren angeschafft hat, leuchtet in knalligem Blau, er durfte mit nach Nepal. Wo es ganz und gar nicht kuschelig ist. Und wo die Achttausender am stahlblauen Himmel kratzen wie sonst nur die Hochhäuser im heimischen Bankenviertel. Ihre Mutter hat sie wegen dieses Vorhabens für bescheuert erklärt. Was sie denn da wolle, auf dem Dach der Welt? So ganz weit oben war Susanne aber dann doch nicht. »Nur etwa 2000 Meter hoch, mehr ging nicht.« Dem für sie typischen Ehrgeiz nachzugeben, hätte böse enden können. Vor Ort bekam sie jede Menge Gruselstorys rund um die Höhenkrankheit serviert, die ihr endgültig die Lust nahmen, sich mit den Gipfeln der Berggiganten zu messen. Dafür müsse man erst mal etappenweise zu Basecamps trekken. Also »alle ein, zwei Tage erst auf zweieinhalb-, auf dreieinhalb-, dann auf viertausend Meter – sonst geht’s einem richtig schlecht.« Letztlich fehlte ihr die Zeit, um ihre Kletterlust allzu sehr ins Kraut schießen zu lassen.

Mit sich im Schlepptau führte Susanne zwei junge Asiaten, deren Beistand im von ihr gebuchten 300-Dollar-Pauschalangebot enthalten war. Das Foto mit den Begleitern präsentierte sie umgehend ihren Followern auf Instagram. Einer der beiden Mitläufer war der sogenannte Guide. Er bestimmte, wo die kleine Truppe lang stapfte. Dem Zweiten überließ sie ihren Rucksack, obwohl er nur übersichtliche zehn Kilo wog. Das Magergewicht hätte sie also durchaus selbst über die Pässe tragen können, aber dann hätte sie jemandem quasi einen Arbeitsplatz weggenommen, und das wäre für sie nicht infrage gekommen. Also tigerte Fröhlich brav hinter den 23- und 30-jährigen Einheimischen her, die der ihnen unbekannten Dame viel über ihr Leben erzählten. Sie sei schließlich auch Journalistin, meint sie. Entsprechend berufsneugierig habe sie die Leute befragt. Vier Tage, so lange dauerte ihre Tour, sog die Moderatorin das Leben der anderen in vollen Zügen ein.

Der Ältere der beiden Sherpas hat bereits zwei Kinder. »Dort heiratet man früh, ausschließlich innerhalb des eigenen Stammes. Und Scheidung ist überhaupt keine Option.« Gut, dass sie, selbst von ihrem langjährigen Lebensgefährten und Vater ihrer Kinder getrennt, andere Ansichten gewohnt ist. Gar kein Vergleich. Auf der anderen Seite bedauert Fröhlich es, dass soziale Bindungen in Europa so schnell wieder gelöst werden. Natürlich hat sie die rund 8 000 Abonnenten ihrer Facebook-Seite nicht darben lassen während dieser Zeit »far, far away«. Ganz im Gegenteil durften die Daheimgebliebenen ausgiebig teilhaben an ihrem Fernost-Hype. Schon im Flieger von Frankfurt nach Kathmandu postete sie das erste Foto, und noch hoch oben in der Luft kassierte sie zahlreiche Glück- und Segenswünsche zu ihrem Trip. Florian Landgraf, Pressechef ihres Hausverlags »Gräfe und Unzer« in München, postete wohlwollend. Eine Userin drängte Fröhlich spontan, ein Buch zu schreiben, wie sie (mal wieder) so wunderbar abgenommen habe. Am liebsten wäre der Frau wohl gewesen, der fettfeindliche Text wäre noch in den vielen Flugstunden zwischen Start und Landung in der Economy-Klasse geschlüpft. Diäten sollen sich schließlich am besten schon zwei Tage vor ihrem Beginn auf der Waage niederschlagen. Aber so schnell schießen die Hessen nicht, nicht mal die inzwischen erstaunlich dünne Susanne Fröhlich.

In der nepalesischen Hauptstadt erlebte sie erst mal einen Schock. Schließlich ist sie durch und durch Europäerin, das prägt. »Ich wäre nicht selbst Auto in Kathmandu gefahren, das ist Wahnsinn, man kann es sich nicht vorstellen. Es gibt keine Ampeln, die fahren einfach. Die Luft ist irrsinnig schlecht, ein permanenter Stau. Platz zwei bei den Luftverschmutzungen, dagegen ist Peking ein Luftkurort.« Wenigstens stand die Autorin nicht mutterseelenallein im Terminal. Denn noch vor der Trekkingtour erwartete sie der eigentliche Zweck ihrer Reise: Ein Videodreh für die Hilfsorganisation »Back to life«, die 1996 von Tara Stella Deetjen gegründet wurde, um Notleidenden unter die Arme zu greifen. Wie eine junge Frau aus Bad Homburg den Impuls bekam, sich viele tausend Kilometer von ihrer Heimat entfernt für Fremde zu engagieren, schildert Deetjens bei S. Fischer erschienenes Buch »Unberührbar – Mein Leben unter den Bettlern von Benares«: Darin heißt es: »Sechs Monate hatte ich Zeit, Nepal und Indien zu bereisen. Ich war Anfang 20 und allein mit dem Rucksack unterwegs.« Kaum in Benares angekommen, litt Deetjen unter plötzlichen Fieberattacken und krümmte sich am Ufer des Ganges vor Schmerzen. In ihrer Nähe hielten sich etwa hundert leprakranke Bettler auf – ausgerechnet Lepra, die chronische Krankheit, die einzelne Gliedmaßen befällt und den Körper nach und nach aufzehrt. In Indien werden Menschen, die von dieser heimtückischen Krankheit befallen worden sind, immer noch mit Abscheu und Angst aus der Gesellschaft ausgestoßen.

Deetjen sah, wie sich »ein alter, weißhaariger, großgewachsener Mann aus der Reihe der Bettler löste« und auf sie zukam. »Dann intonierte er plötzlich Gebete und streckte seine Krallenhand aus, um mich zu segnen.« Stella Deetjen war schockiert. Einerseits konnte dieser alte Mann sie mit der schrecklichen Krankheit anstecken, die ihn entstellt hatte, doch gleichzeitig ergriff sie, dass ihr ausgerechnet ein Lepröser helfen wollte. Und dass sie, die reiche Europäerin, die Nehmende war. Wieder gesund, blieb sie in der Region und freundete sich mit dem dortigen »Abschaum«, der niedrigsten Kaste, an, deren Wohnsitz inmitten von Müll und Gestank liegt. Mit Mitte zwanzig gründete sie schließlich ihre eigene Initiative »Back to life«, an die auf Wunsch von Susanne Fröhlich übrigens ein Euro vom Erlös dieses Taschenbuchs fließt.

Fröhlich lernte die 1970 geborene Deetjen schon vor Jahren kennen, als sie beide Gäste eines TV-Formats waren, bei dem die Frankfurter Autorin eine Art Stammgast ist: das Morgenmagazin des Zweiten Deutschen Fernsehens. 17 Mal war sie da schon, so oft wie sonst wohl niemand. Fehlt nur noch, dass sie bei den netten Frühstücksmenschen eine eigene Tasse mit eingraviertem Namen und Herzchen ins Studioregal gestellt bekommt. Die Wohnorte von Fröhlich und Deetjen liegen nicht weit voneinander entfernt. Daher lud die Bestseller-Fabrikantin die moderne »Mutter Teresa mit den Dreadlocks« ein, auf dem Beifahrersitz ihres Sportwagens nach Hause zurückzukehren. Susanne Fröhlich spricht davon an ihrem Küchentisch, dessen Kerben von zahlreichen Familientreffen erzählen:

Frage Und woher kennen Sie Stella?

Fröhlich (etwas ernster) Stella hab ich bei »Volle Kanne« im ZDF kennengelernt. Und dann musste sie nach Bad Homburg zurück. Das liegt hier ganz in der Nähe. Sie wollte mit dem Zug fahren. Und ich habe ihr angeboten, sie mit dem Auto mitzunehmen. Wir haben hier noch Kaffee getrunken und uns lang unterhalten. Dann hat sie ein Buch geschrieben. Und ich hab gesagt: »Schick mir das mal.«

Frage »Unberührbar«?

Fröhlich Ja. Und habe sie in meine Sendung »Fröhlich lesen« eingeladen. Wir hatten auch so immer mal Kontakt zwischendurch. Ich hab gedacht: »Das klingt so interessant, ich müsste mir das mal angucken.« Dann hat sie liebenswürdig gesagt: »Komm doch mal.« Und ich habe beschlossen: »O.k., dann komm ich.«

Frage Sie zu ihr, nach Nepal?

Fröhlich (zustimmend) Hm, ja.

Frage Dort ist sie fast immer, oder?

Fröhlich Sie lebt eigentlich in Nepal.

Frage Und in Deutschland ist sie …

Fröhlich … na ja, für Pressetermine oder Vorträge, so Sachen macht sie hier. Und sie hat noch ihre Mutter hier.

Frage Sie haben gesagt, o.k., ich mach für dich ein Video?

Fröhlich Als ich gesagt hab, ich komm, hat sie gesagt: »Würdest du mir ’n Gefallen tun und mit uns drehen?« Ich hab jetzt nicht gedacht, dass es ’ne Woche lang dauert. Aber ich hab dann gesagt: »Ja klar, mach ich.«

Frage Das ist toll geworden.

Fröhlich Ja, ja. Es war ohne Maske, ohne alles, einfach pur. Man sieht aus, wie man aussieht, aber das ist o.k. Das spielt da, ehrlich gesagt, auch nicht den Hauch einer Rolle.

Frage Es gibt von »Back to life« auch Wasserprojekte, welche genau?

Fröhlich Das sind Dörfer, die liegen am Ende der Welt. Und wenn sie Brunnen haben, ist das extrem wichtig. Die hatten früher eine Wasserquelle für achtzig Familien. Man musste sich ewig anstellen oder viel weiter laufen, um nur Tee zu kochen.

Frage Unterstützen Sie Stella aus Menschenfreund­lichkeit?

Fröhlich (mit Überzeugung) Ich finde, dass sich das so gehört. Also, wir leben in einem so reichen Land und sind so privilegiert. Jedenfalls die meisten von uns. Jeder, der ein Dach über dem Kopf hat und ausreichend zu essen und seine Kinder in die Schule schicken kann, der hat doch erstmal ein ganz gutes Leben. Und die Leute gehen raus und holen sich ’nen »Kaffee to go« für vier Euro irgendwas. Und sind zu geizig, zehn Euro im Monat abzudrücken als Spende. Das find ich peinlich.

Das vorzeigbare Ergebnis der acht- oder neuntägigen Stippvisite Susanne Fröhlichs landete in der Timeline ihres Facebook-Accounts: Ein 15-minütiger Imagefilm mit unzähligen Erlebnissen in Nuwakot und Chitwan, den nepalesischen Dörfern, für die sich »Back to life« unter anderem engagiert. Über diesem Posting Fröhlichs finden sich als eine Art zusätzlicher Bonus für die mediale Gefolgschaft von ihr selbst geschossene Fotos und Infos über ihr persönliches »Abenteuer Asien«. Wie sie, eingequetscht in einen Jeep, eineinhalb Stunden über ungesicherte Schotterpisten kurvt und sich der Weg immer höher schraubt. Daneben ging es richtig, richtig runter, sagt sie. Im Film sieht das viel harmloser aus. Und dass einem da Busse und Motorräder entgegenrutschen, deren Fahrer im Kampf um die Vorfahrt ungern klein beigeben. Wie sie in einem Bergdorf schließlich selig lächelnd ein kleines Mädchen hochhält. Oder wie sie sich, auf dem nächsten Bild, als halbstündige Aushilfslehrerin der örtlichen Grundschule betätigt. Auch das bröckelige Englisch der Kids bremste sie nicht.

Eigentlich habe sie ja nie unterrichten wollen, sagt Su­sanne Fröhlich in unserem Interview in der Nähe von Frankfurt. Aber in diesem Nepalflecken in schwindelerregender Höhe an der Tafel zu stehen, das habe ihr Spaß gemacht. Irgendwie sei es dort auch was anderes: Die Kleinen sämtlich adrett in blaue Schuluniformen gekleidet. Die liebe Begrüßung auf dem Schulhof mit einem Berg Blumen, als sie und Stella sich endlich aus dem eingestaubten Jeep schälen.

Frage Diese Kinder in dem Film stehen sofort stramm. Sind sie wirklich so gut erzogen?

Fröhlich Ja. Das liegt daran, dass es für sie ein Privileg ist, in die Schule zu gehen. Ja, und bei uns ist es …

Frage Hier ist es Zwang, du musst halt.

Fröhlich (locker) Genau. Das muss man den Kindern hier eben ab und zu auch sagen. Ich war mal auf ’nem Elternabend – da war mein Sohn in der Neunten oder so –, da haben sich die einen abgejammert, die Eltern: Wie schlimm und wie hart das für die Kinder sei und alles. Ganz ehrlich: Wären die in Indien, würden die von morgens bis abends, von Montag bis Montag Teppiche knüpfen. So. Schule ist ein Privileg, ich kann das Gejammer echt nicht hören und hab keine Lust drauf. Und da war wirklich Schweigen im Raum.

Frage In Nepal gibt es keine Schulpflicht?

Fröhlich Es gibt, glaube ich, schon auch ’ne Form von Schulpflicht. Aber da ist niemand, der kontrolliert. Wenn die z. B. keine Biogasanlagen im Ort haben, müssen sie Holz holen, um einen Tee zu kochen. Das machen Kinder oder Frauen. Die sammeln morgens erst mal Holz, da kann man dann nicht gleichzeitig in der Schule sitzen. Und der Schulweg ist sehr, sehr weit.

Frage Und sehr steil auch, wahrscheinlich.

Fröhlich (gütig) Ja. Und das ist alles nicht bequem. Trotzdem sind sie frisiert und picobello gekämmt und haben so Haarspängchen drin. Das war wirklich süß.

Frage »Back to life« hat wohl eine Menge bewirkt …

Fröhlich Ich glaube, Stella hat allein in Nepal in den letzten paar Jahren acht Schulen gebaut oder neun. Sie versorgt Bergdörfer über schmale Wege mit Ärzteteams, die einmal im Jahr kommen. Sie baut diese Brunnen und finanziert Biogasanlagen, alles mit Spenden. (Mit Nachdruck) Ich finde, das ist wirklich EHRENWERT. Wenn Leute ihr Leben in den Dienst einer guten Sache stellen, find ich es toll.

4.

Prinzipiell kann sie jedes Thema vorschlagen, um es anschließend allein oder mit Constanze zwischen zwei Buchdeckeln unterzubringen. Bei einem Ratgeber zu Nashörnern würde es schwierig, meint sie. Es sei nicht so, dass sie einmal mit den Fingern schnippt, und alles rennt. So viel Einfluss, wie die Leserinnen vermuten, hat sie leider doch nicht. Im Moment steht ein Fastenbuch auf Susannes Agenda, ein Thema fällt ihr immer ein. Lange Zeit hat sie solche Projekte postwendend ihrer Lektorin Silke Reutler von S. Fischer in Frankfurt vorgeschlagen. Dort ist jahrelang alles von ihr erschienen, bis »Frau Fröhlich sucht die Liebe …« auch die Sachbücher. Die landen inzwischen aber teilweise bei Gräfe und Unzer und der dortigen Chefin Regina Denk. »Konkurrenz belebt ja auch ein bisschen das Geschäft«, sagt die Autorin dazu. Einen Agenten spart sie sich. Der würde happige 20 Prozent abzweigen und überall reinreden, nein danke.

Wenn sie ein neues Schreibprojekt in Angriff nimmt, fällt der Startschuss fürs rituelle Geschacher und Gerangel und Gefeilsche in Eigenregie. Nicht unbedingt Auge in Auge wie auf dem Basar, sondern per Telefon. Oder sie fährt persönlich zum Verlagsgebäude. Dann geht es um das Allerwichtigste, um den Vorschuss, den Susanne Fröhlich auf jeden Fall behalten darf, egal, was später die Verkaufszahlen sagen. Manchmal hat sie einen Vertrag für mehrere Bücher, meistens schließt sie aber einen für jedes Manuskript ab. Interessant und witzig zu schreiben, bedeutet leider nicht alles. Man muss auch an eine möglichst große Leserschaft denken. So hat sich ihr Teenagerbuch etwa bestens verkauft. Sie bekam viele Anfragen, wann es denn eine Fortsetzung gebe. Aber »wenn man für 12-Jährige schreibt, lesen das keine Achtjährigen. Ist ja auch besser so. Und es lesen auch keine 14-Jährigen. Also man hat ’ne sehr kleine Zielgruppe.« Ganz mit der Arbeit aufzuhören, kommt für die Hessin nicht infrage. Was nicht nur an ihrem angeborenen Schreibdrang liegt, sondern auch an den Rechnungen, die wie überall bezahlt werden wollen. Constanze sieht das genauso. Natürlich.

Dass beide ins »Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom« für Autoren abgleiten, verhindert ihr mediales Auffangbecken. Allen voran die Glotze. Meist werden die beiden schon Monate im Voraus eingeladen. Falls Not an der Frau ist, weil jemand absagt, kann die Einladung auch mal spontan kommen. Eine klare Abfuhr erteilte Susanne Fröhlich den Machern des »Dschungelcamps«. Als »bösartig und niederträchtig« kanzelte sie 2011 diese Art von Fernsehunterhaltung ab, vor einem Dutzend Kameras in den australischen Busch zu kriechen. Sie ätzte damals, lieber sitze sie bei Lidl an der Kasse. Ihre Lust, Anakondas zu küssen oder eiweißreiche und daher gesunde Maden zu schlucken, sei gering. Brrr! Schon in »Charlottes Welt« erklärt die Protagonistin, das »Dschungelcamp« erreiche »Platz eins auf der Liste der Grausigkeiten. Die eigene Mutter im Winzigen-Tanga-­Bikini-Kakerlakenbad, also das wär’s ja dann wohl.« Auch ein Betrag mit vielen netten Nullen am Ende könnte Susanne nicht in den Busch locken. Sie ist da stur, und ihre Miene wird sauer wie Apfelwein, wenn sie von der »Künstlichkeit« dieses Konzepts redet. Die Peinlichkeit könne sie ihren Kindern nicht antun. Ihrer Mutter nicht, und dem schwer bildungsbewussten Vater schon gar nicht. Wohl nicht mal einem Haustier, so eines fehlt jedoch derzeit im Hause Fröhlich.

Auch auf Presseberichte über ihr Eigenheim wollte die Familie lieber verzichten. Sie machten nicht mit, wenn »jemand gesagt hat, wir bezahlen Ihnen eine Reise, falls wir dafür schöne Fotos von Ihnen im Vorgarten schießen können. Das hab ich alles nie gemacht.« Sie sagt, ihr Nachwuchs habe es nicht verdient, ständig über eine Kamera zu stolpern – auch wenn das vielleicht ein bisschen übertrieben klingt. Die Moderatorin hat Robert und Charlotte immer rausgehalten aus dem Medienzirkus. Jetzt sind die beiden aber alt genug, sagt sie, um selbst zu entscheiden, ob sie mal ein Statement abgeben wollen.

Zum Glück gibt es Formate, deren Niveau sich oberhalb der Türschwelle befindet. Bettina Tietjen beispielsweise hat die beiden 1959 (Kleis) und 1962 (Fröhlich) geborenen Damen letztes Jahr in ihre Sendung »DAS!« vom NDR geladen. Bettina sei supernett, meint Susanne Fröhlich, man kenne sich schon ziemlich lange. Ab und zu tauchen Tietjen und sie gemeinsam bei »Straßenstars«, einer Frankfurter hr-Produktion, auf. Die 55-Jährige charakterisiert in dem Format phantasievoll die quasi von der Fußgängerzone aufgelesenen Passanten, je drei pro Ausgabe. Zur Freude des Publikums zum Beispiel so: »Also der Jens ist Lehrer. Und der hat ja immer in einer Wohngemeinschaft gelebt. Dann hatten sie ein irrsinniges Fest. Am anderen Morgen wollte er zur Arbeit gehen, da haben die anderen gesagt: ›Jetzt nimm mal den Stock aus dem Hintern! Die Schüler werden auch nicht dümmer, wenn du einen Tag nicht zur Schule gehst.‹« Meistens erreicht sie bei »Straßenstars« eine hohe Punktzahl. Sie gewinnt halt gerne und strengt sich an. Einmal fiel die Sachsenhäuserin allerdings auf null zurück, als sie annahm, dass eine 41-jährige Lehrerin wie gewünscht die Senfpraline aufisst. Tat sie leider nicht.

Außer Fröhlich rät bei den Straßenstars oft Robert Treutel alias Bodo Bach mit seinem Faible für schräge, aber treffende Witze. Oder Henni (Hendrik) Nachtsheim, der früher bei der Rockband »Rodgau Monotones« mitspielte. Und immer noch bei »Badesalz« Hessisches babbelt. Das lustige Sketch-Duo gibt es auch schon ewig, etwa seit Beginn der 1980