Cordula Rabe

Spanischer Jakobsweg

Von den Pyrenäen bis Santiago de Compostela
und weiter bis Finisterre und Muxía

Alle Etappen – mit Varianten und Höhenprofilen



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Vorwort

Jede Pilgerreise auf dem Jakobsweg ist einzigartig. Wie besonders meine Wanderung im Oktober/November 2019 vom Somport-Pass bis Finisterre sein sollte, zeigte sich vier Monate später: Es war mein letzter Jakobsweg vor der Covid-19-Pandemie. Mitte März 2020 rief Spanien den Alarmzustand aus, verhängte landesweit eine radikale Ausgangssperre. Von einem Tag zum anderen standen das Land und auch der Jakobsweg still. Ausgerechnet zu Saisonbeginn, ein Jahr vor dem ersten Heiligen Jahr seit elf Jahren.

Erst Ende Juni 2020 durften Gastronomie und Pilgerherbergen, das Herzstück des Jakobswegs, mit strengen Hygieneauflagen und stark eingeschränkter Gästezahl wieder öffnen. Der Neustart verlief mit nur einem Bruchteil des sonst üblichen Pilgeraufkommens mehr als verhalten – es fehlten die vielen ausländischen Pilger. Immerhin: Es gab keine Berichte von Corona-Ausbrüchen in Herbergen oder anderen Pilgereinrichtungen.

Aufgrund der besonderen Umstände wurde das Heilige Jahr 2021 bis Ende 2022 verlängert. Derzeit kann niemand sagen, wie sich der Weg im Laufe des Jahres 2021 entwickeln wird. Die Hoffnungen auf eine Rückkehr zur Normalität ist bei allen Beteiligten groß. Wie stark sich der Jakobsweg durch Corona verändert, wird sich zeigen. Die Zeiten der Massenaufläufe dürften jedoch zunächst vorbei sein. Das gibt wieder Raum für mehr Besinnlichkeit und Miteinander – wenn auch vielleicht mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz.

Der vorliegende Wanderführer beschreibt den Wegverlauf, wie er sich im Oktober/November 2019 präsentierte. Im Herbst/Winter 2020 war noch nicht abzusehen, welche der im Buch beschriebenen Pilgerherbergen und sonstige Unterkünfte die Corona-Krise überstehen werden.

Allen Leserinnen und Lesern, die wertvolle Hinweise und Anregungen zur vergangenen Auflage geschickt haben, möchte ich an dieser Stelle recht herzlich danken.

Wie auch immer sich die Dinge entwickeln, ich wünsche Ihnen herzlichst einen ¡Buen Camino! – einen guten Weg. Bleiben Sie gesund!


Altea, Spanien, Frühjahr 2021 Cordula Rabe

Liebe Leserinnen und Leser,



Liebe Leserinnen und Leser,

infolge der Corona-Krise können sich Änderungen ergeben haben, die bei Redaktionsschluss noch nicht absehbar waren. Soweit möglich werden wir aktuelle Hinweise unter www.rother.de (beim Buch) zur Verfügung stellen. Bitte informieren Sie sich vor der Wanderung zusätzlich über die derzeitigen Gegebenheiten.

Sollten Sie geänderte Gegebenheiten vor Ort feststellen, freuen wir uns über Korrekturhinweise per E-Mail an leserzuschrift@rother.de.

Allgemeine Hinweise

Pilgerherbergen

Es gibt städtische, kirchliche, von Vereinen sowie privat geführte Pilgerherbergen; sogenannte touristische Herbergen stehen auch Nicht-Pilgern offen. Manche Herbergen, vor allem solche mit christlichem Hintergrund, bieten gemeinsame Andachten und Gebete an. Die Klassifizierung mit ein 149788.jpg bis drei 148611.jpg Jakobsmuscheln soll helfen, den Standard der Herbergen einzuschätzen. 

Ausschlaggebend sind dabei die Ausstattung (z. B. Küche, Waschmaschine, Trockner, Platzangebot, Beschaffenheit der Betten), das Preis-Leistungs-Verhältnis oder der Zustand der sanitären Anlagen. Ein Pluspunkt ist in der Regel das Vorhandensein einer (brauchbar ausgestatteten) Küche: Gemeinsames Kochen spart Geld und macht Spaß. Die Beurteilung bezieht sich in der Regel nicht auf die Betreuung durch das Personal in den Herbergen, da dies, speziell im Fall von ehrenamtlichen »Hospitaleros« häufig wechselt. Die angegebenen Preise und sonstige Daten beziehen sich auf Ende 2020. Coronabedingte Änderungen sind möglich. Bei mehreren Herbergen in einem Ort werden diese der Reihenfolge ihrer Lage am Weg nach genannt. Zur besseren Etappenplanung finden sich in einer Tabelle die Distanzen zwischen Ortschaften mit Unterkunftsmöglichkeiten. Die Kilometerangaben beruhen auf eigenen Messungen mit einem GPS-Gerät (Abweichungen von anderen Angaben vor Ort, z. B. von denen der Distanzen auf den Wegsteinen in Galicien, können vorkommen).

Viele Pensionen, Hotels und Hostales (einfache Hotels) bieten günstige Betten für Pilger, Informationen hierzu am besten vor Ort. Diese alternativen Übernachtungsmöglichkeiten sind in den Wanderkärtchen mit dem Symbol für Hotel/Pension eingetragen, in den Höhenprofilen erscheint es jedoch nur bei Orten ohne Pilgerherberge. (Siehe auch Kapitel »Pilgerherbergen«.)


Infrastruktur

Hier ist für jede Ortschaft am Weg die vorhandene und für Pilger interessante Infrastruktur mit Symbolen dargestellt (siehe Zeichenerklärung). In kleinen Orten gibt es Busverbindungen oft nur einmal pro Tag, und bei Läden handelt es sich dort meist um einfache Dorf-Läden. Die Angaben zur ärztlichen Versorgung beziehen sich auf »Centros de Salud«, Ärztezentren des staatlichen Gesundheitssystems (in der Regel: Mo–Fr 8–15 Uhr, in größeren Ortschaften z. T. 24-Stunden-Dienste), in Städten meist auf Krankenhäuser. In Dörfern kommt z. T. ein- oder mehrmals die Woche ein Arzt. Info betreffs Privatärzte erfragt man am besten vor Ort.


Kultur, Kulinarisches und Feiertage/Fiestas

Bei den einzelnen Etappen finden sich kurze Beschreibungen von Orten und deren Sehenswürdigkeiten (z. T. mit Öffnungszeiten). Auch auf gastronomische Spezialitäten von Regionen und auf besondere »Fiestas« wird hingewiesen. Jeder Ort hat mindestens eine große Patronatsfeier im Jahr, dazu kommen lokale und nationale Feste. Sie bieten eine gute Gelegenheit, spanische Traditionen und Lebensart kennenzulernen. Sehr ergreifend sind spanische Osterprozessionen in der Karwoche (span. »Semana Santa«, je nach Region beginnend ab Palmsonntag (»Domingo de Ramos«).


Gehzeiten

Die angegebenen Zeiten ergeben sich aus einer Stundenleistung von 3,5–4,5 km (je nach Gelände); die Zwischenzeiten in den Wegbeschreibungen beziehen sich stets auf den vorhergehenden Ort bzw. die letztgenannte Zeit. Je nach persönlicher (Tages-)Kondition, Wegbeschaffenheit und Wetterbedingungen können die Zeiten mehr oder weniger stark abweichen.

Zur besseren Einschätzung der Etappen wird in den Kurzbeschreibungen auf die Wegbeschaffenheit und eventuelle Schwierigkeiten eingegangen, außerdem sind die in Auf- und Abstieg zu bewältigenden Höhenmeter angegeben. Das Geländeprofil jeder Etappe ist im Höhenprofil dargestellt. Für die eigene Planung ist im Profil neben der aktuellen jeweils ein Teil der vorhergehenden und der nachfolgenden Etappe abgebildet.


Zeichenerklärung und Abkürzungen

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Abkürzungen

Alb. Albergue = Herberge

CH Pilgerherbergen mit religiösem Hintergrund; oft mit gemeinsamer Andacht KH von kirchlicher Institution geführte Pilgerherberge

JuHe Jugendherberge (Albergue Juvenil)

SH städtische Pilgerherbergen

PH/TH private bzw. touristische Herbergen, vor allem letztere auch für Nichtpilger

VH von (Jakobsweg-)Vereinen geführte Pilgerherbergen

XH Herbergen der galicischen Landesregierung (Xunta de Galicia)

B Anzahl Betten/Herberge / M = Anzahl Matratzen/Herberge

W/T Waschmaschine/Trockner

DZ Doppelzimmer; EZ = Einzelzimmer

HP Halbpension; MF = mit Frühstück

C/ Calle (Straße); s/n = ohne Hausnummer (sin número)

Straßen: BU-703 = Landstraße; N-121 = Nationalstraße; A-15 = Autobahn

GPS-Tracks

GPS-Tracks

Zu diesem Wanderführer stehen auf www.rother.de GPS-Tracks und Koordinaten der Ausgangspunkte zum kostenlosen Download bereit.

6. Auflage E-Book, Passwort: 433015pxy

Sämtliche GPS-Daten wurden von der Autorin im Gelände erfasst. Verlag und Autor haben die Tracks und Wegpunkte nach bestem Wissen und Gewissen überprüft. Dennoch können wir Fehler oder Abweichungen nicht ausschließen, außerdem können sich die Gegebenheiten vor Ort zwischenzeitlich verändert haben. GPS-Daten sind zwar eine hervorragende Planungs- und Navigationshilfe, erfordern aber nach wie vor sorgfältige Vorbereitung, eigene Orientierungsfähigkeit sowie Sachverstand in der Beurteilung der jeweiligen (Gelände-)Situation. Man sollte sich für die Orientierung auch niemals ausschließlich auf GPS-Gerät und -Daten verlassen.


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Eingang zur Herberge von San Juan de Ortega (Etappe 11).


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Schlechtes Wetter oder gar Schnee kann die Gehzeiten erheblich beeinflussen wie hier Mitte April bei Roncesvalles.

Wandern auf dem Jakobsweg

Der 1000-jährige Jakobsweg zieht die Menschen ungebrochen in den Bann. Trotz, oder auch gerade wegen der Corona-Pandemie. Er ist der Gegenteil von allem, was wir in diesen schweren Monaten so schmerzlich vermissen: Freiheit, Reisen, Austausch mit anderen. Dieses unbeschwerte Wandern, über hunderte von Kilometern nur von einem simplen gelben Pfeil geleitet. Die überraschenden Erlebnisse und ungeahnten Erkenntnisse. Der intensive Kontakt mit unterschiedlichen Menschen, Generationen und Nationalitäten und nicht zuletzt mit uns selbst. Es wird noch etwas dauern, bis der Jakobsweg wieder uneingeschränkt genossen werden kann. Aber nach der bleiernen, ja traumatischen Zeit der Corona-Krise, den harten Einschränkungen und dem Verzicht auf so vieles heilt er vielleicht so manche Wunde.

Mit seinen guten, deutlich markierten Wegen und einem dichten Netz an Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten ist der Jakobsweg die ideale Fernwanderung für alle, die erstmals eine lange Reise zu Fuß angehen. Sein Reichtum an Kulturschätzen macht ihn zu einem einmaligen Gang durch die Geschichte und Gegenwart Spaniens, das sich hier im Norden des Landes völlig anders als in den gängigen Klischees präsentiert.

Historisch bedingt verläuft der Pilgerweg oft durch Dörfer und Städte dennoch hat er auch großartige Naturerlebnisse zu bieten. Den fulminanten Auftakt bildet die majestätische Bergwelt der Pyrenäen. Danach führt der Weg durch die von Landwirtschaft und besonders Weinbau geprägten Regionen Navarra und La Rioja. Daran schließt sich die für mitteleuropäische Augen sicher außergewöhnlichste, ja vielleicht befremdlichste Landschaft an: die »Meseta«, die kastilische Hochebene mit ihren endlosen kargen, von riesigen Getreidefeldern überzogenen Weiten. Wie zur Belohnung für das Aushalten dieser auch klimatisch extremen Region schlängelt sich der Weg schließlich durch das lieblich-grüne Galicien bis nach Santiago de Compostela. Unbedingt zu empfehlen ist der knapp 90 km lange Weiterweg zu den Fischerorten Finisterre und/oder Muxía an den rauen Gestaden der Atlantikküste.


Beste Reisezeit und Pilgeraufkommen

Alle möchten den Weg bei gutem Wetter und ohne Pilgermassen gehen. Doch genaue Prognosen, wann dafür der beste Zeitpunkt ist, fallen zunehmend schwer: Zu kapriziös und unberechenbar sind sowohl das Wetter als auch die Pilger in den letzten Jahren geworden. Durch die Corona-Pandemie sind verlässliche Vorhersagen noch schwieriger zu treffen.

Die klimatisch günstigsten Monate lassen sich einigermaßen gut eingrenzen: Von April bis Juni und im September/Oktober sind die Temperaturen erträglich und die Tage ausreichend lang; entsprechend haben die meisten Pilgerherbergen von März bzw. Ostern bis Ende Oktober, teils bis in den November hinein, geöffnet. Im Frühjahr ist der Weg grüner, etwa ab Juni präsentiert sich besonders die Region Castilla y León (Etappen 10 bis 19) weitgehend braun und ausgedörrt. Im Juli und August herrscht extreme Hitze. Für an gemäßigtere Temperaturen gewöhnte Mitteleuropäer kann dies problematisch sein. Doch auch im Sommer kann es tageweise ohne Unterlass schütten und im November sommerlich warme Tage geben. Zu bedenken gelten zudem der Ort und der Zeitpunkt des Starts: Bricht man im April/Mai in den Pyrenäen auf, läuft man in den Sommer hinein, im September/Oktober dagegen in den Herbst.

Speziell in Galicien ist ganzjährig mit Regen zu rechnen, von Herbst bis Frühjahr auch mit schweren Stürmen und extremen Niederschlägen. In den Bergen kann es bis weit in den April hinein Schneefall geben. Dies betrifft vor allem den Somport-Pass (1. Etappe Camino Aragonés), die Überquerung der Pyrenäen von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Roncesvalles (1. Etappe Camino Francés), die Montes de León (Etappe 22/23) sowie den O-Cebreiro-Pass (Etappen 25/26).

Schwerer vorherzusagen ist das Pilgeraufkommen, zumal in den Zeiten der Corona-Pandemie. Das Pilgerbüro in Santiago de Compostela gab im Jahr 2019 insgesamt 347.578 Pilgebescheinigungen aus, davon entfielen 189.937 (knapp 55 % des Gesamtaufkommens) auf den Camino Francés, gefolgt vom portugiesischen Weg (94.649 Pilger, gut 27 %). Allerdings gehen viele Pilger nur Teile des Wegs: Etwa ein Drittel aller Pilger absolvierte 2019 lediglich die letzten 100 km ab Sarria, 10 % starteten in Saint-Jean-Pied-de-Port, knapp 2 % in Roncesvalles und 0,1 % in Somport. (Quelle: Homepage des Pilgerbüros: peregrinossantiago.es, dort wird auch die Anzahl der täglich ankommenden Pilger angegeben.)

Vor der Corona-Krise stiegen die Pilgerankünfte in Santiago ab April, erreichten im August ihren Höhepunkt und flauten bis Oktober wieder ab. Dies ist jedoch nur eine Tendenz: Im Sommer kann unerwartet eine Pilgerflaute herrschen oder Ende Oktober sind plötzlich die Herbergen voll. Manchmal gerät man auch nur in eine »Pilgerwelle«, etwa, wenn viele Pilger das Wochenende oder einen Brückentag für eine Kurzwanderung auf dem Jakobsweg nutzen. Oft ebbt diese Welle recht schlagartig wieder ab oder ist ein, zwei Etappen vor oder nach einem gar nicht zu spüren. Viele Spanier wandern in der Karwoche (span. »Semana Santa«, Palmsonntag bis Ostersonntag) sowie im Juli und besonders im August auf dem Jakobsweg, allerdings oft nur 1–2 Wochen oder nur die letzten 100 km ab Sarria. Je nach Entwicklung der Pandemie und der Reisemöglichkeiten verschiebt sich 2021 womöglich alles in den Herbst und Winter.


Jakobsweg im Winter

Eine Winterwanderung unterscheidet sich in vielen Faktoren von einer Sommertour: Kurze Tage, schlechtes Wetter und das Angebot an (günstigen) Übernachtungsmöglichkeiten beeinflussen die Etappenplanung, manchmal auch ungewollt. Insgesamt muss man mehr Zeit und Geld einplanen.

Es wird erst nach 8 Uhr hell – je weiter es nach Westen geht, umso später – ab ca. 17 Uhr setzt die Dämmerung ein; entsprechend kurz ist die »wanderbare« Zeit. Oft findet sich am Ende des Tages nur in größeren Orten eine Unterkunft. Auch Kälte, Regen, Schnee, Nebel oder Umwege wegen unpassierbarer Stellen können die Etappenplanung jeder Zeit zunichte machen. Die Gefahr, sich bei Schnee oder schlechter Sicht in den Höhenlagen oder in abgelegenen Regionen zu verirren, ist keinesfalls zu unterschätzen. Dies gilt insbesondere für bergige Etappen. Bei sehr schlechten Weg- und Sichtverhältnissen sollte man sich möglichst in Straßennähe halten und sich eventuell mit anderen Pilgern zusammenschließen, um im Notfall nicht alleine zu sein und Hilfe holen zu können.

Das Gepäck ist durch die wärmere Kleidung, den zusätzlichen Regenschutz und den eventuell dickeren Schlafsack schwerer als im Sommer. An Regentagen trocknet die Wäsche zudem schlechter oder gar nicht, sodass man öfter auf eine Waschmaschine und/oder einen Wäschetrockner angewiesen ist.

Doch wer all dies nicht scheut, erlebt die Vorteile einer Winterwanderung: Tagsüber kann man ruhige, einsame Wanderstunden erleben, durch das geringere Unterkunftsangebot trifft man leichter immer wieder auf bekannte Gesichter. Die kleine Pilgerschar wird, sofern man das möchte, zur eingeschworenen Gemeinschaft, die einen auch an frustrierenden Schlechtwettertagen aufmuntern kann – geteiltes Leid, ist halbes Leid, das gilt auch auf dem Jakobsweg.


Konditionelle Anforderungen und Pilger-Blues

Der Jakobsweg ist im Prinzip auch für ungeübte Wanderer gut zu meistern. Die technischen Anforderungen sind bis auf kleine Ausnahmen gering, nur auf wenigen Etappen gilt es, größere Höhenunterschiede zu bewältigen. Dazu gehören die Überquerung der Pyrenäen von Saint-Jean-Pied-de-Port aus (1. Etappe Camino Francés), die Überquerung der Montes de Leon (Etappen 22 und 23) sowie der Weg über den O-Cebreiro-Pass nach Triacastela (Etappen 25 und 26). Dennoch müssen immer wieder Pilger (auch jüngere Menschen!) aufgeben oder längere Pausen einlegen, weil sie schlecht vorbereitet sind oder die besonderen Herausforderungen einer Fernwanderung unterschätzen. So stellen die ungewohnt hohen spanischen Sommertemperaturen eine Erschwernis dar. Wer sich dabei mit dem Tagespensum übernimmt und/oder zu wenig trinkt, kann im schlimmsten Fall Herz-Kreislauf-Probleme bekommen (Vorsicht mit Alkohol!). Hoher Flüssigkeitsverlust und durch die Hitze angeschwollene Füße fördern zudem die Entstehung von Blasen oder auch Sehnenentzündungen.

Wer nie oder selten wandert, sollte zur Vorbereitung auf das tägliche, lange Gehen öfter mehrstündige Wanderungen machen. Ideal ist eine kurze Mehrtagestour auf einem Fernwanderweg in der Heimat, um das Fernwandern mit Gepäck unter realen Bedingungen zu proben. Generell sollte mehr Aktivität in den Alltag eingebaut werden (z. B. Treppe statt Lift, kurze Wege zu Fuß oder mit dem Rad statt mit einem Fahrzeug zurücklegen, öfter Spazieren gehen).

Nicht zu unterschätzen sind die psychischen Anforderungen einer mehrwöchigen Fernwanderung. Der Körper wird von Tag zu Tag trainiert und kräftiger, nach einigen Tagen merkt man, welches Tagespensum das angenehmste ist – womöglich liegt es höher, als erwartet. Die wahre Herausforderung besteht jedoch darin, über einen langen Zeitraum täglich unterwegs zu sein, jede Nacht woanders zu schlafen, sich immer wieder auf neue Menschen und Situationen einstellen zu müssen, keinen vertrauten Rückzugsort zu haben, womöglich auch sprachlich an die Grenzen zu stoßen – an manchen Tagen kann all dies stark auf das Gemüt schlagen. Ein solcher »Pilger-Blues« ist völlig normal, jeder erlebt ihn früher oder später. Meist vergeht er so unvermittelt, wie er gekommen ist. Ein gutes Gegenmittel ist, mit anderen über diese Gefühle zu sprechen.


Zeitplanung und Routenwahl

Roncesvalles oder Somport? Zwei Orte bieten sich als Ausgangspunkt für den spanischen Jakobsweg an. Der »Klassiker« beginnt in Roncesvalles (Navarra; 757 km bis Santiago), bzw. eine Etappe vorher mit der Überquerung der Pyrenäen ab dem französischen Saint-Jean-Pied-de-Port (782 km). Die zweite Variante startet weiter östlich am Pyrenäenpass Somport in der Region Aragón (854 km bis Santiago). Beide Wege vereinen sich in Obanos bzw. Puente la Reina. (Die jeweils verbleibende Distanz bis Santiago de Compostela kann in den Höhenprofilen an der grünen Kilometerleiste am oberen Rand abgelesen werden; alle Daten basieren auf eigenen Messungen mit einem GPS-Gerät.)

Für den gesamten Weg ab Roncesvalles bzw. Saint-Jean-Pied-de-Port sollte man mindestens vier Wanderwochen einplanen. Dabei benötigt man für den knapp 65 km langen Camino Navarro von Roncesvalles nach Obanos in der Regel 3 Tage bzw. einen Tag mehr, startet man in Saint-Jean-Pied-de-Port.

Für den 160 km langen aragonesischen Weg (Camino Aragonés) von Somport bis Obanos sind mindestens 6 Tage zu veranschlagen bzw. ein Tag mehr für den Abstecher zum Kloster San Juan de la Peña.

Der Camino Navarro ist seit dem Mittelalter die Hauptroute über die Pyrenäen, da drei der vier großen Jakobswege durch Frankreich in Saint-Jean-Pied-de-Port zusammentreffen. Wegen seiner kurzen Distanz bis Puente la Reina und der guten Infrastruktur ist dieser Weg sehr beliebt – und damit über Ostern und zu den Hauptzeiten in der Regel sehr überlaufen. Wer in Frankreich beginnt, sollte die Passüberquerung bedenken: Gänzlich ungeübte oder auch Genusswanderer sollten sie auf zwei Etappen aufteilen.

Wesentlich geruhsamer ist der Camino Aragonés, selbst zu Stoßzeiten. Auch während der Sanfermines (6.–14. Juli) in Pamplona ist er eine gute Alternative: Die städtische Herberge von Pamplona ist in diesen Tagen geschlossen (die deutsche Casa Paderborn ist offen, hat aber nur 26 Plätze), andere Unterkünfte müssen lange im Voraus reserviert werden und verlangen teils deftige Aufpreise. Auch dürfte die von mehr oder weniger rund um die Uhr feiernden und trinkenden Menschen überfüllte und laute Stadt nicht jede Pilgerin/jeden Pilger erfreuen.

Im Mittelalter nutzten die über Südfrankreich kommenden Pilger den aragonesischen Weg. Dieser wurde jedoch nie so populär wie die Route über Roncesvalles. Eine geringere Herbergsdichte kennzeichnet ihn bis heute. Freunde ruhiger Wanderungen werden den landschaftlich äußerst abwechslungsreichen Weg mögen: Er verläuft vorwiegend durch einsame Landstriche – ganz besondere Momente sind es, wenn über einem die in der Region noch sehr verbreiteten Geier kreisen. Ein weiterer Pluspunkt: der geringe Anteil an Asphaltstrecken.


Der Jakobsweg mit dem Fahrrad

Bei 50–60 km pro Tag ist die Strecke von den Pyrenäen bis Santiago in rund 14 Tagen zu schaffen; das spart Zeit und Geld. Aber: Da dabei Etappen übersprungen werden, trifft man täglich andere Menschen; ein tieferer Austausch mit Mitpilgern, für viele ein wichtiger Aspekt des Pilgerns, wird dadurch erschwert.

Radpilger mit Pilgerausweis dürfen in den Pilgerherbergen übernachten. In der Regel haben Fußpilger Vorrang. Es empfiehlt sich eine Reservierung oder die Übernachtung auf Campingplätzen. Informationen zu auf Radfahrer spezialisierte Unterkünfte, Transport innerhalb Spaniens und Fahrradverleih u. a. auf bicigrino.com und caminoenbici.com. Auch die Post bietet den Fahrradversand innerhalb Spaniens für Pilger an (2021: 45 EUR auf dem spanischen Festland; Karton 12,50 EUR; elcaminoconcorreos.es, »Servicios – Envío Bicicleta«).

Radfahrer sollten grundsätzlich Rücksicht auf die Fußpilger nehmen. Mit »Bicis« sind für Fahrräder geeignetere Alternativrouten ausgewiesen.


Kosten

Für eine vierwöchige Wanderung auf dem spanischen Jakobsweg sollten für Unterkunft (in Pilgerherbergen) und Verpflegung mindestens 1000 EUR veranschlagt werden (ohne An- und Rückreise). Der Tagesbedarf bewegt sich um die 30–40 EUR, wobei die Übernachtung mit durchschnittlich 10–15 EUR zu Buche schlägt. Das persönliche Budget wird auch von der Dauer der Reise abhängen: Pilger, die nur ein bis zwei Wochen auf dem Jakobsweg verbringen, geben in der Regel mehr aus (etwa für die Übernachtungen), als diejenigen, die wochenlang unterwegs sind und sich ihre Ausgaben entsprechend einteilen müssen. Die Eintritte in die größeren Museen, Kirchen und Kathedralen zwischen den Pyrenäen und Santiago de Compostela summieren sich auf etwa 100EUR.


Ausrüstung

Es lohnt sich, Schuhwerk, Kleidung, Rucksack, Regenschutz und sonstiges Zubehör im Fachgeschäft statt im Online-Shop zu kaufen: Man wird professionell beraten und kann alles gründlich an- und ausprobieren.

Der Jakobsweg verläuft vorwiegend auf befestigten Wanderwegen, teils auf Asphalt (Dörfer, Städte), punktuell auf schmalen, steinigen Pfaden. Es sollte also kein zu schwerer Wander-/Trekkingschuh sein, der sowohl für rauere Pfade als auch für Asphalt geeignet ist und die Knöchel schützt. Wer Probleme mit Hallux valgus hat, sollte im Schuhgeschäft nach extra dafür ausgelegten Stiefeln fragen. Das Schuhwerk sollte gut eingetragen, aber auch nicht zu alt sein. Sinnvoll sind spezielle, zum Schuh passende Trekkingsocken, die die Füße trocken halten.

Auch die Kleidung sollte nicht neu sein, so wird Wundreiben vermieden. Ideal ist spezielle, leichte, atmungsaktive und schnell trocknende Wanderkleidung. Sehr gute Eigenschaften haben Shirts und Socken aus Merino-Wolle, achten Sie aber unbedingt darauf, dass die Wolle von Merino-Schafen stammt, die nachweislich nicht dem sogenannten Mulesing-Verfahren unterzogen wurden. Praktisch sind Wanderhosen mit abnehmbaren Hosenbeinen.

Größe und Form des Rucksacks sollten auf das Vorhaben abgestimmt sein. Wer keine Erfahrung mit längeren Rucksackmärschen hat, sollte bei Probewanderungen das Gewicht des gepackten Rucksacks und seine Auswirkungen auf Schultern, Gelenke und Füße testen. Mehr als zehn Kilo sollte der gepackte Rucksack nicht wiegen – unterwegs müssen ja auch noch Wasser und Proviant zugeladen werden. Es gibt am Weg zahlreiche Anbieter für den Rucksacktransport von Etappenziel zu Etappenziel. Aber: Das erhöht die Kosten, muss jeden Tag organisiert werden und spontane Etappenänderungen sind nicht möglich.


Anreise

Alle Preise und Uhrzeiten: Stand Winter 2020, Änderungen möglich.

Somport: Von Spanien aus mit der Bahn (renfe.es, auch auf Englisch) bis Jaca oder Canfranc Estación, dann Bus (gelbe Farbe) bis Somport, Fahrtzeit ab Jaca ca. 40 Min., 2,85 EUR, tgl. ab Busbahnhof Jaca: 8.25, 12, 14.50 (Sommer 14.15), 19.35, 21.45 Uhr. Busse ab Oloron Ste-Marie/Bhf. (Frankreich) Anf. Juni–Mitte Dez. Mo–Fr 7 und 8.30 Uhr, So/Fei 7 und 13.10 Uhr, Fahrzeit ca. 1.30 Std., 2 EUR (Info Spanien: transports.valledelaragon.com, Link »Info Práctica – Cómo llegar al Valle – Horarios de autobús/Horarios Francia«, Frankreich: nouvelle-aquitaine).

Oder ab Jaca Anfahrt mit dem Taxi (1–4 Personen, 40 EUR, taxisjaca.com, Link »Camino de Santiago«). Mit dem Bus von Pamplona bis Jaca, Fahrzeit 1.45 Std., knapp 8 EUR, Fahrzeiten: laburundesa.com »Líneas regulares/compra de billetes«.

Saint-Jean-Pied-de-Port: Anfahrt von Frankreich aus mit dem Zug ab Bayonne, Fahrzeit je nach Verbindung 1–2.30 Std. (sncf.com, auch auf Deutsch), 5–10,30 EUR (ab Biarritz 1.30–2.30 Std./ab 12,20 EUR).

Von März bis Anfang Nov. fährt ein Bus ab Pamplona/Busbhf.: März–2. Nov. 14.30 Uhr; 1. Juni–30. Sept. 10 Uhr, 20. Juni–9. Sept. 12 Uhr, 1. April–2. Nov. 17.30 Uhr; Fahrtdauer 1.45 Std., Preis ab 22 EUR. Ab San Sebastián (Juli/Aug. 14 Uhr), Fahrzeit 3.45 Std., knapp 30 EUR (conda.es bzw. alsa.es).

Roncesvalles: Anfahrt mit Bus ab Pamplona/Busbahnhof (C/ Yangüas y Miranda 2/Zentrum); alle Zeiten coronabedingt ohne Gewähr, je nach Pilgeraufkommen ggf. andere Zeiten und weniger Fahrten; aktuelle Fahrzeiten finden sich auf autocaresartieda.com, Link »Línea Roncesvalles«: 1. Juli–31. Aug.: Mo–Fr 10 u. 18 Uhr, Sa 10 u. 16 Uhr. Okt.–Juni Mo–Fr 14 Uhr, Sa 16 Uhr; Achtung: sonn- und feiertags keine Fahrten! Ausnahme: von Gründonnerstag bis Karfreitag tgl. 14 Uhr. Fahrtzeit 1.10 Std., Preis 4,85 EUR, Fahrrad 6 EUR. Keine telefonische oder Online-Reservierung, Fahrscheine nur am Busbhf. am Tag der Fahrt (April–Sept. möglichst bereits 1.30–2 Std. vor Abfahrt): tgl. 8.15–20.30 Uhr (15–15.30 Uhr Mittagspause). Information: Autobuses Artieda, Tel. 948 300 287. Bei Fahrrädern müssen das Vorderrad und Gepäcktaschen abmontiert werden.

Taxi (Fahrzeit 1 Std.): Information zu Taxifahrten Pamplona–Roncesvalles bzw. Saint-Jean-Pied-de-Port: Teletaxi San Fermín, Tel. 948 351 335 oder 948 232 300 (jeweils öfter probieren), taxipamplona.com (unter »Camino de Santiago« kann man sich einen Platz im Sammeltaxi mit bis zu 8 Plätzen reservieren). Preise Taxi: Pamplona–Roncesvalles 65 EUR (Sa/So/Fei/Nacht 80 EUR), Pamplona–Saint-Jean-Pied-de-Port 104 EUR (Sa/So/Fei/Nacht 130 EUR), Flughafen–Roncesvalles: 70 EUR (Sa/So/Fei/Nacht 85 EUR), Flughafen–Saint-Jean-Pied-de-Port: 108 EUR (Sa/So/Fei/Nacht 135 EUR). Roncesvalles–Saint-Jean-Pied-de-Port ca. 50 EUR. Pro Fahrrad plus 5 EUR.

Einen guten und individuellen Service bietet das kleine Unternehmen TaxNavarra (Preise auf Anfrage), Tel. 689 800 152, taxnavarra.com.


Orientierung

Der Weg ist in Spanien durchgehend und engmaschig mit gelben Pfeilen (span. »flecha amarilla«) und/oder Jakobsmuschelsymbolen markiert (auf dem Camino Aragonés und in Frankreich auch rot-weiß – GR 65 Camino de Santiago). Ein Verlaufen ist kaum möglich, auf problematische Stellen wird hingewiesen.

Vor dem Heiligen Jahr 2021 wurden viele Markierungen erneuert und vereinheitlicht. In Galicien gibt es zahlreiche als »C. complementario« (Zusatzweg) bezeichnete Varianten. Teilweise tauchen diese so beschrifteten Steine aber auch unvermittelt auf dem Hauptweg auf; im Zweifel auf die Wegbeschreibung achten.

Leider gibt es immer wieder irreführende Pfeile, die die Pilger zu Bars, Restaurants oder auch Herbergen abseits des Wegs leiten, ohne dies kenntlich zu machen. Eine ärgerliche Unsitte, die u. U. zu ungewollten Umwegen zwingt. Auch hier im Zweifel der Wegbeschreibung folgen.

Ein GPS-Gerät mit Routentrack kann hilfreich sein, ist auf dem Jakobsweg aber kaum notwendig. In der Regel sind Wege und Markierung eindeutig. Außerdem ist es gerade das Besondere am Jakobsweg: sich über Hunderte von Kilometern ganz analog vom gelben Pfeil leiten zu lassen.

Ein elektronisches Hilfsmittel schützt nicht vor Unfällen. Bei schlechter Sicht zeigt einem der GPS-Track zwar den Weg, doch im Notfall (Stürze, Verstauchungen etc.) können Rettungskräfte bei widrigen Wetterbedingungen nur eingeschränkt oder gar nicht agieren. Immer wieder müssen Helfer unter teils dramatischen Umständen verirrte und/oder verunglückte Pilger suchen und retten.


Blasen

Niemand ist vor Blasen gefeit, aber das Risiko kann vermindert werden. Als Grundregeln gelten: richtiges Schuhwerk und Socken, Reibung vermeiden und Füße trocken halten. An heißen Tagen schwellen die Füße stärker an und schwitzen mehr als sonst. Die Schuhe daher richtig und ruhig mehrmals am Tag (nach-)schnüren, damit sie gut sitzen. Die Investition in spezielle Wandersocken, die mit ihren Fasergemischen die Füße trocken halten, lohnt sich. Ideal sind Socken mit einem Anteil an Merinowolle (Hinweis zum Mulesing-Verfahren unter »Ausrüstung« beachten!). Socken aus reiner Baum- oder Schurwolle oder Synthetikfasern sind ungeeignet. Lassen Sie sich im Fachgeschäft beraten. Täglich frische Socken sind am besten für das Fußklima.

Das Fußbad im kühlen Bach oder Brunnen mag verlockend sein. Aber Vorsicht: Aufgeweichte Haut neigt schneller zu Blasenbildung als trockene. Sinnvoller ist es, öfter am Tag die Schuhe auszuziehen und Füße und Strümpfe zu lüften und zu trocknen. Oft sind Überbelastung, zu wenige Pausen und zu geringe Flüssigkeitszufuhr Ursachen für Blasen oder auch Sehnenentzündungen.

Bei den ersten Anzeichen einer Scheuerstelle sofort den betroffenen Bereich mit Heftpflaster (am besten aus Textil) abkleben, um weitere Reibungen zu verhindern. Hat sich eine Blase gebildet, diese nur öffnen, wenn sie wirklich stört. Dazu mit einer Nadel oder feinen Nagelschere (Infektionsgefahr! Beides sterilisieren!) zwei nicht zu kleine Löcher in die Blase stechen, sodass alle Flüssigkeit austreten kann. Die Haut über der Blase auf keinen Fall entfernen! Dann mit einem Blasenpflaster versorgen. Richtig angewandt (Gebrauchsanweisung lesen!), fördern diese speziellen Pflaster die Wundheilung und vermindern den Reibungsdruck. Um ein Verkleben mit der Socke und/oder vorzeitiges Abfallen des silikonartigen Pflasters zu verhindern, kann man es zusätzlich mit Heftpflaster fixieren.

Das Blasenpflaster keinesfalls vorzeitig ablösen, es sei denn, die Wunde beginnt zu brennen oder schmerzen. Dann sofort entfernen, bevor es zu einer gefährlichen Entzündung kommt! Im Normalfall das Pflaster maximal drei Tage auf der Wunde lassen (ggf. mit Heftpflaster nachfixieren). Hat sich die Blase entzündet, im Zweifelsfall ärztlich behandeln lassen. Die Wunde wegen der großen Infektionsgefahr schützen und extrem sauber halten! Daher ist auch die Methode, einen Faden als Drainage durch die Blase zu ziehen, eher zweifelhaft.


Ernährung

Grundsätzlich sollte man viel trinken, auch nach dem Wandern (aber Vorsicht mit Alkohol!). An heißen Tagen und für lange Streckenabschnitte hat sich ein Getränkevorrat von mindestens 1½ Litern bewährt. Die Wasserflaschen unterwegs regelmäßig nachfüllen. Lieber mehr als weniger Wasser dabeihaben! Der nächste Brunnen könnte defekt, die nächste Bar geschlossen sein!

Lange Strecken ohne Versorgungsmöglichkeit sind eher selten. Dennoch sollte man stets etwas Proviant einpacken (Müsliriegel, Obst, Brot), um den Körper jederzeit mit Energie versorgen zu können. Lösliche Magnesiumtabletten helfen zur Vorbeugung von Muskelkrämpfen und Sehnenentzündungen.

Für etwa 10–12 EUR fällt das üblicherweise dreigängige Pilgermenü (»Menú del Peregrino«) mal mehr, mal weniger üppig und gut aus. Die Auslegung von »vegetarisch« ist zuweilen recht weit gefasst: Manchmal wird einfach auf die fleischlosen Vorspeisen verwiesen, z. T. fällt auch Fisch unter vegetarisch. In Herbergen, die ein gemeinsames Abendessen anbieten, sollte man den Wunsch nach vegetarischem (oder anderweitig speziellem) Essen frühzeitig anmelden. Viele Herbergen haben (unterschiedlich gut ausgestattete) Küchen für die Pilger, coronabedingt dürfen diese eventuell nicht benutzt werden.

Es gibt viele Bars entlang des Wegs, oft sind sie vor oder direkt am Ortseingang platziert. Etwas ruhiger hat man es meist, wenn man nicht gleich in der ersten einkehrt, sondern noch ein Stück in den Ort geht. Während der Hauptsaison stehen an manchen Stellen mobile Imbissstände oder Food-Trucks am Weg, leider oft in Begleitung lauter Stromgeneratoren und Musik.


Tagespensum und Etappenplanung

Die Etappeneinteilung und -ziele in diesem Wanderführer dienen nur als Anregung. Jeder sollte sein Tagespensum nach Lust, Laune, körperlicher Verfassung und Zeitrahmen individuell gestalten. Es ist besser, eher mehr als weniger Tage einzuplanen. Erfahrungsgemäß bringt es nichts, vorab ein tägliches Streckenpensum festzulegen. Körperliche Beschwerden, die ungewohnte Hitze, schlechtes Wetter oder auch spontane längere Aufenthalte für Besichtigungen können diesen Zeitplan durcheinanderbringen.

Besonders »Pilger-Neulinge« sollten anfangs eher kurze Etappen wählen, bis sich der Körper auf die regelmäßige Anstrengung eingestellt hat bzw. der eigene Gehrhythmus gefunden ist. Wenn an manchen Tagen die Beine schwer sind, nicht verzagen: Am nächsten Tag geht es normalerweise wieder besser. Bei großer Müdigkeit ist es sinnvoller, eine nur kurze Etappe einzulegen, statt einen ganzen Tag auszusetzen und völlig aus dem Rhythmus zu kommen.

Zu Stoßzeiten kann man den Trubel oft dadurch umgehen, dass man statt an den klassischen Etappenzielen in einer Ortschaft davor oder danach übernachtet und auf kleinere Herbergen (Bett reservieren!) ausweicht.

Die persönlichen Etappenlängen hängen auch von der geplanten Gesamtstrecke ab: Wer nur ein bis zwei Wochen pilgert, macht in der Regel kürzere Etappen, als diejenigen, die den ganzen Weg ab der spanischen Grenze oder von noch weiter her in einem Stück durchwandern.

Ein Tipp: Am ruhigsten und schönsten wandert es sich ab Mittag bis in den späten Nachmittag, wenn die meisten Pilger ihre Etappe bereits beendet haben und der Weg sich leert. Dann entfaltet der Camino seinen ganzen Zauber.


Pilgerherbergen

Das Netz an Pilgerherbergen (span. »Albergue/Refugio/Hospital de Peregrinos«) war vor Corona sehr dicht. Bei Redaktionsschluss war ungewiss, welche der in diesem Wanderführer gelisteten Herbergen 2021 tatsächlich und mit welcher Bettenzahl öffnen. Am besten informiert man sich vor Ort.

Der Großteil sind private und touristische Herbergen. Der Rest wird von Gemeinden, kirchlichen Institutionen oder Vereinen geführt. In der Regel ist die Vorlage des Pilgerpasses und des Ausweisdokuments notwendig. Die Preise pro Übernachtung lagen 2020 zwischen 5 und 15 EUR, selten darüber (teils mit Frühstück/MF, in Frankreich auch stark über 20 EUR). Durch Corona hat sich die Kartenzahlung verbreitet. Manche Herbergen finanzieren sich durch die freiwillig geleisteten Unkostenbeiträge (»Donativos«). Hier gibt man das, was man für angemessen hält. Der Großteil der Herbergen öffnet von März bzw. Palmsonntag bis Okt./Nov. (die genannten Monate sind immer inklusive zu verstehen, Abweichungen sind möglich).

Teil der Corona-Maßnahmen im Jahr 2020 war die Reduzierung der Bettenzahl in den Herbergen um bis zu 50 %. Manche Herbergen nahmen nur feste Gruppen auf. Außerdem wurden strenge Hygiene- und Abstandsregeln eingeführt. Bis zum Redaktionsschluss war in Spanien das Tragen eines Mund-Nasenschutzes sowohl in Räumen als auch im Freien Pflicht.

Das geringere Platzangebot machte die Reservierung notwendig und digitaler. Neben der telefonischen Möglichkeit (teilweise auch über Whatsapp) bieten viele Herbergen auf ihren Internetseiten Reservierungsformulare an. Durch Corona kann man auch in den öffentlichen Herbergen (Herbergskürzel XH) der galicischen Landesregierung (Xunta de Galicia) online reservieren: alberguesxacobeo.gal.

In den meisten Herbergen gibt es Waschmaschinen und/oder Trockner, WLAN, oft auch eine einfache, aber brauchbare Küche oder eine Bar bzw. ein Restaurant. Viele private und touristische Herbergen bieten auch Doppel- und Einzelzimmer an. In Castilla y León kennzeichnen ein bis drei Muscheln (nicht zwingend identisch mit den in diesem Wanderführer vergebenen Muscheln) folgende drei Kategorien: Einfache, gemeinnützige Herbergen (»sin ánimo de lucro«) haben eine Muschel und dürfen nur freiwillige Spenden bzw. einen kleinen Unkostenbeitrag verlangen. Herbergen mit gehobenem Standard haben zwei oder drei Muscheln und sind entsprechend teurer.

Die öffentlichen Herbergen in Galicien (XH) kosten seit 2019 einheitlich 8 EUR. Alle haben Küchen, aber praktisch nie gibt es Kochtöpfe und Geschirr. Vor Corona standen die Betten teils sehr eng. Die Duschen sind zwar nach Geschlechtern getrennt, aber oft sind es Gemeinschaftsduschen ohne Trennwände.

Außer bei gesundheitlichen Problemen ist in den Pilgerherbergen nur eine Übernachtung erlaubt. In privaten und touristischen Herbergen sind auch mehrere Nächte möglich. Pilger mit Begleitfahrzeug können abgewiesen werden. Reisegruppen sollten sich anmelden oder auf andere Quartiere ausweichen.

Der Schlafsaal ist auch tagsüber ein Ruheraum. Aus Rücksicht auf die Mitpilger sollten das Handy stumm geschaltet und Telefongespräche außerhalb geführt werden. Ab 22/23 Uhr herrscht Bettruhe. Manche Herbergen ermöglichen den Zugang per Schlüssel oder Code rund um die Uhr. Wer morgens sehr früh aufbrechen möchte, sollte sein Gepäck so vorbereiten, dass der Schlafraum zügig und geräuschlos verlassen werden kann. Manche Herbergen legen fest, wann sie morgens frühestens und/oder spätestens verlassen werden sollen.

Viele Herbergsbetreiber sind selbst Pilger und kennen daher deren Bedürfnisse und Befindlichkeiten. Andere verfolgen vorrangig wirtschaftliche Interessen. Manche Herbergen bieten puren Luxus, dafür fehlt es ihnen an Pilgeratmosphäre. Die Duschen, den Schlafraum mit vielen anderen Menschen zu teilen, kann manchmal nerven. Aber: Beim Pilgern kommt es oft nicht so sehr auf den Zustand einer Unterkunft an, sondern, mit wem man sie teilt. Eine gute Pilgergemeinschaft kann über manchen Verdruss hinweghelfen. Außerdem: Es ist durchaus ein Privileg der Pilger, für vergleichsweise wenig Geld mitten im Zentrum von Pamplona, Burgos, León und Santiago oder auch an speziellen Orten wie dem Kloster von San Juan de Ortega übernachten zu dürfen.


Umweltfreundlich Pilgern

Auch wenn es z. B. im grünen Galicien nicht so aussieht: Wasserknappheit ist in ganz Spanien ein Problem. Beim Duschen sollte man sich deshalb möglichst kurz fassen (zumal, wenn andere Pilger auf die erfrischende oder wärmende Dusche warten). Waschmaschinen und Trocker mit anderen Pilgern gemeinsam zu nutzen, spart nicht nur Geld, sondern auch Wasser und Energie.

Sehr unappetitlich und unhygienisch sind »Klo-Ecken« hinter Gebüschen direkt am Weg. Wenn man nicht bis zur nächsten Ortschaft warten kann, sollte die Hinterlassenschaft so diskret wie möglich sein: nicht eine bereits vermüllte Stelle benutzen, sondern sich weiter vom Weg entfernen; das Papier nicht einfach in die Landschaft werfen, sondern vergraben oder gut verpackt mitnehmen. Größere Geschäfte sollte man mit Erde bedecken.

In vielen Herbergen liegen gelbe Beutel aus. Diese sind dafür gedacht, unterwegs herumliegenden Müll einzusammeln – damit kann jeder einen Beitrag zu einem saubereren Weg leisten. Auch Mülltrennung ist in vielen Herbergen üblich. Auch an den Straßen stehen Container für Papier, Glas und Plastik. In vielen Supermärkten und Herbergen findet man Behälter für leere Batterien.


Gefahren

Der Jakobsweg ist, auch für allein reisende Frauen, ein sicheres Reiseziel, doch gelten die gleichen Verhaltensregeln wie an anderen Urlaubsorten auch: Wertsachen nie unbeaufsichtigt lassen und grundsätzlich nur das Nötigste an Bargeld mit sich führen (Hinweis zu Banken/Geldautomaten bei jeder Etappe unter Punkt »Infrastruktur«). Immer wieder warnt die Polizei vor falschen Bettlern und Trickbetrügern am Jakobsweg. Bei aller Kameradschaft am Weg sollte man sich nicht zu vertrauensselig auf Fremde einlassen. Speziell während der Hochsaison verstärkt die Polizei ihre Präsenz am Weg (vgl. auch »Polizei«).


Bettwanzen

Ein leidiges Thema auf dem Jakobsweg sind Bettwanzen (span. »Chinches«), obwohl die hygienischen Bedingungen in den Herbergen streng reglementiert und kontrolliert werden: Die regelmäßige Desinfektion und Schädlingsbekämpfung ist Pflicht. Viele Herbergen haben Matratzen mit speziellen Schutzhüllen. Dennoch kommt es immer wieder zu Befällen.

Um das Risiko zu mindern, sollte man möglichst den Rucksack nicht auf der Erde abstellen (was bei Pausen im Freien nicht immer zu bewerkstelligen sein wird). Auch sollte man ihn nicht auf das Bett legen oder gegen die Wand lehnen, damit die Tiere nicht in die Matratzen oder sonstige Ritzen gelangen. In manchen Herbergen darf der Rucksack nicht in den Schlafraum genommen werden. Inzwischen sind auch Bettwanzen-Sprays auf dem Markt. Am besten informiert man sich im Fachgeschäft, welches Mittel für das Vorhaben geeignet ist.

Wichtig ist: Stellt man bei sich oder seinem Gepäck Bettwanzen fest, sollte man dies ohne Scham sofort den Herbergsbetreibern melden, damit diese umgehend die notwendigen Maßnahmen ergreifen können. Wer allergisch auf Insektenstiche reagiert, sollte ein entsprechendes Medikament dabeihaben.

Tipps für die Ausrüstung

Was dabei sein sollte

Tipps für die Reiseapotheke


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Die nahezu schattenlose und menschenleere Meseta ist fast immer eine Herausforderung, ob bei Sonne, Kälte, Wind oder Regen (Etappe 14, kurz vor Boadilla del Camino).

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Montes de León, Ende April zwischen Foncebadón und El Acebo (Etappe 23).


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Die Klosteranlage von Roncesvalles ist einer der klassischen Ausgangspunkte.


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Fulminanter Auftakt des Camino Aragonés: der Weg aus den Pyrenäen ins Tal.


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Felder und Weinreben kurz vor Cirauqui (Etappe 5).


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Treue Freunde: gelber Pfeil und Jakobsmuschel.


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Schuhe über Nacht gut lüften und trocknen, das beugt Blasen vor.


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Ein Päuschen in Ehren ...


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Beeindruckend groß, aber im Zweifel angenehmer als Bettwanzen ...


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Blick vom Col de Lepoeder (1. Etappe ab Saint-Jean-Pied-de-Port/Frankreich).

Distanzen von Unterkunft zu Unterkunft

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