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Die Herausgeberin und der Herausgeber

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Dr. Eva Maria Schuster, geboren 1954, ist seit 1996 Professorin für Theorie und Methoden der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule Mainz. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, Frühe Hilfen und Kinderschutz sowie die Zielgruppe Familie in Multiproblemlagen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Eva Schuster ist Sozialarbeiterin und Pädagogin mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung und verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich der ambulanten und stationären Jugendhilfe. In den genannten Schwerpunkten ist sie bundesweit als Fortbildnerin tätig.

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Stefan Werner, geboren 1967, arbeitet als Sozialtherapeut Impulssteuerung mit Kindern und Jugendlichen bei der Stiftung Juvente in Mainz sowie selbstständig als Referent im Bereich Konfliktmanagement und als Berater für Organisationsentwicklung. Er ist Diplom-Sozialpädagoge (FH), Supervisor, Ausbilder für AAT/CT und Autor des Fachbuches »Trainingshandbuch Konfliktmanagement« (2. Auflage 2017).

Eva Maria Schuster, Stefan Werner (Hrsg.)

Sozialtherapie Impulssteuerung

Emotionsbezogene Handlungskonzepte in der Sozialen Arbeit

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-036048-8

E-Book-Formate:

pdf:        ISBN 978-3-17-036049-5

epub:     ISBN 978-3-17-036050-1

mobi:     ISBN 978-3-17-036051-8

Geleitwort

 

 

Soziale Arbeit und Psychotherapie stehen inhaltlich und systematisch in einem Wechselverhältnis. Soziale Probleme sind mitverursachend für psychische Probleme und Erkrankungen als auch umgekehrt. In der sozialen Wirklichkeit kann deshalb weder ein rein psychotherapeutischer noch ein nur sozialarbeiterischer Ansatz zureichend den multifaktoriell bedingten sozialen Problemen gerecht werden, weil ihre jeweilige Systemlogik vor allem auf ihre originäre Aufgabe ausgerichtet ist. Diesen Sachverhalt formuliert Eva Maria Schuster in ihrem zentralen theoretischen Aufsatz als Ausgangsgedanken des vorliegenden Buches und leitet daraus die Notwendigkeit eines speziellen sozialtherapeutischen Ansatzes ab, als eine der Sozialen Arbeit systemisch immanent bleibende Ergänzung. Konkreter formuliert Stefan Werner, dass Probleme, »die eigentlich pädagogisch oder sozialtherapeutisch gelöst werden könnten«, in das medizinische System verlagert werden, ohne Aussicht auf eine Lösung.

Praktiker der Sozialen Arbeit erleben immer wieder ihre fachlichen Grenzen da, wo intrapsychisch bedingte Probleme nicht alleine durch äußere Hilfen bearbeitbar sind. So kommt etwa die Kinder- und Jugendhilfe und dort besonders die Heimerziehung immer wieder an ihre Grenzen, weil die Kooperation mit Psychotherapeuten und Psychiatern nicht weiterführt mangels ausreichend systemisch gekoppelter Vernetzung.

Viele misslungene Heimkarrieren zeugen von diesem Problem. Versuche einer Verbesserung waren in den letzten Jahrzehnten nicht ausgereicht, um eine zielführende Zusammenarbeit zu gewährleisten. Verschiedene Berufsethiken und die begrenzende Eigenlogik der beiden Hilfesysteme versperren systematisch eine effektive Zusammenarbeit. Dennoch haben sich in den Arbeitsfeldern Sucht und Straffälligenhilfe schon sogenannte sozialtherapeutische Ansätze entwickelt, die dort die fehlende Brückenfunktion erfüllen. Eva Maria Schuster und Stefan Werner gehen mit ihrem Buch einen Schritt weiter in ihrer Forderung nach einer generalisierenden Erweiterung dieser Ansätze auf alle Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit.

Deutlicher als dies in der Fachliteratur bislang geschehen ist, wird in diesem Sammelband in vielen Aufsätzen aufgezeigt, wie die praktische Lücke zwischen Sozialer Arbeit und Psychotherapie geschlossen werden kann. Gelingen kann dies durch eine systematische methodische Ergänzung mit Hilfe eines sozialtherapeutischen Ansatzes, der sich als arbeitsfeldübergreifend einsetzbar versteht. Die Herausgeber haben Praktikerinnen und Praktiker gewinnen können, die anhand verschiedener methodischer Perspektiven zeigen, was Sozialtherapie im oben verstandenen Sinn leisten kann.

Sozialtherapie soll aber nicht die Alltagsorientierung der Sozialen Arbeit in Frage stellen oder gar abwerten. Es geht um eine interne Differenzierung des Systems Sozialer Arbeit, um so unfruchtbare Delegationen von bestimmten Fällen an Nachbarprofessionen zu vermeiden. Die Reichweite der eigenen Zuständigkeit wird professionsimmanent sozialtherapeutisch erweitert.

Das Innovative an dem in diesem Buch vorgestellten Ansatz ist also eine binnenstrukturelle Differenzierung und Vertiefung der Professionalität der Sozialen Arbeit, um den sozialtherapeutischen Ansatz zum Bestandteil des Berufs werden zu lassen. Die Einbindung in das Bachelorstudium der Sozialen Arbeit wird die schon zum Teil etablierte nebenberufliche Zusatzausbildung nicht ersetzen können. Sie wird aber die Grundlagen der Sozialtherapie als Teil der Sozialen Arbeit verbindlich werden lassen. Ich wünsche dem Werk eine reiche und bereichernde Rezeption!

Prof. em. Dr. Gerald Weidner

Inhalt

 

 

  1. Geleitwort
  2. Einleitung
  3. Teil I Theoretische Einordnung der Sozialtherapie Impulsteuerung
  4. 1 Soziale Arbeit und Therapie
  5. Eva Maria Schuster
  6. 2 Der theoretische Rahmen der Sozialtherapie Impulssteuerung
  7. Stefan Werner
  8. 3 Sozialtherapie Impulssteuerung als Methode in der Jugendhilfe
  9. Mareike Hildebrandt
  10. 4 Die ethische Haltung in der Sozialtherapie Impulssteuerung
  11. Stefan Reis
  12. Teil II Ansätze und Handlungsinstrumente der Sozialtherapie Impulssteuerung
  13. 5 Emotionen als Grundlage menschlichen Handelns, oder was muss die*der Klient*in über seine*ihre Emotionen wissen?
  14. Michael Herting & Stefan Werner
  15. 6 Anamnese und Fallkonzept: Von der Erhebung von relevanten Informationen bis zum Fallkonzept oder wie viel Lösung steckt in der Anamnese?
  16. Stefanie Werner
  17. 7 Kontraindikationen und Ausschlusskriterien für die Sozialtherapie Impulssteuerung
  18. Christin Linhardt
  19. 8 Wie kann die selbstwertbezogene Arbeit die Akzeptanz primärer Emotionen unterstützen?
  20. Kirsten Gottwald & Stefan Werner
  21. 9 Emotionsregulative Interventionsansätze in der Sozialtherapie Impulssteuerung
  22. Hanna-Kari Bach
  23. 10 Die Bedeutung von Emotionsanalyse und Entspannungstechniken für den Stressabbau
  24. Rebecca Tullius
  25. 11 Angst vorm Fühlen? Emotionstoleranz für vermiedene Emotionen entwickeln
  26. Yvonne Heinrich
  27. 12 Das Konzept der Achtsamkeit in der Sozialtherapie Impulssteuerung
  28. Kordula Bendler
  29. 13 Klärung der inneren emotionalen Anteile – Stühlearbeit in der Sozialtherapie Impulssteuerung
  30. Eva-Maria Baumgärtner
  31. 14 Die Bedeutung von Scham in der Sozialtherapie Impulssteuerung
  32. Stefanie Umbreit
  33. 15 Wut als Beschützer der Traurigkeit bei Klienten aus Jugend- und Erziehungshilfe
  34. Ester von Gries & Lisa Weyrich
  35. Teil III Sozialtherapie Impulssteuerung in der Praxis
  36. 16 Sozialtherapie im Zwangskontext
  37. Ilka Becker
  38. 17 Warum will Mario nicht zur Schule gehen? Sozialtherapie und Fallkonzeption
  39. Alexander Hennicke
  40. 18 Sozialtherapeutisches Arbeiten in einer Tagesgruppe
  41. Esther von Gries
  42. Anhang
  43. Ausbildungsangebote
  44. Angaben zu den Autor*innen

Einleitung

 

 

 

Dieses Buch richtet sich an Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen sowie Studierende der Sozialen Arbeit, deren Interesse sich auf multiproblembelastete Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe bezieht. In der Sozialen Arbeit stehen wir häufig mit Klient*innen in Kontakt, deren emotionale Balance aus verschiedenen Gründen aus dem Gleichgewicht geraten scheint. Wenn emotionale Überforderung nicht mehr nur auf eine akute Krise zurückzuführen ist, stehen dahinter meist emotionale Lerngeschichten, die es dem Menschen fast unmöglich erscheinen lassen, anders zu denken oder zu handeln. Vor allem der Eindruck, dass sich missliche Situationen immer wieder in ähnlicher Art und Weise zeigen, ist ein typisches Kennzeichen für eine dysfunktionale Bewältigungsstrategie bei der emotionalen Verarbeitung von Alltagssituationen.

Was passiert in der Regel mit jungen Menschen, die in der Jugendhilfe scheitern? Sie kommen in die nächste Maßnahme, die möglicherweise auch der Symptomatik nicht gewachsen ist. Es folgen weitere Maßnahmen, Ausbildungsabbrüche, Arbeitslosigkeit, möglicherweise Drogenabhängigkeit oder Kriminalität bis hin zu einem Leben auf der Straße. Für solche unrühmlichen Hilfekarrieren liegen viele Belege vor.

Hier soll eine neue sozialtherapeutische Konzeption vorgestellt werden, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, jungen Menschen mit Störungen der Impulskontrolle, deren subjektives Erleben von Versagen gekennzeichnet ist, wieder oder auch erstmalig zur Kontrolle über das eigene Verhalten zu verhelfen. Sozialtherapie soll hier verstanden werden als eine gezielte, sozialprofessionelle Beeinflussung, die sich an Menschen in ihren komplexen Lebens- und Alltagssituationen richtet, denen mit den Mitteln der individualisierten Psychotherapie nicht oder nicht ausreichend geholfen werden kann. Sie versteht sich somit als eine Form sozialer Psychotherapie, die die engen Grenzen der individuellen Psychotherapie ebenso überwindet wie die unspezifischen Ansätze der generalistischen Sozialen Arbeit.

Das Buch ist eine Entwicklung aus der Praxis für die Praxis. Die Autoren und Autorinnen sind ausschließlich Praktiker*innen, sie sind Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen mit Zusatzausbildungen, die in typischen Praxisfeldern der Sozialen Arbeit tätig sind und hier nach einerseits professionellen, andererseits konkret handhabbaren Lösungen suchen. Die Sprache ist deshalb frei referierend und sucht eher das Gehör anderer Praktiker*innen als die theoretische Auseinandersetzung.

Dieses Buch ist in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil werden die theoretische Einordnung der Sozialtherapie in die Landschaft der Sozialtherapien und ihr Verhältnis zur generalistischen Sozialen Arbeit und den Rahmenbedingungen der Psychotherapie betrachtet (Images Kap. 1), aus denen sich die Notwendigkeit einer Sozialtherapie Impulssteuerung ergibt (Eva Maria Schuster).

Mit der Entwicklung der Konzeption Sozialtherapie Impulssteuerung soll eine Versorgungslücke geschlossen werden (Images Kap. 2), die sich durch einen Mangel an Hilfsangeboten für junge Menschen zeigt, die sich scheinbar ihren Emotionen hilflos ausgeliefert fühlen und deren Zukunftsprognosen in den bisherigen Jugendhilfeangeboten und Psychotherapien eher als ungünstig betrachtet werden müssen (Stefan Werner).

Mit einem spezifischen, mehrstufigen Konzept wird eine Sozialtherapie Impulssteuerung entworfen (Images Kap. 3), die zum Ziel hat, junge Menschen zu befähigen, eine angemessene Toleranz im Umgang mit negativen Emotionen zu entwickeln und sich über sprachliche und symbolische Mittel ausdrücken zu können (Mareike Hildebrandt).

Der Stellenwert der therapeutischen Beziehung und die Klärung der ethischen Haltung der Sozialtherapeut*innen als Realisierung therapiebezogener kognitiver Strukturen stehen ebenso im Fokus der Betrachtung (Images Kap. 4) wie die Bedeutung stimmiger innerer Einstellungen, Überzeugungen und Denkweisen (Stefan Reis).

Im zweiten Teil werden Ansätze und Handlungsinstrumente eingeführt, mit denen die Sozialtherapie Impulssteuerung operationalisiert werden kann.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen emotionalen Lerngeschichte und ihrer Bedeutung für das Handeln in der Gegenwart kann unerfüllte Bedürfnisse offenbaren und einen Weg zu einer Neubewertung öffnen. Über ein Fallbeispiel kann nacherlebt werden (Images Kap. 5), wie die Klientin Mia sich von dysfunktionalen Bewältigungsstrategien löst und neue Erfahrungen in Kompetenzen umsetzt (Michael Herting & Stefan Werner).

Stärker methodisch orientiert ist die Auseinandersetzung mit der Struktur der Sozialtherapie Impulssteuerung von der Anamnese bis zur Durchführung der Sozialtherapie (Images Kap. 6) und der Frage, wie viel Lösung bereits in einer bewussten Aufbereitung der Vergangenheit für den*die Klient*in erkennbar ist (Stefanie Werner).

Neben der Klärung, ob sich andere Hilfsansätze (psychotherapeutische, pädagogische oder psychiatrische) besser eignen, dem*der Klient*in eine angemessene Unterstützung zur Verfügung zu stellen (Images Kap. 7), werden Kontraindikationen und generelle Ausschlusskriterien für die Sozialtherapie Impulssteuerung herausgearbeitet (Christin Linhardt).

In welchem Zusammenhang steht die Akzeptanz gegenüber primären Emotionen mit dem Selbstwert eines Menschen? Mit dieser Frage und der, wie die Erhöhung des Selbstwerts zur Stärkung selbstwertfördernder Konfliktbewältigungsstrategien und zur Verringerung selbstwertschädigender Komponenten beträgt, befassen sich Kirsten Gottwald & Stefan Werner (Images Kap. 8).

Auch Kinder können sich als »immer schon problematisch« erleben. Ausgehend davon, dass Emotionen und Kognitionen zirkulär wirken, werden verschiedene Techniken zur Emotionsregulation dargestellt (Images Kap. 9) und am Fallbeispiel expliziert (Hanna-Kari Bach).

Die Bedeutung der Emotionsanalyse und des damit möglicherweise verbundenen Stresspotenzials steht im Mittelpunkt der Ausführungen von Rebecca Tullius (Images Kap. 10). Die Autorin geht der Frage nach, wie durch den Einsatz von Entspannungstechniken Stress abgesenkt und die Aufnahmefähigkeit von Klienten verbessert werden kann.

In der Sozialtherapie Impulssteuerung ist die Akzeptanz der eigenen Emotionen von besonderer Bedeutung. Es wird der Frage nachgegangen, welche grundlegenden Konzepte der Emotionstoleranz Anwendung finden (Images Kap. 11). Dazu werden emotionsfokussierte Techniken, von der Emotionsedukation bis zur Emotionsexposition aufgezeigt (Yvonne Heinrich).

Die Bedeutung von Achtsamkeit, verstanden als Würdigung des gegenwärtigen Augenblicks und der Entwicklung einer engen Beziehung zum Jetzt, kann die Emotionstoleranz erheblich steigern. Neben der Bedeutung der Achtsamkeit des*der Klient*in (Images Kap. 12) wird auch die des Therapeuten im wechselseitigen Beziehungsgefüge beleuchtet (Kordula Bendler).

Die sogenannte Stühlearbeit widmet sich der therapeutischen Arbeit mit ungeklärten inneren Anteilen des*der Klient*in (Images Kap. 13). Eva-Maria Baumgärtner stellt Funktionen, Abläufe, Kontraindikationen und Ergebnisse dieser überwiegend emotionsfokussierten Methode dar.

Der äußerst sensiblen Bearbeitung der Emotion Scham widmet sich der Beitrag von Stefanie Umbreit (Images Kap. 14). Es werden sowohl die verschiedenen Formen und der Ursprung von Scham aufgezeigt wie auch die von vielen erlebte sozial vernichtende Beschämung.

Wut als Beschützer der Traurigkeit weist auf eine primäre Emotion (Traurigkeit) hin, die durch eine schützende Emotion (Wut) erträglich gemacht wird. Die Autorinnen zeigen (Images Kap. 15) Erklärungsmodelle und Veränderungsstrategien auf, die Chancen zu höherer Authentizität für den Klienten bieten (Esther von Gries & Lisa Weyrich).

Der dritte Teil »Sozialtherapie in der Praxis« geht der Frage nach, ob und wie unfreiwillige Klient*innen im Zwangskontext erfolgreich behandelt werden können (Images Kap. 16) und welche Grundhaltungen und -annahmen seitens des Therapeuten hierfür Bedingung sein müssen (Ilka Becker).

Alexander Hennicke stellt einen Fall von Schulverweigerung vor, in dem typische sozialpädagogische Aufgaben (wie Elternarbeit) mit Sozialtherapie zu einem ganzheitlichen Vorgehen verknüpft werden (Images Kap. 17).

Esther von Gries erläutert, inwiefern sozialtherapeutisches Vorgehen in einer sozialpädagogischen Tagesgruppe sinnvoll ist, und belegt dies mit den zentralen Ansprüchen und rechtlichen Vorgaben dieser Jugendhilfemaßnahme (Images Kap. 18).

Wir bedanken uns bei den Autorinnen und Autoren für ihr Engagement und die Bereitschaft, ihre praktischen Erfahrungen im Zusammenhang mit den theoretischen Orientierungen darzulegen und zur Diskussion zu stellen.

Wir wünschen uns, dass dieser Ansatz zumindest basal in das Studium der Sozialen Arbeit integriert würde und zwar in die Methodenmodule des Bachelor-Studiengangs als Teil einer differenzierten Diagnostik der Sozialen Arbeit und allgemein der Kasuistik Sozialer Arbeit.

Mit dem vorliegenden Beitrag soll eine niederschwellige sozialtherapeutische Interventionsform vorgestellt werden, die die Kinder- und Jugendhilfe um ein spezialisiertes Vorgehen bei mangelnder Impulskontrolle bereichert. In diesem Sinne wünschen wir den Lesern und Leserinnen eine spannende Lektüre.

Prof. Dr. Eva Maria Schuster und Stefan Werner

Mainz, 31. Oktober 2018

 

 

 

Teil I    Theoretische Einordnung der Sozialtherapie Impulsteuerung

1          Soziale Arbeit und Therapie

Eva Maria Schuster

 

1.1       Über das Verhältnis Sozialer Arbeit und Psychotherapie

Über das Verhältnis von Sozialer Arbeit und Therapie ist viel geschrieben worden. Meist, wie Ohling (2015, S. 9) konstatiert, um beide Professionen voneinander abzugrenzen. Diese Grenzverläufe sind keineswegs leicht zu erkennen. Meist endet die Debatte damit, dass zwar die Unterschiedlichkeit betont wird, die Schnittmenge jedoch erheblich ist. Psychotherapie gilt als Domäne der Psychologie und Medizin und soll ihrem Anspruch nach kurativ, tiefgehend und strukturverändernd wirken. Hingegen wird Beratung als Methode Sozialer Arbeit als kurzfristig, situativ und präventiv betrachtet.

Entsprechend wird auch von einer weniger tiefgreifenden Veränderung für den*die Klient*in ausgegangen. Gahleithner & Pauls (2010) weisen im Anschluss an Nestmann et al. (2004) zu Recht darauf hin, dass diese Sichtweise die Realität nicht trifft. Trotzdem ist diese Sicht sowohl im Fachdiskurs wie im Alltagsverständnis tief verwurzelt. Herwig-Lempp & Kühling (2012) erheben andererseits den Anspruch, dass Soziale Arbeit anspruchsvoller sei als Therapie. Sie begründen dies mit

•  komplexeren Auftragslagen,

•  vielfältigeren kommunikativen Austauschkonstellationen,

•  dem Anspruch von Allparteilichkeit,

•  den starken Ambivalenzen bezüglich der Ziele und der Problemlösungen,

•  der geforderten Anerkennung in fremden Umgebungen,

•  der facettenreicheren Ablenkungen,

•  den drängenderen Außenweltproblemen (Herwig-Lempp & Kühling, 2012, S. 52).

Nach Einführung des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) 1999 verankerte sich die Psychotherapie ausschließlich im psychologischen und ärztlichen Kontext. Im PsychThG, § 1 Abs. 3, heißt es dann auch:

»Ausübung von Psychotherapie im Sinne dieses Gesetzes ist jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist.«

Und weiter: »Zur Ausübung gehören nicht psychologische Tätigkeiten, die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstiger Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben«. Komplexe, auf die Lebenslage abzielende Problemlagen gehören nicht zum Behandlungsgegenstand der Psychotherapie. »Das Psychotherapeutengesetz zwingt Psychotherapie zur Vernachlässigung sozialer Faktoren« (Gahleitner & Pauls, 2010, S. 367). Ignoriert wurde mit dieser Gesetzgebung jedoch nicht nur das soziale Geschehen, sondern auch die Verwobenheit von sozialen, psychischen und nicht zuletzt auch strukturellen Problemlagen, mithin die Sicht auf den Menschen in seiner biopsychosozialen Verfasstheit.

Gahleitner & Pauls (ebd., S. 369) sehen die geltende Gesetzgebung als bis in die heutige Zeit prägend für das Verhältnis von Sozialer Arbeit und Psychotherapie an. Während die Psychotherapie sich mit Verhaltensstörungen und Leidenszuständen beschäftigt, sieht die Soziale Arbeit ihren Gegenstand eher in der Bearbeitung sozialer Probleme, die gesellschaftlich miterzeugt wurden. Klüsche (1999, S. 44 ff.) zählt hierzu die Feststellungen, dass es leidende, nicht integrierte Menschen gibt, die zu fördern seien. Solches Leiden, das sich in Überforderungs- oder Exklusionszuständen zeigt, habe auch strukturelle Gründe. Besonders hebt Klüsche hervor, dass Soziale Arbeit eine gesellschaftliche Funktion habe und dass »sie sich mit entsprechenden Verhaltenserwartungen auseinandersetzen muss« (ebd., S. 45).

Das hiermit angesprochene Verständnis von Sozialer Arbeit unterscheidet sich grundlegend vom dem auf Gesundheit enggeführten Gegenstandsbereich der Psychotherapie.

1.2.       Besonderheiten der sozialen Lage der Adressat*innen und Versorgungsbedarf

Klient*innen der Sozialen Arbeit befinden sich zu einem erheblichen Teil in ungünstigen sozialen und ökonomischen Lagen. Die sozioökonomische Situation von Menschen in multiplen Problemlagen ist umfassend untersucht und wird unter dem Stichwort »Neue Armut« seit Mitte der 1980er Jahre aufgrund quantitativer Zunahmen der Zielgruppe bei gleichzeitigem Nachlassen staatlicher Unterstützungsleistungen verstärkt diskutiert.

Zum Verständnis des konfliktdynamischen Geschehens dürfen die materiellen Lebensbedingungen nicht als Randbedingungen für konflikthafte interpersonelle Prozesse verstanden werden. Vielmehr stehen die interpersonellen Beziehungsstörungen, die sich vielfältig, z. B. als dysfunktionales Erziehungsverhalten zeigen, in direkter Wechselwirkung mit den deprivierenden Lebensbedingungen. Die aufs Äußerste eingeschränkten materiellen und psychosozialen Ressourcen vermindern nicht nur die Chancen zur Lösung, Eingrenzung oder Kompensation von Konflikten, sondern führen auch zu deren Verschärfung und Zuspitzung. Darüber hinaus haben sie häufig zusätzliche Belastungen der ohnehin schwierigen sozialen und ökonomischen Lage dieser Menschen zur Folge.

Soziale Probleme sind folglich mitverursachend für psychische Probleme und Erkrankungen. So können z. B. Arbeitslosigkeit, Vernachlässigung in der Kindheit, Trennungen und damit verbundene Veränderung des Selbstbildes, komplexe psychische Auswirkungen haben. Soziale Probleme können jedoch auch ohne vorherige Vulnerabilität psychische Störungen und Erkrankungen hervorrufen. Schubert et al. (2013) belegen, dass mehr als ein Drittel der Hartz IV Bezieher von seelischen Krankheiten betroffen sind.

»In der psychotherapeutischen Versorgung zeigt sich, dass weder die Ausbildungsinhalte noch die beruflichen Rahmenbedingungen ärztlicher oder psychotherapeutischer PsychotherapeutInnen darauf ausgerichtet sind, hinreichende Kompetenzen zu erwerben, um den komplexen sozialen Problemen hochbelasteter PatientInnen angemessen begegnen zu können« (Bösel, 2017, S. 91).

Bösel weist darauf hin, dass sich die Versorgungsstruktur für hochbelastete Menschen nur durch 1. die »Steigerung der Sensibilität von PsychotherapeutInnen für das Erkennen von ernsthaften sozialen Krisen und deren Kompetenzen in deren Begleitung«, 2. der Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Klinischen Sozialen Arbeit und 3. der Integration sozialtherapeutischer Konzepte in einen psychotherapeutischen Gesamtbehandlungsplan verbessern lässt. Dieser Anspruch lässt sich aus Sicht umfassender Versorgung auch anders formulieren: Die bereits vorhandene hohe Sensibilität der Sozialarbeiter*innen für das Erkennen von ernsthaften sozialen Krisen und die Kompetenzen in deren Begleitung durch sozialtherapeutische Vorgehensweisen sowie die Integration psychotherapeutischer Konzepte bilden einen sozialarbeiterischen Gesamtbehandlungsplan.

1.3       Sozialtherapie als ganzheitliche Therapie

1.3.1     Die Herkunft

Die Sozialtherapie, wie sie sich heute in arbeitsfeldspezifischer Form darstellt, hat eine lange sozialarbeiterische Tradition. Hahn (2014, S. 12) sieht bereits erste Vorformen, die auf die Pionierinnen Alice Salomon und Siddy Wronsky verweisen, die schon 1926 Aktenanalysen zusammenfassten und als »Soziale Therapie« veröffentlichten. Die beiden Autorinnen hatten diese Fallsammlung zu Unterrichtszwecken für die Soziale Frauenschule nur gering konturiert. Dieses Fehlen einer systematischen Begründung der Sozialtherapie führte in der Folge zu einer ersten Vereinnahmung durch Ärzte wie von Weizsäcker 1947 (Lippenmeier, 2011, S. 852) und später auch durch Dörner, der (gemeinsam mit Plog) 1984 das viel beachtete Lehrbuch »Irren ist menschlich« herausgab, das auch innerhalb der Sozialen Arbeit starken Anklang fand. Hier wurde versucht, eine Definition und konzeptionelle Bestimmung der Sozialtherapie vorzunehmen, die sich jenseits der Sozialen Arbeit verortete, teilweise wurde eine Verankerung in der Sozialen Arbeit sogar als kontraproduktiv (z. B. H.-E. Richter) betrachtet. Sozialtherapie wird bei Galuske (2007) nicht einmal als eigenständige Methode aufgeführt. Galuske (1998, S. 137) geht davon aus, dass Psychotherapie die schwerwiegenden Probleme behandle, Soziale Arbeit die leichteren, merkt jedoch an, » die Schwere eines Problems lässt sich abstrakt und von außen nur höchst ungenau bestimmen, ist doch die subjektive Wahrnehmung der Lebenslage durch die Betroffenen entscheidend«.

Der Deutsche Berufsverband hat bereits 1973 beschlossen, dass Sozialtherapie zu den Aufgaben der Sozialen Arbeit zählt und versteht darunter eine »Soziale Arbeit, die auch psychotherapeutisch ausgerichtet ist«. Der Deutsche Fachverband für Sozialtherapie definiert Sozialtherapie folgendermaßen: »Sozialtherapie ist eine eigenständige therapeutische Disziplin neben und in Wechselwirkung mit Psychotherapie«(www.dfs-aktiv.de/mitgliedschaft_n2.php).

1.3.2     Inhaltliche Füllung und Prinzipien

Die Vielfalt an Methoden und Verfahren, die sich aus den sozialarbeiterischen Methoden-Begriffen Beraten, Begleiten und Betreuen ableiten lassen, eignen sich nach Röh et al. (2017, S. 35) auch für die inhaltliche Füllung der Sozialtherapie als Rahmenkonzept:

1.    »Beraten – Perspektiverweiterung, Informationsvermittlung, Anleitung – in Form von Gesprächen, aber auch durch üben, trainieren etc.

2.    Verhandeln – die Moderation zwischen vielen Beteiligten, die Mediation zwischen unterschiedlichen Interessen sowie das Aus- und Verhandeln.

3.    Eingreifen – kontrollierendes und intervenierendes Handeln gegen den Willen der Betroffenen zum Schutz und zur Gefahrenabwehr.

4.    Vertreten – verantwortliches Handeln, stellvertretend für Klienten und Organisationen.

5.    Beschaffen – die Versorgung von Klienten mit Geld, Gütern und Leistungen.

6.    Da-sein – das Anwesend sein, das Begleiten und zur Verfügung stehen, ohne dass unmittelbar eine Veränderung angestrebt wird« (Herwig-Lempp & Kühling, 2012, S. 53).

Röh et al. (ebd., S. 35) betonen, dass sich die Sozialtherapie von der Psychotherapie mit ihren Heilungs- und Behandlungsorientierung unterscheiden muss. »Der sozialtherapeutische Blick ist auf die komplexen Lebens- und Alltagssituationen der Klientinnen und Klienten gerichtet«. Die Unterscheidung muss verstanden werden als eine Erweiterung mit Blick auf die gesamte Situation des*der Klient*in. Pauls (2004, S. 122) führt aus, dass jedes Individuum »fortwährend vor der Aufgabe steht, auf dem Hintergrund seiner bisher entwickelten psychischen Struktur und seiner aktuellen psychosozialen Situation bedeutsame Veränderungen seiner Lebenslage psychisch zu verarbeiten«. Gahleitner & Pauls (2010, S. 371) betonen, dass viele Klient*innen mit einer ausschließlich innerpsychisch orientierten Psychotherapie nicht erreicht werden können und ein solch eingegrenzter Fokus vielen Klient*innen auch nicht helfen könne. Deloie (2011) verortet Sozialtherapie als Soziale Psychotherapie, die die individualisierte psychologische und medizinische Psychotherapie im Hinblick auf die soziale Dimension überschreitet. Sozialtherapie will auch Menschen mit schweren psychosozialen Störungen behandeln und die psychische Aspekte einbeziehen.

Sozialtherapie soll hier verstanden werden als eine gezielte, sozialprofessionelle Beeinflussung, die sich an Menschen in ihren komplexen Lebens- und Alltagssituationen richtet, denen mit den Mitteln der individualisierten Psychotherapie nicht oder nicht ausreichend geholfen werden kann. Sozialtherapie versteht sich somit als eine Form sozialer Psychotherapie, die die engen Grenzen der individuellen Psychotherapie ebenso überwindet wie die unspezifischen Ansätze der generalistischen Sozialen Arbeit.

So sieht Lammel & Paul (2017, S. 35) folgende Prinzipien als handlungsleitend für die Sozialtherapie:

•     »Partizipation und Empowerment: Adressat/innen werden mit ihren Stärken und Ressourcen wahrgenommen, sie werden darin gestärkt, ihre Lebensentwürfe zu realisieren. Umgesetzt wird dieser Anspruch durch eine Verhandlungsorientierung, die ein Mithandeln der Klientinnen und Klienten ermöglicht.

•     Kontextorientierung: Die äußeren und sozialen Lebensumstände der Adressat/innen werden ausdrücklich gewürdigt. Diese umfassen vor allem die physische Umwelt, die Infrastruktur und formelle sowie informelle soziale Netze, die Handlungsmöglichkeiten von Menschen beeinflussen.

•     Würdigung von Diversität: Dieses Prinzip steht für einen akzeptierenden und respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Identitätsentwürfen und Zugehörigkeiten, wie sie beispielsweise mit sozialen Milieuverankerungen, unterschiedlichen biografischen Hintergründen etc. verbunden sind.

•     Interessenvertretung: Hieraus resultiert eine advokatorische Arbeitsweise, die eingesetzt wird, um die Interessen der Adressat/innen gegenüber Dritten wie Behörden, Angehörigen oder Fachkräften zu vertreten. Stellvertretende Handlungen sind nur in begründeten Fällen und allenfalls temporär zulässig, grundsätzlich geht es immer um gemeinsam abgestimmte Schritte«.

Die Umsetzung der hier genannten Prinzipien in therapeutisches Handeln, bedeutet auch, dass sich Sozialtherapie konkret ausformulieren muss. Der Deutsche Fachverband für Sozialtherapie e. V. bemüht sich um die Interessen ihrer Mitglieder in der Öffentlichkeit und die Qualität der Ausbildungseinrichtungen durch konkrete inhaltliche Vorgaben für die Anerkennung als Sozialtherapeut*in. An der Universität Kassel wurde bereits 1984 der Aufbaustudiengang »Soziale Therapie« eingeführt. Der Fachbereich »Theorie, Empirie und Methoden der Sozialen Therapie« der Universität Kassel definiert aktuell die Inhalte des Studiengangs wie folgt: »Soziale Therapie« als

»›Wissenschaft von den Beziehungen‹ (R. Schwendtner) der Menschen in ihren sozialen Bezügen und Lebenswelten befasst sich mit der ›Pathologie der kulturellen Gemeinschaften‹ (S. Freud), in einem wechselseitigen Bedingungsgefüge mit (intra-)psychischen und körperlichen Faktoren, sowie mit deren Entstehungsbedingungen und Störformen. Als sozialtherapeutische Disziplin ist sie methodisch einem diskursiven Erkenntnisprozess verpflichtet.«

Und weiter:

»Innerhalb der Trias des biopsychosozialen Menschenbildes verfolgt sie besonders den Aspekt sozialer Ätiologie und sozialer Intervention […] und ist in dieser Abgrenzung zu Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie als eigenständige praktische Wissenschaft […] definiert« (http://www.uni.kassel.de/fb01/institute/sozialwesen/abtilung-1/fachgebiete/theorie-empirie-und-methoden-der-sozialen-therapie-html).

Auch wenn insgesamt die Entwicklung der Sozialtherapie diskontinuierlich verläuft, sind doch die praktische Entwicklung und Ausdifferenzierung der Angebote und das Bemühen um eine theoretische Begründung weit fortgeschritten.

1.3.3     Die Grundorientierungen

»Sozialtherapie gewinnt im Zuge der zunehmenden Etablierung der Klinischen Sozialen Arbeit als Disziplin und Profession an Bedeutung. Sie wird als eine Behandlungsform für Menschen mit biopsychosozialen Problemlagen, die durch andere Heilverfahren nicht versorgt werden, charakterisiert« (Deloie & Lammel, 2017, S. 100).

Die Autoren ordnen die Sozialtherapie methodisch sowohl der generalistischen Sozialen Arbeit, der Fachsozialarbeit Klinische Soziale Arbeit und psychotherapeutischen Zugängen zu. Deloie & Lammel (ebd., S. 102 ff.) haben einen umfassenden Überblick über die derzeitigen paradigmatischen Ansätze vorgestellt. In Anlehnung soll hier ein kurzer Einblick gegeben werden.

Unter Psychoanalytisch/psychodynamisch oder tiefenpsychologisch orientierter Sozialtherapie wird ein Bündel von unterschiedlichen Strömungen verstanden, die auf der Psychoanalyse Sigmund Freuds basieren und sich zunehmend ausdifferenziert haben. Grundgedanke dieses Ansatzes ist, dass Konflikte auf Verdrängung und unbewussten Prozessen basieren, die in der Kindheit angelegt wurden. Entsprechend wird für alle Störungen davon ausgegangen, dass es ein dynamisches Unbewusstes gibt, das erheblichen Einfluss auf das psychische Befinden hat. Hierbei ist die frühe Kindheit von besonderer Bedeutung und die Aufdeckung unbewusster Konflikte entscheidendes Kriterium für den Heilungsprozess.

»Psychodynamische Verfahren dienen der Einsichtsförderung insbesondere in eigene Gefühle und unbewusste Konflikte. Es geht darum, mit aktuellen Problemen besser umgehen zu können. Intendiert wird eine Strukturveränderung der Persönlichkeit« (ebd., S. 102).

Die humanistisch orientierte Sozialtherapie geht ebenfalls auf ein Bündel von therapeutischen Ansätzen zurück (Personenzentrierte Psychotherapie, Gestalttherapie, Logotherapie/Existenzanalyse, Psychodrama), die durch das humanistische Menschenbild verbunden sind. Im Mittelpunkt dieses Menschenbildes steht der mündige Mensch in seinen biopsychosozialen, ökologischen und biografischen Bezügen, der sein Leben aktiv, verantwortlich und kreativ gestaltet. Diese Sicht begründet die Gestaltung der therapeutischen Beziehung, die durch partielles Engagement und selektive Offenheit der*des Therapeut*in gekennzeichnet ist und zur Veränderung führen soll.

Im Mittelpunkt der systemisch orientierten Sozialtherapie stehen die Objekte (z. B. Familienmitglieder) als Systemmitglieder in ihrem kommunikativen Verhalten. Kausale Erklärungsmuster werden zugunsten von Interdependenz und Zirkularität aufgegeben. Die Mitglieder eines Systems stehen in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander und sind nur über ihre Systemzugehörigkeit zu beeinflussen.

Die integrative Sozialtherapie sieht den Menschen in seiner biopsychosozialen Verfasstheit vor dem Hintergrund seiner Biografie und Lebensentwürfe als schöpferisches Wesen und »hebt die Bedeutung der Leiblichkeit für Gesundungsprozesse hervor, was sich in kreativen und körperbezogenen Behandlungsmethoden und Techniken widerspiegelt« (ebd., 2017, S. 107). Bedeutsam ist, dass neben einer Pathologie immer auch eine Ressourcenorientierung vorgenommen wird. Die Integrative Sozialtherapie vereint in eklektischer Weise therapeutische Ansätze von Beratung und Therapie und versucht vor einem »breiten metatheoretischen Hintergrund erprobte Ansätze, Verfahren und Methoden zusammenzuführen, um ein möglichst breites Spektrum an Hilfeleistung und Förderung anzubieten« (Gahleitner et al., 2014, S. 8).

Die Grundidee der verhaltensorientierten Sozialtherapie ist die Annahme, dass störungsbedingtes Verhalten erlernt wurde und somit auch wieder verlernt werden kann. Sie stellt also die Veränderung des Verhaltens in den Mittelpunkt der therapeutischen Behandlung und basiert auf verschiedenen experimentalpsychologischen Verfahren, die sich insbesondere auf lerntheoretische Forschung stützen. »Verhaltenstherapie setzt an den prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Problembedingungen an, ist ziel- und handlungsorientiert und stellt ›Hilfe zur Selbsthilfe‹ dar (Möller et al., 2009, S. 529). Typische Elemente der Therapie sind die Verhaltensanalyse (SORKC-Modell) und die Kognitionsanalyse (ABC-Modell, Images Kap. 9.3.1).

Die in den folgenden Beiträgen dargestellte Sozialtherapie Impulssteuerung basiert und versteht sich im Wesentlich auf den Grundlagen und Prinzipien der verhaltensorientierten Sozialtherapie.

1.4       Fazit

Sozialtherapie ist aus der generalisierten Sozialen Arbeit hervorgegangen und in der Professionsgeschichte tief verwurzelt.

»Wenn Menschen ›am Sozialen‹ erkranken bzw. soziale Faktoren bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Rehabilitation eine wesentliche Rolle spielen, greift eine individuum-zentrierte Psychotherapie zu kurz und eine generalisierte Soziale Arbeit ist oft nicht spezifisch und kompetent genug. Es bedarf einer sozialtherapeutischen Herangehensweise, die sozialen (Multi-)Problemlagen vielschichtig begegnet« (Deloie & Lammel, 2017, S. 109).

1.5       Literaturverzeichnis

 

Bösel, M. (2017): Integration sozialtherapeutischer Kompetenz in der psychotherapeutischen Versorgung. In: Lammel, U. A. & Pauls, H. (Hrsg.), Sozialtherapie. Sozialtherapeutische Interventionen als dritte Säule der Gesundheitsversorgung. Dortmund: verlag modernes lernen.

Deloie, D. (2011): Soziale Psychotherapie als Klinische Sozialarbeit. Traditionslinien – Theoretische Grundlagen – Methoden. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Deloie, D. & Lammel, U. A. (2017): Sozialtherapeutische Grundrichtungen. In: Lammel, U. A. & Pauls, H. (Hrsg.), Sozialtherapie. Sozialtherapeutische Interventionen als dritte Säule der Gesundheitsversorgung. Dortmund: verlag modernes lernen.

Gahleitner, S. B. & Pauls, H. (2010): Soziale Arbeit und Psychotherapie – zum Verhältnis sozialer und psycho-therapeutischer Unterstützung und Hilfen. In: Thole, W. (Hrsg.), Grundriss Soziale Arbeit. Ein einführendes Handbuch (3., überarbeitete und erweiterte Aufl.). Wiesbaden: VS.

Gahleitner, S. B., Deloie, S. & Sitz, A. (2014): Integrative Sozialtherapie. Klinische Sozialarbeit. Zeitschrift für psychosoziale Praxis 2, 8 f.

Galuske, M. (1998, 2007): Methoden der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. Weinheim: Juventa.

Hahn, G. (2014): Sozialtherapie – Begriffsgeschichte und Gegenstandsbestimmung. Klinische Sozialarbeit – Zeitschrift für Psychosoziale Praxis und Forschung 10 (2), 12–15.

Herwig-Lempp, J. & Kühling, L. (2012): Sozialarbeit ist anspruchsvoller als Therapie. Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung 30 (2), 51–56.

Küsche, W. (1999): Ein Stück weitergedacht … Beiträge zur Theorie- und Wissenschaftsentwicklung der Sozialen Arbeit. Freiburg i. Br.: Lambertus.

Lammel, U. A. & Pauls, H. (Hrsg.), Sozialtherapie. Sozialtherapeutische Interventionen als dritte Säule der Gesundheitsversorgung. Dortmund: verlag modernes lernen.

Lippenmeier, N. (2011): Stichwort »Sozialtherapie«, Fachlexikon der sozialen Arbeit, hrsg. vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge (7. Aufl.). Baden-Baden: Nomos, S. 852 f.

Möller, H.-J., Laux, G. & Deister, A. (2009): Psychiatrie und Psychotherapie. Stuttgart: Thieme

Nestmann, F., Engel, F., Sickendiek, U. (2004): Beratung. Eine Methodengeschichte der Sozialarbeit. Weinheim: Thalia.

Pauls, H. (2004): Klinische Sozialarbeit. Konzepte-Praxis-Perspektiven. Freiburg i. Br.: Juventa.

Röh, D., Ortmann, K. & Ansen, H. (2017): Sozialtherapie als Handlungskonzept der Klinischen Sozialarbeit. In: Lammel, U. A. & Pauls, H. (Hrsg.), Sozialtherapie. Sozialtherapeutische Interventionen als dritte Säule der Gesundheitsvorsorge. Dortmund: verlag modernes lernen.

Schubert, M., Parthier, K., Kupka, P., Krüger, U., Holke, J. & Fuchs, P. (2013): Menschen mit psychischen Störungen im SGB II. IAB-Forschungsbericht 12. Online verfügbar unter: doku,iab.de/forschungsbericht/2013/fb.pdf, Zugriff am 21.09.2018.

2          Der theoretische Rahmen der Sozialtherapie Impulssteuerung

Stefan Werner

2.1       Sozialtherapie als etabliertes Angebot

Sozialtherapie ist als Begriff nicht einheitlich definiert. So wird von Sozialer Therapie, Sozialtherapie, Soziotherapie oder Sozialer Psychotherapie gesprochen (Ohling, 2015, S. 83 ff.). Röh et al. (2014) formulieren:

»Sozialtherapie ist […] eine eher der Person zugewandte Form der Bearbeitung von sozialen Problemen, wobei darüber nicht die Umwelt bzw. das Umfeld der Person außer Acht gerät. Es ist geradezu das Kennzeichen der Sozialtherapie, dass sie einerseits die Person in ihrer Lebensführungskompetenz stärken und befähigen will, anderseits aber genauso die Umfeldvariablen dieser Lebensführung […] berücksichtigt […]. Sozialtherapie ist demnach in jenen Fällen notwendig, in denen Informationen, Vermittlung und Beratung nicht mehr ausreichen, um die meist gravierenden und komplexen Problemlagen bearbeiten zu können« (ebd., o. S.).

Sozialtherapie ist also ein Angebot für Menschen in ihren komplexen sozialen Zusammenhängen. Sie kümmert sich um persönliche Beziehungen der Menschen untereinander, um ihre ökonomischen Verhältnisse, die Wohnverhältnisse, die Arbeitssituation und die Probleme in und mit Institutionen wie Schule, Heim, Ämter.

Die Offenheit dieser Definition sollte nicht als Nachteil im Sinne einer fehlenden wissenschaftlichen Trennschärfe verstanden werden. Vielmehr ist sie eine praktische Anwendungsformel, die sich bereits in verschiedenen Arbeitsfeldern seit einigen Jahrzehnten fest etabliert hat. Zu nennen sind hier:

•  Die Konzeption der Sozialtherapie gilt im Strafvollzug als fester Baustein in der Behandlung zur Resozialisierung. Im Konzept der sozialtherapeutischen Anstalten wird Sozialtherapie als Maßnahme verstanden, die den*die delinquenten Klient*in resozialisieren soll. Dies geschieht durch die Bereitstellung eines an therapeutischen Prinzipien orientierten sozialen Umfelds und Alltags in einer Gemeinschaft bei gleichzeitiger Öffnung der Institution und Sensibilisierung der Gesellschaft (Pauls & Hahn, 2015, S. 31).

•  Sozialtherapie in der Psychiatrie ist unter dem Begriff »Soziotherapie« seit 2000 in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt. So heißt es im SGB V, § 37a: »Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist. Die Soziotherapie umfasst im Rahmen des Absatzes 2 die im Einzelfall erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen sowie Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme«. Für das Arbeitsfeld der Sozialtherapie in der Psychiatrie bedeutet dies, dass ihre Arbeit eine Verschiebung von der Symptomzentrierung zur Ursachenklärung, die die sozialen Lebensumstände und die damit verbundenen organisatorischen und institutionellen Faktoren miteinschließt, umfasst.

•  Buchka (2013) beschreibt die Ansätze der anthroposophischen Sozialtherapie, die auch als Sozialtherapie bei geistiger Behinderung von Pauls & Hahn (2015) aufgegriffen wurde. Beide beziehen sich in ihrer Arbeit auf die Milieutherapie, die im Wesentlichen der Vorstellung folgt, dass Mensch und Umwelt (Milieu) sich wechselseitig beeinflussen.

•  Eine weitere Form der Sozialtherapie findet sich in der Suchtbehandlung. Im Sinne der integrierten Behandlung werden alkohol-, medikamenten-, und/oder drogenabhängige Menschen (legale und illegale Suchtmitteln) behandelt. Sie orientiert sich u. a. an der klinischen Psychologie und der Neurowissenschaft sowie der Psychotherapieforschung. Arbeitsfelder der Sozialtherapie für Suchtbehandlung liegen in Einrichtungen, die ambulante oder stationäre Hilfen anbieten. Seit 2001 gilt eine Vereinbarung zwischen der Deutschen Rentenversicherung und den Krankenkassen. Diese regelt die Zusammenarbeit zwischen den Rentenversicherungsträgern und den Krankenkassen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitskranker.

2.2       Sozialtherapie Impulssteuerung

2.2.1     Ausgangspunkt

Es werden bei immer mehr Menschen psychische Erkrankungen diagnostiziert, die sich als behandlungsbedürftig zeigen (BKK Gesundheitsreport, 2016, S. 59). Auch bei Kindern und Jugendlichen ist ein gestiegener Bedarf an Therapien aufgrund intrapsychischer oder sozialer Beeinträchtigungen festgestellt worden. Bei rund 20 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland finden sich Anhaltspunkte für psychische Auffälligkeiten. Jungen weisen dabei häufiger emotionale und verhaltensbezogene Probleme auf als Mädchen (Hölling at al., 2014). Diese Auffälligkeiten zeigen sich bei einem Teil der Kinder über einen längeren Zeitraum oder verstärken sich (Ravens-Sieberer, Otto & Kriston et al., 2015). Klasen et al. (2016) unterstreichen, dass die Unterschiede in den individuellen Verläufen nach Geschlecht und Alter teilweise durch die Differenzierung psychischer Auffälligkeiten in nach innen gerichtete (internalisierende) und nach außen gerichtete (externalisierende) Symptome erklärt werden können. So fallen Jungen eher durch externalisierende Auffälligkeiten wie Aggressivität und Unaufmerksamkeit auf und Mädchen eher durch internalisierende Auffälligkeiten wie Angst und Depression (Hölling, Schlack, Petermann, Ravens-Sieberer, Mauz, 2014, 2014).

Richter (2015) spricht darüber hinaus von Defiziten im Versorgungsprozess von Menschen mit psychischen Störungen und meint damit, dass u. a. die durchgeführten Behandlungen kaum mit dem Schweregrad und der Dauer der psychischen Störung variieren und dass es lange Wartezeiten auf eine fachpsychotherapeutische Behandlung vorhanden wären. So hätte man noch 2015 auf ein therapeutisches Vorgespräch (nicht auf die Behandlung) fast ein Vierteljahr gewartet. Um diese Defizite zu verringern, ist seit 2009 gesetzlich angestrebt, dass 20 % der zugelassenen Psychotherapeuten sich um Kinder und Jugendliche kümmern sollen (GKV-OrgWG). In der Praxis sieht es leider nach keiner verbesserten Angebotslage aus.

Dieses Missverhältnis macht sich in der Praxis der Sozialen Arbeit zum Nachteil behandlungsbedürftiger Kinder und Jugendlichen bemerkbar. Probleme, die eigentlich pädagogisch oder sozialtherapeutisch gelöst werden könnten, sind in das medizinische System verlagert worden, ohne dass das medizinische System sie momentan lösen kann. Zudem halten wir eine Psychotherapie für die Kinder- und Jugendhilfe nicht für ausreichend, da die soziale Bedingtheit der Probleme individualisiert und als Krankheit definiert wird.

Fallbeispiel

Der 13-jährige Niclas reagiert in Situationen, in denen er sich bloßgestellt fühlt, mit körperlicher Gewalt gegenüber seinem Umfeld. Er schubst, schlägt und bedroht. In anschließenden Reflexionsgesprächen flüchtet er sich in Ausreden, gibt anderen die Schuld und bekommt wieder Wutattacken. Er ist in der Schule und in seiner Heimeinrichtung nicht mehr tragbar.

Niclas zeigt seine Verhaltensauffälligkeiten seit dem vierten Lebensjahr. Er lebte mit drei Geschwistern und seiner alleinerziehenden Mutter in ärmlichen Verhältnissen in einem sozialen Brennpunkt. Die Mutter hat einen geringen Bildungsstand und war in der Erziehung ihrer vier Kinder überfordert. Niclas wurde mit zehn Jahren in Obhut genommen. Er war in zwei Heimeinrichtungen nicht mehr tragbar und lebt inzwischen in einem weiteren, dritten Heim. Trotz Heimaufenthalt hat sich sein Verhalten bisher nicht sonderlich gebessert.

Die Heimerzieher beschließen, Niclas endlich eine Kinder- und Jugendtherapie als Auflage zu setzen, damit er im dritten Heim bleiben darf. Es dauert sieben Wochen bis zum Erstkontakt und die Aussicht auf Therapie sollte wegen der hohen Auslastung noch einmal ein halbes Jahr dauern. Niclas aber braucht Hilfe.

Der Notstand vor Ort ist groß und die Hilfe weit, so könnte man die aktuelle Situation mit spezifischen Hilfsangeboten bezeichnen. Viele Klient*innen der Sozialen Arbeit scheitern an den unspezifischen Angeboten für spezifische Auffälligkeit und an den fehlenden Angeboten in einem angemessenen Zeitraum. Außerdem können psychotherapeutische Angebote für viele Klient*innen der Sozialen Arbeit aus ihrer Sicht als milieu- und lebensweltfremd beschrieben werden. Diese Lücke können Sozialarbeiter*innen mit einer sozialtherapeutischen Zusatzqualifikation schließen.

2.2.2     Ausrichtung der Sozialtherapie Impulssteuerung