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AUF ENTDECKUNGSREISE – IM INHALTSVERZEICHNIS

DIE NATUR BRAUCHT DICH – UND WIE!

AUSSTEIGEN? EINTAUCHEN UND ANKOMMEN IN DER NATUR

Was dich in deinem Waldbuch erwartet

Sei frei und wild und unbeschwert!

VERBINDE DICH MIT DER NATUR: DER WALD UND DU!

Was dir die Evolution entgegenruft? Raus mit dir!

Mehr als ein Spaziergang – dreh eine Runde zu dir selbst

Im Wald darfst du einfach sein

Eine riesige Wohngemeinschaft: Der Wald steckt voller Leben

Die Bäume – Urkraft des Lebens!

Circle of life: vom König der Löwen zum Wald vor der eigenen Haustür

Pflanzengeflüster, Baumfreundschaften und das Wood-Wide-Web

Die Sprache der Bäume: Kommunikation unter deinen Füßen

Nahrungsspende von großen Nachbarbäumen: Hilfe für hungrige Freunde

Lasst uns mit den Bäumen reden

Deine innere Stimme: Kann der Wald Übersetzer spielen?

Lebewesen Baum: Das geht unter die Rinde!

Der Baumkörper

Die Baumseele

Speeddating mit 8 Baumkandidaten

Die Tanne

Die Kiefer/Föhre

Die Lärche

Der Ahorn

Die Buche

Die Eiche

Die Esche

Die Weide

Sei ein angenehmer Gast: Waldknigge

Spitz deine Ohren: Jetzt kommen die Waldregeln

Frag doch mal den Jäger

Wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen: Entdeckungstour mit Willi dem Weidmann

Baumkindergarten: Wer ist denn das da?

WILLKOMMEN BEI DOKTOR WALD: FREI SEIN, BEI DIR SEIN

Die positive Kraft angenehmer Sinneseindrücke: Wenn du vor lauter Bäumen nur mehr Wald siehst … und riechst und hörst und fühlst

Waldduft liegt in der Luft – daran schnuppern wir gerne

Herber Geschmack, süße Wirkung – lass dir den Wald auf der Zunge zergehen!

Grün hinter den Ohren? Besser vor den Augen: Schönheit betrachten bringt innere Ruhe

Idyllische Waldmusik: Lieblingshit jeder Körperfaser!

Anfassen erlaubt: Streicheleinheiten mit Moos und Rinde austauschen

Benefit fürs Immunsystem, den Stoffwechsel und die Psyche

Der Immun-Booster: Wecke den Killer in dir!

Der Energie-Kick: Wenn der Wald dich wachrüttelt

Der Harmonizer: Aufgeregte Nerven bringt der Wald wieder in Form

Such dir deinen persönlichen Lieblingsfleck: deine perfekte Waldtankstelle

Kleine Anleitung: auf zum Tauchgang in der Waldatmosphäre

Was du brauchst? Weniger Gepäck, mehr Wald!

16 Vorschläge, dein Waldbad zu gestalten: ganz ohne Schaum und Kiefernbadesalz

Wood for two: Waldbaden zu zweit

Hol dir den Wald in dein Wohnzimmer!

HEILKRAFT TO GO: GESUNDE MITBRINGSEL AUS DEM WALD

Auf zu den natürlichen Superheldinnen: So sammelst du Wildpflanzen

Los geht’s mit dem großen Pflücken: Pflanzenportraits

Die Birke – pure Kraftbombe

Die Gewöhnliche Braunelle – schmeichelt deinem Hälschen

Der Echte Ehrenpreis – hält dich im Gleichgewicht

Die Wald-Engelwurz – nasch dich durch jedes Teil

Sauerhonig, mein Ein und Alles!

Die Fichte – lässt dich aufatmen

Der Kriechende Günsel – erste Hilfe bei kleinen Wunden

Die Wilde Karde – stillt deinen Durst

Die Gewöhnliche Pestwurz – setz dir den Sonnenhut auf

Die Vogelbeere – Feuer und Flamme für deine Abwehrkräfte

Der Gemeine Wacholder – bewahrt deine Lebensfrische

Ruhe pur mit duftenden Pflanzen: Wenn Probleme mit dem Rauch verschwinden …

Was der Wald dir gibt? – Was du dem Wald geben kannst!

Sammelkalender: die wilden Pflanzenteile und ihre Erntezeiten

I’M A SURVIVOR: DAS ECHTE LEBEN WARTET DRAUSSEN

Bushcrafting: Was du in der Natur brauchst

Ich habe einen Unterschlupf gefunden – oder gebaut!

Basic, Premium oder de luxe? – Deine Waldunterkunft

Spurlos verschwunden: keine Hinterlassenschaften

Und wenn was ist? – Notruf im Gelände

Das Lagerfeuer – Wärme, die unter die Haut geht

Ich habe Feuer gemacht – früher und heute

Heiße Sache? Regeln für ein Lagerfeuer in der Natur

Place to be: der richtige Ort für ein Lagerfeuer

Gute Basis für warme Angelegenheiten: Grundausrüstung zum Feuermachen

Damit’s so richtig knistert: Brennmaterial sammeln

Freiheit braucht die Flamme: das Lagerfeuer aufbauen

Gleich züngelt’s los: das Feuer entfachen

Spuren verwischen: löschen und Rückstände beseitigen

Wenn der Magen knurrt: Kochen unter freiem Himmel

Kleines Equipment für Kochsessions in der freien Natur

Speisekammer für die Outdoorküche: Zutaten aus der Natur und deinem Vorratsschrank

Kochen mit dem Holzvergaser: feuerheiße Abende

Kochen auf offenem Feuer: Sommernachtsstimmung

Rezepte für draußen: So schmeckt der Wald!

Wilder Lagerfeuertee

Couscous mit Karotte und Giersch

Nudeln mit Roten Linsen und Quendel

Eierspeise mit Wildkräutern

3-Zutaten-Fladenbrötchen

Kartoffeln aus der Glut

Haferbrei mit Nüssen

Ich habe Wasser gefunden!

Sprudelbach oder Muldenpfütze: ohne Wasser kein Leben

Qualität ist alles: Quellensucher aufgepasst!

How to: Wie du Wasser aufspürst und sammelst

Das ist noch lange nicht alles: Jetzt geht’s ans Wasseraufbereiten

DEIN SURVIVAL-GUIDE DURCHS BUCH

Damit dir kein Bushcrafter oder Waldbadprofi etwas vormachen kann: Waldglossar

Du hast noch immer nicht genug Wald? Dann hier entlang: Literaturliste

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Kannst du die Kraft der Natur spüren?

Die Natur, das ist die Erde, in der die Wurzeln ankern, in der Samen schlummern und Milliarden von Kleinstlebewesen und Mikroorganismen auf Hochtouren arbeiten. Die Natur, das ist das Wasser, das sich aus den Meeren und Seen durch die Wärme der Sonne auf den Weg in luftige Höhen begibt, sich dort in Wolken verwandelt und irgendwann wieder die Erde benetzt. Die Natur, das ist die Quelle, die vom Regen gespeistes Grundwasser wieder an die Oberfläche führt, zum Bächlein, Bach und Fluss anschwillt und schließlich im Meer mündet. Die Natur, das ist der Fisch, der im Wasser schwimmt.

Die Natur, das ist der Samen, der durch die Wärme der Sonne, das Wasser und die nährende Erde keimt und zu einer Pflanze heranwächst. Die Natur, das ist die Sonne, die die Pflanze zum Sprießen bringt. Die Natur, das ist das Insekt, das sich an dem süßen Nektar und dem nahrhaften Pollen labt, und das Insekt, das die sattgrünen Blätter der Pflanze frisst. Die Natur, das ist der Vogel, der die Samen der Pflanze verzehrt. Die Natur, das ist der Wind, der den Vogel trägt und auch das Tier, das den Vogel frisst.

Die Natur, das ist das Tier und die Pflanze, die am Boden liegen, nachdem ihre Lebenskraft entschwunden ist, und die Käfer, Maden, Pilze und Bakterien, die die Überreste wieder in nährende Erde verwandeln. Die Natur, das ist Werden, Leben und Vergehen. Das alles ist Natur – und noch viel mehr.

Und wo bleibst du, der Mensch, in diesem idyllischen Bild? Denkst du, du passt hier nicht hinein? Siehst du in deiner Vorstellung einer perfekten Naturlandschaft einen Menschen? Meinst du, der Mensch hat hier nichts zu suchen? Ich finde doch! Vor allem der achtsame Mensch, der die Natur liebt, wertschätzt, respektiert und dankbar dafür ist, dass sie ihm das Leben schenkt. Der Mensch, der die Natur in vollen Zügen genießt, Kraft tankt, sich mit ihr verbindet, Naturschätze sammelt und darauf achtet, dass er keine bleibenden Spuren hinterlässt. Der Mensch, der der Natur vielleicht sogar etwas zurückgibt.

Formt er sich schon, dieser Mensch, in deiner perfekten Naturlandschaft? Mit diesem Buch möchte ich dich dabei begleiten, dieser Mensch zu werden. Der Mensch, der weiß, dass die Natur seine Mutter ist. Der Mensch, der in der Natur und ihren Teilen auf einfachste Art und Weise Kraft zu tanken vermag. Der Mensch, der in der Natur zu seinem Innersten findet und dadurch Antworten auf seine Fragen gewinnt. Der Mensch, der in der Natur aufblüht und das Leben spürt. Der Mensch, der weiß, wie er es verhindert, bleibende Spuren zu hinterlassen.

Dafür braucht es klare Regeln, die eingehalten werden müssen. Regeln, die die Natur vorschreibt, und Regeln, die der Mensch zum Schutz der Natur erarbeitet hat. Lass dich aber nicht von den Vorschriften entmutigen. Freue dich, dass du ein „Werkzeug“ hast, um die idyllische Naturlandschaft in deinem Kopf zu verwirklichen – mit dir darin.

Lass uns losstarten: auf in den duftenden, sagenhaften Wald.

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Umgeben von Grün fühle ich mich so richtig wohl. Am besten ich entdecke Baumnadeln in meinen Haaren, spüre das Moos unter meinen Fußsohlen und rieche die Erde um mich herum.

AUSSTEIGEN? EINTAUCHEN UND ANKOMMEN IN DER NATUR

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Schon als Kind hat es mich hinausgezogen: auf die Wiesen rund um unser Haus, zum Beobachten der Pflanzen, Käfer, Würmer, Ameisen und Vögel. Zum Bach im Wald mit der verwunschenen Steinformation, an der ich hochkletterte. Natürlich auch zu meinen Lieblingsbäumen. Im Wald überkam mich ein Gefühl der Geborgenheit. Als würden mich die Bäume behüten. Oder mich beruhigen, wenn ich aufgebracht war und die Welt nicht verstehen konnte. Mit jedem weiteren Meter konnte ich mein innerliches Chaos ein wenig mehr sortieren. Der hartnäckige Knäuel verpuffte durch die Ausstrahlung des Ortes, an dem ich mich niederließ. Manchmal wusste ich schon im selben Moment nicht mehr, was mich so aufgewühlt hatte. Ich war bei mir selbst angekommen.

SAG HALLO ZU DEINEM INNEREN KIND!

Was ich mir als Kind mit Selbstverständlichkeit gönnte, entdeckte ich im Erwachsenenalter erneut. Verbunden mit der Natur zu sein, ist für mich die wichtigste Voraussetzung, um meine innere Kraft voll zu entfalten. Du bist ein Kind der Natur, mit allen Charakterausprägungen, Ecken und Kanten. Du musst nicht weit reisen, um zu dir selbst zu finden. Spüre dich und sei neugierig auf das, was du in dir und um dich wahrnimmst. Überall gibt es etwas zu entdecken, überall lauern kleine Abenteuer.

WAS DICH IN DEINEM WALDBUCH ERWARTET

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Verbunden sein: Schließe Freundschaft mit Bäumen und finde dabei zu dir selbst

Der Wald ist wie ein eigenes Universum voller Leben. Im Kapitel „Verbinde dich mit der Natur“ ab Seite 17 gibt es Baumwelten zu entdecken. Wie ist der Organismus Wald beschaffen? Wie wirkt alles ineinander? Wie kommunizieren Bäume untereinander? Welche häufigen Baumarten gibt es bei uns? Und wir lernen den Waldknigge kennen. Dafür begeben wir uns u. a. auf Entdeckungstour mit Willi dem Weidmann. Mein Herz schlägt höher, wenn ich auf Wildtiere oder ihre Spuren treffe, deines auch?

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Ruhe suchen, Kraft tanken: Bleib im Wald, bis dein Kopf aufhört zu schwirren

Im Kapitel „Willkommen bei Doktor Wald: frei sein, bei dir sein“ ab Seite 59 tauchst du voll und ganz in die Waldatmosphäre ein. Hier lernst du, was einen Aufenthalt im Wald eigentlich so gesund macht und wie du diese Kraft mit einem genussvollen „Waldbad“ aufsaugst. Gleich vorweg, dafür braucht es keine große Anleitung, trotzdem gibt es ein paar Tipps und Tricks, damit so eine Walddusche richtig guttut.

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Zum Mitnehmen: Pflück heilsame Naturschätze und mach was draus

Auf Wald und Wiese sind grüne Superheldinnen zu finden. 10 wilde Pflanzen, Sträucher und Bäume, die du entweder gleich draußen verwenden, oder daheim weiterverarbeiten kannst. „Heilkraft to go: gesunde Mitbringsel aus dem Wald“ und viele Rezepte warten ab Seite 87 auf dich.

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Empowerment: Bushcrafting macht unabhängig und lebendig

Einen Unterschlupf bauen? Die Macht des Feuers in deinen Händen und Kochen am Lagerfeuer? Wasser finden in der Natur? Diese Techniken zu lernen und auszuprobieren, ist ein großes Abenteuer. Sie zu beherrschen vermittelt ein wunderbares Gefühl von Selbstbestimmtheit. Folge dem Ruf der Wildnis! And be your own master! Im Kapitel „I’m a Survivor: Das echte Leben wartet draußen“ ab Seite 137 lernst du wie.

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Sei frei und wild und unbeschwert!

Auf einem Baumstamm balancieren, auf einen Baum klettern oder durch den kalten Bach waten: Im Wald werde ich manchmal wieder zum Kind und bekomme Lust auf Schabernack. Dem Ruf des inneren Kindes nachzugeben, befreit und gibt Kraft!

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Der Wald ist Rückzugsort und Abenteuerplatz zugleich.

VERBINDE DICH MIT DER NATUR: DER WALD UND DU!

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Ein Aufenthalt im Wald ist heilsam. Schon immer zog es Menschen zur Erholung in den Wald oder in den nächsten Park. Abgeschottet von der oft hektischen und lärmenden Außenwelt, ist der Wald ein Ort, um zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken. Speziell an heißen Sommertagen erfrischt die Waldluft ungemein. Doch es locken nicht nur angenehme Temperaturen, frischer Sauerstoff und eine erhöhte Luftfeuchtigkeit. Der Mensch fühlt sich auch auf einer tieferen Ebene vom Wald angezogen. Und ja, der Wald ist außerdem geheimnisvoll. Es gibt vieles zu entdecken, Abenteuer zu erleben, Gebiete auszukundschaften. Deshalb wollen wir den Wald, seine Pflanzen und Tiere in diesem Kapitel etwas besser kennenlernen. Tauch ein in den Waldorganismus, erfahre mehr über die Sprache der Bäume, komm zum Speeddatingevent mit 8 spannenden Baumarten, lass dich in Waldknigge ausbilden, wandere mit Willi dem Weidmann auf den Spuren der Wildtiere – und lande bei dir selbst.

Der Mensch braucht die Natur. Warum und wie sehr, versucht die Biophilia-Hypothese zu beschreiben. „Biophilia“ bedeutet aus dem Griechischen übersetzt so viel wie „Liebe zum Leben“ oder „Liebe zur lebendigen Welt“. Der Begriff Biophilie wurde bereits gegen Mitte des 20. Jahrhunderts verwendet. Biophilie beschreibt das menschliche Bedürfnis, sich mit allem Lebendigen zu verbinden, zu wachsen und Wachstum zu fördern. Seien es nun Pflanzen, soziale Beziehungen oder die eigenen Ideen. Dahinter werden evolutionäre Gründe vermutet.

WAS DIR DIE EVOLUTION ENTGEGENRUFT? RAUS MIT DIR!

Kennst du das Gefühl, Sehnsucht nach Grün und frischer Luft zu haben? Einfach „raus“ zu wollen, zu atmen, zu spüren, zu leben? In unserem heutigen Lebensalltag haben wir oft zu wenig davon, vom Grün, von der Luft, vom freien Lebensgefühl. Kein Wunder! Der Mensch lebt erst seit ca. 200 Jahren in der Umwelt, wie wir sie kennen, fast restlos erschlossen und industrialisiert. Das ist quasi ein Wimpernschlag in der Evolutionsgeschichte. Davor hat er ca. 15.000 Jahre lang Ackerbau betrieben und sich noch früher vermutlich ca. 300.000 Jahre lang in der wilden Natur bewegt und sich mit ihr entwickelt. Er hat gelernt, Dinge zu lieben, die ihm das Überleben sichern.

In der modernen Umwelt keimt die Sehnsucht nach der wilden Natur wieder auf. Die Erfüllung des Bedürfnisses, sich mit der Natur zu verbinden, das der Biophilie entspringt, ist ein genauso wichtiger Baustein für unser Wohlbefinden wie gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und harmonische soziale Beziehungen.
Eine Verbindung zur Natur kannst du auf vielen Wegen aufbauen: Indem du einen Garten bepflanzt und pflegst, dir dein Obst und Gemüse selbst anbaust oder auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mithilfst. Du kannst mit Wertschätzung Pflanzen aus der Natur sammeln und verarbeiten, versuchen Wasser und Nahrung in der Natur zu finden oder am Lagerfeuer die Sterne beobachten. Vielleicht magst du barfuß behutsam über den Waldboden schlendern, in der Hängematte im Wald deine Seele baumeln lassen oder es ganz einfach genießen, die aromatische Waldluft einzuatmen und dem Rauschen der Bäume zu lauschen.

MEHR ALS EIN SPAZIERGANG – DREH EINE RUNDE ZU DIR SELBST

Auf dem Land aufgewachsen, beobachtete ich als Kind unsere betagten Nachbarn, die gemächlich mit dem Spazierstock über Feldwege in den Wald hinein verschwanden und mit zufriedenen Gesichtern wieder heimkehrten. Auch meine Oma, die sich über viele Dinge herzlich aufzuregen pflegte, ging regelmäßig spazieren und kam – zumindest etwas – beruhigter wieder zurück. Bei gemütlichen Sonntagsspaziergängen mit den Eltern und Geschwistern verfielen wir oft in tiefergehende Gespräche, als sie bei Kuchen und Kaffee am Küchentisch üblich waren.

Auch wenn es den Nachbarn, der Großmutter oder uns nicht bewusst war, die heilsame Kraft der Natur und des Waldes hat hier gewirkt. Was alle diese Spaziergänge gemeinsam hatten? Es waren Spaziergänge ohne Ziel. Es ging darum, sich zu bewegen, frische Luft zu schnappen, abzuschalten, Zeit miteinander oder alleine in der Natur zu verbringen. Sich auf sich selbst oder aufeinander zu konzentrieren und dabei die Landschaft und die magische Ausstrahlung des Waldes auf sich wirken zu lassen.

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Durch den Wald streifen ohne Ziel? Fühl dich frei!

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In der Ruhe des Waldes kannst du ganz du selbst sein.

IM WALD DARFST DU EINFACH SEIN

Du siehst: Bewegung im Wald hat eine positive Wirkung auf uns. Was die meisten Menschen vorher wahrscheinlich eher instinktiv machten, wenn sie das Bedürfnis danach hatten, lebt heute unter dem Begriff „Waldbaden“ neu auf. Das Bedürfnis, im Wald zu sein und sich bewusst mit ihm zu verbinden, wird beim Waldbaden gestillt. In Japan wird seit Jahrzehnten an der Wirkung des Waldes auf die menschliche Gesundheit geforscht. „Shinrin yoku“, was sich mit „Eintauchen in die Waldatmosphäre“ übersetzen lässt, hat dort mittlerweile einen Status als medizinische Anwendung erreicht.

Beim Waldbaden geht es nicht darum, strikten Regeln und Anweisungen zu folgen. Im Gegenteil, es geht darum, in sich hinein zu horchen, zu spüren, neutral wahrzunehmen und sich treiben zu lassen. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind: ein ruhiger Wald, Neugierde, Offenheit und Ruhe. Alles andere ergibt sich von selbst. Um es mit den Worten von Dr. Qing Li, einem der wichtigsten Experten und Forscher zum Thema Waldbaden, zu sagen: „Die Kunst des Waldbadens ist die Kunst, sich durch alle Sinne mit der Natur zu verbinden.“ Mehr dazu findest du im Kapitel „Willkommen bei Doktor Wald: frei sein, bei dir sein“ ab Seite 59.

Zuallererst wollen wir uns nämlich mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Wer ist eigentlich dieser Wald? Was steckt in ihm? Wie ist er aufgebaut? Begeben wir uns auf die Spuren des Waldes …

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Horche in dich hinein, sei ein Baum unter vielen.

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Der Wald ist ein faszinierender Kosmos für sich.

EINE RIESIGE WOHNGEMEINSCHAFT: DER WALD STECKT VOLLER LEBEN

Der Wald ist eines der vielfältigsten Ökosysteme. So komplex und perfekt, dass es fast wie ein Wunder erscheint. Durch die Lebensgemeinschaft von Mikroorganismen, Kleinstlebewesen wie Insekten, kleinen, mittleren und größeren Säugetieren, Pilzen, Moosen, krautigen Pflanzen, Sträuchern und Bäumen entsteht ein geschlossener Kreislauf zwischen Nährstoffproduzenten, Nährstoffkonsumenten und abbauenden Lebewesen.

Grüne Pflanzen erzeugen, mit Hilfe von Nährstoffen aus dem Boden und Sonnenenergie, aus Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft und Wasser, Sauerstoff und organische Verbindungen, wie z. B. Zucker. Sie sind Produzenten.

Pflanzenfresser in unterschiedlicher Größe, angefangen von der Raupe über manche Vögel und viele Säugetiere vom Eichhörnchen bis zum Reh, laben sich an dem satten Grün. Fleischfressende Tiere wie der Bussard oder der Wolf wiederum ernähren sich von Pflanzenfressern. Zusammen mit den Allesfressern, wie dem Fuchs, dem Dachs, dem Marder oder dem Wildschwein, bilden sie die Gruppe der Konsumenten.

Die wohl artenreichste Gruppe im Ökosystem sind die Kleinstlebewesen und Mikroorganismen, welche organisches Material wie totes Laub, abgestorbenes Holz, Kot oder tote Tiere wieder zu für Pflanzen verfügbaren Nährstoffen abbauen. Sie leben am oder im Waldboden. Käfer, Würmer, Maden, Schnecken, Ameisen und Milben sind Destruenten (Zersetzer), sie zerkleinern die grobe Biomasse. Pilze und Bakterien zerlegen das zerkleinerte organische Material dann in anorganische Nährstoffe. Sie sind Reduzenten. Eine Handvoll Waldboden enthält Milliarden solcher Mikroorganismen.

Durch diese ausgeklügelten Lebensgemeinschaften erhält sich ein gesunder Wald selbst. Er produziert laufend ausreichend Nährstoffe für seine Bewohner. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum uns der Wald so fasziniert? Ein ökologisches Paradies, das nichts braucht als sich selbst – wenn es in Ruhe gelassen wird.

DIE BÄUME – URKRAFT DES LEBENS!

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Wenn du versuchst, dir die vier Jahreszeiten bildlich vorzustellen, wird vielleicht rasch das Bild eines Laubbaumes vor deinem inneren Auge auftauchen. Kein anderes Lebewesen führt dir so eindrücklich den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens vor Augen wie ein Baum. Er steht Zeit seines Lebens am selben Platz, vielleicht direkt vor deiner Nase. Vom Keimling wächst er zu einem jungen Spross heran, der seine Äste immer weiter in den Himmel streckt und seine Wurzeln immer tiefer in der Erde ausbreitet, bis er zu einem stattlichen Baum herangewachsen ist.

Kein Wunder also, dass sich im menschlichen Sprachgebrauch viele Analogien zu Bäumen finden, wenn es um tiefgreifende Bedürfnisse des Lebens geht. Wenn wir uns haltlos fühlen, möchten wir uns „wieder verwurzeln“. Wir möchten „in uns ruhen“, unsere Kräfte sparen, bis für uns wieder Bedingungen herrschen, in denen wir uns „neu entfalten“ können. Letztendlich möchten wir, dass unser Wirken „Früchte trägt“, und die Samen unserer Früchte sollen „auf fruchtbaren Boden fallen“ und „aufkeimen“. Dann ist der Kreislauf unseres Wirkens vollendet.

Bäume existieren seit rund 300 Millionen Jahren auf der Erde. Zuerst waren es Schachtelhalm-, Bärlapp- und Farnarten, die zu Urzeiten baumartig wuchsen, bis vor rund 270 Millionen Jahren die Nadelbäume entstanden. Vor ungefähr 100 Millionen Jahren gesellten sich dann die Laubbäume dazu. Im Vergleich dazu bevölkert der moderne Mensch die Erde erst seit etwa 300.000 Jahren.

Je nach Standort und Baumart können einzelne Individuen zwischen hundert und mehrere tausend Jahre alt werden. Der älteste bekannte lebende Baum ist knapp über 5.000 Jahre alt. Es ist eine Langlebige Kiefer (Pinus longaeva). Sie steht in den White Mountains in den USA, ihr genauer Standort wird jedoch geheim gehalten. Der älteste bekannte lebende Klonbaum (entstanden aus dem Wurzelsystem eines Mutterbaums) ist eine Gemeine Fichte (Picea abies), ihr Wurzelsystem ist 9.550 Jahre alt. Sie wird Old Tjikko genannt und steht in einem schwedischen Nationalpark an der Grenze zu Norwegen. Das Alter des Wurzelsystems einer amerikanischen Zitterpappelkolonie in einem Nationalpark in Utah, aus dem immer wieder neue Bäume herauswachsen, während alte absterben, wird auf 80.000 Jahre geschätzt.

Menschen haben seit Anbeginn der Zeit eine besondere Beziehung zu Bäumen. Bäume boten den Menschen Schutz, Aussicht und Nahrung. Auch heute noch mögen wir deshalb Bäume, an denen man gut hochklettern kann, mit ausladenden Kronen, die Schatten werfen und vor Regen schützen, und Bäume, von denen wir Nützliches sammeln oder naschen können.

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Circle of life: vom König der Löwen zum Wald vor der eigenen Haustür

Im Frühling entfalten sich die Knospen zu Blättern und Blüten, in denen das Leben in Form von Insekten nur so brummt. Später schützt uns das grüne Blätterdach vor Regen und spendet in der Hitze des Sommers Schatten. Im Herbst beginnen nahrhafte Früchte zu reifen. Sie beherbergen neues Leben, das aus den Samen aufkeimen wird. Mit den kürzer werdenden Tagen entschwindet die Kraft aus den Blättern, sie verfärben sich und fallen schließlich ab. Der nackte Baum ruht im Winter, seine Energie wohlverstaut, um im Frühling den Kreislauf von Neuem zu beginnen.

PFLANZENGEFLÜSTER, BAUMFREUNDSCHAFTEN UND DAS WOOD-WIDE-WEB

Pflanzen sind fühlende Lebewesen. Sie sprechen eine Sprache und reagieren auf ihre Umwelt. Wenn es einer Pflanze nicht gut geht, zeigt sich das in ihrem Erscheinungsbild. Die Blätter wirken eingefallen oder bekommen Verfärbungen. Sie gedeiht nicht gut oder trägt keine Früchte. Das ist eine Sprache, die der Mensch lesen und Pflanzenkundige auch interpretieren können.

Doch Pflanzen senden auch Signale aus, die der menschlichen Wahrnehmung lange verborgen blieben. Nach und nach rückt die Frage in den Fokus der Forschung, wie und warum Pflanzen miteinander kommunizieren. In den letzten Jahrzehnten konnte man daraus erstaunliche wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen: Bäume kommunizieren untereinander, sie versorgen sich gegenseitig mit Nährstoffen, warnen andere vor Schädlingen, wenn sie selbst angegriffen werden, und sie pflegen ihren Nachwuchs!

DIE SPRACHE DER BÄUME: KOMMUNIKATION UNTER DEINEN FÜSSEN

Alles geschieht durch ein komplexes unterirdisches Netzwerk, durch das die Wurzelsysteme einzelner Individuen miteinander verbunden sind. Dieses Netzwerk wird durch das Fadengeflecht von verschiedensten Pilzarten gebildet, welche sich an den Baumwurzeln ansiedeln. Solche Pilze nennt man Mykorrhizapilze. Das weitläufige, unterirdische Geflecht heißt Myzel. Manche dieser Pilzarten bilden oberirdische Fruchtkörper, darunter auch beliebte Speisepilze wie Pfifferlinge und Steinpilze!

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Diese Rotbuche ist schon recht gut im Kontaktaufnehmen, findest du nicht?

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Bäume sind gut vernetzt, ganz ohne WLAN.