Frank Buckenhofer

Bewegtes Geld

Von Geldwäschern und Schmugglern

Zum 100. Geburtstag

des Zollfahndungsdienstes

1919 - 2019

Vorwort

Der Roman entsteht nicht zufällig oder nur aus einer Laune. Er entsteht in einer Zeit, in der mittlerweile fast täglich in den Medien darüber berichtet wird, dass sich Schurken aller Art und aus unzähligen Ländern, ob Rocker- und Motorradclubs, ausländische Clans, Banden oder elegante – und in zum Teil sogar sehr honorigen Kreisen verkehrende – Menschen aus dem White-Collar-Milieu, stetig illegal und im ganz großen Stil bereichern. Die Medien berichten über tatsächliche gesellschaftliche Umstände, die ich und meine Kolleginnen und Kollegen täglich erleben und bestätigen können. Dieser – in einer aufgeklärten, demokratisch verfassten und rechtsstaatlichen Gesellschaft – dennoch vorhandene politisch erbärmliche Zustand an viel zu wenig verfolgter Kriminalität ist für mich Anlass und Motiv für den Roman zugleich. Ich bin über das Ausmaß dieser kriminellen Bereicherung und die mangelnde Reaktion des Staates auf solche Entwicklungen erschrocken, wütend und auch scheinbar machtlos.

Der Roman ist politischer Appell, persönliches Ventil und Auftrag zugleich. Steuer-, Finanz- und Wirtschaftskriminalität, Subventionsbetrug, Geldwäsche, Menschenhandel, Kriminalität auf dem Arbeitsmarkt, Schmuggel von Waffen, Drogen, Kriegswaffen, Zigaretten, Arzneimitteln sowie Produkt- und Markenfälschungen sind in unserer globalisierten Ordnung äußerst dankbare Einnahmequellen für eine gut florierende Organisierte Kriminalität, deren einzige Triebfeder das Geldverdienen ist. Viele Milliarden werden auf diese Weise jährlich illegal erzielt. Und diese inkriminierten Milliarden fließen durch geschickte Geldwäsche wieder in legale Wirtschaftskreisläufe zurück, in denen sie die Redlichen unserer Zeit empfindlich stören und auch zerstören und den Staat und das nötige Vertrauen der Redlichen in ihn langsam ruinieren.

Ein wichtiges Motiv von mir, diesen Roman zu schreiben, ist zunächst banal. Ich lese gern und ich habe schon immer eine ganz persönliche und große Lust verspürt, Geschichten selbst zu erzählen und aufzuschreiben. Ein weiteres, vielleicht viel stärkeres und weniger banales, Motiv ist, die seit Jahren von mir in meiner Funktion als gewählter Funktionär der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gemachte Erfahrung, dass es der Politik offenbar, höflich formuliert, sehr schwer fällt, der Organisierten Kriminalität und Mafia wirklich und effektiv die Stirn zu bieten und den entschlossenen Kampf anzusagen. Seit Jahrzehnten fehlt erkennbar politisch der konsequente Wille zu einem immer dringender erforderlichen Masterplan für eine zeitgemäße Sicherheitsarchitektur. Die Politik verhält sich seit Jahren in dieser Frage so unerträglich auffallend zurückhaltend, dass man den starken Eindruck bekommen muss, dass sie diesen Kampf gar nicht ernsthaft führen will. Das Abfinden mit dem politischen Mittelmaß und die Unfähigkeit oder Unwilligkeit, an entscheidender Stelle die notwendigen Grenzen zu ziehen, bestimmt zunehmend die Politik, die sich oftmals oberflächlich in tagesaktuellen Sprechzetteln erschöft.

Der Gedanke, dass Teile der Politik diese Kriminalität möglicherweise gar nicht mit der notwendigen und rechtsstaatlichen Macht und mit der dafür erforderlichen Personal- und Sachmittelausstattung und den für diesen Auftrag erforderlichen tauglichen Behördenstrukturen bekämpfen will, ist nicht unbegründet oder gar abwegig. Er zwingt sich geradezu auf.

Ich beobachte das unentschlossene, wankende, ignorante und auch zum Teil arrogante Verhalten von einigen Abgeordneten im Deutschen Bundestag seit nunmehr fünf Wahlperioden. Fünf Regierungen habe ich seit meiner Wahl zum Gewerkschaftsvorsitznden erlebt. Fünf Regierungen prägten und prägen immer noch mein gesamtes gewerkschaftspolitisches Engagement in der GdP. Fünf Mal erlebte ich große Wahlversprechen, Sonntagsreden, Festansprachen, Zuspruch, manchmal Zusagen, sogar ernsthafte Versuche, es politisch anzugehen. Immer wieder spürte ich auch – und oft sehr deutlich – den enormen Widerstand in Teilen der Politik und vor allem im Apparat und dort im Besondern in dem für den Zoll zuständigen Bundesministerium der Finanzen.

Die Geschichte im Roman selbst umfasst Vieles aus der beruflichen und auch aus der privaten Erfahrung, die man als Zollfahnder im Laufe der Jahre sammelt, wenn man Tag für Tag und Seite an Seite mit den Kolleginnen und Kollegen von Zoll und Polizei auf Verbrecherjagd geht. Der Roman ist natürlich frei erfunden und doch wieder ein wenig wahr. Er versucht, die Brücke zwischen trockener Realität und einer lesbaren und spannenden Fiktion zu bauen. Er vermischt allzu gern Handlung und Haltung, will ein wenig die Zustände beklagen und etwas Einblick in die verschlossene und nicht immer einfache Welt der Räuber und Gendarmen geben. Ein wenig Crime, ein wenig Sex, ein wenig Politik, ein wenig Kritik, ein wenig Heimat und ein wenig Kultur sind die Gewürze für eine kleine Geschichte von ein paar Menschen, die eigentlich nichts anderes tun, als ihr eigenes selbstbestimmtes Leben leben zu wollen. Jeder auf seine besondere Weise. Der Eine so. Der Andere so. „Jede Jeck is anders“, so heißt es in meiner Heimat Rheinland. Ich jedenfalls bin nach wie vor von dem Ziel beseelt, in meinem Leben, immer das Beste und Vernünftigste zu tun, was mir mit meinen Mitteln möglich ist. Ein Lob an den Zweifel und die immerwährende Liebe zur Erkenntnis können dabei oftmals sehr hilfreich sein.

Frank Buckenhofer

Essen im April 2019