couverture
Anna Lott
Abenteuer im Meerschweinchenhotel
Mit Bildern von Susanne Göhlich
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Originalausgabe
Veröffentlicht im Carlsen Verlag
Mai 2017
Copyright © 2017 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg
Umschlag- und Innenillustrationen: Susanne Göhlich
Umschlaggestaltung: formlabor
Lektorat: Wiebke Andersen-Oberschäfer
Layout und Herstellung: Karen Kollmetz
Satz und E-Book-Umsetzung: Zeilenwert GmbH
ISBN: 978-3-646-92974-4
Für Jo und Cas
1
Auf in den Urlaub!
»Moppi, schau mal, schnell! Irgendetwas stimmt heute nicht!«
Aufgeregt drückt Möhre ihre orangefarbene Schnauze mit
den weißen Schnurrhaaren an die Gitterstäbe ihres Stalls und
schaut ins Wohnzimmer. Dort laufen Annika und Louis hin
und her und her und hin. Sie tragen Taschen und Rucksäcke
und schieben einen großen Koffer zur Tür.
»Jetzt komm doch mal!«
»Ich komme ja schon!«
Moppi knabbert noch schnell ein großes Stück von einer
Paprika ab, klopft sich auf seinen runden Bauch und kommt
schmatzend zum Gitter.
»Was haben sie denn da in ihren Taschen?«, fragt er er-
staunt.
»Vielleicht ihre Schulhefte. Oder Bücher«, sagt Möhre.
»Nein, so viele Bücher kann man gar nicht haben. Ich
glaube, sie bringen ganz viele Gurken und Paprika nach
draußen und bereiten dort ein Überraschungsessen für uns
vor«, sagt Moppi und steckt sich eine Pfote voll Gemüsedrops
ins Maul.
»Ein Überraschungsessen? Aber warum?«, fragt Möhre ver-
wundert und putzt sich einige Haferflocken aus ihrem kurzen
Fell.
»Vielleicht haben wir heute Geburtstag«, sagt Moppi.
»Heute? Wir beide? Am selben Tag?« Möhre weiß nicht so
recht. Außerdem ist sie doch viel älter als Moppi! Gerade will
sie ihm das sagen, da spürt sie plötzlich eine warme Hand
unter ihrem Bauch. Annika hebt erst sie und dann Moppi in
einen Karton. Was hat das zu bedeuten?
Der ganze Boden ist mit Heu ausgelegt und an den Seiten
sind kleine Löcher, die aussehen, als hätte sie jemand mit
einem Stift hineingepikst. Nun wird der Deckel zugemacht.
7
»Jetzt geht's endlich los!«, hören sie Annikas Stimme. Dann
schwankt der Karton wie ein Schiff hin und her und die
zwei Meerschweinchen rutschen von einer Seite zur anderen.
Moppi klammert sich ängstlich an Möhre fest.
»Wir werden weggetragen!«, japst er.
Doch plötzlich hört das Schwanken auf. Stattdessen
spüren sie ein leichtes Zittern unter ihren Pfoten. Dabei
brummt es leise. So, als wäre eine dicke Hummel unter dem
Karton.
»Ich glaube, wir fahren in einem Auto«, flüstert Möhre.
»Urlaub! Urlaub! Wir fahren in den Urlaub!«, hören sie
Louis und Annika und ihre Eltern gut gelaunt singen.
»Was ist das, Urlaub?«, fragt Moppi. »Sind das Uhren mit
Blättern?«
»Nein!«, sagt Möhre und kichert. »Urlaub, das bedeutet
woanders sein. Vielleicht am Meer. Dort fahren die Menschen
immer hin. Oder in die Berge.«
»Ans Meer? Da gibt es bestimmt Meerschweinchen«, sagt
Moppi und lacht.
»Und in den Bergen gibt es Bergschweinchen«, kichert
Möhre.
»Und in einem Wald, da treffen wir die Waldschwein-
chen«, schwärmt Moppi weiter.
»Wir sind da-aaaa!«, hören sie plötzlich Louis rufen. Und
schon im nächsten Moment ist der Deckel über ihren Köpfen
verschwunden.
8
Möhre stützt sich mit ihren Pfoten am Rand des Kartons
ab und schaut neugierig hinaus.
»Da ist kein Meer«, sagt sie. »Und auch kein Berg. Und
einen Wald gibt es hier auch nicht. Aber da ist ein Schild!«
»Was für ein Schild?«, fragt Moppi, der zu klein ist, um aus
dem Karton zu gucken. Möhre blinzelt. Das Schild ist etwas
weiter weg, so dass sie nicht gut erkennen kann, was darauf zu
sehen ist.
»Ich glaube, da sind viele Meerschweinchen drauf. Und sie
stehen vor einem Palast!«, sagt sie.
»Meerschweinchen vor einem Palast? Was bedeutet das
denn?«, fragt Moppi verwundert und beginnt zu schnuppern.
»Und warum riecht es hier eigentlich so lecker nach Gras
und Heu und Gurken?«
Möhre schnuppert ebenfalls.
»Vielleicht ist es ein Palast, in dem Meerschweinchen
Urlaub machen?«, überlegt sie.
»Und was ist mit Louis und Annika? Die dürfen da be-
stimmt nicht rein!«, quiekt Moppi.
Der Karton beginnt wieder zu schwanken und Möhre
sieht, dass sie zu einem großen Gehege getragen werden, in
dessen Mitte ein weißer Palast mit Türmchen steht.
»Moppi, es ist wirklich ein Meerschweinchenpalast!«,
flüstert sie.
»Sie können uns doch nicht einfach alleine lassen. Wir
haben noch nie alleine woanders übernachtet. Das will ich
nicht!«, quiekt Moppi. Seine langen Schneidezähne beginnen
vor Angst zu klappern.
Möhre versucht aus dem Karton zu klettern, um von dort
aus in Annikas Ärmel zu verschwinden. Doch Annika drückt
sie sanft mit der Hand zurück und lacht.
»Na, du bist aber ungeduldig!«
Plötzlich sehen Moppi und Möhre zwei große blaue
Augen über sich und ein großer Mund sagt freundlich:
»Willkommen im Meerschweinchenhotel! Ich bin Annabella.
Ich kümmere mich in eurem Urlaub um euch.«
Sie spüren Annabellas warme Hände unter ihren Bäuchen
und im nächsten Moment kühle, glatte Fliesen unter ihren
Pfoten. Sie glitzern in Gold und Silber.
Moppis Zähne hören vor lauter Staunen auf zu klappern.
»Oh Möhre, wie wunder-, wunderschön!«, flüstert er.
»Das muss so eine Art Innenhof vom Hotel sein«, stellt
Möhre fest. Auch ihre Angst ist mit einem Mal wie weg-
geblasen. »Guck mal, da ist ein Turm in jeder Ecke. Mit
einem gelben, roten, blauen und grünen Dach!«
»Da drüben ist eine Höhle!«, ruft Moppi entzückt. »Was da
wohl drin ist?«
»Und da – ein riesiger Heuberg!« Möhre nimmt Anlauf
und springt mit einem Kopfsprung hinein. Oh, wie weich es
darin ist. Und wie gut das Heu duftet!
Moppi schmatzt mit vollen Backen. »Also, wenn dasch
Urlaub ischt, dann ischt Urlaub das Tollschte auf der ganzen
Welt!«
Sie sind so begeistert, dass sie gar nicht merken, dass Louis
und Annika lachend »Bis bald!« und »Macht keinen Unsinn!«
rufen. Sie merken nicht einmal, dass die beiden ihnen über
den Kopf streicheln, bevor sie zurück zum Auto gehen.
Dafür hören sie mit einem Mal Annabellas Stimme.
»Kommt mal mit, jetzt zeige ich euch euer Zimmer!«,
sagt sie.
Das lassen sich die beiden nicht zweimal sagen.
13
2
Am Knabberbuffet
Annabella streckt ihren Arm aus. Darauf laufen Moppi und
Möhre wie über eine weiche Hängebrücke in einen der vier
hohen Türme hinein. Ihr Zimmer befindet sich ganz oben in
dem Turm mit dem gelben Dach. Von dort aus können sie
über das ganze Hotelgelände schauen. Möhres Maul klappt
vor Erstaunen weit auf.
»Dahinten ist ja sogar ein Swimmingpool!«, ruft sie.
»Ist das schööön!«, flüstert Moppi und drückt Möhres Pfo-
te so feste, dass sie ein bisschen knackt. Doch Möhre merkt es
vor lauter Aufregung gar nicht.
»Guck mal, wir haben sogar ein eigenes Badezimmer!«, ruft
sie begeistert.
»Hier könnt ihr wählen, ob ihr lieber in Gurkenwasser,
Möhrenlimonade oder Löwenzahnmilch baden wollt«, erklärt
Annabella und zeigt auf drei goldene Wasserhähne über
einer großen Badewanne. Moppi bekommt große Augen und
schleckt sich über das Maul.
»Schau mal, es gibt sogar eine Toilette. Aus echtem Gold!«,
staunt Möhre.
14
»Was ist eine Tolette. Ist das ein Schuh?«, fragt Moppi.
Möhre kichert. »Nein, da setzt man sich drauf und macht
Kacka und Pipi.«
Moppi sieht verwundert auf die goldene Schüssel an der
Wand.
»Und schau mal hier! Eine Hängematte!«, ruft Möhre vom
Balkon aus.
Doch Moppi starrt noch immer neugierig auf die Toilette.
Er beschließt, sie so bald wie möglich auszuprobieren. Dann
blickt er zu Möhre nach draußen.
»Da hängen ja überall Erdnussknabberstangen!«
»Ja, und guck mal die ganz, ganz lange Rutsche!«
Möhre steht schon wieder im Zimmer und zeigt auf eine
Tunnelrutsche, die in der Wand beginnt.
»Möhre, träume ich das gerade oder ist das echt?«, fragt
Moppi und drückt erneut Möhres Pfote. »Knack!«, macht es
noch einmal.
»Autsch!«, sagt Möhre. Schnell zieht sie ihre Pfote zurück
und pustet auf sie ein. »Eindeutig echt«, kichert sie.
Annabella wünscht ihnen einen schönen Urlaub und
streichelt ihnen noch einmal über den Kopf. Dann hängt sie
jedem noch ein kleines Bändchen um die rechte Pfote, damit
jeder weiß, dass sie im Meerschweinchenhotel Urlaub
machen. Und dann ist sie auch schon weg.
»Juchhu!«, schreit Möhre und springt auf das große
Heubett, das mitten im Zimmer steht. Dort hüpft sie wie auf
15
einem Trampolin hoch in die Luft. Anschließend macht sie
einen großen Satz einmal quer durchs Zimmer, mitten in die
Rutsche hinein und düst nach unten. Oh, wie das im Bauch
kribbelt und krabbelt! Im Erdgeschoss gibt es einen Fahrstuhl
aus Glas, mit dem sie wieder nach oben fährt. Und auch
dabei kribbelt es so sehr in ihrem Bauch, als würden darin
Ameisen herumkrabbeln. Jedes Mal, wenn sich die Fahr-
stuhltür in ihrem Zimmer wie von Geisterhand öffnet, macht
es leise »Pling!«, Möhre ruft »Bin wieder da!«, trinkt einen
Schluck Gurkensaft und rutscht wieder nach unten. Derweil
schaukelt Moppi in der Hängematte auf dem Balkon und
knabbert an einer Erdnussknabberstange.
»Lecker, lecker, lecker!«, seufzt er. Noch nie in seinem
ganzen Leben hat er an so etwas Köstlichem geknabbert. Und
erst die Löwenzahnmilch! Moppi hat die ganze Badewanne
damit gefüllt und einen langen Strohhalm von dort bis auf
den Balkon verlegt. Immer wenn er drei Erdnussstückchen
verputzt hat, trinkt er einen großen Schluck, murmelt