Fiona

Leni

Aurelia

Jana

Emily Palmer

Die Funkelponys

Eine Freundin für Sunny

Weitere Bücher dieser Reihe:

Die Funkelponys. Geheimnis um Stella (Band 2)

Emily Palmer

machte als Kind die Ponyrücken von der Heide über Holstein bis nach Dänemark unsicher und ist sogar schon mal in Südafrika geritten. Sie lebt mit Mann und zwei Söhnen zwischen Bäumen und Pferdekoppeln in der Lüneburger Heide. Dort schreibt sie alles, was man für Kinder zwischen Buchdeckel pressen kann: Sach-, Rätsel- und Bastelbücher, Schulbücher und natürlich Geschichten, unter anderem im Rahmen einer bekannten Pferdebuchreihe.

Kapitel 1

Plätscherwasser und Flüstergras

Plitsch! Platsch! Plitsch! Fionas Zehen wackelten im kristallklaren Wasser. Auf den feinen Sand am Seegrund zeichnete das Sonnenlicht wellenförmige Streifen.

Plitsch! Platsch! Plitsch!, machten Fionas Zehen. Und dann ein Klatsch!. Kalte Tropfen regneten auf Fiona nieder. Zwei kleine Jungen waren ins Wasser gerannt und planschten um die Wette.

Fiona ließ ihren Blick über den Lichtersee schweifen. Unterbrochen von Inselchen zog er sich kilometerweit durch die flache Landschaft. Hier, am Naturschwimmbad, war eine Bucht zum Baden abgetrennt. Doch es war das gegenüberliegende Ufer, das Fionas Blick magisch anzog. Dort reichte eine saftig grüne Wiese bis zum Wasser. Ohne hinzusehen, hätte Fiona die vier Ponys beschreiben können, die darauf grasten: den hübschen Schimmel, den glänzend schwarzen Rappen, den Fuchs und das sandfarbene Pony mit der hellen Mähne. Sein Fell schimmerte in der Sonne wie Gold. Fiona konnte sich nicht helfen, sie musste es die ganze Zeit ansehen. Während die anderen Tiere grasten oder vor sich hin dösten, galoppierte es immer wieder rund um die Koppel, tänzelte oder stupste seine Ponyfreunde an. Zwischendurch blickte es über den See zu Fiona hinüber. Es war, als würde das fröhliche Pony nur auf sie warten … Fiona schüttelte den Kopf. Das konnte ja nun wirklich nicht sein!

Schon seit zwei Wochen saß Fiona jeden Tag hier auf dem Steg und beobachtete das Pony mit dem goldenen Fell. Sonst hatte sie auch wenig zu tun. Es waren Sommerferien. Fiona kannte noch kein Kind im Dorf, denn sie war mit ihren Eltern erst vor Kurzem hergezogen. Andrea und Jan Feldbaum hatten die Leitung des Naturschwimmbads am Lichtersee übernommen und arbeiteten von früh bis spät.

Schritte klopften auf dem Steg. „Wer träumt denn hier schon wieder vor sich hin?“, fragte Fionas Mama, eine rundliche, aber sehr sportliche Frau. Sie schleppte zwei schwere Einkaufsbeutel. Nun stellte sie sie ab und strich ihrer Tochter liebevoll über den Kopf. „Was geht unter diesen hübschen Locken vor?“, fragte sie.

„Nichts“, antwortete Fiona. „Na gut, ein bisschen was schon … die Pferde dort drüben.“ Sie zeigte über den See. „Sind sie nicht hübsch? Gefallen sie dir auch so gut?“ Am liebsten hätte sie ihre Mutter auch nach Reitstunden gefragt, aber sie traute sich nicht. Seit dem Umzug redeten ihre Eltern oft davon, wie viel alles gekostet hatte: der Umzugslaster, das neue Haus, die Renovierungsarbeiten im Lichtersee-Bad. Da konnte Fiona doch nicht mit Reitstunden ankommen! Auch wenn sie in ihrem alten Dorf schon ein paar Monate in den Reitstall gegangen war.

„Ob mir die Ponys gefallen? Ja, sie sind wirklich sehr hübsch. Fast so hübsch wie du.“ Fionas Mutter gab ihrer Tochter einen Kuss und ging mit den Tüten Richtung Kiosk davon.

Fiona sah wieder zu den Ponys hinüber. Ihre Füße setzten sich wie von selbst in Bewegung. Sie hatte sich entschieden.

Mit dem Rad fuhr Fiona durch das Dorf, auf die Landstraße und zur anderen Seite des Sees. Ein Stück hinter dem Dorf bog links ein Feldweg ab. Fiona lehnte ihr Rad an einen Baum und ging zwischen hohen Maisstängeln hindurch. Ein leichter Wind wehte und ließ das Gras am Wegrand erzittern. Es raschelte und klang, als würde jemand mit Fiona flüstern. Sie war fast sicher, dass das Pony mit dem goldfarbenen Fell sie zu sich rief.

Der Weg endete an einem Gatter. Dahinter erstreckte sich die Koppel. Zwischen einigen Bäumen am Ufer konnte Fiona den Lichtersee in der Sonne glitzern sehen. Die ganze Wiese erinnerte Fiona ein wenig an eine einsame Insel, so abgeschieden und friedlich war sie. Und mittendrin erkannte sie tatsächlich die vier Ponys. Warum sie die Tiere vorher noch nie besucht hatte, wusste sie selbst nicht so genau. Vielleicht hatte sie einfach Angst gehabt, dass das Goldpony von Nahem nicht mehr so lieb aussehen würde wie aus der Entfernung. Sie lehnte sich an den Zaun und beobachtete die Ponys. Der Rappe und der Fuchs standen dicht beieinander und beknabberten sich am Rücken. Der Schimmel fraß Gras und schritt dabei langsam über die Koppel. Auch Fionas goldfarbenes Lieblingspony graste. Eine Windböe rauschte heran und wieder flüsterte das lange Gras ihr etwas zu. Ein Schauer fuhr Fiona über den Rücken. Die Ponystute hob den Kopf und blickte mit gespitzten Ohren zu ihr herüber.

„Hallo, Goldpony!“, rief Fiona leise. Das Pony schnaubte und warf den Kopf zurück. Es machte ein paar tänzelnde Schritte, schnaubte erneut und fraß weiter.

Fiona musste grinsen. „Du bist ja eine ganz Lustige, was, Goldpony?“, fragte sie.

Wieder unterbrach das Tier sein Kauen. Dunkle Augen blickten Fiona neugierig an. Dunkle Augen, die ganz genauso lieb aussahen, wie Fiona es sich erträumt hatte.

„Ich bin Fiona! Und du?“, fragte sie freundlich. Natürlich antwortete das Pony nicht, aber Fiona gefiel der Name Goldpony sowieso am besten. „Komm her, Goldpony!“

Und das Wunder geschah: Das Pony fiel in den Trab und lief auf Fiona zu. Ein Stück vor dem Koppelzaun hielt es an, schaute noch einmal prüfend und trat dann näher.

Mit einem Schnauben und einem Stupsen des weichen Pferdemauls begrüßte es Fiona.

„Du bist ja lieb“, murmelte Fiona. Sie sprach leise, um das Pony nicht zu erschrecken. Aber das wirkte gar nicht scheu. Es warf den Kopf hin und her, spielte mit den Ohren und jetzt begann es sogar, an Fionas ausgestreckten Händen zu schnuppern. Suchend wanderten seine seidenweichen Lippen über Fionas Haut. Sie musste kichern. „Ich habe leider nichts dabei“, sagte sie. „Aber beim nächsten Mal bringe ich dir etwas mit, versprochen.“

Fiona hob eine Hand und ließ sie über die Stirn des Ponys gleiten. Das goldfarbene Fell fühlte sich weich und warm an und duftete wunderbar nach Pferd und Sonne. Fiona streichelte die helle Stirnlocke und den muskulösen Hals. Das Pony zuckte ein wenig und tänzelte zur Seite.

„Habe ich dir wehgetan?“, fragte Fiona erschrocken. Doch das Pony stand schon wieder still und brummelte zufrieden. Fiona entspannte sich. „Ich glaube, du machst nur Spaß, Goldpony. Kann das sein?“, fragte sie lächelnd. Sie blickte dem Pony in die ausdrucksvollen dunklen Augen und es blickte lange zurück. Dann trat es wieder näher und berührte Fionas T-Shirt mit Maul und Nasenrücken. Fiona spürte die Wärme, die von dem Pferdekörper ausging. Das Pony prustete und sein Atem strich über Fionas Arm. Das fühlte sich einfach wundervoll an! Sie schloss die Augen.

Doch das goldene Pony hatte genug gekuschelt. Es stupste Fiona das Maul leicht gegen den Bauch, trabte davon und fiel schließlich in den Galopp. Dabei warf es den Kopf hin und her und wieherte ausgelassen. Der Rappe und der Fuchs ließen sich anstecken und galoppierten ebenfalls einmal um die Koppel. Nur die Schimmelstute betrachtete alles ganz ruhig. Fiona musste lachen.

Nach seiner Galopprunde kam das Goldpony noch einmal an den Koppelzaun und ließ sich von Fiona streicheln. Sie strich mit der Hand über seine Wange und die Nase. Dann glitten ihre Finger unter die Stirnlocke, wo es besonders warm und weich war. Sie kraulte das Pony und wuschelte ihm mit der Hand durch die langen goldenen Haare.

Plötzlich stießen Fionas Finger gegen etwas Hartes.

„Huch!“, machte sie und zog ihre Hand zurück. „Was war das denn, Goldpony?“

Das Pony schnaubte und machte einen Schritt rückwärts. Bei der Bewegung fiel eine dicke Haarsträhne zur Seite. Ein zart schimmernder Edelstein, geschliffen wie ein Diamant, aber undurchsichtig wie Gold, kam zum Vorschein.

„Ein Stein?“, hauchte Fiona. Sie streckte die Hand aus, doch das goldene Pony schüttelte den Kopf, die dichte Mähne schloss sich und der Stein war verschwunden.