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Herbert, das Lametta ist aus!

 

Das Weihnachts-Ei

 

Maria und die Harfe

 

Engel fangen

 

Flambierter Tannenbaum auf Toast

 

Eine Tannenbaum-Geschichte

 

Der Weihnachtsklau

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Wie jedes Kind weiß, isst der Weihnachtsmann gerne Kekse und trinkt dazu am liebsten ein Glas Milch. Doch ausgerechnet am letzten Weihnachtsfest hatte seine Frau ihn auf Diät gesetzt. Sie war der Meinung, sein roter Mantel sei zu eng geworden und es wäre doch an der Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.

Der Weihnachtsmann aber wollte all die Kinder nicht enttäuschen, die sich die Mühe gemacht hatten, extra leckere Kekse für ihn zu backen. Er wollte nichts davon unberührt stehen lassen. Was hätte er also anderes tun sollen, als Milch und Kekse an seine Rentiere zu verfüttern? Rudolf, Blitz und Donner und all die anderen freuten sich wie verrückt und konnten von den vielen Leckereien gar nicht genug bekommen.

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Ihr fragt Euch, wie das ausgegangen ist?

Nun ja, in diesem Jahr hat Frau Weihnachtsmann die Rentiere auf Diät gesetzt.

Herbert, das Lametta ist aus!

Es war Weihnachtsmorgen und Herbert Limbach saß gemütlich mit der Weihnachtsausgabe der lokalen Zeitung und einem Becher Kaffee am Küchentisch. "Ach", dachte er sich, "so könnte es eigentlich jeden Morgen sein. So ruhig und friedlich."

Just in dem Moment keifte es aus dem Wohnzimmer um die Ecke: "Herbert, das Lametta ist aus!"

Stille.

Herbert rührte sich nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde war er der Meinung, dass er einfach so tun könnte, als wäre er nicht da, und dass es auch tatsächlich funktionieren könnte.

"Heeeerbeeeert! Hast Du nicht gehört?! Das Lametta!"

Herbert quälte sich grummelnd und brummelnd von dem angewärmten Küchenstuhl auf. Er faltete die Zeitung zusammen und legte sie neben dem Kaffeebecher auf dem Tisch ab. Polternd walzte er aus der Küche in Richtung Wohnzimmer. Er gab sich alle Mühe, so fest wie möglich aufzustampfen, um seinen Unmut auch deutlich zum Ausdruck zu bringen.

Als er um die Ecke bog, erblickte er seine Frau Irene vor einem Ungetüm an Weihnachtsbaum stehen, die Arme vor dem Brustkorb verschränkt. Ihr Gesicht war verzerrt, vermutlich vor Wut, weil er so lange gebraucht hatte, um zu erscheinen.

"Herbert, da bist du ja endlich", stellte sie mit unbewegter Miene fest. "Das Lametta!" Mit dem Kopf deutete sie in Richtung Weihnachtsbaum.

Herbert verstand kein Wort. Der Baum war regelrecht mit Schmuck überladen. Unter den vielen Kugeln, Figürchen, Zuckerstangen und - weiß der Geier - was noch alles, war das Grün der Nadeln lediglich noch zu erahnen.

"Was ist mit dem Lametta?!" Herbert bellte die Frage wie ein Wachhund, der Gefahr witterte.

"Is' aus", erwiderte Irene und ließ die Schultern hängen.

Herbert konnte deutlich spüren, wie sich seine Innereien in einem gewaltigen Krampf zusammen zogen. Er wusste ganz genau, was als nächstes kommen würde. Und noch bevor er etwas dagegen hätte unternehmen können, rollte eine Träne über Irenes Wange hinab.

"Puuuhhh", stieß er aus. Nun fühlte er sich gar nicht mehr wie ein Wachhund, sondern eher wie ein eingeknicktes Gänseblümchen. Wie schaffte es Irene nur jedes Mal, dass er sich von einem Moment auf den anderen derart mickerig fühlte?

"Herbert, so tu' doch was!", heulte Irene plötzlich mit einem vollkommen übertriebenen Schluchzen los. Sie legte die Hände an die Schläfen, als hätte sie unter starken Schmerzen zu leiden.

Herbert stand fassungslos da und bemühte sich inständig ein Augenrollen zu unterdrücken. Das hätte Irene nur noch mehr aufgeregt. Was sollte er nur tun? Bis eben war der Morgen doch so schön ruhig und friedlich gewesen, und eigentlich wollte er doch nur in der Küche sitzen, seinen Kaffee trinken und die Zeitung lesen. Es war natürlich klar, dass er sich diesen Plan mit sofortige Wirkung abschminken konnte.

"Ähm", brachte Herbert schließlich hervor, als Irene ihn nach gefühlten fünf Minuten des Schweigens mit ihrem gefürchteten Todesblick bedachte.

"Ähm", wiederholte er, denn er wusste immer noch nicht, was denn nun seine Aufgabe bei dieser Problematik war.

"Jetzt steh doch nicht so unnütz da rum!", maulte Irene auch schon los. "Zieh dich an und geh Lametta kaufen. Um zwölf kommen die ersten Gäste."

Gäste? Herbert wusste nichts von Gästen.

"Und soll ich denen etwa einen Weihnachtsbaum ohne Lametta präsentieren? Wo gibt es denn so was?" Irene stützte die Hände in die Hüften und reckte das Kinn weit vor. In ihre Augen schlich sich ein seltsam verrücktes Funkeln. Sie sah Furcht erregend aus, und Herbert würde den Teufel tun, ihr in einer derart gefährlichen Lage zu widersprechen.

"Ja, Schatz", sagte er nur und senkte demütig den Kopf. Vielleicht gab es ja auf dem Weg zum Kaufhaus einen Bäcker, in dem er einen Kaffee trinken und die Zeitung lesen könnte. Der Gedanke bescherte ihm eine stille Vorfreude, auch wenn sie noch so klein war.

Der Schnee vor der Haustür lag geschätzte drei Meter hoch. Herbert sparte sich das Freischaufeln der Garageneinfahrt und ging zu Fuß. Zum Kaufhaus würde er ungefähr eine Viertelstunde benötigen. Das Schneeschaufeln nahm sicher mehr Zeit in Anspruch und war obendrein weitaus weniger entspannend.

Herbert war selbst ein wenig überrascht, wie sehr er den Spaziergang genoss und beinahe enttäuscht, als er sein Ziel erreichte.

Im Angesicht des reich geschmückten, hell erleuchteten und von Menschenmassen umzingelten Kaufhaues ergriff ihn kurzzeitig ein leichter Anflug von Panik. Noch nie hatte er das Kaufhaus an einem Montagmorgen in einem ähnlichen Belagerungszustand erlebt. Aber es fiel schließlich auch nicht jeder Montag ausgerechnet auf Heilig Abend.

Einmal tief durchatmen, sagte er sich, dann Augen zu und durch. Wie schlimm kann es schon werden? Es war ja nicht so, als müsste er noch sämtliche Weihnachtseinkäufe auf den letzten Drücker erledigen. Er brauchte nur ein Päckchen Lametta. Dafür müsste er nur ins Kaufhaus hinein spazieren, bei seinem Kumpel Bobo im Untergeschoss vorbei schauen, der ihm das Lametta schon aus der riesige Weihnachtsangebotspalette herausfischen würde, bezahlen und - zack - wäre die Sache geritzt. Danach würde ihm sicher noch genug Zeit bleiben, um Kaffee zu trinken und Zeitung zu lesen.

Wenige Augenblicke später stellte er frustriert fest, dass sein Plan gar nicht so leicht in die Tat umzusetzen war. Der Andrang vor den Eingangstoren des Kaufhauses war gewaltiger, als Herbert im ersten Moment registriert hatte. Männer und Frauen mit Kinderwagen oder ohne, mit Oma und Opa an der Hand, ja, ganze Familienzusammenführungen fanden da vor seinen Augen statt. Und sie alle hatten nur ein Ziel: Das Kaufhaus.