Hardy Kettlitz

Die Hugo Awards 1985–2000

© 2016 by Hardy Kettlitz

© dieser Ausgabe 2020 by Memoranda Verlag

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Hannes Riffel

Korrektur: Horst Illmer & Inger Banse

Gestaltung: s.BENeš [www.benswerk.com]

Memoranda Verlag

Hardy Kettlitz

Ilsenhof 12

12053 Berlin

www.memoranda.eu

ISBN: 978-3-948616-24-3 (Buchausgabe)

ISBN: 978-3-948616-25-0 (E-Book)

Der Autor bedankt sich bei

Christian Hoffmann und Hannes Riffel

für die tatkräftige Unterstützung.

Inhalt

Vorwort

Anmerkungen

Abkürzungen

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

ANHANG

Der Retro-Hugo

1946

Hardy Kettlitz

Bücher bei MEMORANDA

Vorwort

Wenn Sie den Titel dieses Buches betrachten, dann werden Sie feststellen, dass es einen Zeitraum von nur sechzehn Jahren umfasst. Im ersten Band hingegen waren die Hugo Awards von 31 Jahren enthalten, und vielleicht werden Sie sich fragen, warum das so ist.

Das kam so: Mein ursprünglicher Gedanke war, den Zeitraum von 1953 bis heute, also gut sechzig Jahre, einfach durch zwei zu teilen und alle Gewinner der Hugo Awards demzufolge in zwei Bänden vorzustellen. Mein fataler Denkfehler wurde mir leider erst bewusst, als der erste Band bereits im Druck war. Wie Sie beim Durchblättern dieses Buches feststellen können, gab es ab den späten 1980er Jahren deutlich mehr Rubriken, in denen Hugos verliehen wurden, als in den Jahrzehnten zuvor. So waren es im Zeitraum von 1953 bis 1984 rund 300 Hugo und Special Awards, während es von 1985 bis 2016 rund 500 sind. Eingerechnet sind die Retro-Hugos, die zwar keine »offiziellen« Hugos sind, jedoch ebenfalls auf der World Science Fiction Convention verliehen werden. Ich glaube, dass Sie meine Auffassung teilen, dass die Vorstellung der Gewinner des Retro-Hugos natürlich auch in diese Buchreihe gehört.

Nach dem Erscheinen des ersten Bandes Die Hugo Awards 1953–1984 wurde ich von einigen Lesern gefragt, ob ich tatsächlich alle Romane, Erzählungen und Sachbücher für die Besprechungen in meinem Buch gelesen und all die Filme angeschaut habe. Mein ursprünglicher Gedanke war, dass ich aus Neugierde tatsächlich alle Hugo-Gewinner lesen und kennen wollte, diese Buchreihe zu schreiben war dann eine Schlussfolgerung aus dieser Idee. Also ja, ich habe tatsächlich fast all die Texte gelesen und Filme angeschaut, mit ganz wenigen Ausnahmen, bei denen mir Christian Hoffmann geholfen hat. Im ersten Band übernahm er die Besprechung des Romans Foundation’s Edge von Isaac Asimov, für den hier vorliegenden Band hat er die Romane The Uplift War von David Brin und Cyteen von C. J. Cherryh rezensiert, wofür ich ihm sehr dankbar bin.

In einigen Fällen war es gar nicht so einfach, die Texte in Augenschein zu nehmen, insbesondere weil mehr als ein Viertel der Romane, Sachbücher und Erzählungen nicht ins Deutsche übersetzt wurden. Glücklicherweise gibt es inzwischen zahlreiche Anthologien, Erzählungsbände und sogar Sachbücher problemlos als E-Book zu kaufen. Aber zum Beispiel die Erzählung »… Where Angels Fear to Treat« von Allen Steele, die im Oktober/November 1997 in ASIMOV’S erschienen ist, wurde nie in einem Sammelband nachgedruckt, und die Magazinausgabe ist auch nicht als E-Book verfügbar. In diesem Fall kam der Sammler und Filmspezialist Stefan Kuhn zu Hilfe, der mir den Text kurzerhand und unkompliziert zur Verfügung gestellt hat.

Ich freue mich sehr darüber, dass der erste Band auf so großes Leserinteresse gestoßen ist und mehr SF-Medien, Blogs und Zeitschriften darüber berichtet haben, als es sonst bei Sachbüchern üblich ist. In der Berliner Spezialbuchhandlung Otherland stand Die Hugo Awards 1953–1984 zwei Monate lang auf der Top-10-Liste der bestverkauften Bücher, im Mai 2015 sogar auf Platz 2 (hinter Die Maschinen von Ann Leckie, dem Hugo-Gewinner von 2014).

Übrigens hat man des Öfteren die Gelegenheit, Hugo-Preisträger sogar persönlich in Deutschland zu treffen, und zwar auf den regelmäßig stattfinden regionalen Conventions – zum Beispiel dem ElsterCon in Leipzig oder dem DortCon in Dortmund, die fast immer einen internationalen Ehrengast einladen – oder auch bei europäischen Conventions oder Lesungen in Genrebuchhandlungen wie dem Otherland in Berlin. So hatte ich die Gelegenheit, seit 1990 über ein Dutzend der in diesem Band vorgestellten Gewinner zu treffen, ein paar Worte zu wechseln, einem Vortrag von ihnen zu lauschen oder sogar ein Interview für ALIEN CONTACT zu führen. Dabei waren so bekannte Autoren und Fans wie Forest J. Ackerman, Brian W. Aldiss, David Brin, Orson Scott Card, Hal Clement, John Clute, Thomas M. Disch, William Gibson, Joe Haldeman, Nancy Kress, George R. R. Martin, Frederick Pohl, Mary Doria Russell, Robert Silverberg und Vernor Vinge. Dafür danke ich den Veranstaltern sehr.

Eine Kuriosität, auf die ich bei meinen Recherchen zu diesem Buch gestoßen bin, sollte noch erwähnt werden: Es gab sogar einmal für kurze Zeit einen »Deutschen Hugo«. Heiko Langhans berichtet in der Walter-Ernsting-Biografie Clark Darlton – Der Mann, der die Zukunft brachte darüber, wie Walter Ernsting auf einer Convention Hugo Gernsback traf und von ihm persönlich die Einwilligung erhielt, seinen Namen für einen deutschen SF-Preis zu verwenden, also den »Deutschen Hugo«, dessen Preisträger von den Mitgliedern des Science Fiction Club Deutschlands (SFCD) gewählt werden sollten. Und so vergab der Vorsitzende des SFCD Walter Ernsting den Preis im Jahr 1957 an Walter Ernsting für die Romane Die Zeit ist gegen uns und UFO am Nachthimmel, 1958 an Walter Ernsting für den Roman Raum ohne Zeit und 1959 an Karl Herbert Scheer für sein Gesamtwerk. In den folgenden Jahren wurde der Preis nicht verliehen. Für die Jahre 1966 und 1967 übertrug Ernsting das Mandat für den Preis auf den SFCD, sodass 1966 der »Deutsche Hugo« an Walter Ernsting für den Roman Das Weltraumabenteuer und 1967 an Otto Basil für Wenn das der Führer wüsste verliehen wurde. Im Jahr 1978 schließlich wurde der Preis zum letzten Mal vergeben, diesmal an Herbert W. Franke für den Erzählungsband Zarathustra kehrt zurück und an Dieter Steinseifer für seine besonderen Verdienste im deutschen Fandom. In den folgenden Jahren konnten sich die Mitglieder des SFCD nicht auf die Wahlmodalitäten einigen, sodass es keine weiteren Verleihungen gab.

Aber kehren wir jetzt wieder zum »richtigen« Hugo Award zurück. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Blättern und Lesen.

Hardy Kettlitz

Anmerkungen

Regeln und Sprachen

Die offizielle Definition der Regeln für den Hugo Award kann in Artikel 3 der Constitution of the World Science Fiction Society nachgelesen werden.

Unter anderem ist dort auch festgelegt, dass ein zu nominierendes Werk in jeder Sprache und in jedem Land der Welt erschienen sein kann. Dass dennoch fast ausschließlich englischsprachige Werke berücksichtigt werden, liegt einfach daran, dass der Worldcon bisher mit nur ganz wenigen Ausnahmen in englischsprachigen Ländern stattgefunden hat und der größte Teil der Conbesucher ebenfalls englischsprachig ist.

Websites und E-Books

Bis vor wenigen Jahren durften nur Texte nominiert werden, die in Papierform vorlagen. Bei einem Treffen der World Science Fiction Society im Jahr 2009 wurde entschieden, dass auch ein »Äquivalent in anderen Medien« nominiert werden darf. Das bedeutet also, dass Publikationen im Internet, E-Books, Podcasts oder andere elektronische Medien zugelassen sind. Das gilt auch für Selbstverleger, egal ob es sich bei deren Erzeugnissen um Printprodukte oder elektronische Veröffentlichungen handelt.

Fans, Amateure und Profis

Einige Kategorien werden danach eingeteilt, ob die Werke professionell, semi-professionell oder als Fanpublikation veröffentlicht wurden, zum Beispiel »Best Professional Artist«, »Best Fan Artist«, »Best Semiprozine« oder »Best Fanzine«. Welche Publikation als professionell gilt, ist genau definiert. Bei Personen (»Best Professional Artist«) muss die künstlerische Tätigkeit mindestens ein Viertel des Einkommens der Person ausmachen. Bei Verlagen oder Organisationen muss die betreffende Tätigkeit mindestens ein Viertel des Einkommens der Angestellten und der Eigentümer ausmachen. Dies gilt nur für Preise, die an Personen, Magazine oder Verlage vergeben werden. Texte können für Kategorien wie »Best Novel« oder »Best Short Story« auch dann nominiert werden, wenn sie in nichtprofessionellen Publikationen erschienen sind.

Genrezugehörigkeit

Bei vielen Texten ist es schwer, das zugehörige Genre zu definieren. Auch wenn der Hugo von der World Science Fiction Society gesponsort wird, sind auch Fantasy- und Horror-Texte zugelassen.

Die Kategorien

Folgende Kategorien gibt es derzeit beim Hugo Award:

Best Novel: Als Novel (Roman) gelten Texte mit mehr als 40.000 Wörtern.

Best Novella: Zugelassen sind Texte zwischen 17.500 und 40.000 Wörtern.

Best Novelette: Zugelassen sind Texte zwischen 7.500 und 17.500 Wörtern.

Best Short Story: Diese Texte müssen kürzer als 7.500 Wörter sein.

Best Related Work: Zugelassen sind nichtbelletristische Werke, die mit der Science Fiction, der Fantasy oder dem Fandom im Zusammenhang stehen und im vorangegangenen Jahr erstmals oder in einer maßgeblich veränderten oder erweiterten Form erschienen sind, zum Beispiel Bildbände, Sammlungen von Buchkritiken, Sachbücher über Filme oder Fernsehserien, Biografien, Lexika und Enzyklopädien bzw. Werke, die nicht in anderen Kategorien nominiert werden können.

Best Graphic Story: Hier sind SF- oder Fantasy-Geschichten gemeint, die in grafischer Form erzählt werden, wie Comichefte, Graphic Novels oder Internet-Comics.

Best Dramatic Presentation (Long Form): In dieser Kategorie können Filme, Fernsehproduktionen, Radiosendungen, Theateraufführungen oder Musikstücke nominiert werden, die eine Spielzeit von mindestens 90 Minuten haben.

Best Dramatic Presentation (Short Form): Diese Kategorie ist für Filme, Fernsehproduktionen, Radiosendungen, Theateraufführungen oder Musikstücke vorgesehen, die kürzer als 90 Minuten sind.

Best Editor (Long Form): Hier werden Herausgeber nominiert, die im betreffenden Jahr mindestens vier Werke von Romanlänge betreut haben, ausgenommen Anthologien und Erzählungssammlungen.

Best Editor (Short Form): In dieser Kategorie werden Herausgeber ausgezeichnet, die insgesamt mindestens vier Anthologien, Erzählungssammlungen oder Magazinausgaben betreut haben, davon mindestens eines im betreffenden Jahr.

Best Professional Artist: Diese Kategorie ist für professionelle Künstler, Titelbildmaler oder Illustratoren vorgesehen.

Best Semiprozine: Gemeint ist ein Magazin, von dem insgesamt mindestens vier Ausgaben erschienen sind, eine davon im betreffenden Jahr. Die Definition von »semiprofessionell« ist etwas kompliziert. Gemeint sind Magazine, die zwar Honorare zahlen, jedoch nicht so viel, dass die Autoren oder Herausgeber davon leben könnten. Während Fanzines generell keine Honorare zahlen und reine Hobbyprodukte sind, zahlen semiprofessionelle Magazine in anderer Form als ausschließlich mit Freiexemplaren und werden für einen Geldbetrag verkauft.

Best Fanzine: Hier werden Amateurmagazine nominiert, die als Hobby angefertigt werden und die ihren Autoren keine Honorare zahlen. Es müssen mindestens vier Ausgaben erschienen sein, davon mindestens eine im betreffenden Jahr.

Best Fancast: In dieser Rubrik werden nichtprofessionelle Audio- oder Video-Podcasts nominiert, von denen mindestens vier Folgen erschienen sein müssen, mindestens eine davon im betreffenden Jahr.

Best Fan Writer: Hier werden Autoren nominiert, die in allen Arten von nichtprofessionellen Publikationen veröffentlicht haben können, also nicht nur in Fanzines, sondern zum Beispiel auch in Semiprozines, Blogs oder Internetforen.

Best Fan Artist: Nominiert werden Künstler, deren Werke in nichtprofessionellen Publikationen erschienen sind. Zugelassen sind auch Künstler, die Ausstellungen auf Conventions veranstaltet haben.

Zusätzliche Kategorien: Das Worldcon-Komitee hat das Recht, in einzelnen Jahren und in Ausnahmefällen zusätzliche Kategorien auszuloben, die nicht automatische in die Folgejahre übernommen werden.

John W. Campbell Award

Der Campbell Award, vergeben für den besten neuen Autor, ist kein Hugo und wird nicht von der World Science Fiction Society überwacht. Allerdings wird er zusammen mit den Hugos gewählt und vergeben. Ein nominierter Autor, der den Preis nicht gewonnen hat, kann im darauf folgenden Jahr noch ein zweites Mal nominiert werden.

Sonderpreise

Auf einigen Worldcons werden Sonderpreise für besondere Leistungen, Lebenswerke oder außergewöhnliche Ereignisse verliehen. Diese werden von Komitees vergeben und für gewöhnlich nicht von den Mitgliedern gewählt. Es handelt sich dabei nicht um Hugo Awards und es wird auch keine Hugo-Trophäe überreicht. Allerdings werden die Sonderpreise während der Hugo-Zeremonie vergeben. Die Sonderpreise werden in diesem Buch nach den regulären Hugos aufgeführt.

Weitere, ausführliche Informationen zu den Kategorien, zur Geschichte des Hugo Award, zur World Science Fiction Society (WSFS) sowie zu Teilnahmemöglichkeiten finden Sie auf der offiziellen Homepage des Hugo Award: www.thehugoawards.org

Abkürzungen

In den bibliografischen Angaben zu deutschen Buchausgaben werden die meisten deutschen Verlage abgekürzt. Die dem Kürzel folgende Zahl gibt die Buchreihennummer an, die in der Regel auf dem Buchrücken zu finden ist.

Alien Contact = Magazin. Edition Avalon, Berlin

Argument SF = Social Fantasies. Buchreihe im Argument Verlag, Hamburg

B = Bastei Lübbe. Taschenbuchreihe im Bastei-Verlag, Gustav H. Lübbe, Bergisch Gladbach

Blanvalet = Blanvalet Verlag, München

Carlsen = Carlsen Verlag, Hamburg

FanPro = Fantasy Productions, Erkrath

G = Goldmann Taschenbücher. Taschenbuchreihe im Wilhelm Goldmann Verlag, München

Golkonda = Golkonda Verlag, Berlin

H = Heyne Science Fiction & Fantasy. Taschenbuchreihe im Wilhelm Heyne Verlag, München

HSFB = Bibliothek der Science Fiction Literatur. Taschenbuchreihe im Wilhelm Heyne Verlag, München

Kn = Knaur Science Fiction. Taschenbuchreihe in der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München/Zürich

Mantikore = Mantikore-Verlag, Frankfurt am Main

Panini = Panini Verlag, Stuttgart

Septime = Septime Verlag, Wien

SL = Sammlung Luchterhand. Taschenbuchreihe im Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt und Neuwied / ab 1988: Luchterhand Literaturverlag, Darmstadt

Spektrum = Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Zur Schreibweise von Titeln

Eigenständige Publikationen wie Roman-, Sachbuch- oder Filmtitel werden kursiv gedruckt.

Nicht eigenständige Publikationen wie Erzählungen, Essays oder einzelne Folgen von Fernsehserien werden »in Anführungszeichen« gesetzt.

Periodika, wie zum Beispiel Magazine oder Fernsehserien sowie Romanzyklen werden in kapitälchen gedruckt.

Die bibliografischen Angaben wurden sorgfältig recherchiert, erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Hinweise von Lesern auf weitere deutsche Übersetzungen, die nicht erwähnt wurden, sind herzlich willkommen.

1985

43. World Science Fiction Convention

Aussiecon Two in Melbourne, Australien

Ehrengäste: Gene Wolfe (pro), Ted White (fan)

1599 Teilnehmer

Toastmaster: Marc Ortleib

Novel

William Gibson: Neuromancer

(1984 bei Ace; dt. Neuromancer, 1987 als H 4400, H 5208, H 8449; auch enthalten in Gibson: Die Neuromancer-Trilogie, Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins und H 52615)

William Gibsons (*1948) Debütroman Neuromancer ist nicht nur der Auftakt zur SPRAWL-Trilogie, die mit Count Zero (dt. Biochips) und Mona Lisa Overdrive (dt. Mona Lisa Overdrive) fortgesetzt wurde, sondern es ist ein bahnbrechendes Werk, das ein ganz neues Genre initiierte: den Cyberpunk. Der legendäre erste Satz des Romans zeigt bereits, dass Gibson etwas gänzlich Neues präsentiert: »Der Himmel über dem Hafen hatte die Farbe eines Fernsehers, der auf einen toten Kanal geschaltet war.« Allerdings zeigt dieser Satz auch, wie schnell Visionen der nahen Zukunft veralten können, denn heutige Fernseher zeigen statt eines grauen Rauschens meist ein strahlendes Blau oder überhaupt nichts, wenn sie keinen Kanal finden.

Hauptfigur der Geschichte ist Henry Dorsett Case, ein Computerhacker, der seinen ehemaligen Auftraggeber bestohlen hat und dafür bestraft wurde, indem man sein Nervensystem mit Mykotoxin beschädigt hat, sodass es ihm unmöglich wurde, erneut in das globale Computernetzwerk, »Matrix« genannt, einzutauchen. Die Geschichte beginnt in Chiba City in Japan, wo Case nach einer Heilung für seine Beeinträchtigungen sucht. Dabei trifft er auf Molly Millions, eine Art Straßen-Samurai, die über einige Erweiterungen ihres Körpers verfügt, wie zum Beispiel ausfahrbare skalpellscharfe Messer unter ihren Fingernägeln und Gläser vor ihren Augen. Molly macht Case mit Armitage bekannt, der anbietet, Case zu heilen, wenn er im Gegenzug einen Job für ihn erledigt. Um Case unter Kontrolle zu halten, werden sich langsam auflösende Giftbläschen in seinen Blutkreislauf eingebracht, die irgendwann sein Nervensystem wieder in den vorherigen Zustand versetzen würden, wenn er nicht erneut behandelt wird. Darüber hinaus wird Case’ Bauspeicheldrüse manipuliert, sodass er gegen die meisten Drogen immun ist. Als ersten Job soll Case ein ROM-Modul beschaffen, auf dem die Erinnerungen des legendären Cyber-Cowboys McCoy Pauley, genannt Dixie Flatline, gespeichert sind.

Case und Molly finden heraus, dass Armitage früher Colonel Willis Corto hieß und an einer Operation beteiligt war, die sowjetische Computersysteme infiltrieren und zerstören sollte. Die Mission misslang, und Corto war der einzige Überlebende, der schließlich in den Untergrund abtauchte. Wie sich später herausstellt, wird Armitage von einer künstlichen Intelligenz namens Wintermute gesteuert, die Case für die Umsetzung ihrer Ziele benutzen will. Wintermute beabsichtigt, sich mit ihrem Gegenstück Neuromancer zu vereinigen, um eine Art Super-KI zu bilden, die die Beschränkungen der einzelnen KIs überwinden kann. Für Case wird diese Aufgabe zu einem Abenteuer, das ihn durch viele Städte führt und schließlich in der Orbitalstation Freeside endet, eine Art Las Vegas im Weltraum.

Am Ende gelingt die Vereinigung von Wintermute und Neuromancer, die eine neue digitale Lebensform innerhalb der Matrix bilden. Case erfährt, dass sie eine andere künstliche Intelligenz im Sternensystem Centauri entdeckt hat.

Gibson traf mit diesem Roman, der vor allem von der coolen Sprache, der Idee des Cyberspace und zahlreichen Gadgets lebt, den Nerv der Zeit. Er gewann mit Neuromancer nicht nur den Hugo, sondern auch den Nebula und den Philip K. Dick Award, doch nicht nur Science-Fiction-Leser waren begeistert. Die Auflage des Romans schoss in Millionenhöhe, und das TIME MAGAZINE nahm Neuromancer im Jahr 2005 in die Liste der »100 besten englischsprachigen Romane seit 1923« auf. Gibson prägte übrigens auch den Begriff »Cyberspace«, allerdings nicht erst in Neuromancer, sondern bereits in seiner Erzählung »Burning Chrome« (Juli 1982 in OMNI; dt. »Chrom brennt« bzw. »Chroms Ende«).

Bislang gab es eine ganze Reihe von Adaptionen des Werkes. 1988 erschien das Computerspiel Neuromancer, 1989 kam dann der gleichnamige Comic von Tom de Haven und Bruce Jensen heraus, und die BBC produzierte 2002 ein zweistündiges Hörspiel. Eine Verfilmung war mehrfach geplant, wurde jedoch immer wieder verworfen. Seit 2012 gibt es allerdings des Öfteren Meldungen, die darauf hindeuten, dass in den nächsten Jahren mit einer Verfilmung zu rechnen ist.

Obwohl Neuromancer der archetypische Cyberpunkroman ist und eine ganze Welle ähnlicher Werke auslöste, sollte es beinahe der einzige bleiben, der einen Hugo gewann.

Weitere Nominierungen:

David R. Palmer: Emergence

(1984 bei Bantam; nicht auf Deutsch)

Vernor Vinge: The Peace War

(4 Teile: Mai bis August 1984 in ANALOG; 1984 bei Bluejay; dt. Der Friedenskrieg, H 4565 und Deutscher Bücherbund)

Robert A. Heinlein: Job: A Comedy of Justice

(1984 bei Del Rey/Ballantine; dt. Das neue Buch Hiob, B 28132)

Larry Niven: The Integral Trees

(4 Teile: Oktober 1983 bis Januar 1984 in ANALOG; 1984 bei Del Rey/Ballantine; dt. Der schwebende Wald, B 22082)

Novella

John Varley: »Press Enter [ ]«

(Mai 1984 in ASIMOV’S; dt. »Terminal« in Donald A. Wollheim/Arthur W. Saha [Hrsg.]: World’s Best SF 4, B 24069; auch: »Drücke Enter« in Wolfgang Jeschke [Hrsg.]: Fernes Licht, H 2100)

Ein Mann namens Victor Apfel, Kriegsveteran des Koreakriegs im Ruhestand, erhält einen Anruf, bei dem ihn eine Bandansage dazu auffordert, in das Haus seines Nachbarn Charles Kluge zu gehen und »alles Nötige zu veranlassen«. Verunsichert geht Victor tatsächlich ins Nebenhaus und findet seinen Nachbarn, der sich anscheinend selbst eine Kugel in den Kopf geschossen hat. Er ruft die Polizei, die die mit Computern vollgestopfte Wohnung untersucht, jedoch aus der angehäuften Technologie und dem auf dem Bildschirm erscheinenden Abschiedsbrief nicht schlau wird. Die Polizei beauftragt die junge, asiatische Computerspezialistin Lisa damit, die Soft- und Hardware in Augenschein zu nehmen. Im Laufe der nächsten Wochen lernen sich Victor und Lisa näher kennen und Lisa erklärt ihm nach und nach, was man mit Computern alles anstellen kann. Und dabei ist das Hacken von Bankkonten und Datendiebstahl noch das geringste. Doch der verstorbene Kluge, von dem die Polizei annimmt, dass er ermordet wurde, muss sich noch mit anderen Dingen beschäftigt haben. Ein interessanter Absatz der Erzählung lautet: »… Und mit diesem Computer hier kann ich Millionen andere erreichen. Und dieses Netz ist noch größer als ein menschliches Gehirn, denn in diesem Netz stecken mehr Informationen, als die Menschheit in einer Million Jahre verarbeiten kann. Das Netz reicht von der Raumsonde Pioneer Zehn jenseits der Umlaufbahn Plutos bis hinein in jeden Haushalt, der über ein Telefon verfügt. Mit diesem Computer kann man sich tonnenweise Daten beschaffen, die gesammelt wurden, die aber bisher noch gar nicht begutachtet worden sind.«

Lisa äußert im Gespräch mit Victor, dass vernetzte Computer eine Intelligenz entwickeln könnten.

Victor leidet unter epileptischen Anfällen. Als er deswegen im Krankenhaus ist, stirbt Lisa plötzlich. Ihr Tod sieht nach Selbstmord aus, doch Victor glaubt nicht daran.

Am Ende der Geschichte bleibt offen, ob sich tatsächlich eine Computerintelligenz entwickelt hat oder ob womöglich ein Geheimdienst hinter den fingierten Selbstmorden steckt. Victor bleibt einsam und neurotisch zurück und lässt jegliche Technik aus seinem Haus entfernen.

Obwohl Varley hier auf fast prophetische Weise heutige Computernetzwerke beschreibt – man muss bedenken, dass diese Geschichte bereits im Mai 1984 erschien –, ist das Besondere dieser Erzählung nicht die technische, sondern die menschliche Komponente. Varley haucht seinen beiden Protagonisten echtes Leben ein, erzählt deren Biografien und erschafft eine glaubhafte Liebesgeschichte. Obwohl William Gibson stilistisch brillanter sein mag, so ist Varleys Geschichte lebensnaher und enorm lesenswert.

Weitere Nominierungen:

David Brin: »Cyclops«

(März 1984 in ASIMOV’S; nicht auf Deutsch)

Joseph R. Delaney & Marc Stiegler: »Valentina«

(Mai 1984 in ANALOG; nicht auf Deutsch)

Charles L. Harness: »Summer Solstice«

(Juni 1984 in ANALOG; nicht auf Deutsch)

Geoffrey A. Landis: »Elementals«

(Dezember 1984 in ANALOG; nicht auf Deutsch)

Novelette

Octavia Butler: »Bloodchild«

(Juni 1984 in ASIMOV’S; dt. »Blutsbrut« in Donald A. Wollheim/Arthur W. Saha [Hrsg.]: World’s Best SF 4, B 24069, in Jonathan Gates [Hrsg.]: Die 20 besten SF-Stories, G 25029, »Blutsbande« in Friedel Wahren [Hrsg.]: Isaac Asimov’s Science Fiction Magazin 27, H 4294, in Wolfgang Jeschke [Hrsg.]: Ikarus 2002, H 6390)

Diese schwer zugängliche Geschichte erzählt vom komplizierten Zusammenleben Außerirdischer mit den Menschen. Die insektoiden Aliens sind den Menschen gar nicht ähnlich, so haben sie zum Beispiel Stachel und legen Eier.

Die Geschichte ist keine Science-Fiction-Erzählung im herkömmlichen Sinn. Die Autorin versucht aus dem Blickwinkel der Nichtmenschen zu erzählen, wobei diese stark vermenschlicht werden. Es wird nicht klar, wo die Geschichte stattfindet, wie es zu der gesellschaftlichen Konstellation gekommen ist oder welche Rolle die Menschen dabei tatsächlich spielen. Daher ist es möglich, dass viele Leser schnell das Interesse an der Geschichte verlieren und sich fragen, was die Autorin eigentlich bezweckte. Es ist anzunehmen, dass bei gleichen Nominierungen heute eine andere Geschichte den Preis gewonnen hätte.

Weitere Nominierungen:

Lucius Shepard: »The Man Who Painted the Dragon Griaule«

(Dezember 1984 in F&SF; dt. »Der Mann, der den Drachen Griaule bemalte« in Hans Joachim Alpers [Hrsg.]: Gefährten der Nacht, M 1821)

Timothy Zahn: »Return to the Fold«

(September 1984 in ANALOG; nicht auf Deutsch)

Connie Willis: »Blued Moon«

(Januar 1984 in ASIMOV’S; dt. »Blauer Mond-Tag« in Friedel Wahren [Hrsg.]: Isaac Asimov’s Science Fiction Magazin, 24. Folge, H 4178; auch »Geblauter Mond« in Willis: Brandwache, SL 660)

Hilbert Schenck: »Silicon Muse«

(September 1984 in ANALOG; nicht auf Deutsch)

Eric Vinicoff & Marcia Martin: »The Weigher«

(Oktober 1984 in ANALOG; dt. »Der Wäger« in Wolfgang Jeschke [Hrsg.]: Entropie, H 4255)

Kim Stanley Robinson: »The Lucky Strike«

(1984 in Terry Carr [Hrsg.]: Universe 14, Doubleday; dt. »Lucky Strike« in Karl Michael Armer [Hrsg.]: Hiroshima soll leben!, H 4740; auch »Der Flug der Lucky Strike« in Robinson: Geschöpfe der Sonne, B 24104)

Short Story

David Brin: »The Crystal Spheres«

(Januar 1984 in ANALOG; dt. »Die Kristallhüllen« in Jonathan Gates [Hrsg.]: Die 20 besten SF-Stories, G 25029)

In sehr ferner Zukunft macht sich das bemannte Forschungsschiff Seeker auf, um das Sonnensystem zu verlassen und die nächsten Sterne zu erkunden. Doch am Rand des Sonnensystems zerschellt das Schiff an einer unsichtbaren Barriere, die sich als eine bisher unbekannte Kristallhülle herausstellt, die das ganze Sonnensystem umgibt. Die Kristallhülle platzt durch den Aufprall des Schiffs, was einen zweihundertjährigen Kometensturm verursacht. Die Menschheit ist lange Zeit damit beschäftigt, ihr Sonnensystem aufzuräumen.

Die Handlung der Geschichte beginnt rund zehntausend Jahre später. Man weiß inzwischen, dass alle Planetensysteme in der Milchstraße, die über Wasserplaneten verfügen, von Kristallhüllen umgeben sind. Der Erzähler erwacht aus einem langen Kälteschlaf und erfährt, dass eine unbemannte Sonde ein System mit einer zerschmetterten Kristallhülle entdeckt hat. Er wird auf die Expedition des Schiffs Pelenor berufen, die das neu entdeckte System erforschen soll. Der neue Planet wird Quest getauft, und man entdeckt Überreste einer fremden Zivilisation, den Nataral. Nach jahrelangen Forschungen und Studien der Hinterlassenschaften der Nataral findet man heraus, dass man die Kristallhüllen der Sterne nur von innen zerstören kann. Irgendjemand muss die Hüllen installiert haben, damit sich die Lebensformen in den jeweiligen Sternensystemen unbeeinflusst von anderen entwickeln können und damit sich keine aggressive Spezies unkontrolliert in der Milchstraße ausbreiten kann. Die Nataral haben sich offenbar einsam gefühlt und sind in die Nähe eines schwarzen Lochs geflohen, wo die Zeit nahezu still steht, um auf andere Zivilisationen zu warten, die vielleicht im Laufe der Jahrmillionen ihre eigenen Systeme verlassen.

Brins Ideengeschichte ist eine spekulative Antwort auf das Fermi-Paradoxon, das die Wahrscheinlichkeit intelligenten außerirdischen Lebens hinterfragt. Aufgrund des Alters des Universums und der hohen Anzahl an Sternen müsste Leben auch außerhalb der Erde verbreitet sein, und wir müssten Anzeichen davon finden können. Brins Kristallhüllen wären eine schlüssige Antwort auf Fermis Fragestellung.

Weitere Nominierungen:

George Alec Effinger: »The Aliens Who Knew, I Mean, Everything«

(Oktober 1984 in F&SF; dt. »Die Außerirdischen, die einfach alles wußten« in Ronald M. Hahn [Hrsg.]: The Magazine of Fantasy and Science Fiction, 73. Folge: Der Zeitseher, H 4265, auch »Die Alleswisser« in Donald A. Wollheim/Arthur W. Saha [Hrsg.]: World’s Best SF 4, B 24069)

Lucius Shepard: »Salvador«

(April 1984 in F&SF; dt. »Salvador« in Donald A. Wollheim/Arthur W. Saha [Hrsg.]: World’s Best SF 4, B 24069)

Lee Killough: »Symphony for a Lost Traveler«

(März 1984 in ANALOG; dt. »Sinfonie für einen Sternenwanderer« in Wolfgang Jeschke [Hrsg.]: L wie Liquidator, H 4410)

Kim Stanley Robinson: »Ridge Running«

(Januar 1984 in F&SF; dt. »Die Gratwanderung« in Ronald M. Hahn [Hrsg.]: The Magazine of Fantasy and Science Fiction, 72. Folge: Der Drachenheld, H 4208, auch »Gratwanderung« in Robinson: Geschöpfe der Sonne, B 24104)

Steven Gould: »Rory«

(April 1984 in ANALOG; nicht auf Deutsch)

Non-Fiction

Jack Williamson: Wonder’s Child: My Life in Science Fiction

(1984 bei Bluejay; nicht auf Deutsch)

Jack Williamson (1908–2006) gehört zu den wichtigsten Autoren der frühen Magazin-SF in den USA, und er ist einer der Väter der Space Opera. Er ist in einfachen Verhältnissen auf dem Land in Arizona, Texas und New Mexico aufgewachsen. Bereits 1927 beschloss er, Autor zu werden, lieh sich eine Schreibmaschine und tippte die ersten Geschichten. Nach mehreren Absagen wurde seine erste Erzählung »The Metal Man« im Dezember 1927 in AMAZING STORIES veröffentlicht. In den dreißiger Jahren wurde Williamson zu einem der beliebtesten und meistgedruckten Autoren in den SF-Pulps. In den fünfziger Jahren studierte er Englisch an der Eastern New Mexico University und promovierte 1964 über das Werk von H. G. Wells. Ab 1969 war er Professor für Literaturwissenschaft und publizierte seine Vorträge und Aufsätze, woraus die Science Fiction Research Association entstand, bei der noch heute die Zeitschrift SCIENCE FICTION STUDIES erscheint. Nach seiner Emeritierung war er für zwei Jahre Präsident der Schriftstellervereinigung Science Fiction Writers of America. Williamson veröffentlichte bis kurz vor seinem Tod Erzählungen und Romane und hatte mit insgesamt 78 Jahren (1927–2005) die wohl längste Autorenkarriere auf dem Gebiet der Science Fiction. Es gelang ihm über die vielen Jahrzehnte hinweg, sich dem Stil und den Themen der aktuellen SF anzupassen; seine wichtigsten Werke entstanden jedoch überwiegend zu Beginn seiner Karriere: The Legion of Space (6 Teile; April bis September 1934 in ASTOUNDING; Buchausgabe 1947; dt. Wächter des Alls), The Legion of Time (3 Teile; Mai bis Juli 1938 in ASTOUNDING; Buchausgabe 1952; dt. Die Zeitlegion), The Humanoids (unter dem Titel »… and Searching Mind« drei Teile; Februar, April und Mai 1948 in ASTOUNDING; leicht erweiterte Buchausgabe 1949; dt. Wing 4) und Darker Than You Think (Dezember 1940 in UNKNOWN; erweiterte Buchausgabe 1948; dt. Geschöpfe der Finsternis bzw. Die Herrscher der Nacht). Williamson wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Nebula Grand Master Award und dem World Fantasy Award für sein Lebenswerk. Im Alter von 93 Jahren erhielt er einen weiteren Hugo Award für die Novelle »The Ultimate Earth« (Dezember 2000 in ANALOG; dt. Kapitel 4 in Die Endzeit-Ingenieure).

In seiner Autobiografie Wonder’s Child erzählt er vor allem von seinem Werdegang als Autor, aber auch von ausgedehnten Reisen und zahlreichen interessanten Bekanntschaften, die er im Laufe seines Lebens machte. 2005 erschien eine um neunzig Seiten erweiterte Version von Wonder’s Child, die auch Williamsons Erinnerungen an den Zeitraum von 1984 bis 2005 enthält.

Weitere Nominierungen:

Patti Perret: Faces of Science Fiction

(1984 bei Bluejay; nicht auf Deutsch)

Harlan Ellison: Sleepless Nights in the Procrustean Bed

(1984 bei Borgo; nicht auf Deutsch)

George Turner: In the Heart or In the Head

(1984 bei Norstrilia Press; nicht auf Deutsch)

Willis McNelly: Dune Encyclopedia

(1984 bei Berkley/Putnam; dt. in zwei Bänden: Der Wüstenplanet – Enzyklopädie: Der autorisierte Führer zu Frank Herberts phantastischem Meisterwerk, H 4142 und H 4143)

Dramatic Presentation

2010 – The Year We Make Contact

(MGM; Drehbuch und Regie Peter Hyams; basiert auf dem gleichnamigen Roman von Arthur C. Clarke; dt. 2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen)

Dieser Spielfilm ist die Fortsetzung von 2001: Odyssee im Weltraum, den Stanley Kubrick 1968 drehte. Er basiert auf dem Roman 2010: Odyssey Two (1982; dt. Odyssee 2010: das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen) von Arthur C. Clarke, wobei für das Drehbuch einige Änderungen an der Handlung vorgenommen wurden.

Wie der Titel des Film bereits verrät, beginnt die Handlung neun Jahre nach den Ereignissen des ersten Films. Sowohl die Sowjetunion als auch die USA bereiten jeder für sich bemannte Flüge Richtung Jupiter vor, um den rätselhaften Monolithen zu erkunden und nach dem Raumschiff Discovery zu suchen, um herauszufinden, was tatsächlich im Jahr 2001 passiert ist. Doch die Discovery droht auf den Jupitermond Io abzustürzen, und da die Amerikaner mit dem Bau ihres Schiffes nicht rechtzeitig genug fertig werden, wird eine gemeinsame Mission von Russen und Amerikanern mit dem Raumschiff Leonow gestartet. Das Verhältnis der beiden Mannschaften ist aufgrund der politischen Verhältnisse auf der Erde zunächst angespannt, doch man nähert sich bald an und lernt einander zu schätzen.

In der Umlaufbahn des Jupitermondes Io angekommen, fliegen zwei Astronauten hinüber zum verlassenen Raumschiff Discovery, und es gelingt ihnen, die Bordsysteme wieder betriebsbereit zu machen. Beide Raumschiffe fliegen in die Nähe des Monolithen zwischen Jupiter und Io. Einer der Astronauten startet mit einer Sonde zum Monolithen, doch es kommt zu einer Energieentladung, und die Sonde verschwindet.

Währenddessen kann Dr. Chandra den Bordcomputer HAL 9000 wieder reaktivieren und findet heraus, dass dessen Fehlverhalten während der ersten Mission darauf zurückzuführen ist, dass er aufgrund seiner Programmierung der Besatzung Informationen vorenthalten musste, was damals dazu führte, dass er bis auf Bowman die gesamte Besatzung der Discovery getötet hat. Dr. Floyd erhält von HAL die Nachricht, die angeblich von dem verschollenen Astronauten Bowman stammt, dass die beiden Raumschiffe das Jupitersystem innerhalb von zwei Tagen verlassen müssen. Schließlich erscheint auch eine Art Geist von Bowman, der diese Nachricht wiederholt.

Die Astronauten nehmen die Warnung ernst, zumal der Monolith seine Position ändert und in die Atmosphäre des Jupiter eintaucht. Die Astronauten können während ihrer Flucht beobachten, wie der Jupiter schrumpft und schließlich zu einem neuen Stern wird. Durch HAL wird die Nachricht zur Erde gesendet: »All diese Welten sind euer – außer Europa. Versucht nicht, dort zu landen. Nutzt sie gemeinsam. Nutzt sie in Frieden.«

Die Menschheit auf der Erde hat nun ein neues, gemeinsames Ziel, das hoffentlich zum Frieden zwischen den Großmächten führen wird. Durch die Wärme des neuen Sterns bildet sich auf dem Mond Europa neues Leben.

Peter Hyams’ Film hat nicht die Erhabenheit und Bildgewalt von Stanley Kubricks Vorgänger, auch wenn Hyams viele Elemente von Kubrick übernommen hat. Dennoch ist es ein solider, wenn auch etwas zu lang geratener Science-Fiction-Film, der weitgehend die Ideen und Stimmungen der Romanvorlage einfängt.

Weitere Nominierungen:

Ghostbusters

(Black Rhino/Columbia; Drehbuch Dan Aykroyd & Harold Ramis; Regie Ivan Reitman; dt. Ghostbusters – Die Geisterjäger)

Star Trek III: The Search for Spock

(Cinema Group/Paramount; Drehbuch Harve Bennett; Regie Leonard Nimoy; dt. Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock)

Dune

(De Laurentiis/Universal; Drehbuch und Regie David Lynch; basiert auf dem gleichnamigen Roman von Frank Herbert; dt. Der Wüstenplanet)

The Last Starfighter

(Lorimar/Universal; Drehbuch Jonathan R. Betuel; Regie Nick Castle; dt. Starfight)

Professional Editor

Terry Carr

Nach zehn Nominierungen (seit 1973) in der Rubrik ›Best Professional Editor‹ wurde Terry Carr (1937–1987) diesmal endlich gewählt. Nachdem er seine Zusammenarbeit mit Ace Books wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Management beendet hatte, gab er zwei hochkarätige Anthologiereihen heraus, die in der SF-Welt große Beachtung fanden. Dabei handelte es sich zum einen um THE BEST SCIENCE FICTION OF THE YEAR (erschienen von 1973 bis 1987) und die ebenfalls jährlich erschienene Anthologieserie UNIVERSE (17 Bände von 1971 bis 1987). Beide Serien wurden nach Carrs überraschend frühem Tod eingestellt.

In The Best Science Fiction of the Year #13 (1984) waren unter anderem Erzählungen von Frederik Pohl, Ian Watson, Connie Willis, Robert Silverberg, John Sladek und Michael Bishop enthalten. Universe 14 (1984) enthielt Texte von Kim Stanley Robinson, Robert Silverberg, Damon Knight, Pat Murphy, Gregory Benford, Lucius Shepard und anderen.

Darüber hinaus gab er 1984 gemeinsam mit Martin H. Greenberg und Isaac Asimov den Band 100 Great Fantasy Short Short Stories heraus.

Weitere Nominierungen:

Stanley Schmidt

Shawna McCarthy

Edward L. Ferman

George Scithers

Professional Artist

Michael Whelan

Whelan hatte schon seit einigen Jahren einen Status als Titelbildkünstler erreicht, mit dem er sich die Autoren aussuchen konnte, deren Buchumschläge er gestaltete. Seinen inzwischen sechsten Hugo als bester professioneller Künstler erhielt er unter anderem für die Bilder zu Job: A Comedy of Justice von Robert A. Heinlein, The Final Encyclopedia von Gordon R. Dickson, The Robots of Dawn von Isaac Asimov und Black Star Rising von Frederik Pohl.

Weitere Nominierungen:

Vincent Di Fate

Val Lakey Lindahn

Barclay Shaw

Tom Kidd

Semiprozine

LOCUS (Charles N. Brown)

Locus hatte bereits neunmal den Hugo gewonnen, seit 1971 achtmal in der Rubrik ›Best Fanzine‹ bzw. ›Best Amateur Magazine‹ und einmal in der 1984 geschaffenen neuen Rubrik ›Best Semiprozine‹. Und das auch zurecht, denn der Herausgeber Charles N. Brown sorgte dafür, dass sein Magazin die neuesten und interessantesten Informationen über den Buchmarkt, Neuerscheinungen und Veranstaltungen brachte und dass seine meist sehr prominenten Gastautoren über die Themen berichteten, die die SF-Szene im Moment bewegten.

1984 erschienen 12 Ausgaben mit jeweils 44 bis 60 Seiten. Der sowjetische Autor Vladimir Gakov veröffentlichte zum Beispiel einen Mehrteiler mit dem Titel »Soviet Science Fiction: The Golden Age«, und es erschienen Interviews mit C. J. Cherryh, Brian W. Aldiss, Christopher Priest, James White, Jim Burns, Harlan Ellison, Ursula K. Le Guin, Jack Vance und J. G. Ballard. Gastautoren waren zum Beispiel Fritz Leiber, Terry Carr, Spider Robinson und Norman Spinrad. Die Rezensionen wurden von Faren Miller, Dan Chow und Debbie Notkin geschrieben, und es gab Briefe von Piers Anthony, Damon Knight, L. Sprague de Camp, John Brunner und vielen anderen.

Weitere Nominierungen:

SCIENCE FICTION CHRONICLE (Andrew I. Porter)

SCIENCE FICTION REVIEW (Richard E. Geis)

No Award

WHISPERS (Stuart David Schiff)

FANTASY REVIEW (Robert A. Collins)

Fanzine

FILE 770 (Mike Glyer)

Mike Glyers bereits 1979 gegründetes Fanzine FILE 770 wurde häufig für den Hugo nominiert und hatte ihn 1984 zum ersten Mal gewonnen.

Glyer berichtete in FILE 770 über Fanclubs, Conventions, fannische Projekte, einzelne Fan-Persönlichkeiten, andere Fanzines und Preisverleihungen. Darüber hinaus schrieb er auch für andere Fanzines Artikel und Conberichte.

Weitere Nominierungen:

RATAPLAN (Leigh Edmonds)

ANSIBLE (Dave Langford)

No Award

MYTHOLOGIES (Don D’Ammassa)

HOLIER THAN THOU (Marty & Robbie Cantor)

Fan Writer

David Langford

David Langford, der meist Dave Langford genannt wird, war bereits von 1979 bis 1984 jedes Jahr als ›Best Fan Writer‹ nominiert, aber 1985 konnte er seinen ersten Hugo in den Händen halten. Langford kann bis heute die meisten Nominierungen in der Geschichte des Hugos für sich verbuchen, und er hat auch die meisten Hugos gewonnen, ebenso viele wie LOCUS-Herausgeber Charles N. Brown.

Der 1953 geborene britische Kritiker, Herausgeber und Fan hat zwar auch eine Handvoll Romane und eine größere Anzahl Kurzgeschichten geschrieben, bekannt ist er jedoch für seine Fanaktivitäten und seine eigenen Fanzines, insbesondere das vielfach ausgezeichnete ANSIBLE (siehe 1987). Aber er schrieb auch für zahlreiche andere Fanzines und einige Magazine wie INTERZONE oder SFX.

1984 erschienen sein Romandebüt The Leaky Establishment (bei Frederick Muller Ltd), das gemeinsam mit Charles Platt verfasste Sachbuch Micromania: The Whole Truth About Home Computers (bei Gollancz) sowie eine Handvoll Kurzgeschichten, von denen es »The Thing in the Bedroom« sogar in The Year’s Best Horror Stories: Series XIII (Hrsg. von Karl Edward Wagner bei DAW Books) geschafft hat. Ein Dutzend kritische Kolumnen erschienen unter dem Titel »Critical Mass« bzw. »Critical Hits« in den Magazinen WHITE DWARF und GAMESMASTER. Langford war ein fleißiger Autor und schrieb auch weitere Rezensionen und Artikel für andere Fanzines außer seinem eigenen, überwiegend selbst verfassten ANSIBLE.

Weitere Nominierungen:

Leigh Edmonds

Richard E. Geis

Mike Glyer

No Award

Arthur D. Hlavaty

Fan Artist

Alexis Gilliland

Gillilands vierter und letzter Hugo wurde ihm hauptsächlich für seine zahlreichen Cartoons in FANTASY REVIEW verliehen, die in jeder Ausgabe des Jahres 1984 erschienen sind.

Weitere Nominierungen:

Brad W. Foster

Joan Hanke-Woods

Bill Rotsler

Stu Shiffman

No Award

Steven Fox

Campbell Award

Lucius Shepard

Der US-Amerikaner Lucius Shepard (1943–2014) hatte bereits als Kind einige Erzählungen veröffentlicht, sein erstes Buch war das lange Gedicht Cantata of Death, Weakmind & Generation (1967). Seine erste SF-Erzählung war »The Taylorsville Reconstruction« (1983 in Universe 13, hrsg. von Terry Carr). Von den sechziger bis in die achtziger Jahre war er viel auf Reisen, und so spielten viele seiner frühen Erzählungen in Mittelamerika. Allein 1984 erschienen acht Erzählungen in unterschiedlichen Magazinen und Anthologien. Hauptsächlich sorgte jedoch der Roman Green Eyes (1984; dt. Grüne Augen) für die entsprechende Aufmerksamkeit bei den Lesern. Die Wähler des Campbell Awards haben sich nicht getäuscht, denn auch später sollten noch viele wichtige Werke von ihm erscheinen. Leider wurden von Shepards zwölf Romanen nur fünf ins Deutsche übersetzt, darunter allerdings so wichtige Bücher wie Life During Wartime (1987; dt. Das Leben im Krieg), Kalimantan (1990; dt. Kalimantan) oder A Handbook of American Prayer (2006; dt. Ein Handbuch amerikanischer Gebete). Von seinen rund 100 Erzählungen schaffte es zumindest ein Drittel nach Deutschland. Shepard erhielt für seine Texte über 160 Nominierungen für alle wichtigen Genrepreise, gewann einen Hugo, einen Nebula, zwei World Fantasy Awards, acht Locus Awards und einmal den Kurd Laßwitz Preis.

Weitere Nominierungen:

Melissa Scott

Geoffrey A. Landis

No Award

Elissa Malcohn

Bradley Denton

Ian McDonald

1986

44. World Science Fiction Convention

ConFederation in Atlanta, USA, Ehrengäste: Ray Bradbury (pro), Terry Carr (fan)

5811 Teilnehmer, Toastmaster: Bob Shaw

Novel

Orson Scott Card: Ender’s Game

(1985 bei Tor; dt. Das große Spiel, B 24089, Bertelsmann Club und H 8226; Enders Spiel, H 31420)

Orson Scott Card (*1951) hatte bereits 1978 den Campbell Award als bester neuer Autor erhalten, nicht zuletzt wegen seiner langen Erzählung »Ender’s Game« (August 1977 in ANALOG), die auch als ›Best Novelette‹ Platz 2 bei der Hugo-Verleihung 1978 erreichte. Fast ein Jahrzehnt später erweiterte er die Geschichte und sollte damit einen weltweiten Bestseller landen, der in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurde.

Die Welt ist in keinem guten Zustand: Drei politische Großmächte stehen sich noch immer im Kalten Krieg gegenüber, die Ressourcen werden knapper, Überbevölkerung ist zu einem Problem geworden, und China wurde vernichtet. Außerdem wurde die Erde bereits zwei Mal von Außerirdischen angegriffen, und nur durch das strategische Geschick eines inzwischen legendären Mannes namens Mazer Rackham konnten die außerirdischen »Krabbler« (engl. »Buggers«) zwei Generationen zuvor zurückgeschlagen werden.

Die SchwarmköniginDer Hegemon

1991 erschien eine überarbeitete Version des Romans, in dem Card einige Fakten änderte und modernisierte; so berücksichtigte er dabei zum Beispiel den Zusammenbruch der Sowjetunion.

Damien Broderick und Paul Di Filippo haben Ender’s Game in ihr Buch Science Fiction: The 101 Best Novels 1985–2010 aufgenommen. Sie bezeichnen das Buch als Bildungsroman und stellen fest, dass weder Robert A. Heinleins Starship Troopers, James Blishs A Case of Conscience noch Philip José Farmers The Lovers so viel provozierenden, philosophischen Sprengstoff enthalten haben. Nicht umsonst ist das Buch seit seinem Erscheinen bis heute im Druck und wird vielerorts als Lektüre für unterschiedliche Arten von Unterricht benutzt.

Die Verfilmung von Gavin Hood, die 2013 in die Kinos kam, wurde dafür kritisiert, dass sie die Handlung allzu sehr vereinfacht, ist jedoch optisch hervorragend gelungen. Card selbst schrieb das Drehbuch für ein siebenstündiges Hörspiel, das nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland umgesetzt wurde.

Enders weitere Erlebnisse werden in den Bänden Speaker for the Dead (1986; dt. Sprecher für die Toten), Xenocide (1991; dt. Xenozid) und Children of the Mind (1996; dt. Enders Kinder) erzählt. Card verfasste außerdem eine Serie mit bisher fünf Bänden, in denen Bean, eine Nebenfigur aus Ender’s Game, im Mittelpunkt steht. Der erste Band heißt Ender’s Shadow (1999; dt. Enders Schatten).

Weitere Nominierungen:

C. J. Cherryh: Cuckoo’s Egg

(1985 bei DAW; dt. Das Kuckucksei, H 4496)

David Brin: The Postman

(1985 bei Bantam Spectra; dt. Gordons Berufung, H 4594)

Larry Niven & Jerry Pournelle: Footfall

(1985 bei Del Rey; dt. Fußfall, H 4708)

Greg Bear: Blood Music

(1985 bei Arbor House; dt. Blutmusik, H 4480)