Cover

Über dieses Buch:

Wien, Anfang des 20. Jahrhunderts. Für seine Inzest-Studien beauftragt der berühmte Sigmund Freud den jungen Arzt Max mit Recherchen. In seinen Gesprächen mit den erwachsenen Patienten stellt dieser gleichermaßen fasziniert wie schockiert fest: Jeder treibt es mit jedem – Mütter verführen ihre Söhne, Väter ihre Töchter, Brüder ihre Schwestern und andersherum. Trotz aller Professionalität steigert sich Max in die Geschichten so stark hinein, dass sie ihm fast den Verstand rauben. Vor Lust ganz benebelt, sucht er die Nähe seiner eigenen Mutter und leitet damit eine dramatische Entwicklung ein.

Der Autor veröffentlicht bei venusbooks außerdem den folgenden Roman:

Neugierige Geschwister

***

eBook-Neuausgabe Juli 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2006 unter dem Titel Incestum. Auf Freudschen Spuren bei der Edition Combes

Copyright © der Originalausgabe 2006 Edition Combes im Verlag Frank de la Porte, 96328 Küps

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Maksim Shmeljov

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96898-068-3

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: info@venusbooks.de. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Incestum« an: lesetipp@venusbooks.de (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.venusbooks.de

www.facebook.com/venusbooks

www.instagram.com/venusbooks

Im realen Leben dürfen Erotik, Sinnlichkeit und sexuelle Handlungen jeder Art ausschließlich zwischen gleichberechtigten Partnern im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden. In diesem eBook werden erotische Phantasien geschildert, die vielleicht nicht jeder Leserin und jedem Leser gefallen und in einigen Fällen weder den allgemeinen Moralvorstellungen noch den Gesetzen der Realität folgen. Es handelt sich dabei um rein fiktive Geschichten; sämtliche Figuren und Begebenheiten sind frei erfunden. Der Inhalt dieses eBooks ist für Minderjährige nicht geeignet und das Lesen nur gestattet, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind.

Timothy Landon

Incestum

Schockierende Sex-Beichte

venusbooks

Liebste Marie,

so lange es ist es her, dass ich Euch verlassen habe. So viele Stunden, Tage, Wochen und Monate sind vergangen, dass ich sie kaum noch zu zählen vermag.

Nun habe ich zumindest die Zeit gefunden, Euch diese Zeilen zu schreiben. Wobei dieser Brief in all seiner Ausführlichkeit so viel mehr ist als nur ein Schriftstück für Eure Kommode. In ihm steckt nicht nur meine Liebe zu Euch, sondern auch mein Leben, das ich hier in der k. u. k. Stadt Wien zu führen gedachte und noch immer führen möchte.

Gestattet, dass ich Euch kurz meine bisherigen Erfolge schildere. Wie Ihr wohl wisst, geliebte Marie, verließ ich Bregenz, um in Wien mein Glück zu finden. Als junger Arzt war dies nicht leicht, denn hier in unserer schönen Hauptstadt gibt es sehr viele aufstrebende Mediziner aller Fachrichtungen.

Doch hört, wie es sich zutrug.

Eines Abends, kurz nach meiner Ankunft – ich wohnte bereits in einem unscheinbaren Zimmer in der Berggasse bei einer freundlichen, aber ebenso resoluten Dame, die mich bei sich aufgenommen hatte (für einen billigen Zins, jedoch gegen die Gewähr, ihr bei ihren kleinen und großen echten und teils wohl hysterischen Wehwehchen behilflich zu sein, und weil sich ein Arzt im Hause immer gut macht) – traf ich in einem Brauhaus eine höchst imposante Person. Nicht von Gestalt, aber doch von Geisteskraft. Möglich sogar, dass Euch sein Name etwas sagt. Er ist ein angesehener Arzt, und seine Arbeiten sind weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt – Sigmund Freud.

Anders als ich befasst sich Doktor Freud aber nicht mit den Krankheiten des Körpers, sondern viel eher mit jenen der Seele.

Es war Zufall, dass wir ins Gespräch kamen. Oder es mag auch das Bier gewesen sein, das man dort ausschenkte – so genau vermag ich es nicht zu sagen. Auf jeden Fall aber berichtete mir Freud von einigen seiner Fälle. Natürlich unter dem Mantel der Verschwiegenheit, zu der wir Ärzte ja verpflichtet sind, wie Ihr wisst.

Es wurde spät an jenem Abend, denn in mir wurde ein Feuer geweckt, wie ich es bereits verloren zu haben geglaubt hatte.

Ihr müsst wissen, dass ich mich seit meiner Jugend danach sehnte, ein Arzt zu sein. Wann immer ich mir meine Zukunft ausmalte, geschah es mit der einen Prämisse – als Doktor der Medizin all jenen zu helfen, die unserer Hilfe für ihr leibliches Wohl bedürfen.

Doch nach dem Studium, das ich mit einigem Erfolg abschließen konnte, wie meine Diplome beweisen, erlosch jenes Feuer, das mich zu Höchstleistungen trieb, sehr rasch. Die Arbeit in Bregenz erfüllte mich nicht, die Wirklichkeit war so anders als mein süßer Jugendtraum. Doch diese Unterhaltung hatten wir bereits vor meiner Abreise, nicht wahr, geliebte Marie? Ihr verstandet mich damals, und ich weiß, dass Ihr mich auch heute versteht.

Aber nun zurück zu jenem Abend im Brauhaus.

Freud berichtete mir also von seinen Fällen. Je später der Abend, um so pikanter die Details. Ich versichere Euch – bei manchen seiner Worte wurde ich so rot wie einst, als mich meine Amme in den Armen jenes Mädchens antraf. Wie war noch gleich ihr Name? Sophie?

Sehr erstaunten mich seine Erkenntnisse, wie sehr das Verhalten des Menschen durch seine – verzeiht mir, dass ich dieses unschickliche Wort in einem Brief an Euch verwende, bitte seht es rein medizinisch, geliebte Marie – Sexualität gesteuert wird. Jedoch gewann ich bei diesem Gespräch auch den Eindruck, dass sich Freud hier noch auf dem weiten Feld der Spekulation befindet. Er selbst gibt zu, noch sehr viel Zeit in die Forschung investieren zu müssen. Diese allerdings fehle ihm, da die von ihm entwickelte Psychoanalyse mehr und mehr Raum einnähme. Bedenkt nur, Marie – seine Patienten legen sich auf ein bequemes Sofa, wie er sagt, und allein dadurch, dass er sie erzählen lässt, hilft er ihnen, ihren tiefsten, innigsten Ängsten, Konflikten und Sorgen auf den Grund zu gehen. Er versicherte mir, einige Personen von großer Bekanntheit in seiner Kartei zu führen, doch war er an diesem Abend nicht willens, Näheres zu sagen.

Allerdings bat er mich aus freien Stücken und ohne von mir darum angehalten worden zu sein, ihn am nächsten Tag in seiner Praxis aufzusuchen. Er könne, so Freud, einen jungen Assistenten gebrauchen, der ihn bei seiner Forschung unterstütze.

Sicherlich könnt Ihr Euch vorstellen, mit welch großem Eifer ich ihm mein Kommen zusicherte. Das Feuer, so lange erloschen, war erneut in meiner Brust entflammt worden. Ärzte gibt es viele in Wien, aber kaum einen, der sich auf den Geist des Menschen konzentriert, nicht nur auf den kranken oder verwundeten Leib.

Die Nacht wurde zu einer reinen Qual für mich. So sehr wünschte ich mir den Morgen herbei, dass an Schlaf gar nicht zu denken war. Immer wieder dachte ich über das nach, was mir Freud berichtet hatte. Über die Schmerzen der Seele, die manche seiner Patienten durchlitten. Den inneren Kampf, der bei manch einem so stetig zwischen Wünschen, Begierden und dem Wissen um Moral und Verstand ausgefochten wurde, dass es sich auf seine physische Gesundheit auswirkte, er an schlimmen Magenkrämpfen und Herzrasen litt, an hohem Blutdruck und an Schweißausbrüchen. Die Hysterie, so hatte mir Freud versichert, könne nicht allein das Weib befallen, auch wenn dies der Name der Krankheit impliziere. Vielmehr sei auch der Mann nicht davor gefeit.

Als der Morgen dann endlich heranbrach, zog ich meinen besten Anzug an, schlang mein karges Frühstück in mich hinein und verließ so eilends das Haus, dass ich meine Vermieterin fast zu Boden gestoßen hätte. Es gelang mir gerade noch, sie zu halten.

Mit einem Fiaker machte ich mich auf den Weg. Auch wenn es eine teure Art war, durch Wien zu reisen, so wollte ich doch nicht verschmutzt ankommen. Zudem ging es bedeutend schneller, als per pedes zu seiner Ordination zu gelangen.

Doktor Freud schien erfreut – verzeiht dieses Wortspiel – mich zu sehen. Er reichte mir sofort einen Kittel, damit ich auch wie ein Arzt aussähe, und bat mich, einige seiner Fälle intensiv zu studieren. Ich solle ihm anschließend sagen, was mir aufgefallen sei.

Sehr schnell zeigte sich, dass all diese Patienten mittels der von ihm propagierten Psychoanalyse therapiert wurden. Hierbei liegt der Patient bequem auf einem Sofa und erzählt dem Arzt Details aus seinem Leben, mehrheitlich jene Dinge, die ihm wichtig erscheinen. Die Aufgabe des Mediziners ist es, ihn reden zu lassen und sich dabei Notizen zu machen. Auf diese Art wird eine Selbsthilfe angeregt, da der Patient, ohne in seinem Redefluss unterbrochen zu werden, auf Details in seinem Leben stößt, die er längst vergessen hatte. Verdrängt, wie Doktor Freud dies nennt.

Die Sprechstundenhilfe des Doktors reichte mir einen Kaffee, und mit unvermindertem Eifer machte ich mich daran, die Akten zu studieren. Mir war klar, dass es Parallelen zwischen all diesen Fällen geben musste; ein roter Faden, der sich durch die Krankengeschichten dieser ausgewählten Patienten zog.

Ich gestehe, dass ich die Blätter mehrfach lesen musste, ehe ich die Gemeinsamkeiten fand. Sie waren teilweise nur beiläufig erwähnt und bezogen sich nicht direkt auf das Krankheitsbild des Patienten, waren aber gleichsam in allen Fällen zu finden.

»Nun, mein lieber Max, was haben Sie gefunden?«, fragte mich Freud, als wir zu einem kleinen Imbiss in ein nahegelegenes Wirtshaus aufbrachen. Dort, so versicherte mir mein neuer Arbeitgeber, gäbe es den besten Kaiserschmarren in ganz Wien.

»Herr Doktor«, erwiderte ich mit einem Anflug von Scham, da ich mir meiner Entdeckung nicht sicher war, »es scheint, als würden all diese Menschen von sexuellen Begebenheiten zwischen nahen Verwandten erzählen. Eine Frau berichtete von einer Episode mit ihrem Vater, ein Mann von einer Beziehung zu seiner Schwester. Auch wenn es nur beiläufige Erwähnungen sind, so scheint dies doch all den Fällen gemein, die Ihr mir überlassen habt.«

Zu meinem Erstaunen klopfte mir Freud auf die Schulter. »Sehen Sie, Max, ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht. Sie sind ein aufgeweckter, junger Mediziner mit einem scharfen Blick für das Wesentliche. Genau darauf wollte ich hinaus.«

Er schwieg, da wir just in diesem Moment das Wirtshaus betraten. Die Tür des Lokals wurde von einem k.u.k. Schild verziert, was darauf schließen ließ, dass hier auch hohe Herren ein und aus gingen.

»Glaubt Ihr«, wollte ich von Freud wissen, »dass diese Begebenheiten ursächlich für manche Störungen sind?«

Er wiegte die Schultern. »Ich glaube, dass sich der Mensch in seiner Sexualität anfangs zu jenen hingezogen fühlt, die ihm am nächsten stehen. Das mag eine Amme sein, aber auch die Mutter, der Vater oder die Geschwister. Es mag sogar sein, dass der Verzicht auf das Ausleben dieser Bedürfnisse zu Störungen führt, die ich mal als Neurose bezeichnen möchte. Der Mensch wird nicht als asexuelles Wesen geboren, und er reift auch nicht als solches heran. Es gibt aber sehr wohl eine sexuelle Latenzzeit, in der dieser Trieb ruht. Doch sobald er wieder erwacht, will er befriedigt werden. Ist dies nicht möglich, oder wird der Trieb aufgrund gesellschaftlicher Zwänge unterdrückt, führt dies zu Störungen – eben den Neurosen.«

Wir nahmen Platz. Freud bestellte für sich und auch für mich eine Portion Kaiserschmarren sowie einen Kapuziner mit Schlagobers, ehe wir unser Gespräch fortsetzten.

»Könnten Sie sich vorstellen, diesen Dingen auf den Grund zu gehen?«, fragte Freud, nachdem die Kellnerin wieder gegangen war. »Mit jenen Personen, deren Geschichten Sie aus den Akten kennen, ein persönliches Gespräch zu genau diesem Thema zu führen? Ein Plauscherl, wenn Sie so wollen, in ungezwungener Umgebung?«

»Oh«, entfuhr es mir, denn die Vorstellung, Menschen über ihre sexuellen Erlebnisse mit nahen Verwandten zu befragen, erschien mir doch ungewöhnlich. »Denken Sie, Doktor Freud, dass sich Ihre Patienten mit mir unterhalten möchten? Schließlich ist dies ein sehr intimes Thema.«

»Lieber Max«, erwiderte der Doktor lachend, »natürlich würde ich Ihnen diese Bitte nicht antragen, wenn ich mich nicht längst der Bereitschaft meiner Patienten versichert hätte, darüber zu sprechen. Und bedenken Sie – der Sexualtrieb des Menschen ist nicht anrüchig. Auch wenn man uns das glauben machen will. Er ist ein Urtrieb des Menschen. Gerade wir Mediziner sollten dies erkennen und intensiv erforschen.«

»Nun«, stimmte ich seinem Vorschlag zu, »wenn Ihre Patienten bereits eingewilligt haben, werde ich diese Aufgabe mit Freude übernehmen.«

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des großen Arztes. Während wie aßen, erklärte er mir detailliert, worauf es ihm ankam. Wie ich vorzugehen hätte, welche Punkte ihm wichtig wären et cetera, et cetera.

Ihr habt keine Ahnung, geliebte Marie, wie sehr mich der Gedanke an diese Gespräche ängstigte, gleichzeitig aber auch erregte. Es war, als würde mein Herz im einen Moment aus Freude und Begierde jubeln, sich im nächsten Augenblick aber vor Verzagtheit zu keinem Schlag durchringen können.

Den Rest des Tages schildere ich nur in kurzer Form, denn er brachte keine neuen Dinge oder gar Überraschungen.

Nach dem Essen kehrten wir zurück in seine Sprechstunde. Dort konnte ich mich auf die Gespräche vorbereiten, gleichzeitig aber auch einer psychoanalytischen Sitzung beiwohnen. Da mein erstes Gespräch bereits am darauffolgenden Tag stattfinden sollte, ging ich bereits um fünf nach Hause, legte meine Kleidung zurecht und auch das Schreibzeug. Als Treffpunkt, so hatte mir Freud mit auf den Weg gegeben, sei der Salon von Madame Chevalier vereinbart. Einer Französin, die in Wien einen sehr vornehmen Treffpunkt für die höhere Gesellschaft führte. Der ideale Ort für Gespräche dieser Art. Zudem seien die Powidltascherln, das sind Kartoffeltaschen mit Pflaumenmus, ihrer Köchin ein Genuss, und die Melange, dieser weltberühmte Wiener Kaffee, vorzüglich.

Liebste Marie, in der Folge findet Ihr nun das, was mir bei diesem Gespräch zugetragen wurde. Natürlich habe ich die Namen verändert, da ich sonst gegen die Regel der Verschwiegenheit verstoßen würde, die ich doch beim Eide des Hippokrates geschworen habe. Bitte lest diese Erzählung und die folgenden sehr sorgfältig, geliebte Marie. Am Ende meines Briefes werdet Ihr erfahren, warum mir dies so wichtig ist.

Der Fall »Constance« – eine Halbwaise aus gutem Hause

Constance saß mir gegenüber. Sie trug ein blaues Kleid sowie eine weiße Rüschenbluse. Jung war sie, kaum älter als fünfundzwanzig. In der Blüte, wie man so schön sagt, voll lieblicher Anmut und doch verheiratet, wie der Ring an ihrer Hand bewies.

Zu Beginn unserer Unterhaltung trug sie einen Hut, der wiederum von einer Feder geziert wurde. Im späteren Verlauf des Gesprächs nahm sie ihn jedoch ab, so dass ihre braunen, wallenden Haare perfekt zur Geltung kamen. Wäre ich nicht bereits vergeben gewesen, hätte sie mein Herz berühren können. Doch so, sie verheiratet und ich verlobt, zudem aufgrund einer medizinischen Forschung zusammengekommen, blieb kein Raum für solche Gedanken.

Bei einem Braunen saßen wir einander gegenüber. Ihre Lippen waren sehr sinnlich geschwungen und von kirschroter Farbe. Ihre Haut wies jene vornehme Blässe auf, die bei Frauen ihres Standes zu erwarten ist. Aus der Akte wusste ich, dass ihr Vater ein bedeutender Kaufmann war, der auch mit der Krone Geschäfte machte. Geld und Ansehen waren ihr daher von Haus aus vertraut.

»Sie verstehen«, hob sie an, nachdem wir beide einen Schluck Kaffee genommen hatten, »dass dies nicht so einfach ist, wie es erscheinen mag. Diese Episode meines Lebens …« Sie schwieg, zeigte aber gleichzeitig ein versonnenes Lächeln. »Sie müssen begreifen«, fuhr Constance schließlich fort, »dass all das, was ich zu berichten habe, mit beidseitigem Einvernehmen geschah. Mehr noch, sowohl mein Vater als auch ich wollten es. Es gab keinen Zwang, keine Pflicht, mich ihm hinzugeben.«

Abermals legte sie eine Pause ein. Ihre Finger zitterten leicht, als sie den Henkel der Tasse umschloss.

»Sie möchten also sagen«, half ich ihr, »dass Sie eine sexuelle Beziehung zu Ihrem Herrn Papa unterhielten. Ist dem so?«

Für einen Moment blitzte Zorn in ihren Augen auf. »Müssen Sie dies so kalt darstellen? So bar jeder Emotion, die dieser Aussage innewohnen kann?« Sie fasste sich. »Entschuldigen Sie. Bitte, ich … Wie sollen wir beginnen?«

»Es wäre am einfachsten«, erklärte ich ihr jenes Vorgehen, das mir auch Freud vorgeschlagen hatte, »wenn Sie frei von der Leber weg erzählen. Berichten Sie einfach, wie es sich zutrug, dass Sie und Ihr Herr Papa zusammenkamen. Ich werde mir Notizen machen. Keine Sorge – niemand wird je erfahren, was Sie mir nun berichten.«

Constance nickte.

»Gut. Aber unterbrechen Sie mich bitte nur, wenn Ihnen etwas unklar ist. Und ich möchte keinesfalls, dass Sie über mich oder meinen Vater urteilen. Können Sie mir dies zusichern?«

»Sicherlich, Gnädigste. Beginnen Sie, wann immer Ihnen danach ist.«

Sie nickte, wartete aber noch ab, bis ein Piccolo unsere Bestellung zum Mittagessen aufgenommen hatte (wir beide entschieden uns für Powidltascherln, da das Powidl als besonders frisch angepriesen wurde).

»Es war kurz nach dem Geburtstag zu meiner Großjährigkeit. Damals fing es an. Ich meine … Noch nicht das mit meinem Vater. Aber es war die Zeit, als meine Gefühle erwachten. Für die Männer und auch den … Darf ich ganz offen sprechen? So, wie es mir in den Sinn kommt?«

»Ich bitte darum«, lud ich sie ein. »Keine Scheu. Was auch immer Sie sagen, ist Teil unserer Natur.«

Ein scheues Lächeln huschte über ihr hübsches Gesicht, während sie begann, mit dem Zucker zu spielen. Gleichzeitig setzte sie aber ihre Erzählung fort:

»Es war Sommer. Die Sonne schien, die Bäume grünten, und die Luft war erfüllt von süßen Vogelgesängen. Aber nicht nur die Natur stand in voller Blüte, sondern auch mein Leib war gereift. Ich bedauerte in dieser Zeit zutiefst, dass mich meine Mutter nicht so sehen konnte, denn sie starb an der Tuberkulose, als ich gerade zwölf war. Es war ja so, dass mich mein Vater seit dieser Zeit alleine großzog.«

Eine einsame Träne rann an dieser Stelle über ihre Wange. Mit einer verlegenen Geste wischte sie diese beiseite.

»Mein Aussehen blieb den Männern unserer Gesellschaft freilich nicht verborgen. Das, was ich früher bei älteren Mädchen beobachtet hatte, traf nun auch auf mich zu: Verehrer stellten sich ein. Es begann bei den Tänzen und Empfängen unserer Bekannten. Ich wurde von jungen, hübschen Männern aufgefordert, mit ihnen einen Spaziergang im Mondenschein zu unternehmen, oder sie luden mich zu einer Fahrt mit dem Fiaker ein. Oftmals führten diese Ausflüge in den Wiener Wald, etwa zu einem Picknick.

Ich genoss die Aufmerksamkeit, die mir plötzlich zuteil wurde, wirklich sehr. Vor allem aber jene des jungen Rittmeisters, der mich regelmäßig besuchen kam. Sein Name war Philipp. Ein stattlicher Mann mit kurzem Haar, wie es bei den Regimentern der Kaiserlich-Königlichen Armee üblich ist. Seine Augen schienen mir wie blaue Seen, und sobald er mich anschaute, spürte ich ein kribbliges Gefühl in meinem Magen. Es schien sich dort auszubreiten und heiße Wellen durch meinen Körper zu schicken und sich schließlich auf meinen Unterleib zu konzentrieren. Inzwischen weiß ich dieses Gefühl sehr wohl einzuordnen, aber damals …«

Constance schlug die Augen nieder, während sie an ihrer Tasse nippte. »Es war so neu für mich, ein niemals zuvor erlebtes Empfinden. All mein Sehnen, all mein Trachten waren allein auf ihn, auf meinen verehrten Philipp ausgerichtet. Waren wir beisammen, wünschte ich mir seine Berührung herbei, seine Nähe. Aber es war unschicklich, ihm dies mitzuteilen. So blieb ich mit meinen geheimen Gedanken allein.

Eines Nachts, ich lag bereits in meinem Bett und hatte mich von meinem Vater verabschiedet, nahm die Sehnsucht nach Philipp überhand. Eine Woche, eine ganze, lange Woche hatten wir einander nicht gesehen. Mein Leib schien in Flammen zu stehen, sobald ich mir sein weiches Gesicht vorstellte, seine sanften Lippen und seinen eindringlichen Blick. Mein Magen schien zu revoltieren, in meinem Kopf drehten sich die Gedanken. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, aber plötzlich strichen meine Hände wie von selbst über die Rundungen meiner Brüste.

Das Verlangen, das diese so unscheinbare Berührung in mir weckte, ist kaum zu beschreiben. Vor Wonne entfloh ein lauter Seufzer meinen Lippen, während meine … Vagina … feucht wurde. Nein, feucht ist nicht das richtige Wort. Sie wurde regelrecht nass. Ich spürte es, aber als ich mit meiner rechten Hand prüfen wollte, was da aus mir auszutreten schien, erfasste mich erneut die pure Wollust. Mein Finger strich über eine ganz bestimmte, leicht verhärtete Stelle, und schon jagte ein Blitz durch meinen Unterleib. Ich wurde dort unten noch nasser, mein Geschlecht kribbelte, und der Drang, mich dort wieder und wieder zu berühren, wurde derart übermächtig, dass ich …«

An dieser Stelle unterbrach sie sich. Ihr Blick flackerte, ihre Wangen glühten. Für einen Moment glaubte ich, Schuldgefühle bei ihr festzustellen. Aber auch bei mir, weil ich mir diesen so offenen Bericht geben ließ.

»Sie berührten sich häufig dort unten? Sie masturbierten, meinen Sie das?«

Sie schüttelte den Kopf und schaute wieder mich an. »Nein, das nicht. Obwohl ich es sicherlich getan hätte, denn all mein Trachten war in diesem Moment auf mein Erleben des Augenblicks gerichtet. Doch gerade, als ich diese kleine Verhärtung – die Klitoris, wie ich inzwischen weiß – erneut berühren wollte, hörte ich die Tür meines Zimmers aufgehen. Erschrocken schaute ich auf. Außer mir und meinem Vater war niemand im Haus.

Hatte er etwa …

Atemlos lauschte ich. Für einen Moment herrschte Stille, und fast schon glaubte ich, mich getäuscht zu haben. Doch dann entfernten sich leise Schritte, und ich wusste – mein Vater hatte mich bei dem beobachtet, was ich gerade tat oder tun wollte.

Scham erfasste mich sowie eine tiefe Angst. Bisher war ich der kleine Engel meines Herrn Vaters gewesen. Aber nun, an der Schwelle zur Frau, fürchtete ich, diesen Status zu verlieren. Einerseits wollte ich natürlich großjährig sein, mich einem Mann hingeben und eine eigene Familie gründen. Doch auf der anderen Seite war da das schützende Nest meines Vaters, das mir Geborgenheit und Wärme geben konnte. Und ausgerechnet dieser Mann, der so viel für mich getan hatte, seit meine Frau Mama gestorben war, hatte mich nun in einem zutiefst innigen Moment gesehen, bei einem Tun, das so ganz und gar unschicklich für ein Töchterlein war.«

Erneut musste Constance innehalten. Sie sah mich an, als suchte sie in meinem Gesicht Verständnis für ihre Worte. Und ja – sie fand es. Ich konnte nachvollziehen, wie es ihr erging. Wenn auch nur in Teilen.

»Am nächsten Morgen«, fuhr Constance fort, »konnte ich meinem Herrn Papa kaum in die Augen sehen. Weder beim Frühstück, das uns von unserem Mädchen serviert wurde, noch in den Stunden darauf. Es war, als würden die Blicke meines Papas in meine Haut stechen, als seien es Nadeln. Aber auch er vermied es, mich anzuschauen, als würde er die Peinlichkeit ebenfalls spüren.

Erst am Abend, nach einem quälend langen Tag, begann er ein Gespräch, nachdem sich unsere Bediensteten zurückgezogen hatten und wir beide allein im Salon saßen, ein Glas Wein tranken und nicht umhin konnten, uns ein wenig zu unterhalten.

›Constance‹, hob er an, ›das, was ich gestern Abend gezwungen war zu sehen, als ich in dein Zimmer kam, um dir eine gute Nacht zu wünschen …‹

Weiter kam er nicht, denn schon liefen Tränen über meine Wangen. Seine Stimme klang so ernst, sein Blick war so fremd. ›Oh Papa‹, brach es aus mir heraus, ›es tut mir leid. Aber ich dachte an diesen jungen Rittmeister, und plötzlich war mir, als würde mein Leib brennen. Es … Ich verspreche dir, dass es niemals wieder vorkommen wird.‹

Zu meiner Verwunderung lächelte er schwach. ›Versprich nicht, was du nicht halten kannst. Du wirst es wieder tun, und wenn du nun das Gegenteil schwörst, fällt dir der Umgang mit deinem Körper und deinen Gelüsten um so schwerer. Ich möchte dich auch gar nicht tadeln. Vielmehr tut es mir leid, dass ich dich bislang nicht auf das vorbereitet habe, was nun geschieht.‹

Er stand auf, um auf dem breiten Sofa Platz zu nehmen. Dort klopfte er mit seiner Hand auf den Sitz neben sich – eine Einladung, wie ich wusste. Um ihn nach seinem für mich so überraschenden Geständnis nicht zu enttäuschen und auch, weil ich seiner Nähe bedurfte, folgte ich sofort.

›Ich weiß, dass dir deine Mutter bereits erklärt hat, wie Kinder im Leib einer Frau entstehen, heranwachsen und zur Welt gebracht werden. Auch sprach sie mit dir über die Menstruation, die du bereits hast. Nicht wahr?‹

Ich konnte nur nicken. In der Tat hatte mich meine Mutter mit Erreichen des zehnten Lebensjahres aufgeklärt, mir meine Körperfunktionen nähergebracht und mich auch auf meine monatlichen Blutungen vorbereitet. Diese …« Sie stockte. »Sie sind Arzt, Max. Ich hoffe, Sie finden meinen Bericht nicht anstößig?«

»Überhaupt nicht«, konnte ich Constance beruhigen. »Fahren Sie fort, Gnädigste. Sprechen Sie, wie es Ihnen in den Sinn kommt. Dies alles ist streng medizinisch.«

Das scheue Lächeln, das ich von ihr kannte, kehrte zurück. »Gut«, erklärte sie, nahm einen weiteren Schluck Kaffee und lehnte sich dann zurück. »Mein Vater legte eine Hand um mich, und für einen Moment wurde ich wieder zu jenem kleinen Mädchen, das ihm eine schlechte Schulnote zu beichten hat. ›Was deine Mutter dir nicht erklärte – nicht erklären konnte, da du noch zu klein warst –, ist, was dein Körper fühlt und was er braucht. Sobald die Frau in dir erwacht, werden auch Empfindungen wach, die du bis ins hohe Alter behalten wirst. Sie gehören zu dir und bereiten dir Vergnügen, wann immer du es zulassen möchtest.‹

›Du meinst – wie gestern Abend?‹, fragte ich ihn zaghaft.

Sofort nickte er. ›So wie gestern Abend, ja. Erzählst du mir, wie es anfing?‹

Ich wurde rot. Das Blut schoss mir ins Gesicht, Hitze umfing mich, und fast schon spürte ich eine Ohnmacht nahen. Dann aber riss ich mich zusammen und erzählte ihm von meinen Gedanken, den Berührungen und auch von der Nässe zwischen meinen Schenkeln. Mein Papa hörte mit einem leichten Lächeln zu. Hin und wieder nickte er.

›Hätte ich dich nicht aus deiner beginnenden Lust gerissen, wärst du heute um eine schöne Erfahrung reicher‹, schloss er am Ende meiner Erzählung. ›Aber so …‹

›Diese Nässe‹, flüsterte ich leise. ›Wozu ist sie?‹

Er zog mich näher an sich. ›Du erinnerst dich an das, was dir deine Mutter über das Zeugen von Kindern sagte? Der Mann dringt mit seinem Geschlecht in das der Frau ein. Damit dies geht und keine Schmerzen verursacht, wird die Scheide der Frau feucht, sobald sie erregt ist. Auch, wenn sie sich selbst Lust verschafft. Es ist nur natürlich und nicht unnormal, Constance. Mehr noch – es zeigt mir, dass du wirklich eine junge Frau bist und nicht länger ein Kind. Das macht mich stolz.‹

Nach all der Angst und all der Scham tat es gut, diese Worte aus dem Mund meines über alles geliebten Vaters zu hören. Mir war danach, mich eng an ihn zu schmiegen. Nicht nur, dass er mir nicht zürnte, viel eher war es, als würde er das, was er gesehen hatte, begrüßen. ›Bedeutet das‹, fragte ich ihn vorsichtig, ›dass ich das, was ich gestern getan habe, ruhig öfter tun darf?‹

›Aber sicher‹, versicherte er mir. ›Es ist nur natürlich, dass eine junge Frau ihren Körper erkunden möchte. Es ist notwendig, dich selbst zu kennen. Die Stellen, an denen du auf Berührungen sensibel reagierst und jene, an denen es nicht so schön ist.‹