Zehn Tage waren seit meiner Präsentation vergangen und noch immer herrschte Eiszeit zwischen meiner Mutter und mir. Ich war ein paar Tage später noch mal zu ihr gegangen, um meine Vorschläge durchzusprechen, doch sie hatte mich unter dem Vorwand, einen Termin zu haben, aus ihrem Büro verwiesen. Seitdem hatte ich es mehrfach versucht, aber ich hatte keine Chance, an sie heranzukommen.
Doch nicht nur meine Mutter wehrte sich gegen die Neuerungen, auch der Rest der Führungsetage war geteilter Meinung. Während die Jüngeren durchaus offen für meine Vorschläge waren, sie teilweise sogar begrüßten, sprachen sich die Älteren vehement dagegen aus. Sie wollten sich nicht mal die Handouts dazu näher ansehen, sondern hielten das alles für unnötigen Mumpitz.
Letztlich wäre es sowieso egal, was sie wollten, meine Mutter hatte als Inhaberin das letzte Wort. Und da konnte ich an zwei Fingern abzählen, wie ihr Urteil ausfallen würde. Es wurmte mich, dass ich mir so viel Mühe, so viele Gedanken gemacht hatte und diese dann einfach abgeschmettert wurden. Genau dafür hatte meine Mutter mich im Unternehmen haben wollen. Ich war engagiert worden, um frischen Wind hereinzubringen. Angeblich … Stattdessen kam ich mir vor, als sollte ich nur den alten Muff ein bisschen hin und her schieben. Alles musste bleiben, wie es war, aber trotzdem neu und anders aussehen. Wie sollte so etwas gehen? Ich hatte zwar in meinem Studium viel gelernt zum Thema Marketing und war ein Profi darin, dennoch konnte ich nicht zaubern. Und wenn hier niemand mit anfasste, mich und meine Ideen unterstützte, dann konnte ich leider nicht helfen. Dann würde das Familienunternehmen immer im vergangenen Jahrhundert bleiben, und spätestens in ein paar Jahren konnten wir dichtmachen.
Frustriert schaute ich aus dem Fenster in den Innenhof. Das Wetter passte perfekt zu meiner Stimmung. Die Wolken hingen heute tief über der Hansestadt und der Regen prasselte unaufhörlich an die Scheibe. Laut Wetterbericht sollte die Sonne scheinen, doch die Wetterfrösche schienen sich mal wieder geirrt zu haben.
„Na, gibt es da was Interessantes zu sehen? Oder was fesselt dich so?“
Ein erschreckter Aufschrei entkam mir, während ich herumfuhr und Tobias Zeller anstarrte, der vor meinem Schreibtisch stand und mich belustigt musterte.
„Wo kommst du denn her?“, fragte ich perplex.
Lachend deutete Tobias mit dem Daumen hinter sich. „Von da. Durch die Tür. Oder glaubst du, ich habe mich hergebeamt? Nee, dann hätte ich mich direkt zwischen dir und diesem Fenster wieder materialisiert, damit ich dich so richtig erschrecken kann.“
„Das hast du auch so schon!“ Gespielt genervt rollte ich gut sichtbar mit den Augen, musste aber gleichzeitig grinsen. In den letzten anderthalb Wochen war Tobias einer meiner engsten Vertrauten geworden. Das angedrohte Kaffeetrinken hatte bereits am Tag nach der Präsentation stattgefunden und wir waren recht schnell zum Du übergegangen. Er hatte meine Reaktion auf seinen Spitznamen zum Glück nicht mitbekommen. Allerdings brachte ich es nicht über mich, ihn mit Toby anzusprechen. Für mich war und blieb er Tobias. Es gab für mich nur einen Toby, und der würde immer der Einzige bleiben, dessen war ich mir absolut sicher. Aber ich mochte Tobias sehr. Mit ihm konnte ich über ernste Themen reden, mich auch mal über meine Mutter auskotzen, und er schaffte es jederzeit, mich zum Lachen zu bringen.
Das hatte schon seit Monaten niemand mehr geschafft. Seit … Damals. Seit kurz vor Weihnachten des letzten Jahres.
Schnell wischte ich diese trüben Gedanken beiseite und richtete meine Aufmerksamkeit auf Tobias.
„Was machst du eigentlich hier? Suchst du Gesellschaft für die Mittagspause?“, fragte ich ihn und schaute auf die Uhr in der Ecke meines Bildschirms.
„Mittagspause? Es ist Zeit für Feierabend, schau mal auf die Uhr. Wo bist du nur mit deinen Gedanken, Süße? Erst bist du so vertieft in … Ja, in was eigentlich? Du hast nicht mal mein Klopfen gehört. Und jetzt hast du anscheinend vergessen, dass wir verabredet sind. Ehrlich, das geht doch so nicht weiter! Du bist völlig am Ende. Diese Doppelbelastung mit Säugling und Vollzeitjob wird dich noch zum Kollaps führen. Und bei meinem Glück darf ich dich dann aufsammeln. Dabei bin ich total schlecht in Erster Hilfe – du solltest also besser ein wenig kürzertreten.“
Lachend schüttelte ich den Kopf. „Na, wenn das kein schlagendes Argument ist! Weil du schlecht in Erster Hilfe bist, muss ich kürzertreten. Wie wäre es denn mal mit einem Auffrischungskurs? Außerdem geht es mir gut. Ich komme klar!“, bekräftigte ich. Tobias sah mich zweifelnd an, sagte aber nichts weiter dazu.
„Los, komm, lass uns gehen.“ Als ich nach meiner Handtasche griff, unterdrückte ich ein Gähnen. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal auch nur fünf Stunden am Stück geschlafen hatte. Auf jeden Fall nicht, seitdem Paula eine Woche vor Weihnachten auf die Welt gekommen ist. Und selbst davor hatten mich der dicke Bauch und das Baby darin, das abwechselnd auf meine Blase drückte und in mir Samba tanzte, vom Schlafen abgehalten. Gefühlt war es mindestens ein Jahr her, dass ich nicht das Bedürfnis gehabt hatte, im Stehen einzuschlafen.
Gemeinsam mit Tobias holte ich mein Baby von der Tagesmutter ab.
„Uuuh, was ist das denn für ein Schnuckel?“, fragte Mel mich flüsternd, während sie mir meine Tochter auf den Arm gab. Tobias war sofort von einem ungefähr dreijährigen Jungen mit Beschlag belegt worden und hockte in der Diele auf dem Fußboden.
„Wer jetzt?“, fragte ich verwirrt und kapierte erst Sekunden später, dass sie von Tobias sprach. „Ach so, du meinst ihn. Hm … Findest du?“ Auch wenn ich seit anderthalb Wochen fast jeden Tag zumindest meine Mittagspause mit Tobias verbrachte, hatte ich nun das Gefühl, ihn das erste Mal richtig zu sehen. Mel hatte recht. Er sah wirklich gut aus in seinem dunkelgrauen Anzug, der perfekt mit seinen blauen Augen und den honigblonden Haaren harmonierte. Nicht gerade unauffällig musterte ich seine sportliche Figur, sodass er es bemerkte und irritiert zu uns herübersah.
„Ist was?“, fragte er.
Synchron schüttelten Mel und ich den Kopf. „Nö, alles gut!“
Dem Blick nach war Tobias nicht wirklich überzeugt, doch er nahm dem kleinen Jungen das Buch ab, das dieser ihm hinhielt, und blätterte darin herum.
„Sag bloß, du hast das bisher noch nicht bemerkt! Hast du keine Augen im Kopf?“, flüsterte Mel diesmal so, dass Tobias es nicht mitbekam.
Ich zuckte mit den Schultern. „Oder einfach keinen Blick dafür. Immerhin …“ Ich brach ab und schluckte. Dann wandte ich mich meiner Tochter zu und zog ihr die Mütze und die Jacke an.
„Entschuldige, das war unsensibel von mir!“ Mel legte ihre Hand auf meinen Arm und strich sanft darüber.
Ich atmete tief durch und schluckte. „Nein, alles gut! Du kannst ja nichts dafür und ich … ich sollte mich wohl langsam damit abfinden. So, fertig, kleine Maus!“ Die letzten Worte richtete ich lächelnd an meine Tochter und gab ihr einen Kuss auf die Nase. Sofort quiekte Paula auf. Sie liebte es, wenn ich ihre Nase küsste, und ihr Quieken brachte mich immer zum Lachen. „Na dann, wollen wir los? Der Regen hat endlich aufgehört, wir könnten also noch eine Runde durch den Park drehen. Vielleicht hat die Eisdiele ja offen. Und Onkel Tobias kommt mit!“
„Argh! Bring ihr doch nicht so was bei!“, protestierte Tobias entsetzt. „Zu fremden Erwachsenen Onkel sagen zu müssen, fand ich schon als Kind furchtbar. Tschüss, Mel, und viel Spaß noch mit deiner Rasselbande!“ Tobias winkte dem kleinen Jungen noch einmal zu, als wir das Haus der Tagesmutter verließen.
„Viel Spaß werden wir nicht mehr haben. Die Letzten werden gleich abgeholt und dann ist Wochenende. Endlich ausschlafen!“, erklärte sie lachend.
„Ausschlafen!“, wiederholte ich sehnsüchtig, während ich Paula in den Kinderwagen setzte. „Ich weiß gar nicht mehr, wie sich das anfühlt.“
„Du brauchst wirklich mehr Schlaf und Ruhe, Nele. Ernsthaft, du bist so blass und hast pechschwarze Augenringe. Meinst du nicht, dass deine Mutter die Kleine mal eine Nacht nehmen kann? Oder zumindest einen Nachmittag? Damit du ein paar Stunden für dich hast“, meinte Tobias, als wir uns auf den Weg in den Park machten.
Ein wenig bitter lachte ich auf. „Meine Mutter? Im Leben nicht!“
„Warum nicht? Ich meine, sie ist doch Paulas Oma! Meine Ma würde es sich nicht nehmen lassen. Die würde vermutlich halbwegs bei mir einziehen, wenn ich ein Baby hätte, und ich müsste darum kämpfen, auch was von meinem Kind zu haben.“ Bei der Vorstellung, wie Tobias mit seiner Mutter um ein Baby kämpft, musste ich lachen.
„Das klingt ja fast ein wenig wie in der Geschichte in der Bibel mit dem geteilten Kind!“
„Das stimmt. Allerdings würde weder meine Ma noch ich es so weit kommen lassen, dass jemand darüber richten müsste. Also solche gruseligen Vorschläge wie ein Kind zu zerteilen – vergiss es!“ Tobias schüttelte sich. „Aber dazu wird es eh nicht kommen.“
„Ich vermute mal, meine Mutter hätte weniger Stress damit, Paula zerteilen zu lassen, als einen Nachmittag auf sie aufzupassen“, murmelte ich gehässig und erntete einen entsetzten Blick von Tobias.
„War nur Spaß!“, stellte ich klar und schubste ihn leicht mit der Schulter an. „Los, komm, da ist die Eisdiele. Ich möchte eine Kugel Zitrone und eine Kugel Cookies. Mit Sahne!“
„Was für eine Kombination! Ist das ein Überbleibsel aus der Schwangerschaft?“, fragte Tobias grinsend.
„Quatsch! Das schmeckt tatsächlich und außerdem hatte ich keine komischen Gelüste“, stellte ich klar. Nein, die hatte ich wirklich nicht gehabt. Ich hatte Besseres zu tun gehabt, als meine Schwangerschaft zu zelebrieren und mich über dicke Füße, Sodbrennen und Haarausfall zu beschweren – oder mich um meine Geschmacksnerven zu sorgen.
„Setzen wir uns in die Sonne? Da wird gerade ein Tisch frei.“ Ich deutete nach rechts, wo ein Pärchen in diesem Moment bezahlte. Anscheinend musste halb Hamburg nach dem Regen des Tages den Feierabend hier im Park verbringen. Jetzt, wo die Sonne doch noch herausgekommen war. Zumindest war es rappelvoll – so voll, wie man es eigentlich eher von warmen Sommertagen kennt.
„Willst du hier Eis essen? Ich dachte, wir nehmen uns eine Waffel mit und gehen mit Paula auf den Spielplatz.“
Einen Moment lang überlegte ich, ob Tobias mich verarschen wollte. Doch in seinem Gesicht zuckte kein Muskel, der verraten würde, dass er es als Scherz meinte.
„Dein Ernst?“ Ich prustete los. „Komm, bevor der Tisch wieder besetzt ist.“ Schnell schob ich den Kinderwagen zwischen den anderen Plätzen hindurch. Tobias folgte mir langsam.
„Was war an meinem Vorschlag denn so lustig?“, fragte er, als er den Stuhl heranzog und sich setzte. Bevor ich antwortete, winkte ich einer vorbeieilenden Bedienung und wir bestellten unsere Eisbecher.
„Tobias, schau sie dir doch mal an. Paula ist knapp fünf Monate alt. Was soll sie denn auf dem Spielplatz? Sie kann noch nicht mal sitzen!“ Ich kicherte bei der Vorstellung, meine Tochter auf die Rutsche zu legen.
„Oh … stimmt.“ Nachdenklich musterte Tobias meine Tochter, die leise brabbelnd dalag, den Schnuller im Mund, und mit den Händen nach einem kleinen Spielzeug patschte, das am Kinderwagen befestigt war. Als sie es endlich zu fassen bekam, spuckte sie den Schnuller aus und steckte das Spielzeug in den Mund, um es zu erforschen.
„Was macht so ein Baby eigentlich den ganzen Tag?“, fragte Tobias, als wir unser Eis vor uns stehen hatten. Er nahm den ersten Löffel, fast ohne den Blick von Paula zu wenden.
Wieder musste ich einen Moment überlegen, ob er es ernst meinte. Tobias schien keinerlei Erfahrung mit Babys zu haben, daher beschloss ich, mich nicht über ihn lustig zu machen, sondern seine Fragen zu beantworten.
„Sie schläft noch viel. Eigentlich immer nach dem Essen. Alle vier bis fünf Stunden bekommt sie eine Mahlzeit, seit zwei Wochen gibt es mittags Brei, ansonsten Milch. Danach geht sie schlafen. Wenn sie irgendwann aufwacht, spielt sie ein Weilchen, so wie jetzt gerade. Bis sie wieder Hunger kriegt und dann geht es von vorn los. Dazwischen kommt natürlich noch so was wie wickeln, aber die Details erspare ich dir“, erklärte ich.
„Okay, also eigentlich sollte es kein so schwieriger Job sein, ein paar Stunden auf sie aufzupassen.“ Ein leichtes Lächeln umspielte Tobias’ Mundwinkel, als er sich zum Kinderwagen hinüberbeugte und zart über Paulas kleine Hand strich.
„Nein, eigentlich nicht. Wenn gar nichts geht – auf dem Arm ist sie meistens zufrieden. Es sei denn, sie bekommt Zähne, so wie momentan, dann sind die Nächte sehr unruhig und sie ist ständig wach.“ Allein beim Gedanken an die letzten Nächte musste ich schon wieder gähnen. Mich gab es nur noch in einem Betriebsmodus und der hieß „Müde“.
„Was hältst du davon, wenn ich mal auf sie aufpasse?“
Sprachlos schaute ich Tobias an, der seine Hand noch immer im Kinderwagen hatte. Das Spielzeug war mittlerweile uninteressant und Paula hatte Tobias’ Finger fest im Griff. Sabbernd versuchte sie, seine Hand in ihren Mund zu stecken. Verzückt grinste Tobias, dann sah er auf.
Als er meinen überraschten Blick sah, lachte er. „Ich meinte nicht jetzt sofort. Aber wenn die kleine Maus mich ein bisschen besser kennt. So hast du mal ein paar Stunden Ruhe und kannst dich richtig ausschlafen, ohne immer mit einem Ohr beim Babyfon zu sein – denn wie ich dich kenne, bist du das.“
„Du willst auf mein Baby aufpassen?“, fragte ich völlig geplättet. Ich konnte es nicht glauben, dass er diesen Vorschlag ernst meinte. Welcher Mann Ende zwanzig bot sich freiwillig zum Babysitten an? Erst recht, wenn er selbst noch keine Kinder hatte.
Es sei denn … Auf einmal schoss mir ein Gedanke durch den Kopf.
Nein. Das konnte nicht sein.
Oder doch?
„Nele? Ist alles gut? Du musst nicht zustimmen. Wenn du es nicht möchtest, ist es okay! Es war nur ein Vorschlag und …“
„Warum?“, unterbrach ich Tobias.
Nun war er es, der mich überrascht anschaute. „Wie, warum? Damit du mal zur Ruhe kommst!“
Ich atmete tief ein, dann sprach ich genau das aus, was mir eben durch den Kopf geschossen war. „Sag mal … Du willst aber nicht über meine Tochter an mich herankommen, oder? Ich meine, vielleicht ist dieser Gedanke auch völlig absurd, doch …“
„Ja, der Gedanke ist absurd! Den kannst du gleich wieder vergessen!“ Tobias wirkte fast ein wenig beleidigt, als er mich unterbrach. „Ich dachte, wir sind Freunde, Nele. Und Freunde tun so etwas für den anderen. Ganz ohne Hintergedanken helfen sie sich gegenseitig. Besonders, wenn es einem von beiden nicht gut geht!“ Nachsichtig schaute er mich an. „Ich weiß nicht, was in deiner Vergangenheit vorgefallen ist. Ich weiß nicht, was mit Paulas Vater ist. Du sprichst nicht über ihn und das ist in Ordnung. Musst du auch nicht. Aber ich habe Augen im Kopf und sehe, dass du ganz weit davon entfernt bist, für eine neue Beziehung bereit zu sein. Ich möchte dir helfen! Und wenn ein paar Stunden babysitten reichen, damit es dir besser geht und du mal ein wenig Schlaf nachholst, dann ist doch nichts einfacher, als dass ich auf Paula aufpasse. Denk darüber nach, was du möchtest. Ob du eine Freundschaft möchtest oder mir irgendwelche misstrauischen Unterstellungen machen willst.“ Bei den letzten Sätzen änderte sich Tobias’ Gesichtsausdruck, wurde weich, mitfühlend. Ja, irgendwie verstehend – obwohl er nicht verstand. Nicht verstehen konnte.
„Ich denke, ich lasse dich jetzt lieber allein. Hab einen schönen Abend!“ Tobias stand auf, dann beugte er sich zu mir herunter und nahm mich in den Arm. „Ich mag dich, Nele! Als Freund!“, flüsterte er in mein Ohr. Danach richtete er sich auf und ging, ohne auf meine Antwort zu warten.
„Was hab ich da nur gesagt? Er hat recht, ich war wirklich misstrauisch. Dabei hat er das nicht verdient. Er hat ja gar nichts getan“, murmelte ich leise, an Paula gewandt.
Ich hatte es mir angewöhnt, ständig mit Paula zu sprechen. Nicht nur, um ihr Sprachvermögen zu fördern, sondern auch in Ermangelung eines Gesprächspartners. Im Laufe der letzten Monate waren meine Freundschaften eingeschlafen. Bereits während der Schwangerschaft war ich den meisten zu langweilig geworden, weil ich nicht mehr jedes Wochenende mit ihnen um die Häuser ziehen und feiern konnte. Sie zogen sich mehr und mehr zurück, bis der Kontakt nach Paulas Geburt komplett abbrach.
Ich hatte lange keinen wirklichen Freund mehr an meiner Seite gehabt, daher machte es mich umso trauriger, und ich schämte mich, dass ich Tobias gegenüber so misstrauisch gewesen war.
Nachdem ich mein Zitroneneis mit Sahne aufgegessen hatte, machte ich mich auf den Heimweg. Bald war es Zeit für Paulas Flasche, und danach ging es ab ins Bett in der Hoffnung, ein wenig Schlaf zu bekommen. Gleich morgen würde ich Tobias anrufen und mich bei ihm entschuldigen. Ich wollte ihn und seine Freundschaft nicht verlieren, dafür war er mir bereits zu sehr ans Herz gewachsen.